Theologie

Vor dem Kommen Christi muß die Kirche eine letzte Prüfung durchmachen, die den Glauben vieler erschüttern wird. Die Verfolgung, die ihre Pilgerschaft auf Erden begleitet, wird das „Mysterium der Bosheit“ enthüllen: Ein religiöser Lügenwahn bringt den Menschen um den Preis ihres Abfalls von der Wahrheit eine Scheinlösung ihrer Probleme. Der schlimmste religiöse Betrug ist der des Antichrist, das heißt eines falschen Messianismus, worin der Mensch sich selbst verherrlicht, statt Gott und seinen im Fleisch gekommenen Messias.

Katechismus der Katholischen Kirche, 675

Wenn ich auswärts in die Messe gehe, wundere ich mich immer wieder, wie leer Kirchen sein können und wie es Priester schaffen, bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit irgendwelche tollen Einfälle einzuflechten und trotzdem die Sonntagsmesse unter einer Stunde fertig zu kriegen. Ein Pfarrer rechtfertigte die Kürze selbst seiner Hochämter mal, wenn er länger machte, kämen die Leute nicht mehr. Komisch, dessen Kirche wurde trotzdem immer leerer, während bei uns die Kirche meist gut gefüllt ist, obwohl man nicht damit rechnen kann, unter 60–70 min. wieder draußen zu sein.

Ich will ja keineswegs bestreiten, daß es die Möglichkeit gibt, eine Notsituation mit einer dauerhaften Lösung zu beenden. Aber das behauptet Bischof Fürst gar nicht, wenn ich das richtig verstehe. Vielmehr besteht die „pastorale Notsituation“ auch beim Einsatz von Wortgottesdienstleitern weiter. Irgendetwas kann da also nicht stimmen.

Eigentlich ist es doch offensichtlich: So wohlfeil und berechtigt die Forderung ist, Wortgottesdienste in das liturgische Leben der Gemeinden zu integrieren, so wenig ist ein Wortgottesdienst doch Ersatz für die Heilige Messe. Gesetzt den Fall, für Bischof Fürst ist ein Wortgottesdienst doch einer Heiligen Messe gleichwertig, was ist dann die „pastorale Notsituation“ und in welcher Beziehung steht die Beauftragung von Laien zu Wortgottesdienstleitern zu ihr? Sorry, irgendwas ist dadran dermaßen schief, daß ich einfach nicht verstehe, war Bischof Fürst sich da eigentlich denkt.

Ein Priester hat mal sehr deutlich zu gewissen Marotten in den Fürbittenformulierungen (vor allem Einleitung und Abschluß) gesagt, man müsse doch den lieben Gott nicht belehren. Daher dachte ich, als kürzlich ein anderer Priester ein Gebet formulierte, das mehr an die anwesenden Gläubigen gerichtet zu sein schien als an Gott, frei nach Clausewitz: „Gebet als Fortsetzung der Katechese mit anderen Mitteln.“

Nun habe ich das mal bei Google eingegeben und bin auf dieses Ergebnis gestoßen. Ehrlichgesagt bin ich bei den Hymnen nie auf die Idee gekommen, die könnten „belehren“. Klar, im Glauben stärken und auch das Staunen über die Heilsgeheimnisse lebendig halten. Aber belehren hieße doch, ich lerne (im rein rationalen Sinne) da was. Mein „Lerneffekt“ ist eher ein emotionaler. Oder habe ich da ein falsches Sprachempfinden?

Vielleicht drückt sich in dem verlinkten Text auch nur ein Unverständnis dafür aus, daß Wissen und Glauben, Lehren und Frömmigkeit doch mehr miteinander zu tun haben könnten, als sich das viele heute vorstellen können…

Wenn Deckers nur halb so sachlich geblieben wäre wie Jörg Bremer, hätte ich nicht mal im Traum an eine Abokündigung gedacht. Möge „jöb“ ein würdiger Nachfolger für „hjf“ werden!

Den römischen Unmut über die Deutschen Bischöfe kann ich gut nachvollziehen. Wenn man weiß, daß Bischof Mixa ein Alkoholproblem hat, sollte man doch auch entsprechend nachsichtig auf ihn reagieren, anstatt ihm Vorlagen zu bieten… Und ja, dem Menschen Walter Mixa muß geholfen werden.

Da kommt man nach einem internet- und nachrichtenfreien Wochenende nach hause, denkt sich nichts böses und schlägt die Zeitung auf — und liest:

„Benedikt XVI. wusste von schwerwiegenden Verfehlungen Mixas. Alkoholsucht und sexuelle Übergriffe / Gute Ratschläge waren jahrelang abgeprallt“

MOMENT MAL?! Startet die FAZ jetzt einen Angriff auf den Papst??? Noch dazu mit einer Schlagzeile, die nach Bild klingt? Nein, nicht ganz. Am Ende des Artikels wußte ich: Die Ratschläge waren nicht am Subjekt, sondern am Genitivobjekt der Hauptschlagzeile abgeprallt. Aber hallo!

