Bei der Abschlußrunde war es noch zu früh, um die Gedanken, die ich tatsächlich aus Freiburg mitgenommen habe, in Worte zu fassen, und sie hätten auch zeitlich den Rahmen gesprengt. In der Diskussion über das Bloggerprojekt zum Jahr des Glaubens sind einige Konfliktlinien aufgebrochen, die nicht ausdiskutiert werden konnten, aber zu wichtig sind, um weiter unthematisiert vor sich hin zu schwelen.
Nachdem ich eine Nacht drüber geschlafen habe, meine ich fünf Punkte benennen zu können, die zumindest für mich den Kern des Konfliktes ausmachen:
- Die Behauptung, das Abarbeiten an innerkirchlichen Themen sei nicht missionarisch und interssiere „keine Sau“.
- Ein zerstrittener Eindruck sei schädlich für die Außenwirkung (Beispiel Linkspartei, Schlagwort: „Sie waren ein Herz und eine Seele“).
- Haben wir das Evangelium/Gott oder entdecken wir es mit dem anderen zusammen?
- Schüler hätten viel fundamentalere Fragen als die, die wir in der Blogoezese thematisieren und diskutieren.
- Die in der Konzeption des Projekts implizite Vorstellung von Neuevangelisierung als „neue Christen machen“ (genannt: die erreichen, die wir sonst nicht erreichen, indem wir etwa in weltlichen Medien präsent sind).
Ad Primum
Die Zahlen – 30 Blogger in Freiburg, und noch viel mehr Blogger, die nicht da waren, auch zentrale, wichtige -, das Stattfinden des Bloggertreffens an sich, die weit verbreitete Angst vor den Bloggern und kath.net in Diözesanleitungen, unter Hauptamtlichen an sich und vor allem der Kirchenpresse sowie das generelle Erstarken „konservativer“ Gruppen sprechen eine andere Sprache. Die Blogoezese würde nicht so immens wachsen, wenn die behandelten Themen „keine Sau“ interessierten.
Wenn man die 1-9-90-Regel anwendet, daß also nur 1% selbst Inhalte schaffen (hier: bloggen), weitere 9% kommentieren und 90% nur lesen, dann müßte die Blogoezese locker flockig ein Potential von etwa 5.000 bis 10.000 Leser haben. (Ok, das ist nur ein Potential, Alipius berichtet von 1.000 bis 1.500 täglichen Besuchern, bleibt die Frage, ob die Regel hier falsch ist oder ob die Blogoezese noch so „frisch“ ist, daß erst die 1-10% da sind, egal: so oder so interessiert es nicht „keine Sau“). Die Behauptung ist also schonmal empirisch falsch.
Ad Secundum
Es mag ja stimmen, daß zerstrittene Institutionen weniger Anziehungskraft entfalten als geschlossen wirkende. Aber hier stellt sich doch die Frage nach der Wertigkeit des Kriteriums. Hat es der Linkspartei denn geholfen, daß sie den Streit in den vergangenen Jahren – der Konflikt schwelt hier doch mindestens seit der Vereinigung von WASG und PDS, eher länger – unter den Teppich gekehrt hat, keine klaren Positionen entwickelt hat, um nur niemanden zu verprellen? Kurzfristig schon, umso größer aber ist jetzt der Absturz, daß auch eine zwischendurch scheinbar gesamtdeutsch etablierte Linkspartei nun unter die 5%-Hürde abzustürzen droht.
Vor allem ist das Argument aber theologisch fragwürdig. Denn es ist die Wahrheit, die uns frei machen wird. Diese Wahrheit ist Jesus Christus selbst, und Er ist die Möglichkeitsbedingung, daß wir überhaupt erst ein Herz und eine Seele sein können. Wie es empirisch gesehen offenbar keinen langfristigen Nutzen hat, Konflikte schwelen zu lassen statt sie auszutragen, ist es auch theologisch nicht zweckmäßig, Konflikte zu kaschieren. Daß sich mit kath.net und der Bloggerszene eine innerkirchliche Gegenöffentlichkeit gebildet hat, dürfte eher Folge bestehender Konflikte, die in den bisherigen Bahnen nicht ausgetragen werden konnten, als Ursache neuer Konflikte sein.
