Zweiter Thessalonicherbrief

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In letzter Zeit ist mir mehrfach aufgefallen, wie zerrupft manche Schriftlesungen der Messe wirken. Darüber kann ich erstmal nur staunen (gr.: thaumazein), und habe mir deshalb jetzt vorgenommen, solcher Art Auffälligkeiten in loser Reihe hier abzulegen. — Hell der in der Messe gelesene Text, dunkel der weggelassene Kontext.

Nachdem der erste Teil dieses Postings betrachtete, wie es die Perikopenauswahl schaffte, den Zweiten Thessalonicherbrief seines apokalyptischen Charakters zu berauben, zeigt sich in diesem Teil, wie merkwürdig treffsicher alle Stellen, die zum Teil mit göttlicher Autorität ein bestimmtes Verhalten gegenüber Apostaten empfehlen, gestrichen wurden:

Zweite Lesung vom 32. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
2 Thess 2,16-3,5

Jesus Christus aber, unser Herr,
und Gott, unser Vater,
der uns seine Liebe zugewandt
und uns in seiner Gnade ewigen Trost und sichere Hoffnung geschenkt hat,
tröste euch und gebe euch Kraft zu jedem guten Werk und Wort.
Im Übrigen, Brüder, betet für uns,
damit das Wort des Herrn sich ausbreitet und verherrlicht wird, ebenso wie bei euch.
Betet auch darum,
dass wir vor den bösen und schlechten Menschen gerettet werden;
denn nicht alle nehmen den Glauben an.
Aber der Herr ist treu;
er wird euch Kraft geben und euch vor dem Bösen bewahren.
Wir vertrauen im Herrn auf euch,
dass ihr jetzt und auch in Zukunft tut, was wir anordnen.
Der Herr richte euer Herz darauf,
dass ihr Gott liebt und unbeirrt auf Christus wartet.

Im Namen Jesu Christi, des Herrn, gebieten wir euch, Brüder:
Haltet euch von jedem Bruder fern,
der ein unordentliches Leben führt
und sich nicht an die Überlieferung hält,
die ihr von uns empfangen habt.

Zweite Lesung vom 33. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
2 Thess 3,7-12

Ihr selbst wisst, wie man uns nachahmen soll.
Wir haben bei euch kein unordentliches Leben geführt
und bei niemand unser Brot umsonst gegessen;
wir haben uns gemüht und geplagt, Tag und Nacht haben wir gearbeitet,
um keinem von euch zur Last zu fallen.
Nicht als hätten wir keinen Anspruch auf Unterhalt;
wir wollten euch aber ein Beispiel geben, damit ihr uns nachahmen könnt.
Denn als wir bei euch waren,
haben wir euch die Regel eingeprägt:
Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.
Wir hören aber,
dass einige von euch ein unordentliches Leben führen und alles Mögliche treiben,
nur nicht arbeiten.
Wir ermahnen sie und gebieten ihnen im Namen Jesu Christi, des Herrn,
in Ruhe ihrer Arbeit nachzugehen und ihr selbst verdientes Brot zu essen.

Ihr aber, Brüder, werdet nicht müde, Gutes zu tun.
Wenn jemand auf unsere Mahnung in diesem Brief nicht hört,
dann merkt ihn euch und meidet den Umgang mit ihm, damit er sich schämt;
doch seht ihn nicht als Feind an,
sondern weist ihn als euren Bruder zurecht!
Der Herr des Friedens aber schenke euch den Frieden zu jeder Zeit und auf jede Weise.
Der Herr sei mit euch allen.
Den Gruß schreibe ich, Paulus, eigenhändig.
Das ist mein Zeichen in jedem Brief; so schreibe ich.
Die Gnade Jesu Christi, unseres Herrn, sei mit euch allen!

In letzter Zeit ist mir mehrfach aufgefallen, wie zerrupft manche Schriftlesungen der Messe wirken. Darüber kann ich erstmal nur staunen (gr.: thaumazein), und habe mir deshalb jetzt vorgenommen, solcher Art Auffälligkeiten in loser Reihe hier abzulegen. — Hell der in der Messe gelesene Text, dunkel der weggelassene Kontext.

Als ich auf der Suche nach der Stelle für das zweite Posting war, stieß ich auf die „Bahnlesung“ des 2. Thessalonicherbrief über drei Sonntage am Ende des Lesejahres C hinweg. Da der Brief drei Kapitel hat, würde es sich ja anbieten, jeden Sonntag etwa ein Kapitel zu lesen. Wird auch fast so gehandhabt. (Hm, ist das eigentlich reiner Zufall, daß es bisher immer die zweite Lesung war, die merkwürdigs gekürzt war?)