Legten nicht dereinst die bei der FAZ wert auf korrektes und eindeutiges Deutsch? Gut, in der Internetversion gab es schon so einiges, was dem Anspruch der FAZ nicht wirklich entsprach, und auf den hinteren Seiten der gedruckten Fassung kam es schon ab und an zu Aussetzern. Aber auf der ersten Seite beim Untertitel des Aufmachers?! Honi soit qui mal y pense. Entweder sind die jetzt doof oder böswillig. Jedenfalls habe ich mir ernsthaft überlegt, das Abo zu kündigen, aber die Tagespost ist kein wirklicher Ersatz für die FAZ. Trotzdem finde ich es traurig, daß meine einst so geliebte FAZ langsam aber sicher den Bach runtergeht. Als es zu dem Titelbild kam, hieß es noch, der Inhalt ändere sich ja dadurch nicht. Nö, der hatte sich wohl schon vorher zu verändern begonnen.

Ich schweife ab. Der Artikel von Daniel Deckers war zudem sowas von schlecht, daß ich es trotz der breiten Rezeption bisher nicht übers Herz gebracht habe, mir auch noch den längeren FAS-Artikel anzutun. Auch ist der Kommentar von Günther Nonnenmacher, der die berechtigte Frage stellt, warum nicht viel früher gehandelt wurde, wenn das alles seit Jahren bekannt gewesen sein soll, kein wirkliches audiatur et altera pars. Ich vermisse Heinz-Joachim Fischer als Ruhepol und Gegengewicht gegen den Aktivisten Deckers. „hjf“ hatte es damals tatsächlich geschafft, völlig neutral oder gar fast mit gewissem Wohlwollen die Aufhebung der Exkommunikation der Pius-Bischöfe zu berichten, während D.D. ein paar Seiten weiter bereits zum Sturmangriff blies…

Nein, das ist alles nicht mehr schön. Da hilft nur noch die Flucht ins Absurde.

Ach, ja, was lese ich eigentlich CiG! Bin ich ja selbst schuld, wenn mir dann sowas wie die „A Serious Man“-Rezension über den Weg läuft (Michael Schromm: Geh nicht zum Rabbi? CiG Nr. 7/2010 vom 14.2.2010 – ja, ich gebe zu, das ist schon etwas älter *g*). Vielleicht bin ich ja Masochist oder ich brauche einfach was, um meinen Kreislauf anzuregen…

Während selbst in den Telepolis-Foren anhand der Filmrezension und des Hiob-Verweises ansatzweise gesittet (für TP-Verhältnisse halt) über religiöse Fragen diskutiert wurde (und seeehr interessante Einblicke in das ermöglichte, was viele Außenstehende offenbar für christlichen Glauben halten), weist Schromm den religiösen Gehalt des Filmes gleich ganz zurück, vielmehr sei er „auf eine zynische Weise atheistisch“.

Was ist denn bloß aus CiG geworden? Sonst wurde da doch selbst in den abstrusesten Werken noch irgendein „kritisches Potential“, „humanisierende Kraft“ oder sowas gefunden?! Jetzt wird zynischer Atheismus plötzlich kritisiert?

Das läßt mich doch schonmal reflexartig vermuten, daß der Film eben doch nicht (nur) zynisch atheistisch ist. Zynisch vielleicht, aber nicht mehr als das Buch Hiob. Atheistisch möglicherweise, jedenfalls versucht der Film nicht gerade den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Aber zynisch atheistisch?!

Schromm verweist darauf, daß die Rabbis als Witzfiguren dargestellt werden – aber ist das nicht auch mit den Freunden Hiobs so? Da ist es sogar Gott selbst, der sie (indirekt) als Witzfiguren tadelt. Mit dem Prolog kann er auch nicht mehr anfangen, als ihn als zynischen Witz zu verurteilen.

Ist das so schwer zu erkennen, daß den Film und Hiob miteinander verbinden, daß hier auf eine zwar völlig überzeichnete, aber dafür um so durchschlagendere Weise gerade das einseitige Bild eine nur gütigen und allmächtigen Gottes, der es allen irgendwie rechtmachen soll, aber keinem weh tun darf, in Frage gestellt wird? Ein solches Gottesbild mag der Film tatsächlich zynisch bekämpfen. Aber ist das atheistisch? Oder müßten wir Christen das nicht gerade um unseres Glaubens willen eigentlich genauso machen?

