Metal und Christentum

Da ich mich ja nicht mehr aufregen will, muß ich mir andere Themen zum Bloggen suchen. Zugleich fehlt mir aber (noch?) die Zeit, das ursprünglich hinter der Namenswahl des Blogs stehende Anliegen wieder auszugraben. Daher ziehe ich mich erstmal auf bereits Durchdachtes zurück, das ich mehr oder weniger aus dem Ärmel schütteln kann. In der nächsten Zeit wird es, soweit ich dazu komme, also eine kleine Serie über meine Metal-Leidenschaft geben.

Den Auftakt macht, zwangsläufig, mein persönlicher Zugang, denn das ist die Brille, durch die all das Folgende (vor allem auch kritisch!) zu lesen sein wird. Natürlich gibt es Abstoßendes, Blasphemisches, Satanistisches im Metal, das auch zuerst ins Auge springt. Aber wer beim ersten Blick stehen bleibt, sich nicht darüber hinausgehend mit der Musik und der sie deutenden sozialen Praxis auseinandersetzt und auf dieser Grundlage den Metal als bestenfalls belanglos, vielleicht sogar gefährlich abtut, bleibt auf der bewußt provozierenden und irritierenden Oberfläche stehen und wird dem Metal nicht gerecht. Ist natürlich jedermans gutes Recht, auch wenn man das als selbstverschuldete Unmündigkeit kritisieren könnte und eventuell daraus resultierende Äußerungen über den Metal aller Wahrscheinlichkeit nur die Vorurteile unter Metallern bestätigen, Christen seien oberflächlich und dumm, weil sie autoritätshörig anderen für sich das Denken überlassen. (Allerdings vertrete ich die Auffassung, daß der Metal solche Leute braucht, um „gefährlich“ zu wirken. Das Schlimmste wäre, wenn ihn alle gut und toll fänden, denn dann wäre er tatsächlich belanglos, aber das nur am Rande.)

Wie auch immer, ich bin nicht neutral gegenüber dem Metal eingestellt, ganz im Gegenteil, denn er hat nicht nur wesentliche Bedeutung für meinen Lebens-, sondern auch und vor allem für meinen Glaubensweg erlangt. Ein Bekannter äußerte letztens, in unserem Alter gäbe es doch keine Gläubigen, die keine grundstürzende Bekehrung hinter sich hätten, oder kennte ich denn einen, der durch die normale Pastoral gläubig geworden sei? Nunja, im ersten Moment mußte ich widersprechen, da ich selbst eigentlich kein besonderes Bekehrungserlebnis zum Glauben hatte, es war ein langer Prozeß, der zumindest nach außen hin doch recht geradlinig wirken dürfte; jedenfalls blieb er ohne einen echten Bruch.

Bei genauerer Betrachtung war aber mein Erstkontakt mit dem Metal eine Art Bekehrung. Vorher habe ich alle Vorurteile über den Metal, die man sich nur vorstellen kann, geteilt. Satanistischer Krach ohne jeden musikalischen Anspruch. Tja, die schärfsten Kritiker der Elche waren eben früher selber welche. Dummerweise spukten (vor allem Schlagzeug-) Riffs in meinem Kopf umher, die ich noch nirgendwo in der (Mainstream-) Musik wiedergefunden hatte. Insofern war ich also auf der Suche. Ich kann mich noch erinnern, wie während einer Messe, in der ich ministrierte, ausgerechnet während der Wandlung plötzlich ein solches Riff mein Hirn durchzuckte. Was ich damals mit schlechtem Gewissen als Unaufmerksamkeit deutete, erscheint mir heute eher als göttliche Eingebung in Vorbereitung späterer Ereignisse.

Jedenfalls stieß ich dann (noch dazu ausgerechnet im schulischen Musikunterricht 🙂 völlig unvorbereitet auf Metal ohne zu wissen, daß es sich um selbigen handelte, namentlich auf „Enter Sandman“ von Metallica. Und war völlig weggeblasen. Damals kannte ich zwar den Begriff noch nicht, aber das war ein Kairos. Das war die Musik, die mir schon immer im Kopf rumspukte, ohne daß ich sie jemals (bewußt) gehört hätte (keine Ahnung, ob da meine älteren Geschwister unbewußte Grundlagen gelegt haben; ist nicht auszuschließen, und es kam mir noch Jahre später so vor, als ob ich manche Musik nicht zum ersten Mal hörte, obwohl ich sie mir gerade erst gekauft hatte). Die Schöhnheit und Erhabenheit dieser Musik war so endg**l, daß das Verlangen nach ihr stärker war als die Vorbehalte. Selbige zerstreuten sich auch zunehmend, denn wer bei Metallica oder Blind Guardian (die ich als zweites ins Herz schloß) antichristliche oder blasphemische Texte findet, sage mir bitte Bescheid. (Ok, und dann unterhalten wir uns über James Hetfields Hintergrund, nämlich daß seine Eltern Christian Scientists waren, die durch ihre Ablehnung medizinischer Behandlung qualvolle Tode starben und entsprechende Eindrücke bei Hetfield hinterließen, deren Verarbeitung Songtexte wie „The God that Failed“ hervorbrachten. Und ja, Blind Guardian hießen mal Lucifer’s Heritage, aber das war’s auch schon. Keinerlei Einfluß auf das weitere Wirken, und — kleiner Vorgriff — einen solchen Bandnamen kann man ja auch so oder so verstehen… Jedenfalls sind sich Metaller der conditio humana in der Regel sehr bewußt.)