Aufgrund der Länge splitte ich das Posting in zwei Teilstücke auf. Man beachte, wie die Auswahl es geschickt schafft, den einzigen Teil in der ganzen Umgebung herauszugreifen, der nicht mehr oder weniger konkrete endzeitliche Ereignisse schildert, sondern (wenn, wie hier, aus dem Zusammenhang gerissen) eher vor der Apokalyptik als solcher zu warnen scheint:

Zweite Lesung am 31. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
2 Thess 1,11-2,2

Wir müssen Gott euretwegen immer danken, Brüder, wie es recht ist,
denn euer Glaube wächst und die gegenseitige Liebe nimmt bei euch allen zu.
Wir können in den Gemeinden Gottes mit Stolz auf euch hinweisen,
weil ihr im Glauben standhaft bleibt bei aller Verfolgung und Bedrängnis,
die ihr zu ertragen habt.
Dies ist ein Anzeichen des gerechten Gerichtes Gottes;
ihr sollt ja des Reiches Gottes teilhaftig werden, für das ihr leidet.
Denn es entspricht der Gerechtigkeit Gottes,
denen mit Bedrängnis zu vergelten, die euch bedrängen,
euch aber, den Bedrängten, zusammen mit uns Ruhe zu schenken,
wenn Jesus, der Herr,
sich vom Himmel her offenbart mit seinen mächtigen Engeln in loderndem Feuer.
Dann übt er Vergeltung an denen,
die Gott nicht kennen
und dem Evangelium Jesu, unseres Herrn, nicht gehorchen.
Fern vom Angesicht des Herrn und von seiner Macht und Herrlichkeit müssen sie sein,
mit ewigem Verderben werden sie bestraft,
wenn er an jenem Tag kommt,
um inmitten seiner Heiligen gefeiert
und im Kreis aller derer bewundert zu werden,
die den Glauben angenommen haben;
auch bei euch hat ja unser Zeugnis Glauben gefunden.

Darum beten wir auch immer für euch,
dass unser Gott euch eurer Berufung würdig mache
und in seiner Macht allen Willen zum Guten und jedes Werk des Glaubens vollende.
So soll der Name Jesu, unseres Herrn, in euch verherrlicht werden und ihr in ihm,
durch die Gnade unseres Gottes und Herrn Jesus Christus.
Brüder, wir schreiben euch über die Ankunft Jesu Christi, unseres Herrn,
und unsere Vereinigung mit ihm und bitten euch:
Lasst euch nicht so schnell aus der Fassung bringen und in Schrecken jagen,
wenn in einem prophetischen Wort oder einer Rede oder in einem Brief,
der angeblich von uns stammt,
behauptet wird,
der Tag des Herrn sei schon da.

Lasst euch durch niemand und auf keine Weise täuschen!
Denn zuerst muss der Abfall von Gott kommen
und der Mensch der Gesetzwidrigkeit erscheinen, der Sohn des Verderbens,
der Widersacher, der sich über alles,
was Gott oder Heiligtum heißt,
so sehr erhebt,
dass er sich sogar in den Tempel Gottes setzt und sich als Gott ausgibt.
Erinnert ihr euch nicht,
dass ich euch dies schon gesagt habe,
als ich bei euch war?
Ihr wisst auch, was ihn jetzt noch zurückhält,
damit er erst zur festgesetzten Zeit offenbar wird.
Denn die geheime Macht der Gesetzwidrigkeit ist schon am Werk;
nur muss erst der beseitigt werden,
der sie bis jetzt noch zurückhält.
Dann wird der gesetzwidrige Mensch allen sichtbar werden.
Jesus, der Herr, wird ihn durch den Hauch seines Mundes töten
und durch seine Ankunft und Erscheinung vernichten.
Der Gesetzwidrige aber wird, wenn er kommt, die Kraft des Satans haben.
Er wird mit großer Macht auftreten und trügerische Zeichen und Wunder tun.
Er wird alle, die verloren gehen, betrügen und zur Ungerechtigkeit verführen;
sie gehen verloren, weil sie sich der Liebe zur Wahrheit verschlossen haben,
durch die sie gerettet werden sollten.
Darum lässt Gott sie der Macht des Irrtums verfallen,
sodass sie der Lüge glauben;
denn alle müssen gerichtet werden,
die nicht der Wahrheit geglaubt, sondern die Ungerechtigkeit geliebt haben.
Wir müssen Gott zu jeder Zeit euretwegen danken, vom Herrn geliebte Brüder,
weil Gott euch als Erstlingsgabe dazu auserwählt hat,
aufgrund der Heiligung durch den Geist
und aufgrund eures Glaubens an die Wahrheit gerettet zu werden.
Dazu hat er euch durch unser Evangelium berufen;
ihr sollt nämlich die Herrlichkeit Jesu Christi, unseres Herrn, erlangen.
Seid also standhaft, Brüder, und haltet an den Überlieferungen fest,
in denen wir euch unterwiesen haben, sei es mündlich, sei es durch einen Brief.