Eschatologie

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Dieser Post liegt schon seit über drei Jahren im Entwurfsordner. Am Anfang sollte es eine komplette Papst-Predigten-und-Ansprachen-Reihe werden. Irgendwann fehlte mir erst die Zeit, dann geriet das Projekt in Vergessenheit. Als ich wieder drüber stolperte, hatte sich meine Situation so weit verändert, daß ich mir nicht mehr sicher war, den Post noch so verantworten zu können. Tatsächlich würde ich ihn heute nicht mehr so schreiben. In der Sache hat sich meine Auffassung nicht geändert. Nur ist es nicht mehr so existentiell.

Mit der Papstpredigt im Olympiastadion (Video, Predigt ab 48:30) bin ich persönlich sehr verbunden. Es waren genau die richtigen Worte zur richtigen Zeit, die Antwort auf eine zuvor meditierte Frage.

Ich habe die Kirche immer geliebt. Auch jahrelange „Indoktrination“ (durch wen kann ich gar nicht sagen) hat das nicht ändern können, mir aber doch ein schlechtes Gewissen gemacht: Wenn ich die Kirche liebe, bin ich dann ein schlechter Christ, weil ich Christus nicht liebe? Ja, dieser Gedanke ist so bekloppt, wie er aussieht, aber das hat mich lange beschäftigt. Erst als ein Professor (noch dazu ein Freiburger!) die alte Tradition zitierte, daß man die Kirche nicht lieben könne, ohne Christus zu lieben, daß also die Liebe zur Kirche Liebe zu Christus ist, löste sich diese Hemmung auf. Ha, ich darf also nicht nur die Kirche lieben, wenn ich Christus lieben (möchte), ich muß es sogar.

Doch bald darauf hatte ich das nächste Problem: Wenn ich die Kirche lieben muß, wenn und weil ich Christus liebe – woher kommt dann all das abfällige Gerede über die Kirche in der Kirche?! Nie hatte ich ein Problem mit Kirchenkritik von außen, aber die (destruktive[1]) Kritik an der Kirche von innen, die Häme, teilweise der Haß gegenüber ihren Repräsentanten sogar durch einfache Gläubige, die innere Zerstrittenheit der Hierarchie selbst, all das habe ich nie begreifen können.

Ok, ich muß einräumen, daß ich das Glück hatte, nur periphär und erst spät mit solchen Erfahrungen konfrontiert zu werden, obgleich meine Heimatpfarrei auch nicht immer ein Herz und eine Seele war – aber Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. 🙂 So bin ich auch nie mit der inneren Logik dieser Kirchenkritik konfrontiert worden und habe sie auf Unverständnis und mangelndes Glaubenswissen zurückgeführt. Also: Wenn man den ganzen Kritikern mal in Ruhe alles erklären würde, könnten sie gar nicht anders, als die Kirche ebenfalls zu lieben und konstruktiv zu kritisieren. (Daß es unter den destruktiven Kritikern auch Theologieprofessoren gab, habe ich geflissentlich ausgeblendet.) Jedenfalls wollte ich nie einem Katholiken in seiner Kirchenkritik einen bösen Willen unterstellen. Gerade aus Liebe zur Kirche kann ich das doch eigentlich auch gar nicht. Auch der destruktive Kritiker ist doch als getaufter Katholik Teil der Kirche und damit des Leibes Christi. Ich verstehe zwar nicht, wie er tickt, aber daß er aus seiner Lebensgeschichte heraus konsequent und im Glauben so tickt, habe ich immer vorausgesetzt.

Mir ist zwar über die Jahre immer deutlicher geworden, daß gerade das Verständnis der Kirche als Leib Christi praktisch verdunstet ist, daß das Glaubenswissen nicht nur im Argen liegt, sondern vielfach bei Null. Aber eine Möglichkeit habe ich nie in Betracht gezogen: Daß sogar die Mehrheit der aktiven Katholiken in Deutschland leben könnte, als ob sie nicht glaubte, daß tatsächlich ein Großteil der Kirche de facto vom Glauben abgefallen ist. Bis ich einen längeren Blick in den Maschinenraum der deutschen Kirche werfen konnte. Da kamen mir dann langsam Zweifel an meinem Optimismus. Klar, man kann nie wirklich beurteilen, ob und was der andere glaubt (auch sehr überraschende Zeugnisse habe ich schon erlebt, die mir meinen eigenen Hochmut vor Augen geführt haben). Aber von einem Gedanken mußte ich mich langsam aber sicher verabschieden: Daß es reicht, einfach mal alles ordentlich zu erklären. Viel zu viele sind dermaßen in einer gut geölten Maschinerie aktiv, daß sie gar nicht merken, daß die Maschine gleichermaßen heiß wie leer läuft. Sie machen tolle Aktionen, sind in der Gesellschaft präsent – bringen aber Christus nicht nur nicht zu den Menschen, sondern sind auf dieser Ebene sogar gar nicht ansprechbar. Da redet man einfach an ihnen vorbei. Sie verstehen einen überhaupt nicht. So wird das nichts mit der missionarischen Kirche. Es gibt keine Kommunikationsmöglichkeit. Über die praktische Umsetzung unseres Glaubens. Es fehlt die gemeinsame Grundlage. Und was kann die gemeinsame Grundlage sein, wenn nicht Christus?! Also fehlt ihnen Christus?

