Letztens bin ich, zum ersten Mal überhaupt, in einen Wortgottesdienst mit Kommunionausteilung geraten. Gleich vorweg: Ich will keinem der Beteiligten einen Vorwurf machen, denn der vorgesehene Zelebrant der Messe mußte wegen Krankheit absagen und konnte das erst eine halbe Stunde vor Beginn tun. Insofern mußte der von einem Diakon geleitete Wortgottesdienst improvisiert sein. Dennoch wurde mir dabei klar, wie gefährlich es ist, einen solchen Wortgottesdienst praktisch als Messe ohne Wandlungsworte zu feiern.
Wie gesagt, den Beteiligten will ich keinen Vorwurf machen. In einer halben Stunde zunächst zu versuchen, einen anderen Zelebranten zu erreichen und dann doch umzudisponieren, da reicht es nicht mehr, um mit dem (ehrenamtlichen) Organisten einen anderen Wortgottesdienst aus dem Boden zu stampfen. Ok, es wäre ein leichtes, die tageszeitlich passende Hore des Stundengebets zu nehmen, aber dazu muß man ja auch erstmal die entsprechenden Psalmen aus dem Gotteslob raussuchen. Ob diese Hektik dann der Feierlichkeit des Wortgottesdienstes zuträglich gewesen wäre, sei mal dahingestellt.
Trotzdem fand ich es extrem merkwürdig, im Grunde eine Messe ohne Wandlungsworte zu feiern. Den Wortgottesdienst 1:1 zu übernehmen finde ich noch nicht so problematisch, auch wenn man über Kleinigkeiten diskutieren könnte. Aber die Kommunionfeier mit dem Sanctus einzuleiten und dann das Hochgebet – eben mit Ausnahme der Wandlungsworte – zu paraphrasieren, das ist schon merkwürdig. Ab ungefähr der Mitte des Hochgebetes war sogar alles wörtlich identisch, inklusive Doxologie, Friedensgruß und Lamm Gottes.[1]
Wer da nicht ausreichend liturgisch gebildet ist – und wenn man diese Bildung bei den Besuchern solcher Gottesdienste voraussetzen könnte, bräuchte man ja nicht den gewohnten Ablauf der Messe zu kopieren –, kann sehr schnell auf den Gedanken kommen, hey, das ist doch eigentlich dasselbe wie die Messe, insbesondere wenn die Messe in der Gemeindlichkeit unserer deutschen Kirche sowieso schon auf „wir feiern ein Gemeinschaftsmahl im Gedächtnis Jesu“, also um den Opfercharakter und damit das entscheidende Element, nämlich die Vergegenwärtigung des erlösenden Kreuzesopfers reduziert ist. Dann ist auch klar, wie man auf die Idee kommen kann, darin eine Erfüllung der Sonntagspflicht zu sehen.[2]
Und genau darin sehe ich die Gefahr: Daß bei den Gläubigen allmählich der Eindruck entsteht, eigentlich bräuchten sie doch gar keine Messe, wenn es doch praktisch dasselbe auch ohne Priester gibt. Ok, vielleicht bleibt noch bewußt, daß man zur Wandlung einen Priester braucht und man dann halt gelegentlich neue gewandelte Hostien aus der Bischofsstadt importieren muß, aber dann grenzt das Eucharistieverständnis bereits an Magie. Jeder, der weiß, was der eigentliche „Clou“ der Heiligen Messe ist, nämlich nicht, daß wir uns da ein Stück Brot abholen, nicht einmal daß wir den Leib Christi empfangen, sondern daß wir in die Gegenwart von Leiden, Tod und Auferstehung Christi genommen und durch den Leib Christi die Früchte der Erlösung, nämlich die Gnade der Vereinigung mit dem Herrn, empfangen dürfen, kann sich doch nur im äußersten Notfall mit einer solchen Gottesdienstform zufrieden geben. Mir hat an diesem Tag jedenfalls was gefehlt – obwohl es „nur“ um eine Werktagsmesse ging.
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[1] Ich weiß nicht, ob das der besonderen Situation geschuldet war, daß eigentlich ja eine Messe hätte stattfinden sollen. Eigentlich war ich der Meinung, Wortgottesdienste mit Kommunionausteilung orientierten sich an der Karfreitagsliturgie. Das schien mir bisher das einzig liturgisch Sinnvolle zu sein, also daß es nach den Fürbitten direkt mit dem Vater unser weitergeht und dann das „Herr ich bin nicht würdig“ zur Kommunion überleitet. (nach oben)
[2] Diese Ansicht ist sowieso hahnebüchen. Entweder ist es dem Gläubigen physisch oder moralisch nicht möglich, eine Sonntagsmesse zu besuchen, dann ist er bereits vom Besuch einer Messe dispensiert, dann braucht es also keine ausdrückliche Regelung, nach der ein Wortgottesdienst mit Kommunionausteilung eine Erfüllung der Sonntagspflicht darstellt, oder es ist dem Gläubigen physisch und moralisch möglich, eine Messe am Sonntag oder am Vorabend zu besuchen, dann steht die Sonderregelung Wortlaut und Sinn des Kirchenrechts direkt entgegen und ist eo ipso nichtig. (nach oben)