Ad Tertium
Der Frage, ob wir das Evangelium/Gott „haben“ oder nur mit dem anderen zusammen entdecken können, liegt eine fehlerhafte Gegenüberstellung zugrunde. Beide Teile der Frage schließen sich gar nicht aus, sondern setzen einander voraus:
Wenn wir von Gott nichts Sicheres wissen, können wir ihn auch nicht entdecken, denn dann würden wir Seine Spuren im Gegenüber bzw. in dessen Ansicht gar nicht als Seine Spuren erkennen (wie ja auch bereits die Voraussetzung, wir könnten Gott gar nicht „haben“ bereits ein ziemlich sicheres Wissen über Gott voraussetzt, nämlich daß Er von Seinem Wesen her unsere Erkenntnis übersteigt). Und wenn Er sich nicht entdecken ließe, dann könnten wir auch nichts Sicheres über Ihn wissen.
Oder, weniger erkenntnistheoretisch als vielmehr fundamentaltheologisch formuliert: Gott hat sich selbst offenbart, und zwar in Jesus Christus abschließend. Die Offenbarung ist abgeschlossen, da Gott über sich selbst hinaus nichts von sich offenbaren kann, klar. Was sollten wir also mit „dem anderen“ noch entdecken, was nicht bereits in der Person Jesu Christi offenbar ist. Andererseits zeigt uns gerade diese Selbstoffenbarung, daß Gott unseren Verstand übersteigt, daß wir ihn nicht „in der Tasche“ haben können, daß er uns immer ein Mysterium bleiben wird. Auch wenn wir noch so viel von Ihm verstanden haben, bleibt Er uns immer noch unverständlich. Und insofern können wir unseren Glauben an, unser Wissen über und unsere Beziehung mit Gott immer noch in der Auseinandersetzung mit anderen Glaubenden vertiefen.
Entscheidend ist aber, daß wir dabei nicht immer wieder bei Null anfangen müssen, sei die Null jetzt Adam und Eva oder Hexenverbrennungenkreuzzügeinquisition. Es gibt Dinge, die wir über Gott mit Sicherheit wissen, zumindest im negativen Sinn. Soviel wir immer noch kennenlernen können, so genau können wir sagen, wie Gott nicht ist.
Und genau an einer solchen Frage entzündete sich in der konkreten Diskussion der Widerspruch. Ob es das wert ist, sich an der Frage, ob man Gott als Mutter bezeichnen kann (in einem analogen Sinn natürlich, aber ebenso natürlich nicht in demselben Sinne wie wir von Gott Vater sprechen), aufzuhängen, darüber kann man natürlich streiten, aber berechtigt war die Anfrage ganz sicher: Wie gehen wir damit um, wenn ein Blogger im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts häretisches Zeug verzapft, also Dinge schreibt, von denen wir bei genauerer Betrachtung auch ohne Gutachten der Glaubenskongregation sagen können, daß man das ganz sicher nicht über Gott sagen kann.
(Ok, wenn ich mich recht erinnere, lief es auf: Wir wollen keine Zensur ausüben, also müssen wir dann wohl oder übel in den Kommentaren widersprechen und damit wieder einen zerstrittenen Eindruck vermitteln. In Anbetracht der Wahrscheinlichkeit, daß in dem Gemeinschaftblog im Stundentakt Häresien gepostet werden, ist das wohl eine gute und praktikable Lösung. Angesichts der Emotionen, die in diesem Teil der Diskussion hochkochten, obwohl alle berchtigte Anliegen vertraten, dachte ich, das müssen wir nochmal ausdiskutieren.)
Ad Quartum
Dieses Argument liegt quasi als Bindeglied zwischen dem ersten und dem fünften. Ich habe es vor allem wegen des audiatur et altera pars als eigenes Argument aufgeführt, weil es mich persönlich bewegt und die zugrundeliegende persönliche Erfahrung meine Position zum fünften Argument vielleicht verständlicher macht.
Ich denke, auch meine Religionslehrer wollten sich um die vielen mehr oder weniger ungläubigen Schüler kümmern, die viel fundamentalere Fragen hatten als z.B. das pro multis. Das Dumme war nur: Ich war damals schon gläubig und hatte diese fundamentaleren Fragen eigentlich nicht, weil sie für mich (zumindest implizit) bereits beantwortet waren. Vor lauter Milch im Glauben wäre ich damals fast verhungert, außer in meinem Firmunterricht habe ich kaum feste Nahrung bekommen. Jedenfalls habe ich einige sehr zentrale Basics, etwa daß und warum wir durch das Kreuz erlöst sind, erst im Studium gelernt. Da habe ich mich, gelinde gesagt, etwas verarscht gefühlt, denn nach neun Jahren Religionsunterricht hatte ich nur eins gelernt: Daß ich offenbar schon alles Notwendige über den Glauben gelernt hatte.
