Gestern abend lief „Saving Private Ryan“ im Fernsehen. Den Film habe ich erst zum zweiten Mal gesehen, trotzdem hatte sich extrem viel zielich tief eingebrannt. 1999 habe ich ihn im Kino gesehen als ich gerade selbst „durch den Schlamm robbte“, also mit den Augen eines Soldaten. Damals dachte ich, das Schlimmste sei an der Front. Hatte man denn als alliierter Soldat am Strand der Normandie überhaupt eine realistische Chance? Eigentlich ist es ein Wunder, daß die Deutschen dort verloren haben (oder genauer: der taktische Fehler einer Fehleinschätzung, wo die Alliierten landen würden, war der Grund, daß die Alliierten eine Chance hatten).
Gestern habe ich ihn wie gesagt nach gut 10 Jahren zum zweiten Mal gesehen — diemals mit den Augen eines Vaters. Vor zehn Jahren dachte ich, nach dem Anfangsteil der Landung in der Normandie, wäre das Schlimmste des Films vorbei, und was das zu Sehende angeht, stimmt das auch. Aber das Grauen wartete nicht an der Front. Das Grauen wartet zu Hause. Sowohl für die Eltern als auch für die Überlebenden. An der Front geht es nur um die Frage leben oder sterben. Auf den Tod kann man sich vorbereiten, auch wenn die Angst bleibt. Zuhause geht es darum, mit den Folgen zu leben. Mit der Auslöschung der gesamen Nachkommenschaft, mit dem Schicksal, möglicherweise als einziger zu überleben und nicht zu wissen, womit man das verdient hat — weil es eben völlig zufällig ist. Wer überlebt, muß mit der Irrationalität des Lebens, des Bösen klarkommen, und rational kann es darauf gar keine Antwort geben. Kann man sich auf das Leben vorbereiten?