Μὴ γένοιτο! Das sei ferne! Es kann nicht sein, was nicht sein darf! Und natürlich, ich habe auch andere Menschen im kirchlichen Dienst erlebt, die sich wirklich gemüht haben, Christus zu verkündigen und dabei sogar ähnliche Aktionen gemacht haben, wie diejenigen, die auf dieser Ebene überhaupt nicht ansprechbar waren. Es kommt nicht darauf an, was jemand macht, sondern auf welcher Grundlage er es tut. Aber es waren nur ein paar wenige. Und so nagte der Verdacht weiter in mir.

Tja, und dann kam der Papst. Ich hatte schon wieder etwas Abstand zu meinen irritierenden Erfahrungen und kam bei der Reflexion über sie immer wieder zu dem Punkt: Kann es denn sein, daß ein Großteil der Kirche in Deutschland vom Glauben abgefallen ist? So auch am Abend des 22. September 2011. Während der Papst in Berlin predigte, stand ich unter der Dusche und meditierte dabei (auch unter dem Eindruck der absolut schäbigen Begrüßung des Papstes durch unseren damaligen Bundes-Wulff) diese Frage, brachte sie im Gebet vor Gott. Aber den Eindruck, der sich in mir immer mehr verstärkte, wollte ich immer noch nicht wahrhaben. Ich habe kein Problem, mit apokalyptischen Höllenpredigten und der massa damnata zu provozieren, aber doch immer nur, um aufzurütteln, um die Gefahr vor Augen zu führen, aber ihr Eintreten letztlich zu verhindern. Daß das tatsächlich das Ende einer großen Zahl von Menschen sei, vielleicht sogar der größten Zahl der Menschen und gerade meiner Zeitgenossen, noch dazu solcher, die neben mir in der Kirchenbank gesessen haben? Ich will das nicht, aber ich kann es nicht verhindern, wenn es so sein sollte, also darf es so nicht sein!

Das waren also die Voraussetzungen, unter denen ich dann unmittelbar nach dem Duschen die Aufzeichnung der Predigt aus dem Olympiastadion gehört habe. Und sie traf mich wie ein gut plazierter rechter Haken. Mit der grandiosen Vorlage des wahren Weinstocks (Joh 15,1-8) predigte der Papst genau die Kirche als Leib Christi:

Und dieses Zueinander- und Zu-Ihm-Gehören ist nicht irgendein ideales, gedachtes, symbolisches Verhältnis, sondern – fast möchte ich sagen – ein biologisches, ein lebensvolles Zu-Jesus-Christus-Gehören. Das ist die Kirche, diese Lebensgemeinschaft mit Jesus Christus und füreinander, die durch die Taufe begründet und in der Eucharistie von Mal zu Mal vertieft und verlebendigt wird. „Ich bin der wahre Weinstock“, das heißt doch eigentlich: „Ich bin ihr und ihr seid ich“ – eine unerhörte Identifikation des Herrn mit uns, mit seiner Kirche.

Das Gleichnis vom Weinstock bleibt aber nicht dabei stehen, diese Identifikation einfach freudig zu verkünden, sondern seine eigentliche Spitze hat es in der Verwandlung der Rebe durch den Winzer, der den Weinstock pflegt und hegt, „die dürren Reben abschneidet und die fruchttragenden reinigt, damit sie mehr Frucht bringen“. Der Papst fährt fort mit einem anderen, der Realität noch näheren Bild des Propheten Ezechiel (für mich eines der schönste Bücher des Alten Testamentes): „Gott will […] das tote, steinerne Herz aus unserer Brust nehmen, und uns ein lebendiges Herz aus Fleisch geben (vgl. Ez 36,26), ein Herz der Liebe, der Güte und des Friedens. Er will uns neues, kraftvolles Leben schenken.“ Und diese Dynamik wird vermittelt durch die Kirche, die der Leib Christi ist und Gottes Heilswerkzeug für die Menschen, die Sünder, „um uns den Weg der Umkehr, der Heilung und des Lebens zu eröffnen“. Was für eine froh machende Botschaft diese Reinigung doch ist!

Doch dann kam der Abschnitt, der mich tatsächlich „ausknockte“. Der Papst selbst spielt auf die Zustände in der deutschen Kirche an, die ziemlich genau meine Erfahrungen im „Maschinenraum“ trafen:

Manche bleiben mit ihrem Blick auf die Kirche an ihrer äußeren Gestalt hängen. Dann erscheint die Kirche nurmehr als eine der vielen Organisationen innerhalb einer demokratischen Gesellschaft, nach deren Maßstäben und Gesetzen dann auch die so sperrige Größe „Kirche“ zu beurteilen und zu behandeln ist. Wenn dann auch noch die leidvollle Erfahrung dazukommt, daß es in der Kirche gute und schlechte Früchte, Weizen und Unkraut gibt, und der Blick auf das Negative fixiert bleibt, dann erschließt sich das große und schöne Mysterium der Kirche nicht mehr.

Dann kommt auch keine Freude mehr auf über die Zugehörigkeit zu diesem Weinstock „Kirche“. Es verbreiten sich Unzufriedenheit und Mißvergnügen, wenn man die eigenen oberflächlichen und fehlerhaften Vorstellungen von „Kirche“, die eigenen „Kirchenträume“ nicht verwirklicht sieht! Da verstummt dann auch das frohe „Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad‘ in seine Kirch‘ berufen hat“, das Generationen von Katholiken mit Überzeugung gesungen haben.

