Schrift

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Heute mal was halbwegs Außergewöhnliches: Biblischer Black Metal aus Israel. Das war zumindest die Beschreibung, die mich bewogen hat, das Album zu kaufen, auch wenn die Musiker schon deutlich gemacht haben, daß sie die Bibel nicht gerade mit so richtig gläubigen Augen lesen. Trotzdem sind die Texte des Intros (Unveil the Curtain of Sanity) und des ersten Stücks (Eyes Gaze to a Future Foreseen), die eigentlich ein einziges Stück darstellen, durchaus interessant. Insbesondere „Unveil the Curtain of Sanity“ nimmt eigentlich meine Diss vorweg: Metal zieht den Vorhang der Vernünftigkeit hinweg und zeigt das Chaos einer vom Sündenfall bestimmten Welt ungeschönt.

Aber in dieser Kategorie geht es ja nicht um den Text, sondern die Musik. Es ist zunächst einmal melodischer Black Metal, also normalerweise so überhaupt nicht mein Fall. Und tatsächlich schwächelt das Album ziemlich ab. Meine erste Beschreibung war damals „Harry Potter Metal“. Trotzdem hat es mir der Anfang des Albums ziemlich angetan, denn hier wird wunderbar musikalisch umgesetzt, was textlich vorgegeben ist.

Zunächst das Intro, das langsam vor sich hinplätschert, aber die Saat aussäht, daß vielleicht unsere Welt nicht so rational ist, wie Spock sie gerne hätte. Allein schon diese herablassende Stimme, die „komm, ich zeich Dir ma, wie die richtige Welt aussieht, harhar“ zu sagen scheint! Und schließlich, als das Intro zu Ende plätschert, merkt man plötzlich, was für eine Spannung es aufgebaut hat, die durch die in die Tiefe absinkende Stimme nochmal gesteigert wird. Unnötig zu erwähnen, daß es ausgerechnet das Wort „sanity“ ist, das „insane“ artikuliert wird.

Dann, leider durch die Pause im eingebetten Video ein wenig um seine Wirkung gebracht, bricht das Chaos herein, der Vorhang ist weggezogen: Was da in den ersten anderthalb Minuten des zweiten Stücks passiert, ist mehr als auf dem ganzen restlichen Album! Kaum ein Riff wird länger als 10 Sekunden beibehalten! Ok, es bleibt immer noch melodisch, also kein Vergleich zu Technichal Death Metal 🙂 , aber gerade durch die Melodik kann die Musik den Hörer in dieses Chaos mitnehmen, während Technichal Death Metal den Hörer eher „ausspuckt“. Aber genug der Worte, hört selbst:

Einer der Gründe, warum ich am Ende des letzten Jahres plötzlich wieder aufgehört habe zu bloggen, war die Bibel. Genauer: Mein Vorsatz, im Jahr 2014 die Bibel einmal komplett durchgelesen zu haben. Das wurde am Ende ziemlich knapp (am 1.10. fehlten noch 45 Bücher, am 1.11. noch 31 und am 1.12. noch 13 Bücher, darunter fast das komplette Geschichtswerk), so daß ich klare Prioritäten gesetzt habe.

Ein paar frühe Resultate dieses Vorsatzes habe ich letztes Jahr schon verbloggt. Jetzt will ich der Frage nachgehen, ob sich das ganze gelohnt hat. Nicht nur Jürgen, sondern auch mein AT-Professor waren nach ihrem Komplettdurchgang diesbezüglich etwas skeptisch. Auch ich selbst habe, schon als Jugendlicher, den Versuch, die Bibel komplett zu lesen, nach anderthalb Büchern abgebrochen.

Dieser Versuch aus der Jugendzeit war auch der Grund, warum ich das Geschichtswerk so lange vor mir hergeschoben habe. Und tatsächlich: Ich halte das Buch Exodus für das am anstrengendsten zu lesende Buch der ganzen Bibel. Damals bin ich irgendwo im Bundesbuch (ca. Ex 22) hängengeblieben und konnte mich nicht mehr überwinden, weiterzulesen. Blöd halt, daß das Buch so weit vorne steht.

