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kainlogoIm letzten Sommerurlaub stieß ich in der Legacy auf einen Beitrag über Kain. Eine Metal-Band, die sich auf den Hintergrund „christlicher Mythologie“ mit Gut und Böse auseinandersetzt? Haben will! Es dauerte zwar noch, bis sich – ratter, ratter, ratter, woher kannte ich den Namen? – der Keyboarder/Komponist der Band auf meine Homepage verirrte, daß ich die Scheibe auch wirklich in den Händen hielt. Aber dieses Album konnte ich doch nicht übergehen.

Als ich die Scheibe dann in den Händen hielt, erstmal Ernüchterung: Da stand was von Pagan/Black Metal und „für Fans von Eisregen, Varg, Equilibrium, early Die Apokalyptischen Reiter, Thrudvangar, Catamenia…“ – irgendwie nicht so meine Baustelle. Varg, Equilibrium, – habe ich schonmal gehört, sind ohne nennenswerte Erinnerung; Thrudvangar, Catamenia – kenne ich nichtmal; Anklänge an frühe Apokalyptische Reiter – kann ich nicht finden; Eisregen – ja, im Gesang, vor allem in „Verkünder des Hasses“ (das ich allerdings für das schwächste Lied des Albums halte).

kaingroup1 Durch diese Vorgaben aber erstmal auf Black Metal gepolt, dauerte es eine ganze Weile, bis ich die Elemente erkannte, die (zutreffender) auf der Bandhomepage genannt werden – Black Metal und Melodic Death Metal. Letzteres ist etwas mehr meine Baustelle, allerdings bin ich da entwicklungsmäßig vor ca. 10 Jahren stehen geblieben (frühe In Flames [bis Reroute to Remain], Arch Enemy [Stigmata regelt!], At the Gates; mit Dark Tranquillity z.B. bin ich aber nie warm geworden). Daher lag mir auf der Zunge: Was kommt raus, wenn man Black Metal und Melodic Death Metal mischt? Klar: Melodic Black Metal.“ Entsprechend war mein erster Eindruck: Klingt nach Bal-Sagoth. Nach mehrmaligem Hören konnte ich dann auch Black Metal- von Melodic Death-Elementen unterscheiden. Spricht ja zunächst einmal für die Musik, daß alles nach einem Guß klingt. Und in „Sturz des Lichtbringers“ kann ich auch noch ein bißchen Primordial und damit Pagan Metal raushören.

Inhaltlich wurde mir aufgetragen, die Texte nicht zu überinterpretieren, was ich auch gar nicht tun will. Gute Metal-Lyrics zeichnen sich sowieso dadurch aus, daß sie verschiedenen Interpretationen zugänglich sind und ihre Interpretation mehr über den Deutenden als die Texte aussagt. Wie schon im Legacy-Beitrag angekündigt, drehen sich die Texte um die ersten Kapitel der Genesis und was sich so an Legenden darumherum entwickelt hat (Göttersöhne, Menschentöchter; Engelsturz; Krieg gegen den Himmel; Kains Mord an Abel). Was das Traditionalistenherz besonders erfreut: Hier wird nichts problematisiert, aus der Zeit heraus (weg-)erklärt und psychologisch umgedeutet, sondern das mythisch-legendarische Material in seiner überlieftern Form verarbeitet und dargestellt – eingeschlossen die eher Black Metal-untypische Niederlage des Teufels gegen Michael („Sturz des Lichtbringers“). (Untypischer ist vielleicht nur noch das Falco-Cover „Out of the Dark“ als „Hidden Track“ am Ende… Wobei mich das Stück in diesem Konstext beinahe doch zu einer inhaltlichen Gesamtdeutung des Albums verleitet hätte – „Muß ich denn sterben um zu leben?“ *g*)

Zurück zur Musik. Herausragend sind für mich „Freiheit ruft“ und „Vom Erdenleid“. Letzteres ist eine gute Mischung aus Melodic Death und Black Metal-Brachialität mit ein paar Mosh-Parts, Tempowechseln und ein paar infernalischen, aber wohl technisch erzeugten stimmlichen Einlagen – und vor allem Riffs die im Ohr bleiben. (Apropos Gesang: In „Fleischeslust“ kriegt man ernsthaft und trotz Berücksichtigung der Differenz zwischen Sänger und Lyrischem Ich Sorgen um das Seelenheil des Sängers 🙂 Da zeigt er, was er mit seiner Stimme machen kann, im Rest bewegt er sich leider im Bereich des „Üblichen“, Genretypischen, Durchschnittlichen.)