Dieser kurze Absatz traf und deutete die „Maschinenraum“-Erfahrungen dermaßen deutlich und stimmig, daß mir seit diesem Moment völlig klar ist: Es ist nicht nur möglich, es ist sogar der Fall, daß ein großer Teil der deutschen Kirche vom Glauben abgefallen ist. Und daß ausgerechnet diese für jeden, der Christus anhängen will, wirklich frohe Botschaft, dieser kurze Abschnitt über die Reinigung der Reben als „Drohbotschaft“ die öffentliche Wahrnehmung der Predigt bestimmte, sagt doch eigentlich schon alles. Damit ergab sich eigentlich auch gleich noch, daß es keine Rückkehr in den „Maschinenraum“ geben kann, daß der Eindruck in ebenjenem „neutralisiert“, wirkungslos zu sein, weil bereits die Grundlage dessen, was ich dort erreichen wollte, nicht gegeben ist und die entsprechenden Anstrengungen, sie zu schaffen, mich nur zeitlich davon abhalten, tatsächlich missionarisch tätig zu sein, nicht aus der Luft gegriffen war. Und wer die Hand an den Pflug legt und noch einmal zurückschaut, ist des Himmelreiches nicht würdig…

Wo ich die Predigt gerade noch einmal lese, fällt mir auf, wie deutlich der Papst auch im Folgenden immer und immer wieder nichts anderes tut als seine Zuhörer zur Umkehr aufzurufen. Mit frohen und ermutigenden Worten, aber nichtsdestoweniger deutlich: Immer und immer wieder steht Christus als Wurzelgrund im Mittelpunkt, fordert der Papst uns auf, in Christus zu bleiben, der uns im Umkehrschluß eine Bleibe in schwieriger, geradezu dunkler Zeit schenkt, „einen Ort des Lichtes, der Hoffnung und der Zuversicht, der Ruhe und der Geborgenheit. Wo den Rebzweigen Dürre und Tod drohen, da ist in Christus Zukunft, Leben und Freude.“ In Christus zu bleiben, und das ist der nächste Hieb auf die deutsch-katholische Kirche, bedeutet, in der Kirche zu bleiben: „Wir glauben nicht allein, wir glauben mit der ganzen Kirche aller Orten und Zeiten, mit der Kirche im Himmel und auf der Erde.“ Boah, da kann ich mich als „Vincentius Lerinensis“ nur persönlich angesprochen fühlen. Und als ob das nicht schon reichte, legt er einen halben Absatz später noch einmal nach, so daß ich mich auch als Sebastian Berndt durch diese Predigt nur persönlich und gerade in der ganzen Komplexität der oben dargelegten Fragestellung angesprochen fühlen kann:

Daher konnte Augustinus sagen: „In dem Maß, wie einer die Kirche liebt, hat er den Heiligen Geist“ (In Ioan. Ev. tract. 32,8 [PL 35,1646]).

Und so maße ich mir an, den folgenden Abschnitt:

Wer an Christus glaubt, hat Zukunft. Denn Gott will nicht das Dürre, das Tote, das Gemachte, das am Ende weggeworfen wird, sondern das Fruchtbare und das Lebendige, das Leben in Fülle, und Er gibt uns Leben in Fülle.

umzukehren: Wer nicht von Christus her lebt und durch alles, was er tut, Seine Liebe zu den Menschen zu verkünden versucht, hat keine Zukunft.

Laßt die Toten ihre Toten begraben.


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[1] Es gibt natürlich auch eine legitime Kirchenkritik, die sich gerade aus der Liebe zur Kirche speist. Aber die ist nicht destruktiv, nicht Rechte von anderen einfordernd, sondern konstruktiv und fängt beim Kritiker selbst an. Sie ist eine Kritik in Demut, die sich vom Kern des Glaubens, von Christus her versteht, und nicht aus Hochmut. (hoch)

Diesen Post schreibe ich quasi „zwischen den Jahren“. Mit der Non des Samstags der 34. Woche endet liturgisch das alte Kirchenjahr, mit der ersten Vesper des ersten Adventssonntags beginnt das neue.

Jetzt wird alles anders: Liturgische Farbe ist jetzt violett statt grün; ensprechend steht das grüne Stundebuch schon wieder im Regal, und das blaue liegt schon bereit und ist „bebändelt“; an den Sonntagen werden wir jetzt aus dem Lukas- statt dem Markusevangelium hören, und auch an den Werktagen ändert sich das Lesejahr (1 statt 2).

Andererseits bleibt fürs erste alles beim Alten. Wie an Christkönig und den vorangegangenen Wochen dreht sich alles um die Wiederkunft. Hieß es am letzten Sonntag in der zweiten Lesung:

Siehe, Er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird Ihn sehen, auch alle, die Ihn durchbohrt haben; und alle Völker der Werde werden seinetwegen jammern und klagen. (Offb 1,7)

lautet die (zumindest in den hiesigen Landen auf Latein wohl bekanntere) Antiphon aus der heutigen Vesper:

Seht, der Herr wird kommen und alle seine Heiligen mit ihm. An jenem Tag leuchtet ein helles Licht. Halleluja. (Ecce Dominus veniet et omnes sancti eius cum eo: et erit in die illa lux magna. Halleluja. [vgl. GL-BBK 800, GL-BA 804])

Irgendwie gehen also die Kirchenjahre ineinander über. In der ersten Lesung vom ersten Adventssonntag ist schon vom Sproß Isais die Rede, die zweite und das Evangelium hingegen fokussieren den zweiten Advent, die Wiederkunft Christi. Die Adventszeit allein auf den ersten Advent, auf die Menschwerdung, zu beziehen, ist also zumindest einseitig. Erst ab dem zweiten (im gerade vergangenen Lesejahr sogar erst ab dem dritten) Adventssonntag konzentriert sich die Liturgie voll und ganz auf die Menschwerdung, und dann zunächst ausgerechnet mit Johannes dem Täufer und seiner Gerichtspredigt.

So ist von der heutigen Non zur heutigen Vesper quasi ansatzlos alles anders und bleibt doch beim Alten. Das alte Jahr hat keinen klaren Endpunkt, aber es wird auch nicht wie in einem Fade Out immer leiser, sondern es nimmt sich nicht zurück, bis der Advent ein neues Motiv einbringt, das in der äußeren Wahrnehmung alles „niederwalzt“, obwohl das Thema dasselbe bleibt.

Dieses Ineinanderverwobensein der Kirchenjahre sowie dem ersten und dem zweiten Advent dient nicht nur einem „weicheren“ Übergang (den ja eh kaum einer wahrnimmt) oder einer pädagogischen Absicht („vergeßt nicht vor lauter süßlicher Weihnachtszeit, daß das kleine Kind in der Krippe der Weltenschöpfer und -richter ist, der widerkommt“), sondern es hat einen tiefen geistlichen Sinn.

Wie für das Ineinander von präsentischer und futurischer Eschatologie im Johannesevangelium liegt des Rätsels Lösung in der Erkenntnis, daß das Gericht am Ende der Zeiten kein anderes ist als das Kreuz Christi, das für die einen zum verdammenden Urteil, für die anderen zum Heil wird.

Wer sich im Glauben unter das Kreuz stellt, wird daher tatsächlich nicht gerichtet werden, denn für ihn wird das Kreuz, das seine bösen Anteile und Werke richtet, zum Heil, indem es ihn von ihnen befreit. Er darf durch das Kreuz ganz der werden, der er von Gott her sein sollte. So kann er die Wiederkunft in der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes und Seines Neuen Jerusalems freudig erwarten. Wer aber das Kreuz trotz Wissen um seine Bedeutung ablehnt, verurteilt sich selbst, er ist damit bereits gerichtet. Das Urteil wurde bereits während des ersten Advent, in der ersten Ankunft gesprochen.

So mag es zwar kontraintuitiv sein, daß im Advent mehr von Gericht und Unheil die Rede ist als zum Ende des Kirchenjahres, in dem die Herrlichkeit des neuen Jerusalems im Vordergrund steht, aber genau dieses Ineinanderübergehen der Kirchenjahre bringt eine tiefe geistliche Wahrheit zum Ausdruck.

Den im engeren Sinne theologischen Teil meiner Doktorarbeit habe ich auf Anraten von verschiedenen Seiten immer weiter zusammengefaßt und gestrafft. Das war sicherlich sinnvoll, denn eine umfassende Behandlung der Frage nach dem Bösen und der Antwort des Glaubens auf sie hätte nicht nur den Rahmen gesprengt, sondern war auch gar nicht angestrebt. Dennoch sind einige Dinge auf der Strecke geblieben, um die es schade ist.

Eine der weggestrafften Stellen betrifft das Buch Hiob. Der Abschnitt ließ sich zwar gut wegkürzen, da er im wesentlichen nur eine einzige Quelle[1] paraphrasierte, und doch handelt es sich dabei meiner Meinung nach um einen in der Frage nach dem Bösen ganz wesentlichen Punkt, denn das Buch Hiob gilt als das Theodizeebuch des Alten Testaments.

Die gängige Deutung dieses Buches geht davon aus, die Antwort Gottes bestünde lediglich im Beharren auf Seiner Allmacht und darüber hinaus in Antwortverweigerung. Ich denke, Ursache dieser – wie ich meine – Fehlinterpretation ist die falsche oder zumindest eine ungenaue Fragestellung, mit der an das Buch herangegangen wird. Hiob geht es nicht um die abstrakte Frage, woher das Böse kommt und wie Gott gut sein kann, wenn es das Böse in der Welt gibt. Damit hätte Hiob überhaupt kein Problem, denn es ist die eigene Schuld, die das Leid verursacht, das als Strafe Gottes für böse Taten verstanden wird. Sondern es geht ihm um sein ganz konkretes Leiden, das ihm ungerecht scheint, da er sich sicher ist, keinerlei Schuld auf sich geladen zu haben. Im Sinne des Tun-Ergehen-Zusammenhangs und einer von einem allmächtigen Gott gut geordneten Welt dürfte er also kein Leid erfahren. Genau diese Vorstellung einer einseitig gut geordneten, perfekten Welt ist mit der Realitätserfahrung nicht wirklich kompatibel, und das will das Buch Hiob zeigen.