Ad Quintum
In der Vorstellungsrunde habe ich gesagt, daß der ursprüngliche Grund, warum ich blogge, darin liegt, daß ich während der Arbeit an meiner Diss auf so viel verschüttete Tiefe und Vielschichtigkeit unseres Glaubens gestoßen bin, die ich letztlich nicht vollständig in die Diss pressen konnte. Das war in gewisser Weise schon eine Meta-Erfahrung zur unter 4. geschilderten schulischen Erfahrung. Wenn ich bedenke, daß ich schon zu Schulzeiten dachte, ich wüßte eigentlich alles über den Glauben, und dann noch nach zehn Jahren intensiver Vertiefung des Wissens im Studium (und auch heute noch) über neue, spannende Zusammenhänge und Vertiefungen stolpere, bei denen ich mich frage, wie ich eigentlich ohne sie leben konnte (ganz davon abgesehen, daß ich zugleich immer deutlicher merke, was mir alles noch fehlt, wieviel mich immer noch von Gott trennt), dann kann ich eigentlich nicht umhin, den Grund für die Glaubenskrise weniger bei den Fernstehenden als vielmehr bei den bereits Glaubenden zu sehen.
Natürlich kann man nie den Glauben eines anderen beurteilen, und dennoch macht es mich traurig, daß ich, wenn ich nicht durch einige Zufälle (oder göttliche Fügung :-)) im Theologiestudium gelandet wäre, jetzt wohl immer noch denken würde, ich wüßte ja alles Notwendige, ohne zu wissen, was ich alles nicht weiß. Und ich kann mir nicht vorstellen (und meine Erfahrungen in den Weiten des Internets, aber auch im RL bestätigen das), daß mein Religionsunterricht die (schlechte) Ausnahme war.
Deswegen halte ich ein Verständnis der Neuevangelisierung als „neue Christen machen“ für einseitig und, vor allem auch unter praktischen Gesichtspunkten, für ineffektiv. Mindestens genauso wichtig wie „nach draußen zu gehen“, wenn nicht sogar wichtiger, ist es „nach innen zu gehen“ (aber: das eine tun, ohne das andere zu lassen!). Auch das ist missionarisch. Es gibt so viele, die eine gewisse Glaubensgrundlage und -praxis haben, deren Glaube aber nicht vertieft und genährt wird. Und das meine ich nicht in einem arroganten „die sind nicht richtig katholisch“-Sinne, sondern es tut mir weh, daß sie so vernachlässigt werden, daß ihnen eine Vertiefung ihrer Gottesbeziehung verwehrt bleibt.
Hier anzusetzen dürfte nicht nur einfacher sein als Ungläubigen oder Fernstehenden eine Glaubensperspektive zu erschließen (wer da andere Begabungen hat als ich, der mag das anders sehen), sondern vor allem auch effektiver. Denn damit schafft man Multiplikatoren, die ihrerseits in ihren Kontexten (Familie, Gemeinde, Beruf) (selbst-)evangelisierend wirksam werden können, anstatt alleine immer wieder neue Gläubige zu werben, sie dann aber sich selbst zu überlassen.
Danke für die interessante Zusammenfassung und ganz besonders für die Hausaufgabe, die ich für mich im vierten Punkt sehe: Es ist wirklich keine zufriedenstellende Lösung, Milch für alle aufzutischen. Nicht nur wegen evtl. Laktoseunverträglichkeit ;-), sondern auch für die, denen es so geht, wie es dir gegangen ist.
Ich hoffe nicht, dass ich in meinem Unterricht nur Milch serviere. Die Herausforderung, ein ausgewogenes Nahrungsangebot zusammenzustellen stellt sich immer wieder neu (für jede Klassenstufe anders, jedes neue Schuljahr mit anderen Schülern). Ein fertiges Konzept habe ich dafür nicht, ich probiere aus und versuche zu optimieren. Deine Bemerkungen motivieren mich dafür neu – herzlichen Dank 🙂
Dazu noch eine Anmerkung: Irgendwie wäre es sinnvoll, die verschiedenen Zielgruppen zumindest zeitweise mal zu trennen. Keine Ahnung, wie das praktisch möglich sein soll, insbesondere in der Schule. Ich denke da auch eher von den gemeindlichen Sakramentenvorbereitungen her, wo die einen überfordert sind und die anderen sich langweilen.
Wow, spannende Überlegungen! Dies war mehr oder weniger das erste, was ich von der Bloggertagung gelesen hab, bis auf die paar Tweets von Stanislaus und Co.
Klingt nach einem echt interessanten Wochenende…
Vergelt´s Gott für die interessante Zusammenfassung, die tief blicken lässt, falls ich richtig zwischen den Zeilen gelesen habe.
Was bin ich froh, dass ich abgesagt habe, obwohl ich einen Platz auf der – damals noch begehrten – Liste hatte.