Im Buch Exodus kann man die Schichten, die in den Pentateuch eingeflossen sind, am deutlichsten erkennen, und sie sind zu allem Überfluß schlecht miteinander verknüpft. Es gibt zum Teil abrupte Wechsel mitten in einer Geschichte, infolgedessen zwei Beschreibungen desselben Ereignisses unvereinbar nebeneinander stehen (war das Wasser jetzt durch einen starken Wind weggetrieben worden oder stand es rechts und links wie eine Mauer?, um nur mal das bekannteste Beispiel anzuführen). Besonders anstrengend ist das in den Gesetzestexten, die keine klare Struktur erkennen lassen. Oder besser: die zwar scheinbar eine klare Grobstruktur haben, aber sich dann in komplexen Details verlieren.

Nicht besser wird es dadurch, daß die Geschichte des Auszugs aus Ägypten in geistlicher Lesung und der kirchlichen Tradition eine kaum zu überschätzende Rolle spielt als Vorbild des Auszugs des einzelnen und der Kirche aus der Welt der Sünde und des Todes.

Und dann folgt darauf auch noch das Buch Levitikus, das kaum noch Geschichte, sondern hauptsächlich Gesetzestexte präsentiert, ganz zu Schweigen von Numeri, das fast schon in einer Art Mantra beginnt (der und der Stamm brachte das und das, der und der Stamm brachtet dasselbe und nach 12 Stämmen geht’s wieder von vorne los)!

Aber schwer gefehlt! Ok, Numeri ist am Anfang tatsächlich etwas langweilig, wenn man nicht wie ich auf Statistiken abfährt, aber Levitikus haut pholl phätt rein! Zunächst einmal wirken beide Bücher im Gegensatz zu Exodus viel mehr wie aus einem Guß. Vor allem aber braucht es die richtige Hermeneutik, die richtige Brille, um einen Zugang zu den Büchern zu kriegen. Bei Levitikus drängte sich mir relativ schnell auf, das Buch im Hinblick auf die Verehrung der Eucharistie und den Aufbau katholischer Kirchen zu lesen; nicht zuletzt, weil ständig vom ungesäuerten Brot aus Feinmehl, das heilig ist, die Rede ist. Tabernakel, ewiges Licht (Lev 24), ja sogar die Elevation (Lev 7,14) und praktisch das gesamte Kirchenjahr von Erntedank bis Pfingsten (Lev 23) – alles schon drin! Ok, man muß ein paar Begrifflichkeiten kennen, z.B. daß tabernaculum das lateinische Wort für Zelt ist, aber dann ist Levitikus alles andere als vergangene Gesetzlichkeit, sondern pure Gegenwart (ein paar kleinere Ausnahmen in gesetzlichen Detailregelungen bestätigen die Regel).

Das ist überhaupt das Problem: Man muß erstmal raffen, daß manche uns geläufige Begriffe eben lateinisch oder griechisch sind, die Einheitsübersetzung aber im Text meist die deutschen Worte verwendet (soweit vorhanden) und in den Anmerkungen allenfalls die hebräischen Ausdrücke erwähnt. So habe ich auch eine ganze Weile gebraucht zu merken, daß Josua nicht nur figurativ die Israeliten ins verheißene Land führt wie Jesus uns ins Himmelreich, sondern daß Josua „lediglich“ eine andere griechische Form von J(eh|o)schua als das neutestamentliche Jesus ist… Tja, nur weil man Texte auf Deutsch liest oder hört, heißt das eben noch lange nicht, daß man sie besser versteht, als wenn sie in einer mehr oder weniger unbekannten Fremdsprache formuliert sind.

Besonders angetan hat es mir aber die Weiheitsliteratur. Ja, auch hier gilt, nicht alles ist zum sofortigen Komplettverzehr geeignet (Psalmen, Sprüche). Aber die grundsätzliche Orientierung dieser Bücher ist so herrlich thomanisch „down to earth“ – sie wird weder spiritualistisch noch materialistisch, selbst wenn sie wie Kohelet die vermeintliche Bedeutungslosigkeit des Menschen bis ins Letzte auskostet.

Stellen wie: „Der Schlaf des Fröhlichen wirkt wie eine Mahlzeit, das Essen schlägt gut bei ihm an“, und: „Wie ein Lebenswasser ist der Wein für den Menschen, wenn er ihn mäßig trinkt. Was ist das für ein Leben, wenn man keinen Wein hat, der doch von Anfang an zur Freude geschafen wurde? Frohsinn, Wonne und Lust bringt Wein, zur rechten Zeit und genügsam getrunken. Kopfweh, Hohn und Schimpf bringt Wein, getrunken in Erregung und Zorn. Zu viel Wein ist eine Falle für den Toren, er schwächt die Kraft und schlägt viele Wunden“ (Sir 30,25;31,19–21), zeigen in aller Deutlichkeit, daß es bei allem Wechsel in den Verhältnissen manche Dinge einfach Grundkonstanten menschlichen Lebens sind: „Wer sich selbst nichts gönnt, wem kann der Gutes tun? Er wird seinem eigenen Glück nicht begegnen“ (Sir 14,5).