„Freiheit ruft“ – hört selbst:

So muß Metal klingen, wenn er denn schon melodisch sein muß. Das Stampfen des Songs bringt gut den Stolz des Teufels zum Ausdruck, der die Engel zum Aufstand aufruft; die Riffs bringen zugleich ein wenig Melancholie mit ins Spiel, die dem Thema objektiv gesehen durchaus angemessen ist, die der geifernde Gesang aber überheblich kontrastiert; Fills unterstützen die Wirkung von Überheblichkeit. Das größte Lob hatte aber meine Frau auf Lager, als ich ihr den Song mit der Erläuterung: „Das ist die Aufstandspredigt des Teufels im Himmel“, vorspielte: „So klingt’s auch!“ – Bingo! Das ist Metal: Klingt musikalisch dem textlichen Inhalt entsprechend. Ist allerdings der für das Album untypischste Song.

Insgesamt: Mir gefällt’s, kann man gut nebenbei hören, ist handwerklich voll in Ordnung, aber kein Meilenstein der Musikgeschichte. Der Gesang in „Fleischeslust“ sowie die Songs „Freiheit ruft“ und „Vom Erdenleid“ zeigen das Potential der Band und machen Lust auf mehr. Selbst wenn’s melodisch ist 🙂

Diesen Post schreibe ich quasi „zwischen den Jahren“. Mit der Non des Samstags der 34. Woche endet liturgisch das alte Kirchenjahr, mit der ersten Vesper des ersten Adventssonntags beginnt das neue.

Jetzt wird alles anders: Liturgische Farbe ist jetzt violett statt grün; ensprechend steht das grüne Stundebuch schon wieder im Regal, und das blaue liegt schon bereit und ist „bebändelt“; an den Sonntagen werden wir jetzt aus dem Lukas- statt dem Markusevangelium hören, und auch an den Werktagen ändert sich das Lesejahr (1 statt 2).

Andererseits bleibt fürs erste alles beim Alten. Wie an Christkönig und den vorangegangenen Wochen dreht sich alles um die Wiederkunft. Hieß es am letzten Sonntag in der zweiten Lesung:

Siehe, Er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird Ihn sehen, auch alle, die Ihn durchbohrt haben; und alle Völker der Werde werden seinetwegen jammern und klagen. (Offb 1,7)

lautet die (zumindest in den hiesigen Landen auf Latein wohl bekanntere) Antiphon aus der heutigen Vesper:

Seht, der Herr wird kommen und alle seine Heiligen mit ihm. An jenem Tag leuchtet ein helles Licht. Halleluja. (Ecce Dominus veniet et omnes sancti eius cum eo: et erit in die illa lux magna. Halleluja. [vgl. GL-BBK 800, GL-BA 804])

Irgendwie gehen also die Kirchenjahre ineinander über. In der ersten Lesung vom ersten Adventssonntag ist schon vom Sproß Isais die Rede, die zweite und das Evangelium hingegen fokussieren den zweiten Advent, die Wiederkunft Christi. Die Adventszeit allein auf den ersten Advent, auf die Menschwerdung, zu beziehen, ist also zumindest einseitig. Erst ab dem zweiten (im gerade vergangenen Lesejahr sogar erst ab dem dritten) Adventssonntag konzentriert sich die Liturgie voll und ganz auf die Menschwerdung, und dann zunächst ausgerechnet mit Johannes dem Täufer und seiner Gerichtspredigt.

So ist von der heutigen Non zur heutigen Vesper quasi ansatzlos alles anders und bleibt doch beim Alten. Das alte Jahr hat keinen klaren Endpunkt, aber es wird auch nicht wie in einem Fade Out immer leiser, sondern es nimmt sich nicht zurück, bis der Advent ein neues Motiv einbringt, das in der äußeren Wahrnehmung alles „niederwalzt“, obwohl das Thema dasselbe bleibt.

