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Heute früh habe ich mir aus im Nachhinein nicht mehr rekonstruierbaren Gründen Gedanken darüber gemacht, warum bei uns eigentlich jede kirchliche Regelung anhand von Einzelfällen, auf die sie nicht zutrifft, so lange kritisiert werden muß, bis der Einzelfall, also die Ausnahme, zum Maßstab einer neuen kirchlichen Regelung geworden ist (die dann zwangsläufig nur noch auf den Ausnahmefall, aber nicht mehr auf die Regel zutrifft), und warum das auch noch als Anpassung an die Realität verstanden wird. Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß wir Deutschen deutlich obrigkeitsfixierter sind als der durchschnittlich normale Mensch: Wir sind das Land, in dem „man“ nachts um drei auf menschenleerer Straße an einer roten Fußgängerampel wartet, wie es ein indischer Pater mal ausdrückte. Die Obrigkeitsfixiertheit geht sogar so weit, daß selbst dort, wo eine Mißachtung von Regeln (scheinbar) konsequenzenlos möglich sind, die Regel nach wie vor kritisiert wird, sei es die katholische Sexualmoral oder die deutsche Abtreibungsgesetzgebung. Wären wir nicht obrigkeitsfixiert, könnte es uns doch völlig egal sein, was „die da oben“ an Regeln beschließen und verkünden, solange wir durch nichts in der Welt gezwungen werden können, sie gegen unseren Willen und unsere Überzeugung zu befolgen.

Nur hat die Sache einen Haken: Mit diesem Denken an die hierarchische Ordnung der Kirche ranzugehen, verfehlt den eigentlichen Inhalt des christlichen Glaubens. Es geht gerade nicht darum, auf einen allmächtigen Vater im Himmel fixiert zu sein und zu tun, was er befiehlt, ob ich es verstehe, einsehe und will oder sich alles in mir dagegen streubt, ich es sogar für völlig falsch und unmoralisch halte, sondern darum, aufgrund der Erlösung durch den Sohn befähigt zu werden, durch die Gnade im Heiligen Geist den Willen des Vaters tun zu wollen. Entsprechend gibt es seit je her in der katholischen Morallehre und selbst im Kirchenrecht die Epikie: Wenn ich nach gründlicher Überlegung und aufrichtigem Suchen zu der Überzeugung gelange, daß Gottes Wille an mich ist, etwas zu tun, was ich nach kirchlicher Lehre und kirchlichem Recht nicht tun dürfte, und wenn ich zudem guten Gewissens zu der Überzeugung komme, das Lehramt bzw. der kirchliche Gesetzgeber hätte seine Lehre bzw. sein Gesetz anders gestaltet, wenn er meinen konkreten Einzelfall und seine Umstände berücksichtigt hätte, daf ich aufgrund dieser Überzeugungen der Handlungsaufforderung folgen, die mir als unabweisbarer Wille Gottes in meiner konkreten Situation gegenübertritt. Ich darf dennoch nicht erwarten, daß das kirchliches Lehramt oder der kirchliche Gesetzgeber meine Überzeugung teilt — es soll ja auch die Möglichkeit geben, daß ich aufgrund meiner immer verbleibenden menschlichen Schwäche gar mächtig geirrt habe (gleichermaßen wäre es natürlich auch denkbar, daß ein Heiliger hier tatsächlich einen ganz bestimmten Ausnahmefall erkannt hat, die Regel ist das nach allgemeiner menschlicher Erfahrung aber nicht). Mein Kirchengeschichtler sagte mal über die Ordensregeln im Mittelalter, sie wären immer so hoch gehängt worden, daß man noch drunter durchgehen konnte. Mit anderen Worten: Die Regeln sind für den Menschen und sein Heil da, nicht um ihn zu knechten und eine Art gesetzliche Herrschaft über ihn auszuüben.