Das Hohelied hingegen scheint mir das geistlich tiefste Buch der ganzen Bibel zu sein. Beim ersten Lesen rauscht es irgendwie so vorbei. Beim zweiten Mal merkte ich an ein paar Stellen plötzlich auf, klingt das nicht wie ein Kirchenlied? Beim dritten Mal fielen mir auch die Lieder ein, z.B. „Mein schönste Zier und Kleinod bist“ (Hld 2,16 in der dritten Strophe) und „Sagt an, wer ist doch diese“ (Hld 6,10), und mir zeigte sich eine Tiefe, die ihresgleichen sucht und von mir noch entdeckt werden will.

Leid tun mir aber die Protestanten, die gerade in der Weisheit der schönsten Texte entbehren müssen. Nicht nur fehlt Sirach, so daß den Lutherjüngern ihr „Prediger“ irgendwie der Kontext fehlt, aus dem er verständlich(er) wird, sondern sie kennen auch so krasse prophetische Texte wie Weisheit 2 nicht. Kein Wunder, daß manche von ihnen das AT gleich ganz über Bord werfen wollen.

Da versteht man übrigens auch gleich, warum Luther mit Jakobus nicht viel anfangen konnte. Wer die Weisheit nicht gebührend schätzt, für den wird der Jakobusbrief ein Buch mit sieben Siegeln bleiben, denn der steht ganz, ganz deutlich in weisheitlicher Tradition, nicht zuletzt in seiner (keineswegs fehlenden!) Christologie. Nur kommt Christus hier nicht als vorösterlicher Jesus, sondern als erhöhter Herr vor, nämlich als die „Weisheit[!] von oben“, die den Christgläubigen zu neuem Leben gebiert, ihre Werke dabei schon immer mitbringt und den Christen dadurch befähigt, sie zu vollbringen. Oder anders gesagt, wer bei Jakobus nicht die Bergpredigt durchhört, kann kaum bemerken, wie nah Jakobus an den Synoptikern ist (27 Parallelstellen, davon die Hälfte aus der Bergpredigt).

Aber ich schweife ab. Die Offenbarung des Johannes habe ich schon immer gemocht. Aber erst nach der kompletten Bibellektüre ist mir so richtig klargeworden, daß und warum sie das würdige Schlußbuch der Bibel ist. Sie greift quasi alle losen Enden auf, alle noch nicht (ganz) erfüllten Verheißungen und bündelt sie. So macht sie nicht nur deutlich, daß die Vollendung noch aussteht, sondern vor allem auch, daß die ganze Bibel zusammengehört und nicht nur die Stellen, die sich neutestamentlich als erfüllt herausstellen oder gar nur die, die uns heute in den Kram passen. Und dabei steht sie voll in der Tradition alttestamentlicher Prophetie. Sie weist sehr wohl darauf hin, daß die Verheißungen oder auch Drohungen Gottes in der Gegenwart relevant sind, auch eine nahe Folge haben werden, daß aber die Geduld Gottes soviel größer ist als wir sie uns vorstellen können, daß die vollständige Erfüllung der Verheißungen noch Jahrhunderte oder gar Jahrtausende ausstehen kann. Ihr kennt weder Zeit noch Stunde…

Um das ganze mal abzuschließen: Ja, die Komplettlektüre der Bibel hat mir viel gebracht. Viele Bezüge sind mir vorher nie klar gewesen, und ständig entdecke ich neue. Wichtig war aber, die Bibel nicht „instruktionstheoretisch“ zu lesen, d.h. als Buch, das mir Sachinformationen vermittelt, sondern „personal-kommunikativ“, oder einfacher formuliert: geistlich, auf meine Beziehung zum Herrn hin. So erschlossen sich viele Stellen, die sonst irgendwie alt, unbedeutend und „apokryph“ gewirkt hätten, als geistlich tief, Lebenszusammenhänge erschließend und den Glauben stärkend.