Aber ich schweife ab. Ohne dieses „Bekehrungserlebnis“ stünde ich heute nicht dort, wo ich stehe. Was ich nun definitiv vom Metal gelernt habe, ist für die eigenen Ansichten auch einzustehen, selbst wenn sie noch so unpopulär sind. Ich habe zwar nie die Anliegen des Kirchenvolksbegehrens geteilt, war aber von entsprechender Denke zumindest so weit infiziert, als ich lieber die Klappe gehalten oder gar mit den Wölfen geheult habe, als anzuecken. Zudem ging mein immer tieferer Einstieg in den Metal mit einem ziemlichen Wachstum im Glauben einher (und das nicht nur wegen des parallelen Theologiestudiums). Metal und Glaube warfen Fragen auf, die eine Lösung brauchten, sich gegenseitig verstärken und so zu einem tieferen Eindringen in beides führten. Auch weiß ich nicht, wie ich den Kontakt mit Hardcore-Freikirchlern verkraftet hätte, die ganz offen den Papst für den Antichristen hielten, Katholiken für Teufelsanbeter usw. Dort für eine klare Position einzustehen, war jedenfalls von Vorteil.

Schließlich kamen noch eine erkleckliche Anzahl Priesteramtskandidaten hinzu, die ebenfalls Metal hörten. Und das waren nicht gerade die liberalsten. Einer davon ist inzwischen Kartäuser. Lange Rede, kurzer Sinn: Bei all den bleibenden Schwierigkeiten mit gewissen Erscheinungsformen, insbesondere in den extremeren Subgenres, verdichtete sich in mir der Eindruck, daß es ein verbindendes Band zwischen Metal und Christentum gibt, und zwar gerade mit dem eher konservativen, aus dem die größten Kritiker des Metals stammen.

Dieser Frage nachzugehen ergab sich dann die Möglichkeit nach meinem Diplom in Form einer Doktorarbeit (die, so Gott will, nächstes Jahr auch endlich gedruckt vorliegt). Die weiteren Beiträge werden im wesentlichen auf selbiger beruhen und infolgedessen auch etwas objektiver daherkommen. Ein kleiner Vorgriff (weil ich mich erstmal der Musik widmen will und nicht weiß, wie weit ich komme): Die Verbindung liegt in der Frage nach dem Bösen, genauer in der Frage nach dem praktischen Umgang mit Erfahrungen des Bösen, sowohl aus Täter als auch aus Opfersicht. Und die Antwort(tendenz) des Metals geht nicht gerade in Richtung „wir müssen uns nur einfach alle lieb haben, und Gott leidet ja mit uns“…

Die Verse, die uns die Vesper unterschlägt:

9 Deine Hand wird all deine Feinde finden; wer dich haßt, den trifft deine Rechte.
10 Du läßt sie glühen wie einen feurigen Ofen, sobald du erscheinst. Der Herr verschlingt sie im Zorn, das Feuer verzehrt sie.
11 Du wirst ihre Brut von der Erde vertilgen; ihr Geschlecht (verschwindet) aus der Mitte der Menschen.
12 Schmieden sie auch böse und listige Pläne, richten sie doch nichts aus gegen dich.
13 Du schlägst sie alle in die Flucht, wenn du mit deinem Bogen auf sie zielst.

Einige Gedanken zu Norberts „Warum mußte Jesus am Kreuz sterben“-Posting:

Zunächst einmal: Der Kreuzestod Jesu ist das historische Faktum, alles andere sind Versuche, dieses auf den ersten Blick katastrophale und auf den zweiten Blick (Ostern, Auferstehung) noch umso unverständlichere Ereignis zu deuten, insbesondere auf der Basis des AT („Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht.“ Lk 24,26).

Der christliche Glaube ist keine Ideologie, die krampfhaft versucht, die Realität an ihr Denken anzupassen (und wenn das nicht klappen will: umso schlimmer für die Realität), sondern vor allem Erfahrungsdeutung, Deutung von erlebtem Leben auf dem Hintergrund der Gottesbeziehung.

Ursprünglich ist die Erfahrung der Berufung und Führung auch in schwierigen Situationen durch Gott (Abraham, Isaak, Jakob, Josef) sowie die Rettung aus Ägypten (Mose). Ging es zunächst um Einzelpersonen, mit denen Gott einen Bund schloß, geht es seit Mose um das ganze Volk. Bund bedeutet: Gott wendet sich Menschen in besonderer Weise zu, stellt im Gegenzug aber „Bundesbedingungen“. Diese Bedingungn stellen keine Willkür des Allmächtigen dar, sondern sind Verhaltensregeln, die auch rational einsichtig sind und einem guten Zusammenleben dienen. Nur sind diese Regeln eben nicht gerade auf das größte Haben und Werden für den Einzelnen ausgelegt, sondern für ein gutes Leben für alle.

