Als ich gestern die Lesungen in der Messe hörte, fragte ich mich, wie der Pfarrer es wohl schaffen würde, sich um den heißen Brei herumzudrücken. Zu meiner freudigen Überraschung hat er sich in der Predigt dann nicht nur nicht um den heißen Brei herumgedrückt, sondern sogar vor brechend voller Kirche ziemlich deutlichen Klartext geredet.
Besonders das Evangelium (Lk 13,22-30) würde unseren Erwartungen ziemlich zuwiderlaufen, manchen vielleicht sogar Angst einjagen — und das sei gut so! Denn der Text richte sich an Menschen, die Christus sehr wohl hören wollen, aber sich in falscher Sicherheit wiegen, aus der der Text sie drastisch aufrütteln wolle.
Wir erwarteten immer, überall mehr oder weniger unverbindlich eingeladen zu sein, das Evangelium aber rede von Einlaßbedingungen in das Reich Gottes. Wer die nicht erfüllt, der findet sich vor verschlossener Tür. Die Heilsgewißheit — „wir haben doch mit Dir gegessen und getrunken“ — sei trügerisch, der bloße Meßbesuch allein reiche nicht. Er muß Folgen und Konsequenzen haben.
Hat der Glaube diese nicht, dann sagt Jesus nicht nur mit leicht erhobenem Zeigefinger: „Ihr habt aber Unrecht getan.“ Sondern er sagt: „Ich kenne euch nicht, weg von mir!“ Das „ich kenne euch nicht“ interpretierte der Pfarrer als „ihr habt nicht den wahren Glauben gelehrt“. Solche Irrlehrer gebe es heute zuhauf, und wir seien gut beraten, vorsichtig zu sein. Die Irrlehrer lehrten nicht nur Falsches über Gott, sondern vor allem auch über Moral, bestritten Dinge, die Gott selbst in Seine Schöpfung gelegt hatte.
Und das ist nur das, was ich trotz wuseliger Kinder in schwül-stickiger Kirchenluft mitbekommen habe. Soviel deutlichen Klartext ohne „das kann man so oder so sehen“ habe ich, wenn ich mich recht erinnere, noch nie in einer Predigt gehört.
…mal anders:
Wenn jemand zu euch kommt und bringt diese Lehre nicht, so nehmt ihn nicht ins Haus und grüßt ihn auch nicht. Denn wer ihn grüßt, der hat teil an seinen bösen Werken.
2 Joh 10f.
…mal wieder einer dieser Tage, an denen man sich schon beim Aufstehen fragt, ob man es nicht besser gelassen hätte. Noch im Halbschlaf vernahm ich das Wort „Papst“ im Radio und war sofort, naja, zumindest dreiviertelwach. Bei genauerer Betrachtung hieß der ganze Satz aber: „Der Papst mag sie immer noch nicht…“ — und es ging, natürlich, um die Pille. Am Ende dieses so herrlich differenzierten und ausgewogenen Beitrags (und dafür zahle ich Rundfunkgebühren!) war mein Blutdruck dann wenigstens hoch genug, um gut aus den Puschen zu kommen. Irgendwo in einem Nebensatz hatten sie zwar die nicht enden wollende Aufzählung der zum Teil massiven Nebenwirkungen untergebracht, die Langzeitfolgen haben sie sich hingegen ganz geschenkt. Ansonsten wurde Margaret Sanger (die ich ohne Johannes gar nicht gekannt hätte) hochgejubelt und die befreiende und gleichberechtigende Wirkung der Pille verkündet, die es den Frauen endlich ermöglicht habe, selbst zu entscheiden, wann sie schwanger werden (was ja nicht stimmt: die Pille hilft ja nur, nicht schwanger zu werden).
Dafür verkündete der Wetterbericht das beste Wetter seit zwei Wochen. Schön, geht der Sohn heute also mit der Schule auf Wandertag. Dachte ich. Pustekuchen: Neee, das ist doch alles noch so naß, wir hoffen mal, daß nächste Woche besseres Wetter ist, verkündete die Lehrerin mit einer Selbstverständlichkeit, die mich an meiner Wetterwahrnehmung zweifeln ließ. Mädl, wovon träumst Du nachts?!
Und das alles noch vor acht. Das kann ja heiter werden.
Durch diese GVU-Geschichte bin ich allerdings auf ein Video gestoßen, dem ich voll und ganz zustimmen kann: „Willkommen bei Facebook“. Als ich mich nach langem Widerstand vor ein paar Wochen doch mal bei facebook angemeldet habe, brauchte ich eine halbe Stunde, um die Privatsphäreneinstellungen von „Bist Du wahnsinnig?“ auf „Was willst Du spießiger Kontrollfreak eigentlich hier?“ runterzuschrauben. Manche Häkchen mußte ich dreimal entfernen, bis sie wirklich weg waren. Danach hatte ich keine Lust mehr.
Es gibt ja Seiten, bei denen man sich fragt, ob das eigentlich Satire ist. Manch einer mag in den letzten Tagen mitbekommen haben, daß die „Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V.“ (GVU) von den Autoren selbst eingestellte Videos auf Vimeo hat löschen lassen (mittlerweile sind die Löschungen rückgängig gemacht und der beauftragte Subunternehmer, nicht aber die GVU, hat Unterlassungserklärungen unterschrieben, siehe hier). Diese Aktion war der Grund, warum ich mir die Seiten mal angeguckt habe. Wären sogar recht witzig gewesen, wenn das tatsächlich Satire sein sollte. Ist leider nur Realsatire, was da etwa im Impressum der GVU steht:
Vertrag zwischen dem Benutzer und der GVU
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Ich bin ja kein Anwalt, aber wie ein Vertrag zustandekommen soll, bevor ich dessen Bedingungen kenne (wer geht denn bitteschön überhaupt auf die Impressumseite, die ja nicht gerade die Startseite ist?), ist mir ein Rätsel.
Genau ins Bild paßt, daß in den weiteren Bedingungen jegliche Verantwortung für die Richtigkeit ihrer Inhalte ausschließen und ihre Links offenbar so wahllos setzen, daß man sich als Nutzer selbst aussuchen muß, ob die zustimmend oder nicht gemeint sind. Nicht ganz ins Bild paßt, daß sie den meines Wissens in Deutschland rechtlich reichlich irrelevanten Begriff des „Copyright“ verwenden.
Ach ja: Mit diesem Posting habe ich gegen die Bedingungen verstoßen, ich habe ja eigentlich gar kein Recht, etwas von dieser Seite zu kopieren. Realsatire, ich sag’s ja.
P.S.: Eigentlich stehe ich den in den zwischenzeitlich gelöschten Videos zum Ausdruck gebrachten Ansichten relativ fern. Vielleicht muß ich das nochmal überdenken.
So, jetzt ist der gestern erwähnte Artikel „Im Land der Mutlosen“ auch online frei zugänglich. Alle Mann zum Lesen antreten!
Meiner Erwartung, daß schon irgendjemand den Artikel „Im Land der Mutlosen“ von Hannes Hintermeier in der Samstagsausgabe der FAZ lobend erwähnen würde, hat Dorothea ja schon voll erfüllt. Den Witz, mit dem der Artikel beginnt, muß ich aber trotzdem nochmal zitieren, weil er nicht nur ziemlich böse ist und damit meinen Humor trifft, sondern leider auch ziemlich realitätsnah ist:
Klingelt das Telefon im Kloster. Anruf aus dem Heiligen Land: „Wir haben das Grab von Jesus gefunden, und er lag drin!“ Darauf der Pater: „Den gab’s wirklich?“
…für Stanislaus: