Power Metal

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Wo ich schon gerade bei Ouvertüren war, gibt’s diesmal eine richtige: Dead Winter Dead ist ein Konzeptalbum über den Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina, und die Ouvertüre ist tatsächlich eine Zusammenstellung von Themen des weiteren Albums, die auf das Folgende vorbereitet. In dieser Form ist klassischer Ami-Power Metal auch heute immer noch ein Ohr wert:

Bester Song des Albums ist m.E. übrigens „Doesn’t Matter Anyway“. Aber insgesamt ist das ein Album, das als Album so funktioniert, wie es gedacht ist und selbst dann noch emotional bewegt, wenn man verstanden hat, warum es so funktioniert. Also, zumindest mich 🙂

Blind can see the sun,
cripples walk alone,
deaf can hear my words,
they believe,

Just believe,
Just believe in me
Look! The signs are near
to perform my task
to perform my way

to perform
the way I walked

The way of the crucifix

Meine Frau hat mich deshalb schon für bekloppt erklärt, also paßt es wohl wunderbar in die Blogözese. Seit dem ersten Advent verstärkt sich in mir das unbändige Gefühl, zu Advendsliedern zu headbangen. Angefangen hat es mit „Macht hoch die Tür“, wo mir nur noch die Double Bass Drum fehlte. Bei genauerer Betrachtung und weil es sich bei immer mehr Liedern einstellte, ist mir aufgegangen, daß es an den Harmonien liegen muß. (Im Gegensatz zu Stanislaus werde ich nicht schon seit drei Wochen mit romantischen Dur-Liedern malträtiert, sondern durfte sogar die Melodie von „Oh Haupt voll Blut und Wunden“ singen :-).

Und nicht nur an den Harmonien, auch an den Inhalten. Kreuz, Gericht, Wiederkunft, Warten auf das Heil, das sind auch Themen des Metals, wenn auch in meist mehr oder weniger säkularisierter Form. Heute paßte mal wieder alles wie die Faust aufs Auge. Als ob Johannes vom Kreuz allein nicht schon gereicht hätte! (Ich hatte mal überlegt, ob ich die Dunkle Nacht an den Beginn meines im engeren Sinne theologischen Teils meiner Diss stelle.) Ne, es kam auch noch das Evangelium, das Grundlage des Songs meiner „richtigen“[tm] Metal-Initiation war (s.o. und — fast genau vor einem Jahr). Das war doch mal ein schönes Crossover!

Mein Zugang zum Metal war damals[tm] durch diverse Vorurteile blockiert. Alles Satanisten, musikalisch Minderbemittelte und überhaupt saufende und kiffende Chaoten. Das schöne an Vorurteilen ist ja, daß sie Faktenkenntnis ersetzen. Und so kannte ich keinen einzigen echten Metalsong. Erst eine Schulveranstaltung hat mir die Augen geöffnet, indem Metallicas „Enter Sandman“ mir zeigte, daß das die Musik ist, die ich eigentlich schon immer gesucht hatte. Allerdings, das muß ich aus heutiger Perspektive sagen, ist Metallica nicht unbedingt Metal, jedenfalls nichts, was nach dem Schwarzen Album kam. Alles vor „…And Justice for All“ hingegen war mir zu hart, um in „Kill ‚em All“ reinzukommen habe ich Jahre gebraucht.

Nundenn, diese Erkenntnis brach sich erst Bahn, als ich irgendwann dachte, ich brauche noch ein bißchen mehr Musik in diese Richtung, Metallica allein tut’s nicht mehr. Da erinnerte ich mich an T-Shirts eine Mitschülers, auf denen Fantasymotive abgedruckt waren, und als alter Fantasyfan dachte ich mir, kann doch eine Band, die für Fantasy offen ist, kann doch keine schlechte Musik machen. Wie war doch gleich der Name…? Ja, dank des Internets konnte ich ihn rekonstruieren: Blind Guardian. Amazon steuerte noch einen Dreißigsekundenschnipsel bei, und es war um mich geschehen. Nach 15 Sekunden wußte ich, es gibt einen neuen Blind Guardian-Fan. Das Lied war dieses (hier in einer Live-Version von 1991 und damit ein gutes halbes Jahrzehnt, bevor ich die Band entdeckte):

Obwohl mir durchaus klar war, worum es sich beim Intro handelte, kam ich nie auf die Idee, mir den Songtext genauer anzugucken, denn das Booklet enthielt keine Texte. Wiederum ein paar Jahre später befragte ich dann das Google-Orakel — und wieder einmal war ich baff, als ich feststellte was oder vielmehr wer hier mit „Sanctuary“ gemeint ist (ich hätte eher mit einer heidnisch-fantastischen Referenz gerechnet).