Die Israeliten stellten immer wieder fest (schon in der Wüste, auch und vor allem aber später und durch die Propheten): Solange wir auf Gott vertrauen, ist zwar nicht unbedingt alles immer rosig, es gibt auch so Betrüger, Diebe und Verbrecher, aber im großen und ganzen ist das Volk rechtschaffen. Je mehr es sich aber von Gott abwendet, umso mehr greifen Hochmut, Stolz und Gewalttat um sich. So mag es einigen, zeitweise sogar vielen besser zu gehen scheinen (aber auf Kosten anderer!), aufs ganze gesehen verlieren aber alle. Ganz so einfach ist es zwar nicht, der Versuch, einen unmittelbaren Tun-Ergehen-Zusammenhang zu behaupten, also daß dem, der gerecht ist vor Gott, auch nichts Schlimmes zustößt, der Frevler aber schnell an seinen Freveln zugrundegeht, ließ sich nicht auf lange Sicht durchhalten. Zu oft litten Gerechte, zu oft kamen Frevler ungeschoren davon, und pervers wurde es, als aus dem Schicksal eines Menschen auf seinen „Gerechtigkeitsstatus“ geschlossen wurde.

Im großen und ganzen aber zeigte die Erfahrung: Je mehr sich das Volk als ganzes von Gott abwandte, umso größer wurde die endgültige Katastrophe. Denn Machtmißbrauch, Unterdrückung, Hochmut, Selbstgerechtigkeit führen zu Realitätsverslust, zu faulen Kompromissen, zu Heuchelei. Gottes Bediungen sind die Bedingungen eines gelingenden Lebens und einer gerechten Gesellschaft. Sie zu mißachten trägt die Strafe im Grunde in sich selbst — weil das eine Mißachtung der (Regeln der) Schöpfung und des Schöpfers ist.

Eine solche Mißachtung wird als Sünde bezeichnet, und damit wird ein Verhalten gemeint, das eine Beziehung belastet oder gar zerstört — zwischen Menschen und Menschen ebenso wie zwischen Mensch und Gott. Die Zerstörung dieser Beziehung ist eine dem sündhaften Verhalten inhärente Folge. Wie ein Ehebruch die Beziehung zum Ehepartner zerstört, zerstört die Sünde die Beziehung zu Gott. Gott aber ist die Quelle und der Urgrund der Welt, Er hat sie erschaffen und ihr Regeln gegeben. Wer sich von der Quelle trennt, verliert einen wesentlichen Zugang zu den Regeln der Welt. Zwar sind sie als rational nachvollziehbar auch durch den menschlichen Geist erkennbar, das schützt aber nicht vor Irrtum, der dazu führt, daß selbst mit bester Absicht das Falsche getan wird. Es ist ein langsamer, schleichender Prozeß, aber er führt spiralenförmig immer weiter von Gott weg und das Böse wird immer normaler.

Um diesen Prozeß zu zerstören, bedurfte es des Sühnetodes Christi. — Nicht weil Gott rachsüchtig wäre und besänftigt werden wollte („Schlachtopfer willst du nicht, ich würde sie Dir geben; an Brandopfern hast Du kein Gefallen. Das Opfer, das Gott gefällt, ist ein zerknirschter Geist, ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verschmähen.“ Ps 51,18f.), sondern weil die Menschen — nicht als Einzelne, aber in der Gesamtheit — auf anderem Wege nicht erreichbar waren, wie das Schicksal Jesu zeigt.

Jesu Mission war die Wiederherstellung, die (neue) Sammlung Israels (vlg. etwa die zwölf Apostel als die neuen Stammväter). Hätten die Juden dieses Angebot als Volk angenommen, hätte es des Kreuzes nicht bedurft. Die Menschwerdung Gottes und die neue Sammlung Israels wären die entscheidenden Heilsereignisse geblieben (unter anderem deshalb das Verneigen bzw. Knien bei den Aussagen des Glaubensbekenntnisses zur Menschwerdung). Aber die Wiederherstellung hatte Bedingungen — keine Vorraussetzung wie ein besonders moralisches Verhalten, wohl aber Konsequenzen: Umkehr, Buße, Demut, eben einen zerknirschten Geist. Insbesondere bei denen, die von der bisherigen Situation profitierten, stieß das aber auf wenig Gegenliebe. Der Stolz war stärker. Daraus folgten die Ablehung (mit ihren inhärenten Konsequenzen), der Todesbeschluß usw. Wer sich ein wenig mit der conditio humana auskennt, wird wohl zustimmen: Mußte nicht alles so kommen?

Deshalb hatte Gott einen „Plan B“: Stellvertretend die Schuld der Menschen auf sich nehmen, am Kreuz den (eigentlich jedem Menschen „zustehenden“) Tod des von Gott Verfluchten sterben, anstelle der Menschen in die Hölle hinabsteigen und sie — als der ganz Unschuldige — zu sprengen und den Tod zu überwinden.

