Der Pfarrer trug weiß. Das war aber auch schon fast alles, was gerstern noch an Ostern erinnerte (gut, die Lesung aus der Offenbarung des Johannes indirekt ja auch). Ansonsten war schon Pfingsten angesagt, während in der Nachbarkirche Erstkommunion gefeiert wurde — und das nur, weil im Evangelium was vom anderen Beistand gesagt wird? Irgendwie ist mir das zu historisierend. Wenn wir in der Osterzeit, also nach Ostern, einen Text hören, der natürlich auf Pfingsten verweist, aber aus den Abschiedsreden stammt, dann will der Text doch wohl etwas komplexer interpretiert werden als nur auf Pfingsten, zumal ja auch die erste Lesung aus der Apostelgeschichte (wurde uns vorenthalten) über das Apostelkonzil nochmal einen ganz bestimmten Aspekt des Heiligen Geistes in den Vordergrund stellt.
GL Nr. 642 paßte natürlich auch irgendwie ganz gut zu der Lesung (die Apg wurde uns vorenthalten, ging ja „nur“ ums Apostelkonzil…), und ich singe dieses Lied auch unheimlich gerne. Wobei das Lied ja unter „Kirche“ einsortiert ist. Wenn die Kirche mit dem himmlischen Jerusalem identisch sein sollte, würde ich in der gegewnärtigen Situation wohl auch stehenden Fußes vom Glauben abfallen. Wer weiß, in wievielen Köpfen diese Identifikation noch besteht…
Aber Nr. 642 und Nr. 225 waren die einzigen beiden Lieder mit wenigstens indirektem Osterbezug (soviele singt man selbst im durchschnittlichen Requiem). Der Pfarrer ließ zudem das doppelte Halleluja bei der Entlassung weg, und das marianische Schlußlied war auch nicht gerade Regina Caeli. Dagegen war ja der Dienstag nach dem Weißen Sonntag geradezu von überschwänglicher Osterfreude geprägt. Wir sind offenbar schon wieder im Alltag angekommen. Hält Ostern nur so kurz vor?
Das mit dem doppelten Halleluja bei der Entlassung war eigentlich immer nur bis zum Samstag der Osteroktav vorgesehen. Im ordo novus schließlich dehnte das Graduale die österliche Entlassung bis zum Weißen Sonntag aus. Im Schott steht dazu die Bemerkung "Das doppelte Halleluja kann in der ganzen Osterzeit gesungen werden." Das Gotteslob schränkt ein "Wenn der Entlassungsruf gesungen wird". In der dritten Auflage des Missale Romanum steht wiederum nur die Oktav.
Summa summarum: Jeder macht, was er will.