Dieses Ineinanderverwobensein der Kirchenjahre sowie dem ersten und dem zweiten Advent dient nicht nur einem „weicheren“ Übergang (den ja eh kaum einer wahrnimmt) oder einer pädagogischen Absicht („vergeßt nicht vor lauter süßlicher Weihnachtszeit, daß das kleine Kind in der Krippe der Weltenschöpfer und -richter ist, der widerkommt“), sondern es hat einen tiefen geistlichen Sinn.

Wie für das Ineinander von präsentischer und futurischer Eschatologie im Johannesevangelium liegt des Rätsels Lösung in der Erkenntnis, daß das Gericht am Ende der Zeiten kein anderes ist als das Kreuz Christi, das für die einen zum verdammenden Urteil, für die anderen zum Heil wird.

Wer sich im Glauben unter das Kreuz stellt, wird daher tatsächlich nicht gerichtet werden, denn für ihn wird das Kreuz, das seine bösen Anteile und Werke richtet, zum Heil, indem es ihn von ihnen befreit. Er darf durch das Kreuz ganz der werden, der er von Gott her sein sollte. So kann er die Wiederkunft in der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes und Seines Neuen Jerusalems freudig erwarten. Wer aber das Kreuz trotz Wissen um seine Bedeutung ablehnt, verurteilt sich selbst, er ist damit bereits gerichtet. Das Urteil wurde bereits während des ersten Advent, in der ersten Ankunft gesprochen.

So mag es zwar kontraintuitiv sein, daß im Advent mehr von Gericht und Unheil die Rede ist als zum Ende des Kirchenjahres, in dem die Herrlichkeit des neuen Jerusalems im Vordergrund steht, aber genau dieses Ineinanderübergehen der Kirchenjahre bringt eine tiefe geistliche Wahrheit zum Ausdruck.

Das Stundengebet ist ein Gebet der Kirche mit und/oder zu Christus. Am heutigen Freitag findet sich ein Psalm in der Lesehore, der das besonders deutlich macht, was mit dem „mit“ gemeint ist, Psalm 35.

1 Streite, Herr, gegen alle, die gegen mich streiten, bekämpfe alle, die mich bekämpfen!
2 Ergreife Schild und Waffen; steh auf, um mir zu helfen!
3 Schwing den Speer und die Lanze gegen meine Verfolger! Sag zu mir: «Ich bin deine Hilfe.»
4 In Schmach und Schande sollen alle fallen, die mir nach dem Leben trachten. Zurückweichen sollen sie und vor Scham erröten, die auf mein Unglück sinnen.
5 Sie sollen werden wie Spreu vor dem Wind; der Engel des Herrn stoße sie fort.
6 Ihr Weg soll finster und schlüpfrig sein; der Engel des Herrn verfolge sie.
7 Denn sie haben mir ohne Grund ein Netz gelegt, mir ohne Grund eine Grube gegraben.
8 Unvermutet ereile ihn das Verderben; er fange sich selbst in seinem Netz, er falle in die eigene Grube.
9 Meine Seele aber wird jubeln über den Herrn und sich über seine Hilfe freuen.
10 Mit Leib und Seele will ich sagen: Herr, wer ist wie du? Du entreißt den Schwachen dem, der stärker ist, den Schwachen und Armen dem, der ihn ausraubt.
11 Da treten ruchlose Zeugen auf. Man wirft mir Dinge vor, von denen ich nichts weiß.
12 Sie vergelten mir Gutes mit Bösem; ich bin verlassen und einsam.
13 Ich aber zog ein Bußkleid an, als sie erkrankten, und quälte mich ab mit Fasten. Nun kehre mein Gebet zurück in meine Brust.
14 Als wäre es ein Freund oder ein Bruder, so ging ich betrübt umher, wie man Leid trägt um die Mutter, trauernd und tief gebeugt.
15 Doch als ich stürzte, lachten sie und taten sich zusammen. Sie taten sich gegen mich zusammen wie Fremde, die ich nicht kenne. Sie hören nicht auf, mich zu schmähen;
16 sie verhöhnen und verspotten mich, knirschen gegen mich mit den Zähnen.
17 Herr, wie lange noch wirst du das ansehn? Rette mein Leben vor den wilden Tieren, mein einziges Gut vor den Löwen!
18 Ich will dir danken in großer Gemeinde, vor zahlreichem Volk dich preisen.
19 Über mich sollen die sich nicht freuen, die mich ohne Grund befeinden. Sie sollen nicht mit den Augen zwinkern, die mich grundlos hassen.
20 Denn was sie reden, dient nicht dem Frieden; gegen die Stillen im Land ersinnen sie listige Pläne.
21 Sie reißen den Mund gegen mich auf und sagen: «Dir geschieht recht. Jetzt sehen wir’s mit eigenen Augen.»
22 Du hast es gesehen, Herr. So schweig doch nicht! Herr, bleib mir nicht fern!
23 Wach auf, tritt ein für mein Recht, verteidige mich, mein Gott und mein Herr!
24 Verschaff mir Recht nach deiner Gerechtigkeit, Herr, mein Gott! Sie sollen sich über mich nicht freuen.
25 Lass sie nicht denken: «Recht so! Das freut uns.» Sie sollen nicht sagen: «Wir haben ihn verschlungen.»
26 In Schmach und Schande sollen alle fallen, die sich über mein Unglück freuen, in Schimpf und Schande sich kleiden, die gegen mich prahlen.
27 Alle sollen sich freuen und jubeln, die wünschen, dass ich im Recht bin. Sie sollen jederzeit sagen: «Groß ist der Herr, er will das Heil seines Knechtes.»
28 Meine Zunge soll deine Gerechtigkeit verkünden, dein Lob alle Tage.

