In Concert

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Eine kleine Rückschau, zu Anspruchsvollerem bin ich heute nicht mehr in der Lage:

Das Wetter hielt sich erstaunlich gut, mein Zelt leider nicht. Fachterminus ist wohl „Wasserbrücke“, nämlich zwischen Innen- und Außenzelt… Und damit bin ich auch schon beim größten Kritikpunkt des neuen Geländes angelangt: Während der Boden in Bad Berka dermaßen weich war, daß er nach ein paar Regengüssen nicht mehr viel brauchte, um davonzuschwimmen, war der Boden in Schlotheim dermaßen hart, daß die Heringe nur mit viel Mühe oder reichlich Glück tiefer als einen halben Zentimeter in den Boden zu kriegen waren. Zumindest an meiner Zeltstelle. Der feste Boden machte sich dann auch beim Schlafen bemerkbar. Wo kriege ich jetzt ’nen neuen Rücken her?

Das Billing war ja leider etwas Black Metal-lastig. Dadurch war der Freitag im großen und ganzen langweilig. Hinzu kamen die Unbillen des Wetters. Am Donnerstag hatte es drei Stunden vor Beginn das Bühnendach (in Form einer Plane) zerlegt, so daß die alte Party.San-Tradition der „Tent Stage“ am Donnerstag wieder auflebte (ein Open Air unterm Zeltdach…). Dafür fiel kein einziger Tropfen Regen. Wäre ein schöner Abend gewesen. Vielleicht hätte ich bei frischer Luft und in liegender Position der eher meditativen Musik von Negura Bunget was abgewinnen und von Decapitated auch was sehen können. Daß ich auch Darkened Nocturn Slaughtercult was abgewinnen konnte, behalte ich lieber für mich, sonst heißt’s wieder: „Wieso unterstüzt Du diesen Satanskram?!“ (In diesem Fall wäre die Antwort noch zu ergänzen um die Erfahrung, daß ich jedes Jahr Anlaß zu religiösen Diskussionen gebe, sogar zu sachlichen 🙂

Pünktlich zur ersten Band am Freitag, die man sich anhören konnte, begann es dann sintflutartig zu schiffen — mit den Folgen a) für mein Zelt (s.o.) und b) daß ich von Desultory nicht viel gehört habe. Puteraeon war irgendwie noch zu früh für mich, Skeletonwhitch zu thrashig, obwohl man mir mit „genialer Stilmix von Black Metal bis NWoBHM“ durchaus Lust auf die Band gemacht hatte. Danach kam dann gaaaanz viel Black Metal. Primordial war nicht annähernd so gut wie auf Platte (und auch nicht wie beim PSOA 2007), den Hype um Melechesh kann ich einfach nicht nachvollziehen (mag ja einzigartig sein, aber nicht alles Einzigartige ist auch gut) und 1349 war zwar lautes und schnelles Geknüppel, aber leider auch nicht mehr. Mit Ensiferum gab’s dann ein wenig Viking Metal-Entspannung, von der mich dann der Regen ins Camp zurücktrieb, von wo ich leicht wehmütig den Klängen von Morbid Angel lauschte, die anscheinend das halbe Altars of Madness-Album runtergespielt haben. Aber auch hier behalte ich lieber für mich, daß die offenbar vom Wiener Aktionismus inspirierten Belphegor für mich den besten Auftritt des Tages hingelegt haben (ganz im Gegensatz zum PSOA 2007, wo ich sie absolut schlecht fand).

Nach einer leidlich trock(n)en(d)en Nacht ging der Samstag dann aber gleich viel besser los, nämlich mit einer ordentlichen Prise, nun, nennen wir es mal unter Absehen vom exakten Genrenamen einfach mal Grindcore zum Wachwerden von Cliteater (fragt nicht…). Obwohl Whitchburner anschließend im großen und ganzen Thrash Metal spielten, konnte ich sie viel besser leiden als viele andere schnell und laut Bands vorher — wie könne man gegen eine Band sein, die den Hexenhammer vertont. (*hüstel*) Der Preis für den schlechtesten Bandnamen ever geht an die dann folgenden Panzerchrist aus Dänemark. Auch der Party-Pagan Metal-Entspannungsauftritt von Heidevolk war dann noch irgendwie zu überstehen, bevor dann der Lacher des Tages eine Änderung der Running Order ankündigte: Exhumed standen in Bad Berka und konnten einfach das Festival nicht finden. Dafür wurde dann Taake vorgezogen, die mir bisher nur durch einen peinlichen und seltendämlichen Aussetzer ihres Frontmanns Høst aufgefallen waren. Wo ich aber schonmal da war (und keine Lust hatte aufzustehen), konnte ich sie mir auch ebensogut anhören — mit dem Ergebnis der absoluten Überraschung des ganzen Festivals: Wo True Norwegian Black Metal draufsteht, kann gute Musik drinstecken, die auch noch Lust auf mehr macht? Eigentlich unmöglich, aber dennoch… Und selbst Høst stellte sich wie im Programmheft beschrieben — in meiner bisherigen Vorstellung von norwegischem Black Metal eigentlich nicht denkbar — als „Rampensau“ heraus. Ein Black Metaller, der auf der Bühne Spaß hat und das dem Publikum auch noch zeigt? Was kommt als nächstes? Wird der Papst evangelisch?

