Kaum etwas wird heute so falsch verstanden wie das gemeinsame Priestertum der Gläubigen. Denn dieses hat fast nichts mit dem besonderen Priestertum zu tun, insbesondere stellt es keinen graduellen Anteil am Weihepriestertum dar, sondern es ist etwas ganz anderes. Das Zweite Vatikanum stellt demzufolge fest, das „gemeinsame Priestertum der Gläubigen […] und das Priestertum des Dienstes, das heißt das hierarchische Priestertum, unterscheiden sich zwar dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach“, sie seien aber aufeinander hingeordnet, weil sie beide dem Priestertum Christi entspringen (LG 10):
Der Amtspriester nämlich bildet kraft seiner heiligen Gewalt, die er innehat, das priesterliche Volk heran und leitet es; er vollzieht in der Person Christi das eucharistische Opfer und bringt es im Namen des ganzen Volkes Gott dar; die Gläubigen hingegen wirken kraft ihres königlichen Priestertums an der eucharistischen Darbringung mit und üben ihr Priestertum aus im Empfang der Sakramente, im Gebet, in der Danksagung, im Zeugnis eines heiligen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe. (ebd.)
Das Amtspriestertum wird hier wesentlich deutlicher beschrieben als das gemeinsame Priestertum. Auch im folgenden finden sich nur Andeutungen, wie das gemeinsame Priestertum sich ausdrücke, denn es wird quasi immer vom Empfang der Sakramente und damit von liturgischen Feiern her entwickelt. Das führt aber zu dem Mißverständnis, das gemeinsame Priestertum wäre auf den Gottesdienst in der Kirche bezogen. Das ist es zwar auch, insofern die Gemeinde nicht unwichtig für den Gottesdienst ist (aber als Gemeinde) und der Gottesdienst zur Selbstheiligung beiträgt. Sein eigentlicher Kern aber liegt vor den Kirchentüren.
Das Konzil deutet den Schritt vor die Kirchentür bereits durch „im Zeugnis eines heiligen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe“ an, die eben primär außerhalb der Kirche geübt werden. Ein bißchen deutlicher wird es in der Beschreibung der Wirkung der Sakramente, die nicht nur zur Selbstheiligung da sind, sondern zur Weitergabe des Glaubens durch Wort und Tat befähigen (sollen).
Vergleicht man dies nun mit dem Weihepriestertum, kann man den Unterschied knapp (und etwas ungenau) so benennen: Die Priester sind dazu da, die Gläubigen zu leiten, anzuleiten, zu belehren und in den Sakramenten zu heiligen; die Gläubigen hingegen sollen so gestärkt das Wort Gottes in die Welt tragen. Das besondere Priestertum ereignet sich im geschützten Raum der Kirche, das gemeinsame draußen in der „rauen Welt“.
Die Geimeinsamkeit freilich, die auch die Bezeichnung als Priestertum rechtfertigt, besteht in der Heiligung: der geweihte Priester heiligt die Gläubigen, die Gläubigen heiligen die Welt.
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Ich bin durch die Gedanken eines Protestanten sensibilisiert: Priestertum ist Opferdienst – Weihe.
Allgemeines Priestertum ist nicht Klerikalisierung, sondern Opferdienst in der Schöpfungsordnung.
Ab hier haperts!