causa prima

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Neben den letzte Woche vorgestellten Kausalitätsprinzipien ist in der klassischen Schöpfungslehre noch eine weitere Unterscheidung wichtig, die den eigentlichen Grund darstellt, warum die Evolution nicht mit dem Schöpfungsglauben in Konflikt gerät. Diese besteht zwischen der (einen) Erstursache (causa prima) und den (vielen) Zweitursachen (causae secundae).

Alle innerweltlichen Kausalitäten werden durch Geschaffenes verursacht. Da jedes Geschaffene seinerseits sich dem andauernden Schöpfungsakt Gottes verdankt (siehe letzte Woche), verdankt sich auch jedwede innerweltliche Kausalität dem einen (andauernden) Schöpfungsakt Gottes. Auf den (andauernden) Schöpfungsakt ist somit jede innerweltliche Kausalkette zurückzuführen, sei sie eine Kausalkette der ersten (einmalige Verursachung) oder der zweiten Art (andauernde Verursachung).

Daraus resultiert die Unterscheidung in die eine, allem anderen zugrundeliegende Erstursache, nämlich dem göttlichen Schöpfungsakt, und den vielen, diese Erstursache bereits voraussetzenden Zweitursachen. In unserer Erfahrung sind wir natürlich nur mit den Zweitursachen konfrontiert. Somit kann jegliche auf Erfahrung basierende Wissenschaft nur Aussagen über Zweitursachen treffen. Denn die Erstursache liegt auf einer ganz anderen Ebene.

Die Zweitursachen haben zwar ihren gewissen Eigenstand, das heißt, sie sind tatsächlich selbstwirkende Ursachen (und nicht nur Marionetten des Schöpfers durch die Er Seinen Willen vollzieht). Doch während jede innerweltliche Zweitursache eine andere sie begründende innerweltliche Zweiursache voraussetzt und zugleich die eine Erstursache, der sie ihre Existenz verdankt, bleibt die Erstursache immer die eine und einzige außerweltliche Ursache alles Seins, die selbst keine Ursache hat, sondern sich selbst Ursache ist.

Der wesentliche Punkt daran ist also, daß die Erstursache keine Ursache wie alle anderen (innerweltlichen) Ursachen ist, also nicht einfach nur der Punkt, an dem jede Kausalkette abbricht, sondern daß sie vielmehr über das System „Welt“ hinausgeht. Sie ist nicht eine Kausalität unter vielen, sondern die eine (und einzige), die das System „Welt“ überhaupt begründet.

Infolgedessen ist es überhaupt kein Problem, den Schöpfungsglauben mit der Evolutionstheorie zusammenzudenken: Die Evolutionstheorie macht Aussagen über Zweitursachen, der Schöpfungsglaube über die Erstursache. Auch die Evolution (als innerweltliche Kausalkette) setzt die eine und einzige Erstursache, den andauernden göttlichen Schöpfungsakt voraus (oder streng genommen: muß ihn aus wissenschaftstheoretischen Gründen als nicht-empirisch ausblenden).

Wer also einen Widerspruch zwischen Schöpfung und Evolution meint voraussetzen zu müssen, sei er Wissenschaftler oder Christ, übersieht, daß beide auf ganz unterschiedlichen Ebenen liegen. Er behandelt also den göttlichen Schöpfungsakt als eine weitere Zweitursache und zieht die eine Ursache, die allen innerweltlichen Ursachen zugrundeliegt in das System „Welt“ herunter. Dort ergibt sie aber keinen Sinn und erscheint überflüssig. Nur unter dieser Voraussetzung, läßt sich ein Widerspruch zwischen Schöpfung und Evolution annehmen.

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