Erlösung

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Wir sollen durch das Gute und Schöne Gott erkennen, wird es in einem Fastenhirtenbrief heißen. Das liegt ja auch auf der platonisch geprägten theologischen Linie unseres Papstes. Aber ich weiß nicht… Irgendwie bin ich da aristotelischer drauf (wie passend, am Fest des hl. Thomas von Aquin 🙂

Natürlich kann ich Gutes und Schönes in der Welt entdecken, und, ja, das ist für mich auch auf den Schöpfer hin durchsichtig (meistens, mehr oder weniger). Aber meine Erfahrung (Aristoteles läßt grüßen 🙂 erschöpft sich nicht im Guten und Schönen. Sie ist zu einem nicht geringen Teil von Negativem geprägt, das gerade im Kontrast zum Schönen und Guten den Schöpfer in Frage zu stellen scheint.

Nun hat der Glaube darauf ja durchaus Antworten, die heute leider nicht mehr in ihrer Tiefe verstanden zu werden scheinen, geschweigedenn herausgekehrt werden. Dabei habe ich schon den Eindruck, daß genau darauf viele Menschen unbewußt warten.

In nämlichem Fastenhirtenbrief wird das Ausgießen von Häßlichem und Obszönem in der Kunst beklagt, die es nicht einfacher machten, das Gute und Schöne zu entdecken und dadurch den Schöpfer. Vielleicht ist das nicht ganz falsch. Vielleicht verhindert das Häßliche und Obszöne tatsächlich die Gotteserkenntnis.

Aber das ist doch die Erfahrung von der ich ausgehen muß! Wenn ich das nur beklage (der Fastenhirtenbrief wird an späterer Stelle darüber hinaus- und durchaus auf Leid und Kreuz eingehen), dann wirkt das doch, als ob ich mich der Wirklichkeit verweigerte. Insofern bin ich doch mal bei der „Politischen Theologie“ (deren Konsequenzen ich nicht wirklich teile). Auch wenn „Theologie nach Auschwitz“ inzwischen reichlich ausgelutscht ist, ohne ein verwertbares Ergebnis hervorgebracht zu haben (wollte sie, wenn ich sie richtig verstanden habe, auch gar nicht, sondern nur alle vorschnellen Antworten destruieren), hat sie in dem Punkt recht, daß wir das Häßliche und Obszöne nicht einfach als „ideologisch unpassend“ beiseiteschieben können (denn wenn wir das machen, wird aus unserem Glauben tatsächlich eine Ideologie).

Das Häßliche und Obszöne in der Kunst: Ist es nicht gerade auch Ausdruck der Wirklichkeitserfahrung, die eben den Schöpfer radikal in Frage zu stellen scheint? Ist die Klage darüber nicht vielleicht das Einschlagen auf den Boten, der die unangenehme Botschaft überbringt? Gerade weil man sich seiner Antwort gar nicht so sicher ist? Gerade weil man spürt, daß hier vom Schöpfer als dem Richter die Rede sein müßte, man das aber nicht sagen will (ein wenig zu viel Balthasar scheint mir im weiteren des besagten Hirtenbriefes auch durch)?

Das Häßliche und Obszöne in der Kunst spricht mich tw. durchaus an. Vor allem gibt es dort eine mitunter verstörende Schönheit zu entdecken, die viel tiefere, weil erhabene Schönheit ist, und so wiederum eine erstaunliche Nähe zu gewissen Ästhetiken kirchlichen Ursprungs aufweist.

Wenn ich mir was zum heutigen Fest wünschen darf: Daß die christliche Kunst die Erhabenheit wiederentdecke!

Beim heutigen Fest wird uns Katholiken ja häufig vorgeworfen, wir wären zu dumm zum Rechnen: 2 Wochen statt 9 Monate… Klar, der Vorwurf fällt auf die zurück, die ihn erheben, denn würden sie 9 Monate zurückrechnen, kämen sie auf den 25. März und damit – oh Wunder – auf den Festtag der Verkündigung des Herrn.

Rechnet man jedoch von heute neun Monate drauf, landet man beim 8. September. Und siehe da: Mariä Geburt. Wer wirklich rechnen kann, ist also klar im Vorteil. Es geht heute nicht um die Empfängnis Jesu, sondern eben die Empfängnis Mariens; wir feiern als, daß (bzw. wie) Maria empfangen wurde, nicht daß (bzw. wie) sie empfangen hat.

Allerdings tut die Leseordnung ja nun wirklich viel, um Mißverständnisse zu produzieren. Insbesondere das Evangelium, das exakt dasselbe wie am 25. März ist, kann zu Fehlinterpretationen verleiten. In der vorkonziliaren Leseordnung war zwar dieselbe Stelle dran, aber in entscheidend kürzerer Fassung: Es endete mit der Anrede des Engels „Du Begnatete!“ Denn in Seiner Güte und Vorsehung hat, wie das Tagesgebet sagt, Gott Maria von ihrer Empfängnis an vor jeder Schuld, also auch der Erbschuld, bewahrt. Sie ist begnadet, weil die Gnade ersetzt, was im Sündenfall verloren ging. Genau deshalb ist auch die erste Lesung aus Gen 3 genommen.

Doch: Deutet nicht auch die zweite Lesung aus dem Epheserbrief das Fest auf Weihnachten, also die Geburt des Erlösers hin aus? Von Maria ist hier doch überhaupt nicht die Rede! Wieder deutet das Tagesgebet die Lesung, das auch sagt, daß die Begnadung Mariens „im Hinblick auf den Erlösertod Christi“ geschah. Maria war als Mensch genauso erlösungsbedürftig wie wir alle, bedurfte also der Erlösung in Christus. Als Mutter des Erlösers aber wurde sie von Gott im Hinblick auf und durch das zukünftige Heilswerk ihres Sohnes bereits von ihrer Empfängnis an erlöst. (Daran zeigt sich auch, wie unzutreffend die Anwendung menschlich-zeitlicher Kategorien auf den ewigen, anfangs- und endlosen Gott ist…) Dieses Element des Geheimnisses ist es, was die zweite Lesung ausdrücken will.

Damit zeigt sich auch, was wir heute auch feiern: Die ebenso uns verheißene Gnade Gottes durch Jesus Christus und ihre Wirkung, wie sie sich exemplarisch in Maria zeigte. Wir feiern heute unsere Berufung zur Vollkommenheit, zur Heiligkeit und die durch Christi Leiden, Tod und Auferstehung bewirkte Möglichkeit, ihr in der durch die Taufe vermittelten Gnade Gottes auch zu folgen.