Othmar Keel nähert sich dieser Deutung von einer anderen Seite. Ihm erschien es nicht plausibel, daß die immerhin vier Kapitel umfassenden Gottesreden lediglich in einem dreistündigen Naturkundevortrag bestehen sollten. Zumal die Deutung, Gott, der einzige, der die Theodizee tatsächlich leisten könnte, spreche dem Menschen die Berechtigung ab, überhaupt die Frage nach der Rechtfertigung Gottes angesichts des Bösen zu stellen, fordere daher das blinde Vertrauen des Menschen ein, und Hiob resigniere schließlich und bekenne, nicht würdig zu sein, Gottes Gerechtigkeit in Frage zu stellen, nicht erklären kann, warum Hiob sich am Ende ausgerechnet mit der bloßen Forderung nach Vertrauen auf Gott zufrieden geben sollte, die er von Anfang an vehement zurückgewiesen hatte.

Das unschuldige Leiden Hiobs stellte prinzipielle Überzeugungen in Frage, nämlich daß Gott gut und die Welt geordnet ist, daß sie auf Sinn hin befragt werden kann. Er fragte, ob die Welt in der Hand eines Verbrechers ist, und es bliebe somit nach der gängigen Deutung die Möglichkeit bestehen, daß Gott ein Sadist ist, der Freude am Leid des Menschen hat.

Hiob kann sich daher nicht mit der Forderung Gottes zufrieden geben, sich Ihm einfach vertrauensvoll zu unterwerfen, Er wisse schon, was das beste für Hiob sei. Denn das bedeutete letztlich, daß der Peiniger das Opfer dadurch ruhig stellte, daß Er ihm den Masochismus empfiehlt.

Tatsächlich sei das auch nicht der Fall, meint Keel. Vielmehr habe Hiob durch die explizite Selbstverfluchung in Kapitel 31, mit der er ausführlich seine Unschuld bezeugte, Gott gezwungen, ihn zu töten, wäre er schuldig und der geleistete Eid ein Meineid gewesen. Da Gott aber erscheint, ohne Hiob zu töten, erkenne Er Hiobs Unschuld bereits an.

Doch Gott bestreite, als „Prozeßgegner“ Hiobs im Umkehrschluß nun selbst als schuldig gelten zu müssen – mit derselben Vehemenz, mit der Hiob seine Unschuld beteuerte. Er bestreite Hiob zwar zunächst tatsächlich die Berechtigung, die Welt und ihren Schöpfer zu verurteilen – aber nicht, weil Hiob als Geschöpf nicht würdig sei, das zu tun, sondern weil es ihm an Einsicht und Möglichkeit fehle, es besser zu machen. Er, Gott, hingegen sei derjenige, der die Welt gründet, dem Chaos (Meer) Grenzen setzt, dem Bösen den Raum (die Dunkelheit) nimmt, die Wüste (den Ort des Bösen) in fruchtbares Land verwandelt, die vorbildliche Ordnung des Himmels garantiert und es so regnen läßt, daß das Kulturland nicht wieder zu Wüste wird.

Gottes erstes Argument (Hiob 38,1–38) bestehe also darin, daß der Mensch gar nicht zu dem in der Lage sei, was Er tagtäglich immer wieder neu und ohne Ende tue, nämlich die Chaosmächte in der Schöpfung zu bekämpfen und ihnen Grenzen zu setzen. (Oder einfacher gesagt: Mach’s doch besser!)

Sein zweites Argument (Hiob 38,3939,30) bestehe hingegen darin, daß Er es sei, der den wilden Tieren ihre Nahrung verschafft und ihnen Unabhägigkeit gegeben hat. Selbst wenn in der Welt Chaotisches existiere, es sei nicht das Chaos selbst, sondern von Gott geordnet.

Es gebe also Weltbereiche, die der Mensch nicht kontrollieren kann, Gott aber sehr wohl. Hiob hatte ein chaotisches Bild von der Welt gezeichnet, seine Freunde eine klare Ordnung, eine heile Welt dagegengesetzt – Gott korrigiert beide Vorstellungen:

Es fehlt in der Welt nicht an chaotischen Mächten, von eindrücklicher Wildheit und gewaltiger zerstörerischer Kraft. Aber die Welt ist doch nicht ohne Plan, ohne Ordnung. Jahwe hält das Chaos im Zaum, ohne es in langweilige, starre Ordnung zu verwandeln.

Die ersten beiden Argumente Gottes lauten also, Er sei der ständige Schöpfer, der creator continuus, der der Schöpfung ihre Ordnung gibt. Gott verweist tatsächlich auf den unendlichen Unterschied zwischen Schöpfer und Geschöpf, die Rechtfertigung besteht jedoch nicht in der Allmacht, der sich das Geschöpf unterwerfen müsse, sondern in der Schöpfungsmacht, die eine erkennbare Ordnung der Welt überhaupt erst hervorbringt. Diese Ordnung richtet sich jedoch nicht am Menschen aus, sondern berücksichtigt die ganze Schöpfung und gibt allen Geschöpfen ihren Platz in ihr – eine Fähigkeit, die der Mensch nicht hat und für die ihm die Einsicht in den Schöpfungsplan fehlt.