So oder so bedeutet das, daß die kirchlichen Regeln nicht im entferntesten davon berührt werden, wenn sich selbst eine große Zahl von Christen in der Praxis über eine Regel hinwegsetzt. Sie stellen damit nicht in Frage, daß die Regel an sich richtig und sinnvoll ist, wenngleich sie im jeweilig konkreten Einzelfall nicht zutreffend ist, die Kirche anerkennt hingegen nicht, daß diese Christen im Recht wären und folglich die Regel falsch, sondern überläßt diese Frage der barmherzigen Beurteilung des Beichtvaters. (Eine Anmwerkung am Rande: Genau das ist der Grund, warum sich die Moraltheologie so lange in kasuistischen Einzelfällen erging: Die grundlegenden Prinzipien und Regeln sind klar und gehörten noch lange bis in die Neuzeit zum Bereich der Dogmatik, in der moraltheologischen Lehre ging es hingegen um die Anwendung dieser Prinzipien in konkretern Situationen — weil die Auszubildenden genau damit in der Praxis, nämlich im Beichtstuhl, konfrontiert wurden und einen dem Einzelfall entsprechenden Umgang mit den Prinzipien erlernen mußten.) Denn es geht um das Heil des einzelnen Menschen und nicht um die Aufrechterhaltung überkommener gesellschaftlicher Sitten. So kann das Aufbegehren gegen das Befolgen einer guten Regel aus den falschen Gründen ein notwendiger Schritt auf dem Weg zur Heiligkeit sein — auf einen konkreten Menschen in einer ganz konkreten Situation bezogen. Weil es aber um das Heil des Einzelnen geht und weil dieses Heil eben nicht von den innerweltlichen Regeln abhängt, sondern vom Glauben und dem Tun-Wollen des Willen Gottes, hat die Kirche letztlich auch überhaupt nicht die Vollmacht, einfach einen 180°-Schwenk zu machen — kann denn heute falsch sein, was gestern richtig war? Nur wenn es entweder schon gestern falsch war (haben dann aber ganze Generationen nicht gewußt, was zum Heile nötig ist?) oder wenn sich die Umstände so geändert haben, daß sich die Bewertung einer Handlung mit ihnen ändert. Diese Änderung der Umstände kann aber nicht bloß im rein zeitgeistigen Wandel der Verhaltensweisen bestehen, sondern muß die Handlung auf metaphysischer (oh böses Wort!) Ebene verändern — was aber im Grunde bedeutet, dasselbe Wort für eine ganz andere Tat zu verwenden. Mir fällt dazu auch ehrlichgesagt nur ein einziges Beispiel ein: Die Religionsfreiheit. Was im vorpluralistischen und vordemokratischen, christlich geprägten und fundierten Staat ein Unding war (Wahrheit und Unwahrheit gleichberechtigt?!), wurde durch das Entstehen säkularer Staaten und pluralistischer Gesellschaften zur notwendigen Forderung (sollte die Wahrheit weniger Recht als die Unwahrheit haben?).

Als ich mich dann in der FAZ bis zum Feuilleton vorgearbeitet hatte und mich das Bild eines müde wirkenden Papstes begrüßte, kamen mir diese Gedanken wie göttliche Eingebung vor, nachdem mich der Titel „Wirklich keine Revolution?“ gleich auf den Autor des Artikels blicken ließ und ich dort den Namen „Christian Geyer“ las. Ich wußte gleich, daß ich mich bloß wieder ärgern würde, wenn ich den Artikel lese. Ich habe es dann doch getan. Die gute Nachricht zuerst: Er ist nicht ganz so unter der Gürtellinie wie der letzte. Die schlechte: Alles, was ich mir heute früh an Gedanken über die „deutsch(-katholisch)e Seele“ gemacht hatte, wurde hier bis ins Detail bestätigt. Gleich der Anfang:

„Ein Gummi zur Ausübung des Geschlechtsverkehres [daß er genau dazu diene, bestreitet die Kirche ja…] gerät zum Testgummi für die Modernetauglichkeit einer Institution mit 1,2 Milliarden Mitgliedern.“

Ist er das wirklich? Eigentlich hätte diese Einleitung Geyer schon den Wink geben können, wie absurd lächerlich diese Diskussion eigentlich ist.