Wie gesagt: Der Kreuzestod ist historisches Faktum, alles andere sind Deutungen, die mit Hilfe von bereits Bekanntem zu erklären versuchen, was dort unableitbar Neues geschehen ist. Eine dieser Deutungen ist der Sühnetod. Und sie macht vor allem deutlich, daß mit dem Kreuzestod Jesu jeder menschliche Versuch, Schuld zu überwinden, überflüssig geworden ist und schon immer defizitär war. Indem der Gottessohn stellvertretend für uns unsere Schuld sühnt, wird deutlich, daß sich der Mensch a) nicht allein von den Folgen der Sünde befreien kann, b) aber auch nicht einfach von jeder Schuld losgesprochen ist, sondern sich immer wieder neu in Demut unter das Kreuz Christi stellen muß, um von dort die Versöhnung mit Gott zu empfangen. Zugleich macht diese Deutung aber auch nur einen, wenn auch wesentlichen, Aspekt des Kreuzesopfers deutlich und muß immer auch mit anderen Deutungen zusammengelesen werden.

Josef Bordat hat gestern einen kurzen Aphorismus zur Theodizeefrage gepostet, den er von Odo Marquard abgeleitet hat. Darum hier nun den meines Erachtens treffendsten Ausspruch Marquards zur Theodizee:

„Theodizee gelungen, Gott tot.“
Odo Marquard: Schwierigkeiten beim Ja-Sagen; in: Willi Oelmüller (Hg.): Theodizee – Gott vor Gericht?; München 1990, 87–102, hier 98.

Ganz davon abgesehen, daß dieser Spruch schon völlig kontextlos ziemlich treffend wirkt (auf mich jedenfalls), da der menschliche Versuch, Gott angesichts der Übel der Welt zu rechtfertigen, immer schon einem Gottesmord gleichkommen muß, spielt sich dabei doch der Mensch als Anwalt eines ihm überlegenen Wesens auf (uarghs, allein bei dieser Formulierung kräuseln sich mir die Fußnägel auf), bekommt er bei genauerer Betrachtung noch dazu einen ziemlichen philosophiegeschichtlichen Tiefgang.

Das Erdbeben von Lissabon 1755 hatte die Leibniz’sche Theodizee (beste aller möglichen Welten) auf praktische Weise als unglaubbar ad absurdum geführt. Zwar war sie nach wie vor denkbar, hatte aber praktisch keine Überzeugungskraft mehr. Die Philosophie reagierte im großen und ganzen damit, die schon von Leibniz unterschiedenen Sphären von malum physicum und malum morale dergestalt zu trennen, daß für das malum morale nur noch der Mensch, fürs malum physicum aber die Naturgesetze, mithin also keine Person und damit keiner verantwortlich ist. Die Natur funktioniere eben so. (Das malum metaphysicum scheint dabei irgendwie klammheimlich auf der Strecke geblieben zu sein.)

Dieses Denken setzt natürlich ein deistisches Gottesbild voraus, nach dem Gott nicht mehr in seine Welt eingreift, nachdem er ihr einen Schöpfungsimpuls gegeben hat, ihre Entwicklung quasi „angestupst“ hat (nur so ist Gott auch nicht für die Gesetze, nach denen seine Schöpfung funktioniert, verantwortlich). Damit reduziert sich die Frage nach dem Bösen in der Welt auf das malum morale, für das eben allein der Mensch verantwortlich ist (im Zweifel aus geistiger Trägheit, weshalb er aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit befreit werden muß).

Angesichts des Bösen in der Welt zu rechtfertigen ist damit nicht mehr Gott, sondern der Mensch. Eigentlich ist die Theodizee damit zur Anthropodizee geworden, und in ihrer „Lösung“ kommt Gott im eigentlichen Sinne nicht mehr vor. Die „Lösung“ der Theodizee wird mit einem dermaßen schwachen Gottesbild erkauft, daß man mit Fug und Recht sagen kann, das hat nicht nur nichts mehr mit dem sich offenbarenden Gott der Bibel zu tun, sondern erinnert auch nur noch vage an den Gott, wie ihn frühere Philosophen mit Ihrer Vernunft erkannt hatten. Eben: „Theodizee gelungen, Gott tot.“

an .U., die einfach zu lang für den Kommentarbereich wurde:

„Ich habe zum Einen deinen Post gelesen (das mit den Löwen), zum anderen hat Metal, zumindest in einigen Subgruppen, eine starke Nähe zum Satanismus, und dieser Gruppe werden z.B. auch Kirchenbrandstiftereien zur Last gelegt.

Du schreibst ja selber, dass bei dem, was du hörst, der Inhalt zur Musik passe.“

Ah, jetzt verstehe ich. Du vermischst verschiedene Ebenen. Die eine ist mein Konzertbesuch am Freitag, die andere ist die Frage, ob ich als guter Katholik überhaupt Metal hören darf. Ich würde darum bitten, daß wir diese Ebenen entsprechend trennen. Deine Augangsfrage war, wieso ich mit meinem Eintrittsgeld antichristliche Propaganda unterstütze, und ich habe bestritten, das getan zu haben. Darauf hast Du, wenn ich es mal ein wenig überzeichnen darf, gesagt, alle Metaller seien antichristliche Satanisten. Jetzt hast Du es auf einige Subgruppen eingeschränkt. So kommen wir nicht weiter. Ich bestreite nicht, daß es problematische Aspekte im Metal gibt. Daß es dort ein paar Bekloppte gibt, hält mich jedoch genausowenig davon ab, mich dort wohlzufühlen, wie WisiKis und Konsorten mir mein Katholischsein verleiden können.