Ne, da muß was Falsches zwischen den Zeilen durchgekommen sein (es sei denn, es wäre meine Übernächtigung gewesen :-)). Das Treffen und vor allem das gegenseitige Kennenlernen war sehr schön. Nur in dieser einen Diskussion am Samstag nachmittag/abend gingen die Emotionen mal hoch. Da ist man aus der Blogoezese schon Härteres gewohnt.
Danke für die Zusammenfassung!
Zustimmung! Ich hatte erst gestern den Eindruck, die Neuevangelisation sei nötig für Katholiken einschließlich Priester und Bischöfe. Schließlich lässt sich selbst der Hl. Vater predigen durch seinen Hausprediger P. Cantalamessa.
Dein Artikel ist bis jetzt das Aussagekräftigste, was ich über das Bloggertreffen finden konnte, gerade weil er kontroverse Punkte thematisiert.
Herzlichen Dank für diese hervorragende Reflexion!
„Mindestens genauso wichtig wie “nach draußen zu gehen”, wenn nicht sogar wichtiger, ist es “nach innen zu gehen”.“ Diesen Satz würde ich dreimal unterstreichen, ebenso wie seinen Zusatz: „(aber: das eine tun, ohne das andere zu lassen!)“
Wenn selbst unter den katholischen Bloggern Fragen auftauchen wie : „Was ist denn Kirche?“ oder „Was ist Wahrheit?“ und zwar als ernstgemeinte Fragen, die einer gewissen Unsicherheit (oder einem Unwissen) über die Lehre der Kirche entsprungen sind, so zeigt das doch, dass eine Thematisierung von „innerkirchlichen“ Inhalten wichtig ist – denn wie sollte man sonst anderen Auskunft geben können, wenn man selbst kein Fundament hat?
Es ist eben so, „dass wir dabei nicht immer wieder bei Null anfangen müssen“. Was die Kirche zu glauben lehrt, darauf können wir uns verlassen und anderen davon erzählen. Wir brauchen es nicht zu verschweigen oder gar zu verstecken. Wenn WIR davon etwas nicht verstehen, dann liegt das nicht daran, dass die Lehre der Kirche falsch oder dumm oder überholt ist, sondern daran, dass wir es nicht verstehen. Das sollten WIR uns erarbeiten („…mein ganz persönlicher Beitrag zum Jahr des Glaubens?“)
Genau das ist es, was man als Akt des Glaubens bezeichnet: Die Zustimmung zu dem, was die Kirche zu glauben vorlegt, auch dann, wenn ich es (noch nicht) verstehen kann.
Arbeiten wir daran!
PS: Damit das klar ist; auch Ich meine das „nicht in einem arroganten “die sind nicht richtig katholisch”-Sinne“, sondern in brüderlicher (geschwisterlicher) Sorge.
Prima und wichtiger Beitrag, vollinhaltlich einverstanden!
Danke für diese Gedanken. Vor allem im letzten Absatz kann ich dir voll und ganz zustimmen.
Ad 4: Pech der zu spät Geborenen. Schlag 1970 (+/- 2 Jahre) wurde das auswendig lernen des Katechismus eingestellt, Kirchengeschichte und –recht auf den Müll geworfen. Dafür habe ich im Studium gelernt, die Schüler da abzuholen, wo sie stehen.
Dass die Schüler anders standen, als da, wo sie abgeholt werden sollten, haben mir Reli-Lehrer in den 80igern berichtet. Schön zu hören, dass 40 Jahre später die Schüler immer noch brennendere Fragen haben, als Antworten in den Seminaren angeboten werden.
Pingback: Sende-Zeit » Bloggertreffen in Freiburg – Rückblick
Beim Lesen (oder ehrlich gesagt: gründlichen Überfliegen) hatte ich ein paar Deja-vus (oder Deja-lits)…
Bestimmte Fragestellungen setzen sich über die Jahre, leicht verändert, mit anderen Disku- und Kombattenten fort.
Selber fand ich das Bloggen immer das ideale Hobby für den christlichen „Einzelnen“ – mit allen Vor- und Nachteilen, und mit allen Versuchungen.
Pingback: Früchte des Bloggertreffens in Freiburg 2012 « Nacht des Herrn
Danke für die Zusammenfassung. Das mit dem „interessiert keine Sau“ steht übrigens auch im Konflikt zu meinem Stats. ,-)
Hervorragend! Dankeschön.