Danach verwendet er einen langen Absatz, der etwa ein Fünftel seines Artikels ausmacht, um die Erklärung Lombardis, das sei ja gar nicht neu, durch Behauptung zu widerlegen: Es gehöre ja zur Ideologie der Kirche, Revolutionen nicht als die Revolutionen zu bezeichnen, die sie sind, sondern als vertieftes Verständnis der Überlieferung (daß er da gleich mit der Kanone „Religionsfreiheit“ kommt, zeigt, daß er weder vertiefte Kenntnis der Religionsfreiheitsfrage hat, noch zwischen einer Interviewäußerung und einem Konzilsdokument unterscheiden kann). Den nächsten Absatz, ein weiteres Fünftel, braucht er, um genau diese Unterscheidung zwischen Lehramt und Interviewäußerung als Schutzbehauptung hinzustellen (muß ihm also ganz schön schwer gefallen sein).

Anschließend hakt es dann völlig bei ihm aus. Aus der kasuistischen Überlegung, daß es Fälle geben kann, in denen der Gebrauch eines Kondoms das geringere Übel sein könnte, und der Tatsache, daß der Papst nicht der erste Katholik und Theologe ist, der diese Fälle berücksichtigt, macht Geyer ein allgemeines „safer sex„-Traditionsargument („man habe ja schon immer Kondome benutzen können“ — was ja einfach nicht stimmt, aber was macht das schon, wenn die aktuelle Aussage mit „Katholiken dürfen jetzt Kondome benutzen“ auch nicht stimmt), das über kurz oder lang die Sexualmoral der Kirche revolutionieren, zu einer Anpassung der Kirche an die Moderne führen würde. Daß er anschließend dem Papst das Argument, mittlerweile würden selbst säkulare Hilfsorganisation die kirchliche Position teilen, Kondome seinen nicht die Lösung, sondern vor allem Enthaltsamkeit und Treue, im Munde umdreht und behauptet, der Papst würde

„nur erklären, was jeder Aktivist der Aids-Prävention bestätigen würde“,

schlägt dem Faß eigentlich schon den Boden aus.

Alles weitere Gefasel, die Kirche müsse modern werden, und der Papst halte das den Traditionalisten vor (zu denen rechnet Geyer mich wahrscheinlich auch…), die Kirche dürfe nicht neben der Moderne leben, ist nur noch mäßig aufregend. Bekanntlich hat die Moderne auch den Holocaust hervorgebracht, also kann der Papst wohl kaum gemeint haben, die Kirche müsse alles einfach mitmachen, sondern vielmehr sie müsse sich in der Moderne um so mehr zu Wort melden, anstatt sich in den Kokon eines wohligen Gemeinschaftsgefühls zurückzuziehen. Das scheint mir aber eher an den lauen Durchschnitt der Sonntagschristen gerichtet zu sein…

Erst mit dem Schlußsatz läuft er wieder zu Hochform auf:

„Was, wenn mit der revolutionären Wende in der Kondomfrage auch das Reinreden in die Sexualität ein Ende hätte? Ein Gedanke nur, gleich dem einer Droge.“

Tja. Ich habe den Papst noch nicht in meinem Schlafzimmer gesehen — leider. Mit dem Verweis auf eine „Droge“ trifft Geyer aber den Nagel auf den Kopf, denn genau den Gebrauch der Sexualität als Droge, als etwas, das ich mir zur (Selbst-)Befriedigung verschaffe, anstatt es als Ausdruck einer tiefen, innigen Liebe zu sehen, ist es, gegen den sich die katholische Sexualmoral seit eh und je wendet und was der Papst im selben Buch auch nocheinmal ausdrücklich und eindringlich gesagt hat. Komisch, daß das an Geyer vorbeigegangen sein muß…