1. Konkret zum Freitag: Sodom haben mal als „satanische“ Band angefangen, das ist aber bald drei Jahrzehnte her, war nie ernstgemeint und hatte sich dementsprechend schnell totgelaufen. Sie haben ein sehr entspanntes, selbstironisches Verhältnis zu ihren Ursprüngen, die Musik war und ist wichtiger. Was Die Hard angeht: Wie Du auf der Eintrittskarte sehen kannst, wußte ich bis zum Konzert nicht einmal, wer die Supportband ist. Darüber hinaus wäre mir „Die Hard“ auch kein Begriff gewesen. Die Encyclopaedia Metallum läßt auch nicht erkennen, daß antichristliche Themen bei ihnen im Vordergrund stünden.

Damit sind wir bei meiner Antwort „das ist bei genauerer Betrachtung gar keine Propaganda“. Mein Fremdwörterlexikon definiert Popaganda als:

„1. systematische Verbreitung politischer, weltanschaulicher o.ä. Ideen und Meinungen mit massiven publizistischen Mitteln mit dem Ziel, das allgemeine politische Bewußtsein in bestimmter Weise zu beeinflussen. 2. Werbung, Reklame (bes. Wirtsch.).“

Dafür sind zwei Lieder im letzten Drittel des Sets, die zudem noch bei genauerer Betrachtung rein beschreibend sind und das Beschriebende so gut es geht nicht bewerten, einfach zu wenig. Hinzu kommt, daß Metaller in der Regel einen Hang zu selbständigem Denken haben, das sich zwar gerne in seinen Vorurteilen (insofern sind solche Songs durchaus evangelisatorische Anknüpfungspunkte) bestätigen, aber sich nicht von Bands vorgeben läßt, was es zu Denken hätte. Also: Die, die sich von dem antichristlichen Gehabe beeinflussen lassen, hatten diese Einstellung schon vorher, die anderen werden dadurch nicht antichristlicher. Zumal die Ankündigung des Songs eigentlich einen Selbstwiderspruch enthält: Das starke römische Reich habe versucht, die schwachen Christen auszurotten (wovon der Song handele). Komischerweise ist das römiche Reich untergegangen, die Christen gibt es immer noch. Da müßte man sich mal über Stärke und Schwäche unterhalten… — Warum ich das überhaupt erwähnt habe: Ausgerechnet diese beiden Songs waren die einzigen, die mir musikalisch überhaupt gefallen haben, der Rest war in meinen Ohren einfaches Rumgeschrammel.

2. Wenn ich schreibe, daß Inhalt und Musik für mich zusammenpassen müßten, und Du daraus schließt, daß die Texte der von mir bevorzugten Musik alle satanistisch seien, dann hieße das im Umkehrschluß, daß die Musik Deiner Meinung nach selbst satanistisch sei. Dann könnte man daraus aber auch nicht mit christlichen Texten White Metal machen. Dann wäre die Musik immer noch satanistisch, und die Texte würden nur darüber hinwegtäuschen. Das ist übrigens das Argument von niemand geringerem als Joseph Ratzinger (wobei er nicht so sehr von „satanistisch“ spricht, sondern vielmehr eine gnostische Selbsterlösungsstruktur andeutet). Er bezieht das allerdings auf sämtliche Pop- und Rockmusik. Dieses Argument würde ich grundsätzlich gelten lassen, es jetzt hier auszudiskutieren würde aufgrund der vielfältigen theologischen, philosophischen und soziologischen Voraussetzungen, die es hat, den Rahmen sprengen. Nur soviel: Es läßt sich kaum widerlegen, aber auch nicht bestätigen. Es hängt daran, ob man die Voraussetzungen akzeptiert/teilt oder nicht, und ob man in der soziologischen Praxis eine Bestätigung findet.

Ich teile es jedenfalls nicht. Aber ich betreite auch nicht, daß Metal Böses musikalisch verarbeitet. Jedoch verherrlicht er das Böse in der Regel nicht, sondern stellt es einfach bloß dar, um es künstlerisch als Böses darzustellen. Es geht um eine Auseinandersetzung mit dem Bösen, die durch musikalische Mittel auch auf die emotionale Ebene gebracht wird. Rein rationale Auseinandersetzung mit dem Bösen, das aus sich selbst heraus irrational ist, verkennt das eigentlich Gefährliche am Bösen, nämlich seine emotionale Wirkung, es bekämpfen zu wollen, was bloß zu einer Reproduktion des Bösen führt, weil das Böse nicht durch Vernichtung zu bekämpfen ist; immer kann nur der Träger des Bösen vernichtet werden, nicht aber das Böse selbst, das eben gerade in einem Mangel an Guten und an Sein besteht.