Nur zwei Tips seien potentiellen Nachahmern noch auf den Weg gegeben, wenn sie die Einheitsübersetzung nehmen, was für den Anfang vielleicht gar nicht mal die schlechteste Wahl ist: Überspringt im Zweifel die Einleitungen zu den Büchern, die zum Teil zwar ganz brauchbar, zum Teil aber auch absolut grottig sind und jegliche geistliche Lektüre auszutreiben zu versuchen scheinen. Gleiches gilt für die Anmerkungen. Manche sind hilfreich, manche, insbesondere an Stellen im AT, die eindeutig Jesus als den Messias vorausverkünden, sind einfach katastrophal, weil sie keine Erklärung bieten, sondern nur ausschließen wollen, was zwar offensichtlich ist, aber einfach nicht sein darf.

Inzwischen bin ich übrigens schon wieder zu zwei Dritteln durch. Was für mich etwas sehr Ungewöhnliches ist. Selbst die besten Romane (von Sachbüchern ganz zu schweigen) lese ich nur in absoluten Ausnahmen ein zweites Mal und dann bevorzugt in einer anderen Sprache, weil mir alles so bekannt vorkommt, daß meine Augen zwar weiterhin den Buchstaben folgen, mein Hirn aber gelangweilt sonstwohin abdriftet. Das ist bei der Bibel völlig anders. Hier scheint es mir von Mal zu Mal spannender zu werden. Je besser ich die Texte kenne, umso mehr Querverweise und -bezüge fallen mir auf, umso tiefere Deutungen werden mir möglich. (Die Kirchenväterauslegungen dazu zu lesen, schadet ganz offensichtlich auch nicht.) Wenn das mal nicht ein Zeichen ist, daß dort „is more to it than meets the eye“… 🙂

In letzter Zeit ist mir mehrfach aufgefallen, wie zerrupft manche Schriftlesungen der Messe wirken. Darüber kann ich erstmal nur staunen (gr.: thaumazein), und habe mir deshalb jetzt vorgenommen, solcher Art Auffälligkeiten in loser Reihe hier abzulegen. — Hell der in der Messe gelesene Text, dunkel der weggelassene Kontext.

Nachdem der erste Teil dieses Postings betrachtete, wie es die Perikopenauswahl schaffte, den Zweiten Thessalonicherbrief seines apokalyptischen Charakters zu berauben, zeigt sich in diesem Teil, wie merkwürdig treffsicher alle Stellen, die zum Teil mit göttlicher Autorität ein bestimmtes Verhalten gegenüber Apostaten empfehlen, gestrichen wurden:

Zweite Lesung vom 32. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
2 Thess 2,16-3,5

Jesus Christus aber, unser Herr,
und Gott, unser Vater,
der uns seine Liebe zugewandt
und uns in seiner Gnade ewigen Trost und sichere Hoffnung geschenkt hat,
tröste euch und gebe euch Kraft zu jedem guten Werk und Wort.
Im Übrigen, Brüder, betet für uns,
damit das Wort des Herrn sich ausbreitet und verherrlicht wird, ebenso wie bei euch.
Betet auch darum,
dass wir vor den bösen und schlechten Menschen gerettet werden;
denn nicht alle nehmen den Glauben an.
Aber der Herr ist treu;
er wird euch Kraft geben und euch vor dem Bösen bewahren.
Wir vertrauen im Herrn auf euch,
dass ihr jetzt und auch in Zukunft tut, was wir anordnen.
Der Herr richte euer Herz darauf,
dass ihr Gott liebt und unbeirrt auf Christus wartet.

Im Namen Jesu Christi, des Herrn, gebieten wir euch, Brüder:
Haltet euch von jedem Bruder fern,
der ein unordentliches Leben führt
und sich nicht an die Überlieferung hält,
die ihr von uns empfangen habt.

Zweite Lesung vom 33. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
2 Thess 3,7-12

Ihr selbst wisst, wie man uns nachahmen soll.
Wir haben bei euch kein unordentliches Leben geführt
und bei niemand unser Brot umsonst gegessen;
wir haben uns gemüht und geplagt, Tag und Nacht haben wir gearbeitet,
um keinem von euch zur Last zu fallen.
Nicht als hätten wir keinen Anspruch auf Unterhalt;
wir wollten euch aber ein Beispiel geben, damit ihr uns nachahmen könnt.
Denn als wir bei euch waren,
haben wir euch die Regel eingeprägt:
Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.
Wir hören aber,
dass einige von euch ein unordentliches Leben führen und alles Mögliche treiben,
nur nicht arbeiten.
Wir ermahnen sie und gebieten ihnen im Namen Jesu Christi, des Herrn,
in Ruhe ihrer Arbeit nachzugehen und ihr selbst verdientes Brot zu essen.