Nachtmystium sollen Black Metal mit 70er Jahre Acid Rock vermischen. Schade nur, daß man davon so wenig gehört hat, der Black Metal-Anteil war akustisch einfach überepräsentiert. Danach aber konnte eigentlich nicht mehr viel schief gehen. Oder doch? Hail of Bullets haben sich leider unter Wert verkauft (das könnt ihr besser!). Bei Watain habe ich mein Zelt abgebaut (solange es noch Tageslicht gab — was ich vom Camp aus gehört habe, klang aber besser und spaßiger als das, was ich in Erinnerung hatte). Morgoth hatten die dämlichsten Ansagen des ganzen Festivals („Wir sind Morgoth, wer seid ihr?“ *Schweigen* sowie vor und nach jedem Song „Wir sind Morgoth und wir sind zurück; hätten wir jetzt kaum gemerkt), haben sie aber mit der Musik wieder mehr als wettgemacht. Enslaved haben sich leider auf die jüngeren, „progressiven“ Alben konzentriert und Eld völlig außen vor gelassen :-(. Na gut, bei Enslaved muß man wenigstens zugeben, daß sie „progressiv“ nicht nur als Euphemismus für „ideenlos“ verwenden, aber mir ist das zu abgespaced. Mehrminütige Ruhephasen brauche ich nicht, selbst wenn sie sich mit übelsten Ausbrüchen kombinieren. Zu At the Gates waren aus unserem Camp nur noch drei Leute übrig, die anderen sieben waren schon im Bett oder sogar schon auf dem Weg nach hause. Selbst schuld, denn At the Gates waren besser als auf Platte! Dort haben sie mich nicht so richtig mitreißen können, auf der Bühne schon! Ein würdiger Abschluß eines sich zum Ende hin deutlich steigernden Festivals.

Wat dem einen sein Karneval ist dem andern sein Party.San. Drei Tage zelten, leben, schlafen, essen und frieren im Schlamm. Dazu eine Überdosis Death/Black/Thrash Metal sowie Ernährung von Fast Food und Bier. Jährlich am zweiten August-Wochenende. Dieses Jahr möglicherweise sogar mit ein paar Sonnenstrahlen und — dank neuer Location auf einem Flughafen — mit befestigten Wegen im Camp-Area. Hier also Commonitoria in der Party.San-Edition mit ein paar Impressionen vom letzten Jahr, in dem meine Stiefel schon kurz nach der Anreise ihr Leben ausgehaucht hatten:



Danach weiß man dann ein festes Dach über dem Kopf, Seife und eine Dusche wieder viel besser zu schätzen. Die Soundqualität ist übrigens auf dem Party.San in aller Regel spitze. Wenn sie auf den Videos anders wirkt, liegt das an den Handys, die sie aufgenommen haben.

Daß es in letzter Zeit „etwas“ ruhiger bei mir war, obwohl im katholischen Internet mal wieder der Bär steppt, hatte etwas unangenehme Gründe — zu den unumgänglichen beruflichen Verpflichtungen gesellten sich in der vergangenen Woche auch noch eine kranke Tochter und eine mobilitätseingeschränkte Ehefrau. Mittlerweile nähert sich alles wieder dem Normalzustand, wenn man von meinem Schlafpensum einmal absieht. Da man sich aber nicht aussuchen kann, wann eine der großen deutschen Thrash Metal-Bands mal in die Provinz nach Thüringen kommt und ich wohlweißlich zur Selbstverpflichtung eine Karte im Vorverkauf erstanden hatte, bin ich nun gerade von einer endorphingeschwängerten Sodom-Erfahrung zurückgekehrt.

Eigentlich erstaunlich, das war mein erstes Konzert in dieser Wintersaison: Bisher hat entweder der Headliner abgesagt oder es lag zuviel Schnee, um den Weg nach Jena verantwortet angehen zu können (wer konnte schon wissen, ob die Bahn noch fährt, wenn man nachts um viertel zwei wieder zurück will?). Diesmal lag aber weder Schnee noch hat der Headliner abgesagt, außerdem war das Konzert sowieso in Erfurt.