Als Meditationshilfe steht darüber noch: „Sie versammelten sich … und beschlossen, Jesus mit List in ihre Gewalt zu bringen und ihn zu töten. (Mt 26,3-4)“ Ein sehr passender Psalm für einen Freitag, noch dazu, wo das heutige Tagesevangelium das von der Tempelreinigung (Lk 19, 45-48) ist, in dem es heißt: „Die Hohenpriester, die Schriftgelehrten und die übrigen Führer des Volkes aber suchten ihn umzubringen.“ (Ich liebe die Liturgie für solche Bezüge, noch dazu, wenn sie wie heute eher zufällig sind.) Von dort und mithin vom Karfreitag aus betrachtet, eröffnet sich auf diesen Psalm tatsächlich eine neue, tiefere Perspektive, die ihn als Prophetie erschließt.

So handelt der Psalm nicht allgemein von einem unschuldig Verfolgten, der bei Gott um Hilfe ruft, sondern von dem einen, dem eigentlichen unschuldig Verfolgten, der bei Gott Hilfe findet, weil Er Sein Sohn ist. Daher auch die feste Zuversicht, daß Seine Seele über den Herrn jubeln und sich über Seine Hilfe freuen wird.

Diese Zuversicht steht über dem ganzen Psalm (wenn auch nach der ersten Gerichtsandrohung), noch bevor mehr von den Gegnern die Rede ist, die falsche Zeugen aufbieten und das Gute, das Jesus getan hat, damit vergelten wollen, daß sie Ihn ans Kreuz bringen wollen. Und auch bevor zur Sprache kommt, daß alle Jünger Ihn verlassen haben.

Er wird vor Gericht gebracht, obwohl Er gekommen ist, um zu retten, was verloren ist. Christus erniedrigte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich („Bußgewand“), um uns Kranke zu heilen. Er wurde wirklich Mensch und damit unser Bruder. Er, der doch zugleich unser Herr ist, nennt uns nicht mehr Knechte, sondern Freunde!

Doch noch auf dem Weg nach Golgota, noch am Kreuz wird er verhöhnt. Doch das Böse wird nicht triumphieren. Das Kreuz ist das Gericht über das und den Böse(n). Die Seite, von der ich das Kreuz betrachte, entscheidet darüber, ob es für mich zum Gericht oder zur Rettung wird. Denn groß ist der Herr: Er will das Heil Seines Knechtes und aller Seiner Knechte durch Ihn. Deshalb ist dieser Psalm wahrlich ein Lobpsalm, obwohl er von der dunkelsten Stunde der Heilsgeschichte handelt.

(Die schwarz geschriebenen Verse und Versteile sind in der Liturgie übrigens weggelassen, obwohl nicht einmal alle Stellen als „Fluchpsalmen“ durchgehen. Wahrscheinlich hat man die fraglichen Verse aber auch nicht weggelassen, um den Gerichtscharakter des Kreuzes zu verschleiern, sondern damit diese Verse nicht falsch verstanden auf das jüdische Volk angewandt werden. Gegen das Anliegen an sich kann man nichts sagen, dafür aber einfach mal die Schrift umzuschreiben… Schade.)