Ihr aber, Brüder, werdet nicht müde, Gutes zu tun.
Wenn jemand auf unsere Mahnung in diesem Brief nicht hört,
dann merkt ihn euch und meidet den Umgang mit ihm, damit er sich schämt;
doch seht ihn nicht als Feind an,
sondern weist ihn als euren Bruder zurecht!
Der Herr des Friedens aber schenke euch den Frieden zu jeder Zeit und auf jede Weise.
Der Herr sei mit euch allen.
Den Gruß schreibe ich, Paulus, eigenhändig.
Das ist mein Zeichen in jedem Brief; so schreibe ich.
Die Gnade Jesu Christi, unseres Herrn, sei mit euch allen!

In letzter Zeit ist mir mehrfach aufgefallen, wie zerrupft manche Schriftlesungen der Messe wirken. Darüber kann ich erstmal nur staunen (gr.: thaumazein), und habe mir deshalb jetzt vorgenommen, solcher Art Auffälligkeiten in loser Reihe hier abzulegen. — Hell der in der Messe gelesene Text, dunkel der weggelassene Kontext.

Als ich auf der Suche nach der Stelle für das zweite Posting war, stieß ich auf die „Bahnlesung“ des 2. Thessalonicherbrief über drei Sonntage am Ende des Lesejahres C hinweg. Da der Brief drei Kapitel hat, würde es sich ja anbieten, jeden Sonntag etwa ein Kapitel zu lesen. Wird auch fast so gehandhabt. (Hm, ist das eigentlich reiner Zufall, daß es bisher immer die zweite Lesung war, die merkwürdigs gekürzt war?)

Aufgrund der Länge splitte ich das Posting in zwei Teilstücke auf. Man beachte, wie die Auswahl es geschickt schafft, den einzigen Teil in der ganzen Umgebung herauszugreifen, der nicht mehr oder weniger konkrete endzeitliche Ereignisse schildert, sondern (wenn, wie hier, aus dem Zusammenhang gerissen) eher vor der Apokalyptik als solcher zu warnen scheint:

Zweite Lesung am 31. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
2 Thess 1,11-2,2

Wir müssen Gott euretwegen immer danken, Brüder, wie es recht ist,
denn euer Glaube wächst und die gegenseitige Liebe nimmt bei euch allen zu.
Wir können in den Gemeinden Gottes mit Stolz auf euch hinweisen,
weil ihr im Glauben standhaft bleibt bei aller Verfolgung und Bedrängnis,
die ihr zu ertragen habt.
Dies ist ein Anzeichen des gerechten Gerichtes Gottes;
ihr sollt ja des Reiches Gottes teilhaftig werden, für das ihr leidet.
Denn es entspricht der Gerechtigkeit Gottes,
denen mit Bedrängnis zu vergelten, die euch bedrängen,
euch aber, den Bedrängten, zusammen mit uns Ruhe zu schenken,
wenn Jesus, der Herr,
sich vom Himmel her offenbart mit seinen mächtigen Engeln in loderndem Feuer.
Dann übt er Vergeltung an denen,
die Gott nicht kennen
und dem Evangelium Jesu, unseres Herrn, nicht gehorchen.
Fern vom Angesicht des Herrn und von seiner Macht und Herrlichkeit müssen sie sein,
mit ewigem Verderben werden sie bestraft,
wenn er an jenem Tag kommt,
um inmitten seiner Heiligen gefeiert
und im Kreis aller derer bewundert zu werden,
die den Glauben angenommen haben;
auch bei euch hat ja unser Zeugnis Glauben gefunden.

Darum beten wir auch immer für euch,
dass unser Gott euch eurer Berufung würdig mache
und in seiner Macht allen Willen zum Guten und jedes Werk des Glaubens vollende.
So soll der Name Jesu, unseres Herrn, in euch verherrlicht werden und ihr in ihm,
durch die Gnade unseres Gottes und Herrn Jesus Christus.
Brüder, wir schreiben euch über die Ankunft Jesu Christi, unseres Herrn,
und unsere Vereinigung mit ihm und bitten euch:
Lasst euch nicht so schnell aus der Fassung bringen und in Schrecken jagen,
wenn in einem prophetischen Wort oder einer Rede oder in einem Brief,
der angeblich von uns stammt,
behauptet wird,
der Tag des Herrn sei schon da.