In der heutigen Predigt ging es darum, sich immer wieder neue Perspektiven auf Christus und das Heilsgeschehen erschließen zu lassen. Gedacht war dabei natürlich vor allem an die Messe. Aber wenn ich — nicht zuletzt angesichts des heutigen Evangeliums — daran denke, was mir grundlegend und überraschend (thaumazein — für die Eingeweihten 🙂 neue Perspektiven auf den Glauben erschloß, dann spielte dieses Lied eine sehr grundlegende Rolle:

Unter diesem Titel sollte eigentlich ein Beitrag zu Wikileaks erscheinen, aus gegebenem Anlaß kann ich zu diesem Thema nur verlinken.

Nun also zu einem Thema, zu dem sich m.E. schon andere in die Nesseln gesetzt haben. Es ist auch nicht so ganz einfach, in der emotionalen Erschütterung differenzierte Äußerungen zu Byte zu bringen. Drum beschränke ich mich im Folgenden auf „Ich-Botschaften“.

Ich habe es geahnt, als der erste Link in Elsas Kommentarbereich auftauchte. So viele junge Pfarrer im nördlichen Emsland konnte es ja nicht geben. Ich ahnte, daß nicht das Bloggen der Grund für die Blogschließung gewesen sein konnte. Nach wie vor ist sein Zweitblog zugänglich, dessen Thema angesichts der Vorwürfe tasächlich irritierend ist. Ich hoffte trotzdem.

Aber was hätte das geändert? Nur, daß ich ihn nicht (virtuell) gekannt hätte. Warum wäre das relevant gewesen? Ich hätte mich besser distanzieren können, wäre weniger emotional betroffen gewesen. Aber wäre das besser? Augen zu und durch? Der Wahrheit ins Auge zu blicken, auch wenn sie schmerzt; dorthin zu gehen, wo das Dickicht der Sünde, ja der Tod der Seele wartet; dem Bösen nicht ausweichen, sondern ihm standhalten. Notwendig ist das, wie ich immer wieder erfahren habe. Nur wenn ich weiß, wovon ich erlöst bin, wovor ich bewahrt wurde, kann ich das auch schätzen (und wenn ich „ich“ schreibe, dann meine ich auch „ich“: mich, als ein als Baby Getaufter, der manchmal mit Staunen hört, wie Neophyten oder Revertiten vor ihrer Umkehr das Leben erfahren haben [dieser Song spukt mir schon das ganze Wochenende im Kopf herum]). Und ich weiß: Auch wenn ich nicht in Gefahr stehe (zu stehen glaube), Besuch von der Polizei zu bekommen, stehe ich nur unwesentlich besser vor Gott dar als „Katholik“.

Im Grunde mußte ich damit rechnen. Wenn nicht „Katholik“, dann jemand anders. Wenn nicht Kinderpornographie, dann $BELIEBIGE_TODSÜNDE. Natürlich kommt hier noch dazu, daß er Priester ist, eine besondere Vertrauensperson, ein Geistlicher, mit besonderer Gnade beschenkt. Aber eben auch mit besonderen Versuchungen belastet. Und ein besonders lohnendes Ziel für alle Versucher dieser Welt. Ich glaube, ihm und mir konnte nichts besseres passieren, als daß das ganze öffentlich wird (vorausgesetzt, er hat sich tatsächlich etwas zu schulden kommen lassen, aber nach allem, was man lesen kann, ist diese Frage wohl nur noch juristisch offen). Die Öffentlichkeit bietet Schutz vor der Sünde (wenn die Öffentlichkeit ihn jetzt nicht in die Enge treibt), die Möglichkeit zur Umkehr, zur Reue, zur Besserung — zur Buße. Nichts ist an der Sünde schlimmer als ihre Heimlichkeit. Ist sie erst einmal ausgesprochen, hat sie ihre Macht bereits zu großen Teilen verloren. Die Wahrheit will ans Licht, und die Wahrheit macht frei.

Ich breche das jetzt ab. Mir schwirrt noch viel zu viel im Kopf herum, ungeordnet. Ich bin in Trauer, aber nicht schockiert. Ich bin enttäuscht, aber weiß nicht wovon. Ich bin wütend, aber weiß nicht auf wen. Es wäre so einfachzu einfach. Das Wort der Heuchelei ist bereits gefallen — es ist ein starkes Wort, das mitunter auch auf den zurückfällt, der es verwendet (mich eingeschlossen)… Doch in gewisser Weise ist damit getroffen, was ich empfinde — sowohl musikalisch als auch inhaltlich.

Ich werde die Verlinkung nicht rausnehmen. Damnatio memoriae? Dann könnte ich auch aufhören zu beten.