In Hiob 40,141,26 führe Gott ein völlig neues Argument ein. In Seiner vorangegangenen ersten Rede habe Er Sich gegen den Vorwurf verteidigt, die Welt sei chaotisch, das heißt, entweder könne oder wolle Gott keine Ordnung schaffen. Nun wehre Er Sich gegen die Anklage, Er sei ein Sadist, wolle das Böse gar. Zu diesem Zweck zeichne Er von sich das Bild des Jägers von Behemot und Leviatan, wiederum eine Tätigkeit, die der Mensch nicht zu leisten vermöge. Dabei gehe es nicht um die Jagd auf reale Tiere wie Nilpferd und Krokodil, wie die Namen verstanden werden könnten. Diese Tiere wurden auch von Menschen gejagt. Vielmehr wende Gott hier mythologische Bilder auf Sich an; so war das Nilpferd etwa in der ägyptischen Mythologie eine Gestalt Seths, und es kam Horus zu, es zu bändigen. Behemot und Leviatan werden also als Repräsentanten des Bösen angeführt. Gott erkläre somit, nicht der Urheber des Bösen und kein Sadist zu sein. Vielmehr leiste Er sogar, was der Mensch nicht kann: unablässig das Böse zu bekämpfen.

Das heißt, das Böse geht nicht aus Gott hervor. Doch es wird auch kein alternativer Ursprung angegeben. Es geht dem Buch Hiob offenbar nicht um die Frage des metaphysischen Ursprungs, der völlig offen gelassen wird. Sondern Gott stellt sich als Herr über das Böse, als Richter dar, der das Böse bekämpft.

Die Antwort des Buchs Hiob auf die Frage nach der Erfahrung des Bösen ist also:

  • Der Mensch kann weder die chaotischen Anteile der Welt noch das menschlich verursachte Böse völlig beherrschen; er kann von sich aus weder Kulturland noch Gerechtigkeit schaffen.
  • Gott aber kann beides und tut beides und zwar ständig und immer wieder neu. Was dem Menschen böse und chaotisch erscheint, ist doch von Gott geordnet. Er ist der gute Schöpfer.
  • Gott ist nicht so, wie der Mensch Ihn sich vorstellt und wünscht, und möglicherweise sind Seine Kriterien für gut und böse nicht dieselben wie die des Menschen. Es ist Seine Schöpfung.
  • Gott ist nicht der Urheber des Bösen, aber es läßt sich entgegen der Position der Freunde Hiobs auch nicht allein auf den Menschen zurückführen. Vielmehr birgt das Böse eine komplexe Problematik in sich, weil es einen relativen Eigenstand in dieser Welt hat. Auch wenn sein Ursprung im Dunkeln bleibt, gehört es zu den Konstanten der Welt, wie wir sie erfahren.

Man kann ja jetzt von Othmar Keel halten, was man will, und auch die Frage stellen, wie „up to date“ eine kleine Forschungsarbeit aus dem Jahr 1978 heute noch ist; besonders ausführlich rezipiert worden scheint sie mir nicht zu sein. Mir ist allerdings im Nachhinein bewußt geworden, wieviel von der Antwort des Glaubens auf die Erfahrung von Bösem – die beim Schöpfer anfängt und beim Vollender und Richter endet – in dieser Deutung bereits drinsteckt. Und auch ganz persönlich ergibt für mich erst so das Buch Hiob überhaupt einen Sinn.

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[1] Othmar Keel: Jahwes Entgegnung an Ijob. Eine Deutung von Ijob 38–41 vor dem Hintergrund
der zeitgenössischen Bildkunst; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1978; das Zitat steht auf Seite 125. (nach oben)

Als ob ich es mit meinem gestrigen Posting beschworen hätte, erreichte mich heute über Facebook folgendes Video mit der Bitte, die Fragen des Anrufers richtig zu stellen (Achtung! Massive Kopf-Tischkanten-Gefahr):

Eigentlich kann ich an den Fragen des Anrufers nichts richtigstellen. Die Fragen sind an sich richtig. Nur der Typ am Mikro redet sich um Kopf und Kragen (um das festzustellen reichen 45 Sekunden) und kann sie nicht adäquat beantworten.

Man muß ihm zwar zugute halten, daß auch alles, was ich im folgenden an theologischen Überlegungen wiedergebe, kein exaktes Wissen ist, sondern nur die Demonstration der Denkmöglichkeit dessen, was in der Bibel beschrieben wird. D.h. es muß nicht so sein, wie es sich die Theologie zu erklären versucht (wer hat schon Gott je gesehen?), aber das, was wir glauben, kann logisch widerspruchsfrei gedacht werden. Doch als Katholik kriege ich die Krise bei einem solch naiven Biblizismus, wie er hier zum Ausdruck kommt.

Zum Schriftverständnis

Nach katholischer Lehre ist die Bibel im Kontext ihrer Auslegung durch Raum und Zeit zu lesen. Diesen Kontext nennen wir Tradition und verstehen ihn als gleichrangige Offenbarunggsquelle. Entscheidend ist nicht, was da in der Bibel steht, sondern was in Jesus Christus geschehen ist. Deswegen spricht der Papst auch ständig davon, daß das Christentum keine Buchreligion sei. Im Gegensatz zum Koran ist die Bibel nicht selbst unmittelbar von Gott offenbart, sondern Menschen haben sie als Zeugnis von der Selbstoffenbarung Gottes verfaßt, wenngleich wir glauben, daß sie durch den Beistand Gottes daran gehindert wurden, völligen Schwachfug zu schreiben.