Alles in allem wird der Kommentar über die Identitätskrise Geyers zu meinem letzten Posting überdeutlich bestätigt. Warum belästigt er uns nur damit, wenn er einfach nicht versteht, was den christlichen Glauben ausmacht? Ich hätte nicht gedacht, daß ich das einmal schreiben würde, aber: Bitte, liebe FAZ, kann Daniel Deckers nicht den gleichen Platz eingeräumt bekommen?

Wenn ich mich an dieser Stelle hier aufregen, wenn es bei Daniel Deckers „aushakt“, fühle ich mich gezwungen, auch darüber zu berichten, wenn er im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und unter Einsatz seiner besten Fähigkeiten als promovierter Moraltheologe die Sache auf den Punkt bringt.

Nachdem er bereits am Samstag in einem Kommentar zum Papstbesuch „thüringer Selbsbewußtsein“ und ganz viel ratzinger’sche Theologie (neben badischem Liberalismus; gut, in der Mischung funktioniert das vielleicht) zu einer Mischung erklärte, die nicht die schlechteste für die deutsche Kirche sei, schreibt er heute (online wiederum nur für den Preis der ganzen Zeitung) über die „Kondom-Verbot-Aufhebungsdebatte“, der Papst bewege sich mit seiner Aussage

„nur auf dem in der Geschichte der Theologie längst vermessenen Feld der Güterabwägung, ohne dabei den Kern der Sexualmoral der Kirche aufzugeben: die Verbindung von Sexualität und Liebe und die Hinordnung von Sexualität auf die Weitergabe des Lebens. Diese Überzeugung preiszugeben, fiele dem Papst im Traum nicht ein — warum auch? Der Vorwurf der Liebes- und damit der Lebensfeindlichkeit trifft die recht verstandene katholische Sexualmoral kaum. Dafür gibt es keinen besseren Zeugen als Papst Benedikt XVI. Seine erste Enzyklika ‚Deus caritas est‘ ist ein Hohelied der Liebe, das noch lange erklingen wird. Wenn man es hören will.“

Wohl gesprochen! (Über das „kaum“ sehe ich einmal hinweg, ich denke, tatsächlich wird die Sexualmoral von diesem Vorwurf überhaupt nicht getroffen.)

Daß es in der öffentlichen Diskussion aber überhaupt nicht um die Frage geht, wie sinnvoll mit Sexualität, AIDS und Kondomen umgegangen werden kann, zeigt dagegen Christian Geyer im Feuilleton (auch nur gegen Geld nun auch online zu finden, via Stanislaus‘ passendem Kommentar, ich verlinke den nicht). Dort wird die Papstaussage zu Kondomen nicht einmal als „Etappensieg“ gefeiert, sondern als völlig unzureichend und realitätsverweigernd dargestellt und in einem nur sprachlich von der „Bild“ unterschiedenen (nein, das war jetzt eine Beleidigung der „Bild“) sinnbefreiten Cocktail mit dem „Bekenntnisbuch“ David Bergers, das angeblich den Vatikan in Bredouille bringe (eine Aussage, die nur zeigt, daß Geyer keine Ahnung vom Vatikan hat, von der katholischen Kirche ganz zu schweigen, aber das ist ja keine neue Erkenntnis) vermischt wird — offenbar um auf Teufel komm raus weiter die Weltfremdheit der Kirche behaupten zu können. Da muß sich ja jemand ganz schön in die Ecke getrieben fühlen, wenn er schon solche Kanonen herauskramen muß…

Als Stanislaus Anfang des Monats eine Diskussion darüber lostrat, wohin der Papst bei einem möglichen Deutschlandbesuch denn außer nach Berlin noch reisen sollte, war ich schon drauf und dran, das missionarische Zentrum Deutschlands ins Spiel zu bringen, zumal ich darauf schon seit 2007 spekuliere. Nur meine Bescheidenheit (*hüstel*) hat mich damals noch davon abgehalten, meine Studienstadt und Wahlheimat über den grünen Klee zu loben.