Genau deshalb halte ich Metal für etwas Gutes und eine theologische Herausforderung. Genau diese emotionale Seite des Bösen ist in einer einseitig rationalen Theologie unter den Tisch gefallen — was eine der Ursachen sein dürfte, daß viele Bestandteile der kirchlichen Lehre, die als ganze Antwort auf das Böse ist (KKK 309), heute vielen nicht mehr verständlich erscheinen: Ablaß, Abtötung, Askese, Beichte, Buße, Dämonen, Erbsünde, Fegefeuer, (Jüngstes) Gericht, Hölle, Konkupiszenz, Reue, Schuld, (läßliche/schwere) Sünde, zeitliche Sündenstrafen, Teufel, Todsünde, Vergebung, Versuchung und Wiedergutmachung zum Beispiel.

Soweit das Grundsätzliche. Im Speziellen weist der Metal natürlich auch immer wieder problematische Aspekte und Entwicklungen auf. Allerdings ist das mit den Kirchenbrandstiftungen nun doch schon ungefähr 15-20 Jahre her, und der Hauptverantwortliche für das Überschreiten der Grenze hat die meiste Zeit davon im Gefängnis verbracht. Zwar gibt es alle paar Jahre ein paar pubertierende Jugendliche, die das toll finden und nachmachen wollen, aber im großen und ganzen hat „der Metal“ diese Taten damals bereits verurteilt und verurteilt sie heute noch um so entschiedener. Ausgenommen der NSBM, der aber schon in seinem Titel eine weltanscheulich-propagandistische Grundausrichtung aufweist. Und nein, den unterstütze ich genausowenig wir Gaahl, der meint, gegen die christlichen Kirchen sei Krieg zu führen:

„Wir müssen jede Spur der semitischen Religionen, vor allem vom Christentum, vom Islam und vom Judentum auslöschen. Es handelt sich dabei wirklich um eine Krankheit, die hier nicht hingehört und keine Daseinsberechtigung hat – sie gehört einfach nicht zu uns. Es sollte ihr nicht erlaubt sein, uns mit ihrem Licht an ihre Werte zu erinnern, sondern sie sollte ausgelöscht werden.“ (Wanzek, Thor: Gorgoroth. Gorgoroth-Interview. Im Kampf mit der Welt und mit sich selbst ; in: Legacy. The Voice from the Dark Side, Nr. 43 (Juni/Juli 2006), 18–20.)

[Anmerkung am Rande: Kann sein, daß das alles nur zur Konstruktion eines Images gedient hat, seit sich Gaahl als homosexuell geoutet hat, ist er sehr viel ruhiger geworden — macht die Aussage natürlich keinesfalls besser.]

Schließlich bleibt noch eine allgemeine Erfahrung anzumerken, nämlich die Nicht-Entsprechung von Bühnen und Backstage-Verhalten. Besonders kraß etwa bei Darkened Nocturn Slaughtercult: Auf der Bühne ziehen sie eine pseudo-okkulte Schweineblutshow ab, die mit esoterisch-magischen Versatzstücken garniert wird, abseits der Bühne sind sie völlig normale Menschen, die ihre Bühnenshow für genauso „true“ halten wie Alice Cooper (wie überhaupt Black Metal mal sehr treffend als „Wagner meets punk rock, dressed as Alice Cooper“ bezeichnet wurde). Oder Asega, der Frontmann der ach so satanischen Black Metal Band Lugubre (Niederlande), der während des Gigs das arrogante Arschloch raushängen ließ, nach dem Abschminken aber freundlich lächelnd durchs Publikum streifte, alle Bekannten herzlich umarmte und im großen und ganzen den Eindruck eines großen, lieben Teddybärs machte (also völlig untrü — warum er was gegen das Christentum hat, steht übrigens hier; die darin enthaltene Gesellschaftskritik teile ich übrigens, sehe aber eine andere Ursache, nämlich gerade einen Verlust an christlichem Glauben). Oder verallgemeinert gesagt, man sollte auch bei Metalbands in der Lage sein, zwischen künstlerischer Darstellung und Ansichten des Künstlers zu trennen.

Schon beim Titel von Alipius‘ Posting Disciples! hatte ich aufgrund meiner frei flottierenden assoziativen Denkweise sofort Slayer vor Augen. An sich wäre das ja keine Nachricht wert, aber der Inhalt des Postings kam stellenweise meiner Interpretation des Songs so nahe (er ging natürlich weit darüber hinaus), daß ich mich hier zu einer Vorveröffentlichung gezwungen sehe (wobei ich den Einbetten-Code des Videos schon aus einem Posting vom letzten April recyclen kann — ihr seht, der Song beschäftigt mich mächtig :-).