Manchmal kann man ein ganz schönes Brett vor dem Kopf haben. Gestern habe ich mich noch über die Vermeldung eines „Pontifikalamtes mit dem Domkapitel“ am Dienstag abend gewundert, aber nichts weiter bei gedacht. Gut, ungewöhnlich war, daß weder Zelebrant noch Anlaß genannt wurden. Gedankenverloren wie ich war, habe ich mir zusammengereimt, es wäre wohl ein turnusmäßiges Zusammentreffen des Domkapitels.

Weit gefehlt. Sie wählen einen Diözesanadministrator, der sich im Pontifikalamt erstmals der Öffentlichkeit präsentieren wird. Wir haben also keinen Bischof mehr. Der Papst hat sein Rücktrittsgesuch angenommen.

Der Rücktritt ruft bei mir gemischte Gefühle hervor. Einerseits habe ich vollstes Verständnis für den Rücktritt, denn daß es Bischof Wanke nicht gut geht, hat man gerade in den letzten 12 Monaten mehr und mehr gesehen. Auf der anderen Seite haben wir in der Bischofskonferenz (und auch in Erfurt) nur wenige, denen eine solche Gabe gegeben ist, in freundlichen Worten klare Ansagen zu machen. Siehe nicht nur hier, sondern auch hier, ein Jahr nach dem Papstbesuch: „Hier in Deutschland sah der Papst Grund, eine mancherorts im Glauben an Gott müde gewordene Kirche an ihre ‚erste Liebe‘ zu erinnern…“ Poff, der hat gesessen. Und das sind nur zwei Beispiele. Diese Gabe wird der katholischen Kirche in Deutschland fehlen.

Wollen wir hoffen und beten, daß der Heilige Geist uns einen guten Nachfolger beschert!

Oder ist es wirklich beliebig, wie wir mit fundamentalen Gegebenheiten des menschlichen Lebens umgehen? Die Ehe etwa als Verbindung zwischen Mann und Frau, als Kernzelle der Familie, ist nicht etwas Beliebiges, an dem man nach Gutdünken herumoperieren kann. Ehe sollte Ehe bleiben und nicht als Begriff auf alle möglichen Verbindungen von Menschen angewendet werden. Und ich füge ausdrücklich angesichts der gewachsenen biotechnischen Möglichkeiten hinzu: Der unbedingte Schutz des menschlichen Lebens an seinem Anfang und an seinem Ende ist ebenfalls nichts Beliebiges, das man anderen Interessen unterordnen kann. Meine Unterstützung gilt allen, die sich dafür, auch öffentlich, einsetzen. Das menschliche Leben muss eine Gabe bleiben, über die der Geber verfügt, nicht wir. (Bischof Wanke in der Predigt bei der Bistumswallfahrt am 16. September 2012)

Mit diesem unterstützenden Aufruf, den wir ganz persönlich auf uns beziehen konnten, im Rücken fuhren wir am Samstag zum Marsch für das Leben. Nach 21 Mitfahrern im letzten Jahr waren wir diesmal bereits 35. (Also: Nächstes Jahr rechtzeitig anmelden, sonst ist der Bus schon voll. 🙂 Termin ist der 21.09.2013.)

Und dann: Da haben wir uns im wahrsten Sinne des Wortes seelisch und moralisch (mit Eph 6, „Des Königs Banner“ und „Heilges Kreuz sei hoch verehret“[1] – sowie einem eigens eingerichteten Gebetsdienst in der Heimat) auf einen geistlichen Kampf eingestellt, und dann ging der Marsch in aller Stille los. Bis zum Reichstag waren wir schon gekommen, bevor die ersten Trillerpfeifen zu hören waren, und erst am Brandenburger Tor ging’s mit dummen Sprüchen los. Und überhaupt waren es immer dieselben paar Hanseln, die da „gegendemonstrierten“. Ok, wer das erste Mal mit dabei war und noch nie Linksextremisten im richtigen Leben gesehen hatte, war immer noch einigermaßen schockiert, aber da hätte wahrscheinlich ein einziger Gegendemonstrant, der sich mit Trillerpfeife unter die Teilnehmer mischt, gereicht.