Heute früh beglückte mich MDR Info aber zur Abwechslung mal mit einer Nachricht, die mich sofort wach werden ließ (was angesichts meiner Übermüdung nicht ganz einfach war) und die dem heutigen Hochfest zutiefst angemessen war: Offenbar läßt sich der Papst in seiner Reiseplanung tatsächlich durch Briefe von Grundschülerinnen, die ihm auch gleich die elterliche Wohnung als Übernachtungsmöglichkeit anbieten, beeinflussen!

Nach Freiburg käme er dann übrigens auch. Mal sehen, ob beim heutigen Pontifikalamt die Katze aus dem Sack gelassen wird.

Heute gibt es in der FAZ eine Rezension über den neuen Harry Potter-Film (Teil VII.1, online nur gegen Geld, für das man am Kiosk schon die ganze Zeitung bekommt, zugänglich — auch ein Thema, das einen eigenen Post wert wäre). Kurz gesagt: Der Film sei langweilig, komme nicht vom Fleck, und Teil VII.2 könne nur besser werden.

Eine schlechte Filmerezension in der FAZ ist ja häufig ein Indiz für einen guten Film. Was allerdings selten vorkommt, ist hier der Fall: Die Rezension erklärt gegen ihren Wortlaut sogar, warum der Film gut ist. Man überlege sich mal, woraus der erste Teil von Band 7 besteht: Aus einer ziellosen Flucht vor einer komplett feindlich gesinnten Welt und der ergebnislosen Suche nach den Horcuxes. Außer dem Streit zwischen den psychisch angespannten Hauptpersonen gibt es auch im Buch kaum Action.

Im Gegenteil. Es heißt in der Rezension, anstelle wichtiger Handlungsteile (Kreacher und der Zaubereiminister tauchten nicht auf, wodurch für das Verständis der Lösung wichtige Hinweise im Film fehlten) zeige der Film

„in größter Ausführlichkeit die ziellose Flucht der Freunde durch ein tristes, ödes Land, aus dem die Dementoren alle Lebensfreude gesaugt haben. Statt des fröhlichen und unaufdringlichen Patriotismus, der die ‚Harry Potter‘-Filme in ihrer gloriosen Britishness bislang immer durchwehte, dürften die dortigen Zuschauer diesmal eher ein Land gespiegelt sehen, das sich zu Tode sparen muss.“

Da fragt man sich ja, welche Atmosphäre die Rezensentin beim Lesen von Band 7 empfunden hat. Der ist von allen Harry Potter-Büchern der tristeste, sperrigste und zäheste, vor allem in seinem ersten Teil. Hier findet sich tatsächlich nichts mehr von der Fröhlichkeit, der kindlichen Entdeckungsfreude der Helden, die die anderen Bände in übrigens auch schon zunehmend abenehmeder Weise durchzog (und mich bis zum vierten Teil zu einem Harry Potter-Verächter machte). Das übliche Muster — jeder Band beginnt mit dem Ende der Sommerferien und der Rückkehr nach Hogwarts — wird durchbrochen, die Schule spielt überhaupt keine Rolle mehr und die ganzen netten kleinen Geschichtchen und Anekdoten am Rande, die für die Geschichte an sich nicht wichtig waren (oder sich erst in späteren Bänden als relevant herausstellten), können so gar nicht mehr vorkommen. Band 7 ist einfach nicht mehr im entferntesten ein Kinderbuch. Die Helden werden im Laufe der Reihe erwachsen, und im Band 7 sind sie mit den Konsequenzen davon am deutlichsten konfrontiert. Band 7 ist brutal, die Bedrohung ist nicht regional und/oder zeitlich begrenzt, sondern immer und überall, nirgendwo gibt es Sicherheit, und Harry weiß das, so daß er nicht einmal durch sein Unwissen noch geschützt ist. Band 7 stellt Böses als Böses dar und zwar in seiner ganzen Brutalität — nicht indem in Splatter und Gore verstörende Gewaltdarstellungen in ihrer ganzen „Schönheit“ (und zugleich Banalität) dargestellt würden, sondern indem die Bedrohung unterschwellig immer da ist, nie aus den Köpfen der Helden und des Lesers verschwinden kann, und sich in einer trügerischen Friedlichkeit der Szenerie darstellt.