Das Lyrische Ich dieses Lieds versteht sich ganz offensichtlich als sehr viel normaler als die Gesellschaft, aber gerade deswegen auch als Außenseiter, geradezu als Ausgestoßener („Nur ich in meiner Welt voller Feinde“). Es sieht sich in einer nicht anders als apokalyptisch zu nennenden Konfrontation mit der Welt: Es haßt alle Menschen gleichermaßen und kritisiert die angebliche Christlichkeit der Gesellschaft als Heuchelei, ja als die größte Heuchelei aller Zeiten. Die Gläubigen seien bloß Dronen, die behütete, vorgeplante Leben führten und meinten, mit Gott an ihrer Seite stünden sie am richtigen Platz – dabei breite sich ganz offensichtlich überall und die ganze Zeit über nichts anderes aus als die Hölle. Dagegen beansprucht das Lyrische Ich individuelle Wahrheitserkenntnis. Es wolle aufhetzen und den Geist befreien, indem es allen offenbart, was ihm selbst offen vor Augen stehe: Gott hasse die Menschheit.

Die Offensichtlichkeit dieses Gedankens ergibt sich für das Lyrische Ich aus dem katastrophalen Zustand von Welt und Gesellschaft: Terrorismus, Chaos, Hysterie, Kampf aller gegen alle (Stück und Albumtitel haben durch diese Bezüge eine ungeplante, aber geradezu prophetische Gegenwartsbezogenheit: Das Album „God Hates Us All“ erschien ausgerechnet am 11. September 2001), Drogenmißbrauch, Selbstmißbrauch, Suche nach dem jeweils nächsten Kick. Diese Beschreibung von Realität führt aber nicht zu Verzweiflung, sondern zu Aufbegehren: Das kann, das darf nicht so bleiben. Die Hoffnung auf eine neue, bessere Welt wird zwar nicht geäußert, der Untergang des Bestehenden aber als unumgänglich („eine sich selbst zerstörende menschliche Zeitbombe“) angesehen und erhofft („Ich warte auf den Tag, an dem die ganze Welt, verdammt nochmal, stirbt“).

Daher schwimmt das Lyrische Ich auch gegen den Strom, will nicht wie alle anderen ein Jünger Gottes sein. Es will nicht blind folgen, das Kreuz (er-)tragen und sein „Leben in einem Sprung blinden Glaubens vergeuden“. Das alles ergibt angesichts der Realitätserfahrung keinen Sinn, bietet keine Hoffnung. Die Existenz Gottes kann nur die eines Sadisten sein. Denn die Gläubigen leben so, daß sie sich und anderen nur schaden. Der Glaube erscheint als ein falsches Weltverhältnis, von dem das Lyrische Ich durch seinen Aufschrei befreien will. Dabei stellt es sich kompromißlos gegen das unhinterfragt als gut geltende Bestehende. Es fragt, ob sich die Gläubigen überhaupt vorstellen können, daß es anders sein könnte, daß es keinen Gott gibt. Diese Frage müßte doch für das Denken relevant sein. Auffällig ist, daß durch die (Nicht-)Existenz Gottes nicht das Handeln, sondern das Denken infragegestellt wird: Das Handeln wird bereits als heuchlerisch, also dem Denken nicht entsprechend, abgelehnt – darüber kann gar nicht mehr diskutiert werden, es verurteilt sich selbst. Doch es wird durch das Denken gerechtfertigt, denn man sieht sich ja als gute Jünger Gottes. Diese Rechtfertigung ist nichts anderes als eine heuchlerische Selbstrechtfertigung. Daher müßte die Nicht-Existenz Gottes zu einem anderen Denken führen, das gerade die Heuchelei und die Bosheit des eigenen Handelns erkennen ließe.

Dem entspricht die scheinbar widersprüchliche Identifikation des Lyrischen Ichs mit der Einstellung des hassenden Gottes am Ende des Textes. Wie Gott haßt es alle Menschen, verurteilt die Menschheit und verachtet die Welt. Obwohl es nicht dessen Jünger sein will und sich ausdrücklich als von Ihm gehaßt bezeichnet, verhält es sich den Menschen gegenüber so, wie Er es seiner Meinung nach tut. Diese Widersprüchlichkeit läßt sich auch nicht mit einem Perspektivwechsel erklären, obwohl er musikalisch durchaus gerechtfertigt wäre. Selbst wenn in den letzten Zeilen Gott selbst die Menschheit ablehnen und die Welt verachten würde, entspräche dies exakt der Philosophie, die das vorherige Lyrische Ich als die seine verkündete, nämlich alle Menschen gleichermaßen zu hassen.