Lasst euch durch niemand und auf keine Weise täuschen!
Denn zuerst muss der Abfall von Gott kommen
und der Mensch der Gesetzwidrigkeit erscheinen, der Sohn des Verderbens,
der Widersacher, der sich über alles,
was Gott oder Heiligtum heißt,
so sehr erhebt,
dass er sich sogar in den Tempel Gottes setzt und sich als Gott ausgibt.
Erinnert ihr euch nicht,
dass ich euch dies schon gesagt habe,
als ich bei euch war?
Ihr wisst auch, was ihn jetzt noch zurückhält,
damit er erst zur festgesetzten Zeit offenbar wird.
Denn die geheime Macht der Gesetzwidrigkeit ist schon am Werk;
nur muss erst der beseitigt werden,
der sie bis jetzt noch zurückhält.
Dann wird der gesetzwidrige Mensch allen sichtbar werden.
Jesus, der Herr, wird ihn durch den Hauch seines Mundes töten
und durch seine Ankunft und Erscheinung vernichten.
Der Gesetzwidrige aber wird, wenn er kommt, die Kraft des Satans haben.
Er wird mit großer Macht auftreten und trügerische Zeichen und Wunder tun.
Er wird alle, die verloren gehen, betrügen und zur Ungerechtigkeit verführen;
sie gehen verloren, weil sie sich der Liebe zur Wahrheit verschlossen haben,
durch die sie gerettet werden sollten.
Darum lässt Gott sie der Macht des Irrtums verfallen,
sodass sie der Lüge glauben;
denn alle müssen gerichtet werden,
die nicht der Wahrheit geglaubt, sondern die Ungerechtigkeit geliebt haben.
Wir müssen Gott zu jeder Zeit euretwegen danken, vom Herrn geliebte Brüder,
weil Gott euch als Erstlingsgabe dazu auserwählt hat,
aufgrund der Heiligung durch den Geist
und aufgrund eures Glaubens an die Wahrheit gerettet zu werden.
Dazu hat er euch durch unser Evangelium berufen;
ihr sollt nämlich die Herrlichkeit Jesu Christi, unseres Herrn, erlangen.
Seid also standhaft, Brüder, und haltet an den Überlieferungen fest,
in denen wir euch unterwiesen haben, sei es mündlich, sei es durch einen Brief.

In letzter Zeit ist mir mehrfach aufgefallen, wie zerrupft manche Schriftlesungen der Messe wirken. Darüber kann ich erstmal nur staunen (gr.: thaumazein), und habe mir deshalb jetzt vorgenommen, solcher Art Auffälligkeiten in loser Reihe hier abzulegen. — Hell der in der Messe gelesene Text, dunkel der weggelassene Kontext.

Ich hatte in Erinnerung, daß ich vor noch nicht allzu langer Zeit einen Abbruch mitten im Satz wie im ersten Posting schonmal erlebt hatte, und siehe da, wer sucht, der wird finden:

Zweite Lesung vom 22. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
Hebr 12,18-19.22-24a

Denn ihr seid nicht zu einem sichtbaren, lodernden Feuer hingetreten,
zu dunklen Wolken, zu Finsternis und Sturmwind,
zum Klang der Posaunen und zum Schall der Worte,
bei denen die Hörer flehten,
diese Stimme solle nicht weiter zu ihnen reden
;
denn sie ertrugen nicht den Befehl:
Sogar ein Tier, das den Berg berührt, soll gesteinigt werden.
Ja, so furchtbar war die Erscheinung, dass Mose rief:
Ich bin voll Angst und Schrecken.
Ihr seid vielmehr zum Berg Zion hingetreten,
zur Stadt des lebendigen Gottes,
dem himmlischen Jerusalem,
zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung
und zur Gemeinschaft der Erstgeborenen,
die im Himmel verzeichnet sind;
zu Gott, dem Richter aller,
zu den Geistern der schon vollendeten Gerechten,
zum Mittler eines neuen Bundes, Jesus
,
und zum Blut der Besprengung, das mächtiger ruft als das Blut Abels.