Was das Buch mit den ihm angemessenen literarischen Mitteln macht, mußte der Film szenisch umsetzen. Daß dabei andere Teile auf der Strecke bleiben, liegt in der Natur von Buchverfilmungen an sich und der Harry Potter-Verfilmungen im besonderen. Im Gegensatz zum zweiten und dritten Teil vom Herrn der Ringe, die in der Filmversion von monumentaler Schlachtenszenerie geprägt sind, scheint es der Harry Potter-Verfilmung zu gelingen, die Gewißheit der drohenden Gefahr und ihrer Unausweichlichkeit in die filmische Bildersprache umzusetzen: Harry weiß (wie Frodo), daß er nur durch das Leid, durch die offene Konfrontation mit dem Bösen in der Höhle des Löwen zum Ziel gelangen kann, daß er um des Heils der Welt willen sich selbst der Todesgefahr, ja dem Tod selbst ausliefern muß. Er weiß — und das ist, was für mich beide Bücherreihen so faszinierend macht –, daß die Erlösung nur durch das Kreuz erlangt werden kann. Schade, daß die FAZ-Rezensentin das nicht erkannt hat.

Eine ganze Weile habe ich mich gefragt, ob ich mich verlesen habe, als mir aus dem katholisch.de-Feed folgender Teaser angezeigt wurde:

66.000 Katholiken gingen zur Wahl
„Sie verursacht mehr Schaden und Risiken als Nutzen“, heißt es in einer Stellungnahme

Nun ist der Feed von katholisch.de häufig alles andere als aussagekräftig, so daß ich in geübter Weise den entsprechenden Artikel aufrief, der von den PGR-Wahlen im Bistum Osnabrück berichtete. Oha! PGR-Wahlen verursachen mehr Schaden und Risiken als Nutzen??? Kraß, sowas auf dem offiziellen Portal der DBK zu lesen!

Aber halt! Im Artikel selbst ist davon ja gar nichts zu finden?! So verwirrt hat mich die Bischofskonferenz schon lange nicht mehr.

Des Rätsels Lösung steckte dann im nächsten Eintrag:

„Mehr Schaden und Risiken als Nutzen“
Der Diözesanrat fordert eine Rückkehr zum geordneten Ausstieg aus der Atomenergie, wie er im Juni 2000 beschlossen wurde.

Und da ich mich gar mächtig über diesen Beitrag geärgert habe (wieso diskutiert man Kernenergie eigentlich mit einem Philosophen, anstatt mit einem Kernphysiker, der wenigstens weiß, wovon er redet und nicht nur die Plattitüden wiederholt, die schon vor zwanzig Jahren falsch waren, weil sie einfach naturwissenschaftlich falsch sind), war das mal eine gute Gelegenheit, meine Gadgetliste zu überarbeiten.

Phil hat mich durch einen Kommentar (indirekt) auf Folgendes gestoßen:

Als ich den Titel „Death to the World“ gelesen habe, dachte ich ja zuerst, wie kann man aus einem Kloster ein Death Metal-Zine machen. Pustekuchen. Wobei die ästhetische Nähe ja durchaus frappierend ist (und gleich ein ganzes Bündel meiner Vermutungen stützt). Abgefahren.