Bedenkt man aber, daß dieser Liedtext von einem Sänger vorgetragen wird, der sich als gläubiger Christ bezeichnet und im Interview betont, Gott könne gar nicht hassen, erscheint er für den Nicht-Apokalyptiker fast schon als sinnlose Aneinanderreihung möglichst provokanter Phrasen. Andererseits interpretiert der Texter Kerry King die Textzeile: „Die Schönheit des Todes verehren wir alle“, nicht als Darstellung eines Wunsches oder etwas Erstrebenswertes, sondern als zynisch. Sie beziehe sich auf das (amerikanische) Fernsehen, das ständig betone, in was für einer tollen Gesellschaft man doch lebe, wie friedlich und harmonisch alles sei, auf der anderen Seite aber keinen Widerspruch darin sehe, ständig nur Morde, Amokläufe und andere Gewaltverbrechen in Bild und Ton zu zeigen. Die Selbstwidersprüchlichkeit des Liedtextes hat also (zynische) Methode. Hinter ihr steckt mehr als nur eine kindische Widersetzlichkeit oder spätpubertäre Provokationslust nicht erwachsen gewordener Subkulturanhänger. Die Provokation ist tatsächlich apokalyptisch motiviert. Sie hält der Gesellschaft bis in die künstlerische Gestaltung ihre Selbstwidersprüchlichkeit vor: Wenn ihr tatsächlich gläubige Christen seid, aber nur Tod und Verderben in die Welt bringt und darin keinen Widerspruch seht, muß Gott uns alle hassen, wenn Er uns das gerade durch den Glauben an Ihn antut, was wiederum dem verkündeten Inhalt des Glaubens, nämlich der Liebe Gottes, widerspricht. Eine auf einem solchen Selbstwiderspruch gründende Gesellschaft aber kann keinen Bestand haben.

Meine Top 1 des White Metals ist natürlich meine persönliche Top 1, die mit meinen Vorlieben für Death Metal und epischen Bombast zu tun hat. Insofern kann hier gar nichts anderes stehen als (frühe) Mortification. Deren Album „Scrolls of the Meggilloth“ ist im ganzen zwar „nur“ gehobener Durchschnitt, enthält aber den meiner Meinung nach fast ultimativen Death Metal Song überhaupt: Ancient Prophecy. Ultimativ aus mehreren Gründen: alles drin von wildem Geblaste bis zu beinahe doomiger Langsamkeit und damit der Kombination des Besten, was Death Metal zu bieten hat (aus meiner Sicht, versteht sich), das ganze in der epischen Länge von fast 12 Minuten — und einen Text, der das meiner Meinung nach ultimative Death Metal-Thema schlechthin behandelt:

Ja, ich weiß, das Video läßt sich eingebettet nicht abspielen, und vollständig ist der Song auf Youtube auch nicht (dafür ist er zu lang). Aber der Song ist ausgehend vom vierten Gottesknechtslied tatsächlich so etwas wie das musikalische Äquivalent zu Mel Gibsons The Passion. Viel besser geht kaum noch. Weder aus „White“ noch aus „Death Metal“-Perspektive.

So, wo ich mit Narnia schon meine White Metal-Top 3 geposted habe, will ich auch noch Top 2 nachschieben: Horde — Hellig Usvart. Eigentlich ist das gar kein White Metal, sondern „Unblack Metal“. Wer vom frühen norwegischen Black Metal keine Ahnung hat, wird vermutlich nicht verstehen, was das — ich erlaube mir an dieser Stelle mal Fäkalsprache — Endgeile an dieser Scheibe ist.

Von der Ästhetik, der Musik uns selbst den Texten her ist das Black Metal in Vollendung — nur mit anti-anti-christlichen Texten. Boah, was haben die Norweger gekotzt! Jayson Sherlock, der Horde im Alleingang gemacht hat (damals Drummer bei Mortification), bekam sogar Morddrohungen (das nenne ich Zeugnis in Bezug auf Metal 😉 — ganz doof war er allerdings auch nicht und hat als das für Black Metal nötige Pseudonym gleich „Anonymous“ gewählt — allerdings auch schon wieder eine Anspielung auf Euronymous, den „Übervater“ der norwegischen Black Metal-Szene).

Wer sich nicht ganz so ernst nahm wie die Norweger, konnte allerdings damals schon Respekt für die Provokation empfinden. Mittlerweile sind auch die Norweger wieder ruhiger geworden, und 2006 konnte Horde in Oslo ihren ersten und wohl auch einzigen Live-Auftritt hinlegen. Um das Anti-anti-christliche an Horde deutlich zu machen (was nach Black Metal-Maßstäben bei Songtiteln wie „Drink from the Chalice of Blood“, „A Church Bell Tolls Amidst the Frozen Nordic Winds“, „Behold, the Rising of the Scarlet Moon“, „An Abandoned Grave Bathes Softly in the Falling Moonlight“ und „The Day of Total Armageddon Holocaust“ nicht unbedingt auf den ersten Blick ersichtlich ist), gibt’s „Invert the Inverted Cross“:

Weitere Songtitel, über die ich mich fast nicht einkriegen kann: „Blasphemous Abomination of the Satanic Pentagram“, „Release and Clothe the Virgin Sacrifice“, „Silence the Blasphemous Chanting“, „Crush the Bloodied Horns of the Goat“, „Weak, Feeble, Dying Anti-Christ“. Davon müßte es noch viiiiiel mehr geben.

Auf diesen Artikel muß ich als alter Fantasy-Fan einfach hinweisen. Und damit hier ein bißchen mehr steht, auch noch der passende Song (vom Album, das meine Top 3 in den White Metal-Charts darstellt, gerade weil hier das Böse ernsthaft thematisiert wird und nicht „Jesus liebt dich, alles ist toll“):

Wenn nur diese blöden spanischen portugiesischen Untertitel nicht wären…