Die Sprüche… Die sind wirklich sowas von strunzdumm. Ich würde mich ja gerne angegriffen fühlen, aber ich verstehe nicht, wieso die Leute da de facto Selbstverfluchungen brüllen. Das macht mich allenfalls ein wenig betroffen. „Hätt Maria abgetrieben…“ – da denke ich immer an Paulus: „Nun aber hat Maria nicht abgetrieben…“ Oder „Kondom, Spirale, Linksradikale“: Kommentierte ein Teilnehmer mit: „Was lernen wir daraus? Linksradikalismus ist unfruchtbar.“ Ach ja, irgendeiner der Sprüche endete auf „…die Dummen sterben aus“.

Tja, mein Busmitorganisator war auch nach dieser Erfahrung und gerade im Hinblick auf unsere geistliche Vorbereitung nicht um eine deutende Bibelstelle verlegen:

Wir leben zwar in dieser Welt, kämpfen aber nicht mit den Waffen dieser Welt. Die Waffen, die wir bei unserem Feldzug einsetzen, sind nicht irdisch, aber sie haben durch Gott die Macht, Festungen zu schleifen; mit ihnen reißen wir alle hohen Gedankengebäude nieder, die sich gegen die Erkenntnis Gottes auftürmen.(1 Kor 10,3-5)

Also: Die Zeit ist reif, der Marsch ist endgültig sicher. Jetzt kann sich auch der eine oder andere Diözesanbischof vorwagen und mitlaufen. Nos sumus testes!

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[1] Unglaublich! Ich kann im Netz keine vollständige Wiedergabe des Textes finden. Maximal vier Strophen sind zu finden, und selbst dann noch meist schrecklich umgedichtet. Hier darf ich wenigstens noch „im Kampfe“ (statt so allgemein blabla „im Leben“) auf das Kreuz schauen, um mein Ziel glücklich zu erreichen, und ich darf das Kreuz auch noch als „hartes Ruhbett meines Herrn“ verehren. Dafür fehlen die Strophen, in denen uns das Kreuz mahnt, „treu zu sein bis in den Tod“ und in der wir „stets gedenken seiner Pein“ (die für mich auch und gerade emotional bedeutendsten Stellen – wo sonst darf ich mich in der Kirche mal wirklich als Mann fühlen?!). Man wird den Eindruck nicht los, daß Kampf etwas ist, was es im Christentum eigentlich nicht geben dürfte. Zum Glück war die Erfahrung im Bereich der BBK eine andere, in deren Anhang ist der Kampf deutlich drin. – Es gibt doch in der Blogoezese so’n paar Spezialisten, die GL-Fassungen und Originalfassungen vergleichen. Gibt’s den Vergleich für „Heilges Kreuz sei hoch verehret“ schon? (nach oben)

Update: Nachdem ich explizit Ausschnitte aus allen Strophen und in dem von mir gewünschten Wortlaut als Suchanfrage gestellt habe, konnte ich auch die von mir geliebte Fassung im Netz finden. Und wenn ich die Frakturschrift am Ende als Zeichen für die Ursprünglichkeit dieser Variante deuten darf, dann hat sich im BBK-Anhang tatsächlich der ursprüngliche Text erhalten – allerdings um eine mir bisher unbekannte sechste Strophe verkürzt.

Letztens bin ich, zum ersten Mal überhaupt, in einen Wortgottesdienst mit Kommunionausteilung geraten. Gleich vorweg: Ich will keinem der Beteiligten einen Vorwurf machen, denn der vorgesehene Zelebrant der Messe mußte wegen Krankheit absagen und konnte das erst eine halbe Stunde vor Beginn tun. Insofern mußte der von einem Diakon geleitete Wortgottesdienst improvisiert sein. Dennoch wurde mir dabei klar, wie gefährlich es ist, einen solchen Wortgottesdienst praktisch als Messe ohne Wandlungsworte zu feiern.