Nicht daß ich falsch verstanden werde: Ich meine nicht, daß „A Serious Man“ oder Hiob tatsächlich Gott in Frage stellten, wie es Schromm interpretiert („Religion unter Sinnlosigkeitsverdacht“). Aber ich meine schon, daß die Welt, das Leben, das Universum und der ganze Rest einfach als von Gott gut geordnet darzustellen, völlig weltfremd und lächerlich ist. Aber klar, das wiederum kann einem CiG-Redakteur vermutlich nicht schmecken. Müßte er ja womöglich anfangen, über Erbsünde nachzudenken. Und daß die post-christlich postmodernen Menschen etwas sagen könnte? Μη γενοιτο!

  • Sonntagfrühmesse in St. Peter: exakt 30 Minuten. NO ohne Offb-Lesung, ohne Predigt, dafür in „old school“-Casel und versus orientem (die ist doch geostet, oder?); liturgische Antworten und Lieder durch die Gemeinde eher geflüstert, dafür Kommunionspendung an Kommunionbank in allen Variationen: stehend, kniend, Hand, Mund… Ich hoffe, ich habe mich verhört, als ich meinte, zwei Bänke hinter mir jemanden sagen zu hören, das sei doch mal eine feierliche Messe gewesen.
  • Gespräch mit Generation 50+: Obwohl sie sogar von sich aus empört sagten, manchmal lügten „die Medien“ ja, daß sich die Balken biegen, waren sie nicht in der Lage, sich grundsätzlich von „den Medien“ zu distanzieren. Insbesondere der eigenen regionalen Tageszeitung wurde fast Unfehlbarkeit zugesprochen. Die Vorstellung, eine mögliche weltanschauliche Einstellung des Blattes, der Redaktion oder auch nur des einzelnen Journalisten zu berücksichtigen und weitere, weltanschaulich anders gelagerte Quellen heranzuziehen, war ihnen nicht zu vermitteln. Und die[tm] kritisieren die Medienkompetenz „der Jugend“, die angeblich alles glaube, was auf irgendwelchen obskuren Seiten im Netz steht. Vielleicht können sie ja auch gar nichts dafür. Früher[tm] funktionierte das halt so. Gott sei Dank ändert das Netz solche Machtmonopole!

Ja, der heutige Tag entwickelt sich besser als der gestrige, ja sogar überraschend gut. Prof. Dr. Dr. Sternberg MdL, immerhin Sprecher für kulturpolitische Grundfragen des ZdK, sponn bei der heutigen Podiumsdiskussion zu Vergemeinschaftungsformen im Internet ein wenig rum (im positiven Sinne) — und kam zu (mich) überraschenden Gedanken. Daß es im katholischen Glauben durchaus der Virtualität des Netzes vergleichbare Phänomene gibt, ist mittlerweile fast schon ein Allgemeinplatz. So war es durchaus noch gängig zu hören, daß die Communio Sanctorum und die Engel in der Liturgie „virtuell“ anwesend seien, d.h. die Grenzen von Zeit und Raum überschreitend. Ungewöhnlich ist der Verweis auf die himmlische Liturgie aber bei einem ZdK-Vertreter allemal, selbst wenn er Liturgiker ist. Viel interessanter war aber, daß eine Begründung folgte: Liturgie sei Kommunikation, aber Kommunikation auf anderer Ebene. Um genau das deutlich zu machen, trügen da einige besondere Kleidung und haben besondere Augaben und mache man bestimmte (rituelle) Gesten (wie etwa das Bekreuzigen mit Weihwasser). So wird deutlich: Ich rede mit Gott, und er hört mich. Aber er hört mich nicht so, wie ein anderer Mensch. Es ist eine andere Form von Kommunikation.

Zu Flashmobs fiel ihm ein: Das machen wir in der Liturgie dauernd, den Augenblick betonen. Wir nennen das Kirchenjahr. Besonders deutlich am Gründonnerstag: „Das ist heute.“ Aber auch Volkfrömmigkeit konnte er in diesem Kontext einiges abgewinnen: Wo ist der große Unterschied zwischen einem Flashmob, wo verschiedene, sich meist unbekannte Leute auf ein Kommando (SMS) hin dasselbe täten, und dem Angelusbeten, wo (wenn man es denn noch täte) auf ein Kommando hin (Glockenläuten) mitunter einander unbekannte Leute dasselbe tun (nämlich Angelus beten) — was in beiden Fällen eine neue Form von Vergemeinschaftung (huch, der gehört ja auch dazu!) ergäbe.

Auf eine Frage in der Diskussion nach der Nutzung des Internets für die Beichte antwortete er, das Beichtgespräch sei ein viel zu komplexes Geschehen, als daß es ins Internet verlagern könnte. Aber nach seiner Beobachtung funktionierte die Beichte wenn überhaupt noch da, wo ein Beichtstuhl verwendet wird. Daher sei es als Chance zu begreifen, daß das Internets eine ähnliche Erfahrung von Anonymität und Intimität kenne, mit deren Hilfe neues Verständnis für die Beichte zu wecken.

Das Internet ist also doch eher katholisch. Ich bin einigermaßen beeindruckt.