Gebt Acht, dass ihr den nicht ablehnt, der redet.
Jene haben ihn abgelehnt, als er auf Erden seine Gebote verkündete,
und sind (dem Gericht) nicht entronnen;
wie viel weniger dann wir,
wenn wir uns von dem abwenden, der jetzt vom Himmel her spricht.
Seine Stimme hat damals die Erde erschüttert,
jetzt aber hat er verheißen:
Noch einmal lasse ich es beben,
aber nicht nur die Erde erschüttere ich, sondern auch den Himmel.
Dieses Noch einmal weist auf die Umwandlung dessen hin,
das, weil es erschaffen ist, erschüttert wird,
damit das Unerschütterliche bleibt.
Darum wollen wir dankbar sein,
weil wir ein unerschütterliches Reich empfangen,
und wollen Gott so dienen, wie es ihm gefällt, in ehrfürchtiger Scheu;
denn unser Gott ist verzehrendes Feuer.

In letzter Zeit ist mir mehrfach aufgefallen, wie zerrupft manche Schriftlesungen der Messe wirken. Darüber kann ich erstmal nur staunen (gr.: thaumazein), und habe mir deshalb jetzt vorgenommen, solcher Art Auffälligkeiten in loser Reihe hier abzulegen. — Hell der in der Messe gelesene Text, dunkel der weggelassene Kontext.

Das erste Beispiel ist wohl gleich das deutlichste, zumindest hat es mir mächtig in den Ohren geklingelt, als der Epheserhymnus plötzlich mitten im Satz (vom Sinnzusammenhang mal ganz abgesehen) abbrach:

Zweite Lesung vom zweiten Sonntag nach Weihnachten, Lesejahr A:
Eph 1,3-6.15-18

Gepriesen sei Gott,
der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus.
Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet
durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel.
Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Erschaffung der Welt,
damit wir heilig und untadelig leben vor Gott;
er hat uns aus Liebe im Voraus dazu bestimmt,
seine Söhne zu werden durch Jesus Christus
und zu ihm zu gelangen nach seinem gnädigen Willen,
zum Lob seiner herrlichen Gnade.
Er hat sie uns geschenkt in seinem geliebten Sohn
;
durch sein Blut haben wir die Erlösung,
die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade.
Durch sie hat er uns mit aller Weisheit und Einsicht reich beschenkt
und hat uns das Geheimnis seines Willens kundgetan,
wie er es gnädig im Voraus bestimmt hat:
Er hat beschlossen, die Fülle der Zeiten heraufzuführen,
in Christus alles zu vereinen,
alles, was im Himmel und auf Erden ist.
Durch ihn sind wir auch als Erben vorherbestimmt
und eingesetzt nach dem Plan dessen,
der alles so verwirklicht, wie er es in seinem Willen beschließt;
wir sind zum Lob seiner Herrlichkeit bestimmt,
die wir schon früher auf Christus gehofft haben.
Durch ihn habt auch ihr das Wort der Wahrheit gehört,
das Evangelium von eurer Rettung;
durch ihn habt ihr das Siegel des verheißenen Heiligen Geistes empfangen,
als ihr den Glauben annahmt.
Der Geist ist der erste Anteil des Erbes,
das wir erhalten sollen,
der Erlösung, durch die wir Gottes Eigentum werden,
zum Lob seiner Herrlichkeit.

Darum höre ich nicht auf, für euch zu danken,
wenn ich in meinen Gebeten an euch denke;
denn ich habe von eurem Glauben an Jesus, den Herrn,
und von eurer Liebe zu allen Heiligen gehört.
Der Gott Jesu Christi, unseres Herrn,
der Vater der Herrlichkeit,
gebe euch den Geist der Weisheit und Offenbarung,
damit ihr ihn erkennt.
Er erleuchte die Augen eures Herzens,
damit ihr versteht,
zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid,
welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt

und wie überragend groß seine Macht sich an uns,
den Gläubigen,
erweist durch das Wirken seiner Kraft und Stärke.
Er hat sie an Christus erwiesen,
den er von den Toten auferweckt
und im Himmel auf den Platz zu seiner Rechten erhoben hat,
hoch über alle Fürsten und Gewalten,
Mächte und Herrschaften
und über jeden Namen,
der nicht nur in dieser Welt,
sondern auch in der zukünftigen genannt wird.
Alles hat er ihm zu Füßen gelegt und ihn,
der als Haupt alles überragt,
über die Kirche gesetzt.
Sie ist sein Leib und wird von ihm erfüllt,
der das All ganz und gar beherrscht.