Wie gesagt, den Beteiligten will ich keinen Vorwurf machen. In einer halben Stunde zunächst zu versuchen, einen anderen Zelebranten zu erreichen und dann doch umzudisponieren, da reicht es nicht mehr, um mit dem (ehrenamtlichen) Organisten einen anderen Wortgottesdienst aus dem Boden zu stampfen. Ok, es wäre ein leichtes, die tageszeitlich passende Hore des Stundengebets zu nehmen, aber dazu muß man ja auch erstmal die entsprechenden Psalmen aus dem Gotteslob raussuchen. Ob diese Hektik dann der Feierlichkeit des Wortgottesdienstes zuträglich gewesen wäre, sei mal dahingestellt.

Trotzdem fand ich es extrem merkwürdig, im Grunde eine Messe ohne Wandlungsworte zu feiern. Den Wortgottesdienst 1:1 zu übernehmen finde ich noch nicht so problematisch, auch wenn man über Kleinigkeiten diskutieren könnte. Aber die Kommunionfeier mit dem Sanctus einzuleiten und dann das Hochgebet – eben mit Ausnahme der Wandlungsworte – zu paraphrasieren, das ist schon merkwürdig. Ab ungefähr der Mitte des Hochgebetes war sogar alles wörtlich identisch, inklusive Doxologie, Friedensgruß und Lamm Gottes.[1]

Wer da nicht ausreichend liturgisch gebildet ist – und wenn man diese Bildung bei den Besuchern solcher Gottesdienste voraussetzen könnte, bräuchte man ja nicht den gewohnten Ablauf der Messe zu kopieren –, kann sehr schnell auf den Gedanken kommen, hey, das ist doch eigentlich dasselbe wie die Messe, insbesondere wenn die Messe in der Gemeindlichkeit unserer deutschen Kirche sowieso schon auf „wir feiern ein Gemeinschaftsmahl im Gedächtnis Jesu“, also um den Opfercharakter und damit das entscheidende Element, nämlich die Vergegenwärtigung des erlösenden Kreuzesopfers reduziert ist. Dann ist auch klar, wie man auf die Idee kommen kann, darin eine Erfüllung der Sonntagspflicht zu sehen.[2]

Und genau darin sehe ich die Gefahr: Daß bei den Gläubigen allmählich der Eindruck entsteht, eigentlich bräuchten sie doch gar keine Messe, wenn es doch praktisch dasselbe auch ohne Priester gibt. Ok, vielleicht bleibt noch bewußt, daß man zur Wandlung einen Priester braucht und man dann halt gelegentlich neue gewandelte Hostien aus der Bischofsstadt importieren muß, aber dann grenzt das Eucharistieverständnis bereits an Magie. Jeder, der weiß, was der eigentliche „Clou“ der Heiligen Messe ist, nämlich nicht, daß wir uns da ein Stück Brot abholen, nicht einmal daß wir den Leib Christi empfangen, sondern daß wir in die Gegenwart von Leiden, Tod und Auferstehung Christi genommen und durch den Leib Christi die Früchte der Erlösung, nämlich die Gnade der Vereinigung mit dem Herrn, empfangen dürfen, kann sich doch nur im äußersten Notfall mit einer solchen Gottesdienstform zufrieden geben. Mir hat an diesem Tag jedenfalls was gefehlt – obwohl es „nur“ um eine Werktagsmesse ging.

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[1] Ich weiß nicht, ob das der besonderen Situation geschuldet war, daß eigentlich ja eine Messe hätte stattfinden sollen. Eigentlich war ich der Meinung, Wortgottesdienste mit Kommunionausteilung orientierten sich an der Karfreitagsliturgie. Das schien mir bisher das einzig liturgisch Sinnvolle zu sein, also daß es nach den Fürbitten direkt mit dem Vater unser weitergeht und dann das „Herr ich bin nicht würdig“ zur Kommunion überleitet. (nach oben)
[2] Diese Ansicht ist sowieso hahnebüchen. Entweder ist es dem Gläubigen physisch oder moralisch nicht möglich, eine Sonntagsmesse zu besuchen, dann ist er bereits vom Besuch einer Messe dispensiert, dann braucht es also keine ausdrückliche Regelung, nach der ein Wortgottesdienst mit Kommunionausteilung eine Erfüllung der Sonntagspflicht darstellt, oder es ist dem Gläubigen physisch und moralisch möglich, eine Messe am Sonntag oder am Vorabend zu besuchen, dann steht die Sonderregelung Wortlaut und Sinn des Kirchenrechts direkt entgegen und ist eo ipso nichtig. (nach oben)