Im Grunde geht mir Thrash Metal ziemlich am Allerwertesten vorbei, wenn man mal von der Varianten „europäischer Power Metal“ und „Bandname beginnt mit S“ (Slayer, Sepultura) absieht. Sodom war hingegen bei genauerer Betrachtung — nicht nur wegen beginnender Entzugserscheinungen — Pflichtprogramm, obwohl ich nicht ein Album von Herrn „Angelripper“ besitze. Es begann mal wieder mit dem allseits beliebten Spiel „auf der Karte steht Beginn 20:00, auf der Website 21 Uhr, wann fangen sie wohl tatsächlich an“, aber da die Vorband „Die Hard“ im wesentlichen entbehrlich war, machte es auch nichts, daß die Angabe auf der Karte offenbar näher dran war. Als ich salomonisch geurteilt habend gegen halb neun kam, waren die schon zu Gange. Schmerzlich anzumerken ist aus meiner Sicht, daß ausgerechnet die ausdrücklich als antichristlich angekündigten Songs mal ein wenig angenehme Abwechslung vom monotonen Geschrammel boten. (Wenn ich mir die dazugehörigen Texte angucke, etwa „Fed to the Lions“, sehen die dann doch nicht so eindeutig antichristlich aus, eher wie eine Möglichkeit, evangelisierend anzuknüpfen. 🙂

Bei Sodom nervte zuerst der übersteuerte Baß, was man schon beim Soundcheck hören konnte, aber offenbar sollte das wohl so sein. Weiß nicht, ob ich mich dran gewöhnt habe oder später noch dran gedreht wurde, jedenfalls schien es mir später besser zu sein. Musikalisch spielten Sodom natürlich in einer gänzlich anderen Liga als ihre Vorband (aber dafür ist eine Vorband eben auch eine Vorband). Deutlich abwechslungsreicher, schade nur, daß man lange Zeit von der Gitarre nichts hörte… Immer wieder beeindruckt mich, was man alles aus einem Schlagzeug rausholen kann: Da schlägt ein thrashiger Beat sammt Double Bass durch und gleichzeitig werden noch alle möglichen Fills mit eingeflochten. Schwerstarbeit. Es wurde alles gespielt, was zu erwarten war, und bis zum abschließenden „Bombenhagel“ (dem Stück, das die Band aus politischen Rücksichten in Polen nicht spielen wollte, zu dem sie aber von den polnischen Fans gezwungen wurden 🙂 dauerte es deutlich über anderthalb Stunden, die inklusive Stage Diving Contest (daraus der Posttitel) alles boten, was man als leicht zu amüsierender langhaariger Bombenleger von einem Freitag abend erwarten kann.

Die neueren Stücke waren, wenig überraschend, die abwechslungsreicheren, groovigeren und komplexeren. Hier waren durchaus mal Death Metal-Elemente angedeutet, die auch bei Slayer und Sepultura der Grund sind, warum ich mit deren Musik was anfangen kann. Vielleicht leiste ich mir ja doch mal eine Sodom-CD.

Am überraschendsten war aber, wieviele Bekannte mir über den Weg laufen. Ich bin ja grundsätzlich ein wenig einzelgängerisch veranlagt und habe in meinem direkten Umfeld inzwischen eigentlich gar keinen Metaller mehr. Dafür liefen mir nicht nur „mein“ DHL-Paketbote (der mit den netten Paketen von Nuclear Blast und Perverted Taste oder wer gerade mal wieder mit DHL versendet — jetzt weiß ich endlich, warum der mich immer und überall grüßt) und der freundliche Herr vom Copyshop, der meine Doktorarbeit gebunden hat, über den Weg. Auch der Sodomfreak vom Metalstammtisch von anno dazumal war, sofern noch in Erfurt ansässig, durchaus zu erwarten. Anders der alte Usenet-Bekannte, beide haben mich aber offenbar nicht gesehen (und ich brauchte die Säule neben mir, an der ich mich festhalten konnte: bei so vielen Leuten auf einem Haufen wird die Luft ja sowieso schlecht und trotzdem gibt es immer noch genug ver*piiiieps*te *Piiiiiep*er, die sich nicht ans Rauchverbot halten; aber was will man machen, wenn selbst der Barkeeper mit ’ner Fluppe rumrennt; zugegeben, Schlafmangel, Bier und Sherry fördern vermutlich auch nicht der Standfestigkeit), und vor allem der Herr, der ganz zum Schluß zufällig neben mit stand und dessen Gesicht mir so bekannt vorkam… Auf Nachfrage stellte sich raus, na klar, ein anderer Vater aus dem Kindergarten. Manchmal ist die Welt schon klein, aber wer denkt bei Sodom schon an Kindergarten?


So, jetzt aber ab ins Bett, dann hört die Welt vielleicht auch wieder auf, sich zu drehen. Und vielleicht schaffe ich es im Laufe des Tages mal, einen tiefergehenden, sachbezogenen Post abzusetzen. Es wäre mal wieder Zeit.