Zur Trinität:

Drei Personen, zwei Hervorgänge, ein Gott. Ein Gott in drei Personen, das heißt jede Person ist ganz Gott, aber eben nur in den Beziehungen zu den anderen Personen; d.h. die Person für sich wäre nicht Gott, wenn sie nicht mit den anderen beiden Personen in Beziehung stünde. Denn in Gott gibt es zwei Hervorgänge: Der Sohn geht aus dem Vater hervor, und der Heilige Geist geht aus dem Vater und dem Sohn hervor. Diese zwei Hervorgänge etablieren die drei Personen: Der Vater wäre nicht der Vater, wenn aus Ihm nicht der Sohn und der Heilige Geist hervorgingen; der Sohn wäre nicht der Sohn, wenn Er nicht aus dem Vater hervorginge und der Heilige Geist aus Ihm hervorginge; und der Heilige Geist wäre nicht der Heilige Geist, wenn er nicht aus dem Vater und dem Sohn hervorginge.

Oder einfacher gesagt: Als Christ glaube ich an einen Gott, der in sich Beziehung, reine, selbstlose Liebe ist. Im Islam hat Gott nur Beziehungen zu seinen Geschöpfen. Aus christlicher Perspektive ist dieses Gottesbild nicht vollkommen, weil Gott hier auf die Beziehung zu seinen Geschöpfen angewiesen ist. Daraus ergibt sich auch eine ganz andere Gottesbeziehung, nämlich (um es mal drastisch auszudrücken) die zwischen Herr und Sklave.

Im Christentum ist diese Beziehung mehr. Auch hier gilt zwar: die Beziehung zwischen dem Schöpfer und Seinem Geschöpf ist durch eine unendliche Unterschiedlichkeit geprägt, wir stehen selbstverständlich auch nicht auf einer Ebene mit Gott. Aber sie ist — durch Jesus Christus — mehr:

„Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“ (Joh 15,15)

Mit anderen Worten: Durch die Menschwerdung des Sohnes läßt Gott den Menschen an Seinem Wesen, das eben in Beziehung, in Liebe besteht, teilhaben — und zwar gnadenhalber. Der Mensch hat weder einen Anspruch noch von sich aus eine Möglichkeit, an dieser Liebe teilzuhaben, sondern muß sich diese Vergöttlichung schenken lassen.

Zum Kreuz:

Jesus Christus war wahrer Gott und wahrer Mensch, da kommt also noch mehr dazu als nur Gott. Zwar sagt man auch, daß Gott am Kreuz gestorben ist, aber da Gott nicht sterben kann (er ist ewig), ist das keine exakte, sondern eine analoge Aussage: Insofern in Jesus Christus der Sohn Mariens und der Sohn Gottes eins sind, kann man von der zweiten göttlichen Person (und damit, s.o., von Gott selbst) sagen, daß sie (und damit Er) in Jesus Christus am Kreuz gestorben ist. Zu sagen, wenn Gott tot ist, dann hätte doch die Welt aufhören müssen zu existieren, setzt Zeitlichkeit in Gott voraus.

Auch hätte Jesus sich machtvoll der Kreuzigung wiedersetzen können. Aber wie hätte das mit Seinem Auftrag zusammengepaßt, den Menschen die Liebe Gottes (s.o.: Kenchte oder Freunde) zu bringen?

Zur Sündenvergebung

Ja, er ist für unsere Sünden gestorben, und ja, auch die Juden, die ihn ans Kreuz gebracht haben, können gerade durch das Kreuz ins Paradies gelangen — aber nicht automatisch, sondern eben durch Annahme des Geschenkes (s.o.). Christus war zu den Juden als Volk gesandt. Trotz einigen Erfolgs hat sich auch ein Teil des Volkes, vor allem die Führungsriege, dieser Sendung widersetzt. Daher ist das Kreuz sozusagen der Plan B Gottes — wie das Geschenk dennoch zu den Menschen, jetzt aber nicht mehr durch die Zugehörigkeit zum jüdischen Volk, sondern durch die individuelle Annahme des Geschenks in der Taufe, die ein Mitgekreuzigt- und Mitauferstehen mit Christus ist (also genau jene Vergöttlichung durch das Geschenk der Liebe).

Gott liebt jeden Menschen. Das heißt aber nicht, daß Er alles liebt, was der Mensch tut. Gott haßt die Sünde, die im Kern eine Abwendung von Gott ist. Insofern kann man auch sagen, daß Gott den Sünder haßt, insofern und so weit er die Sünde tut, aber ihn liebt, insofern er Sein Geschöpf ist. Gerettet werden kann, wer sich seine Schuld durch Gott vergeben läßt.

Zum alttestamentarischen Gesetz

a) Die Kultgesetze (Reinheits- und Opfervorschriften) sind durch Christus aufgehoben. Das Kreuzesofper (und seine unblutige Vergegenwärtigung in der Messe) haben den mosaischen Kult ersetzt.

b) Die Kollektivgesetze (also die, die das zusammenleben des Volkes Gottes regeln) haben durch die Schaffung des neuen Volkes Gottes (durch das Kreuz: s.o., nicht mehr die Zugehörigkeit zum jüdischen Volk, sondern die Annahme des Kreuzes ist entscheidend) ihre Grundlage verloren. Hier gehören auch die Strafvorschriften (Wer seine Mutter schlägt, soll des Todes sein) hin. Sie haben aber als Hinweis auf die Folgen der Sünde nach wie vor ihre Funktion („soll des Todes sein“ nicht als Strafvorschrift verstanden, die durch den Menschen umgesetzt werden soll, sondern als Hinweis auf die Folge der Sünde, die einfach unmittelbar aus dem Tun selbst geschieht: die Trennung von Gott, die nach der Offenbarung des Johannes „der zweite Tod“ ist, der ewige, die Tradition nennt diesen Ort der ewigen Gottesferne die Hölle).