Ich würde gerne den Aspekt der „verdeckten Wirksamkeit“ betonen. Kann man übrigens nochmal steigern, wenn man in den sozialen Nahraum geht (D.h., in die jew. Gemeinde. „Was haben PuLa und die BILD gemeinsam? Keiner liest ’sowas‘, aber alle wissen, was drinsteht!“ 😉 )
Und für meine alten Augen wäre schwarz auf weiß geeigneter, aber ich weiß schon, warum das bei Dir nicht geht… 🙂
Gruß
GL
Der Vergleich mit der Linkspartei hinkt.
Die Linkspartei ist aus relativ unterschiedlichen Gruppen zusammengesetzt worden. Ich benutze bewusst das Passiv, denn der Wille/Wunsch/die Notwendigkeit, eine Partei schaffen zu „müssen“, welche genug Basis haben sollte, um bei der damals anstehenden Bundestagswahl relevant zu sein, zwängte recht unterschiedliche Gruppen unter einen Hut, die sich wahrscheinlich ansonsten nicht mal an einen Tisch gesetzt hätten weil ihre Berührungspunkte zu klein waren. Als jemand, der in diesen Bereich einen anderen (und vielleicht besseren) als der Grossteil der Blogoszene hat, erlaube ich mir mal ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern
K-Gruppen
Ex-SPDler
Gewerkschaftler
Umweltbewegte
Friedensbewegte
Altfemistinnen (also Frauen, an denen die Entwicklungen innerhalb der Frauenbewegung der letzten grob 20 bis 25 Jahre vorbeigegangen sind)
ganz viele Betroffene
Die Linkspartei hat so ziemlich alle aufgelesen, was ihr unterwegs vor die Füsse kam und „gerne mit Politik“ machen wollte.
Am krassesten fand ich den Versuch, sich massiv in die Drogenszene zu verbreitern (war anscheinend nur lokal) mit Broschüren der Gattung „Drogen sind harmlos, das wird uns nur verschwiegen“.
Neben diesen Anwandlungen gab es da auch immer noch einen Anteil, der eher bürgerlich-spiessig war und mit Punk&Drogen echt nichts am Hut hatte. Wie man diese Gruppen an einen Tisch kriegen will… ich weiss es nicht, mich wundert eher, dass das so lange gehalten hat.
Das explodiert dann irgendwann. Mal pufft es irgendwo, dann kann man noch fix wieder zusammenschweissen und alle warten auf den ganz grossen Knall. Ob er bei der Linkspartei kommt- Blogoszese, nicht Cassandras Wahrsagerstübchen!
Die katholische Kirche oder auch nur die Blogoszese hat nicht den Druck, die Fünfprozenthürde innerhalb von ein paar Monaten überspringen zu müssen.
Die katholische Kirche ist wesentlich grösser und auch wesentlich behäbiger. Da bewegt sich so schnell nix. Das wird immer als Nachteil gesehen, aber ist das nicht auch ein Vorteil? Man macht halt nicht jeden Kokolores mit, wenn man selber soweit ist, ist die Welle vielleicht schon wieder vorbei. Als neue Partei, die an sich den Anspruch hat, Avantgarde zu sein, muss man immer up-to-date sein.
Die Blogoszese repräsentiert nur einen Teil des katholischen Spektrums und will nicht alles links von der SPD unter ihre Fittiche nehmen.
Die Blogoszese muss nicht versuchen, ein äusserst heterogenes Klientel unter einen Hut und dann noch in Einklang mit politischen Alltagsrealitäten zu bringen- sie kann stänkern, fauchen, lachen und wer keine Lust mehr hat, macht den Laptop aus.
Die Blogoszese hat keine Hauptberuflichen, deren Job an der nächsten Wahl hängt
Was heisst das alles für eine Neuevangelisierung?
Man steckt in einer völlig anderen Situation als eine Partei, die gewählt werden will. Man ist freier, seinen Spass zu haben, anzuecken, sich Freunde zu machen, niemand muss sich durch die 234. Sitzung des Liturgieausschusses (oder auch das wöchentliche Partetreffen) sitzen, wer denkt „nicht schon wieder“ klickt einfach weiter oder gibt kurz seinen Senf dazu, je nachdem.
„Was zählt ist auf dem Platz“- das Internet ist keine Kirchengemeinde. Man kann sich in der Blogoszese kurz Feedback holen wenn man den Eindruck hat, dass es vor Ort (mal wieder) zu bunt zugeht, wenn man nachfragen will wo im Urlaub vielleicht eine Alte Messe stattfindet, man kann Dinge diskutieren, die vor Ort vielleicht nur wenig Interesse finden etc.
Man kann sich an schönen Bildern erfreuen oder auch zusammen den Kopf schütteln, aber was wirklich zählt ist auf dem Altar, nicht im Netz.