c) Die Individualvorschriften wie die 10 Gebote gelten nach wie vor weiter, sind aber in Bergpredigt und Liebesgebot auf eine neue Ebene gehoben. Es geht nicht darum, ihren Wortlaut zu erfüllen, sondern ihren Sinn, der sich eben nicht in der Erfüllung ihrer Minimalforderung erschöpft, sondern eher maximal zu verstehen ist — wie eben in der Bergpredigt:

„Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du (gottloser) Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein.“ (Mt 5,21f.)

Zum Peter-Jürgen-Scheiß am Ende

Peter ist auch Peter ohne Jürgen und Jürgen ist Jürgen ohne Peter. Aber Gott Vater ist nicht Gott Vater ohne Gott Sohn und ohne Gott, den Heiligen Geist. Gott Vater ist nicht Gott Sohn und Gott Sohn nicht Gott Vater und Gott der Heilige Geist ist nicht Gott Vater und auch nicht Gott Sohn. Sie alle sind Gott. Der eine nicht ohn den anderen, aber jeder ist in seiner Beziehung zu den anderen beiden ganz Gott. Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.

Fazit

Drum sei mir dieses geguttenbergte Zitat erlaubt: Roses are gay, violets are gayer, fuck this bullshit and listen to Slayer. Die haben wenigstens mehr Niveau.

Die Verse, die uns die Vesper unterschlägt:

9 Deine Hand wird all deine Feinde finden; wer dich haßt, den trifft deine Rechte.
10 Du läßt sie glühen wie einen feurigen Ofen, sobald du erscheinst. Der Herr verschlingt sie im Zorn, das Feuer verzehrt sie.
11 Du wirst ihre Brut von der Erde vertilgen; ihr Geschlecht (verschwindet) aus der Mitte der Menschen.
12 Schmieden sie auch böse und listige Pläne, richten sie doch nichts aus gegen dich.
13 Du schlägst sie alle in die Flucht, wenn du mit deinem Bogen auf sie zielst.

In den letzten Wochen hatte ich ja schon die eine oder andere merkwürdige musikalische Anwandlung. Nun hat mich ein True Metal-Schmachtbolzen sonder gleichen eingeholt:

„Nothing on earth stays forever
But none of your deeds were in vain
Deep in our hearts you will live again
You’re gone to the home of the brave“

Nicholas Sparks für Männer. Aber ehrlich, ich steh‘ dazu, mir gefällts. *schnüff*

So lautet das Thema der RKW 2011: „eine RKW zu zentralen Aussagen unseres Glaubens über Tod und Auferstehung“. Im ersten Moment war ich ja etwas irritiert (Raupe im Paradies?!), aber dahinter steht ein total schönes Bild, nämlich das der Raupe, die sich in einen toten Kokon einspinnt und als „wunderschöner Schmetterling“ (da werden Erinnerungen wach 🙂 wieder herauskommt. Das Vorbereitungsteam hofft, daß da nicht nur den Kindern was beigebracht wird, sondern daß auch die Erwachsenen, vor allem die Eltern davon profitieren. Es wird ein eigener thematischer Elternabend empfohlen. Ne, wat find‘ ick dat coool! (Ein paar mehr Informationen habe ich im Netz nur im Hamburger Amtsblatt gefunden, Seiten 15/16 im PDF.)

(Und bevor sich da gleich noch einer aufregt, da sei ja gar nicht von Gericht, Fegefeuer usw. die Rede: Seid lieber froh, daß es überhaupt eine ernstzunehmende Kinderkatechese über die Letzten Dinge gibt. Zu meiner Zeit gab’s das überhaupt nicht. Kommt ja nicht von ungefähr, daß sich das Vorbereitungsteam um das Verhältnis der Erwachsenen zu diesem Thema sorgt.)

…bin ich von Musik nicht mehr völlig „weggeblasen“ worden. (Wenn ich mich recht erinnere waren das Cryptopsy live auf dem Party.San 2006 mit den Stücken von „Once Was Not„. Eigentlich halte ich es immer noch für fast unmöglich, diese Musik tatsächlich dermaßen tight auf den Punkt gebracht live zu spielen.) Umso überraschender ist für mich, daß es nun ausgerechnet der hauptsächlich fröhliche Kinderlieder komponiert habende Mozart (no offence intended, mir ist bewußt, daß Mozarts Musik technisch ziemlich anspruchsvoll ist, ich mag sie halt nur nicht) geschafft hat. Gott, ist das fucking metal! Wie Streicher so „sägen“ können! Unglaublich, bisher dachte ich, man müßte klassische Streichinstrumente malträtieren wie Apocalyptica, um mir solche Schauer über den Rücken zu jagen! Ein Kommentar bei YouTube bringt es auf den Punkt: „This is how to have an orgasm in 1min and 51seconds.“

Und ja: Als gebildeter Mensch hätte ich mindestens zwei Dekaden früher auf Mozarts Requiem stoßen müssen, aber ich bin halt ignorant!