Kirche

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In der heutigen Lesung findet sich ein Zitat, das ich für wunderbar passend für unsere gegenwärtigen Erfahrungen halte:

„Wenn dieses Vorhaben oder dieses Werk von Menschen stammt, wird es zerstört werden; stammt es aber von Gott, so könnt ihr sie nicht vernichten.“ (Apg 5,38f)

Damit meine ich nicht, daß wir genau das den bösen Medienvertretern[tm] zurufen sollen (die lachen uns bloß aus, wenn sie hören „sonst werdet ihr noch als Kämpfer gegen Gott dastehen“), sondern daß uns das ganze eigentlich gar nicht so jucken sollte. Die Apostel freuten sich darüber, „für Seinen Namen Schmach zu erleiden“.

Wenn wir davon überzeugt sind, daß die Kirche Gottes Werk und nicht nur reines Menschenwerk ist, dann werden auch noch so viele „Kampagnen“ sie nicht zerstören können. Natürlich gibt es in der Kirche genug Menschliches, allzu Menschliches. Wenn wir das verlieren, können wir dabei doch nur gewinnen. Ansonsten: Was juckt es ’ne deutsche Eiche, wenn sich ’ne Wildsau dran schubbert? Oder will ich insgeheim doch von der „Welt“ geliebt werden?

Aber das setzte eine christliche Gesellschaft voraus, und daß wie nicht (mehr) in einer solchen lebe, weiß ich spätestens, seit ich in der sechsten Klasse auf einem katholischen Gymnasium von meinen Mitschülern dafür ausgelacht wurde, die zwei freien Stunden etwa an Allerseelen tatsächlich für den Meßbesuch genutzt zu haben…

Lange Rede kurzer Sinn: Eigentlich sollte uns die ganze Hetze voll am Arsch vorbei gehen.

Man soll es nicht für möglich halten, eine Zeitung interessiert sich für die Opfer von Kindesmißbrauch (und ich wollte der Welt fliehen ;-):

Wir hatten damals ein riesiges Kreuz über dem Ehebett hängen, das mein ganzer Halt wurde. Immer und immer wieder habe ich gesagt: Jesus, du verstehst mich wenigstens. Du bist der Einzige, der mich versteht. Dir hat man auch sehr wehgetan, du wurdest auch alleine gelassen. Das war auch das Einzige, was mich hat überleben lassen. Denn wenn einem so etwas passiert, dann fühlt man sich als Kind von allen verlassen. Wir hatten damals einen sehr guten Priester. Er hat es verstanden, die Liebe Gottes zu vermitteln. Die meisten Missbrauchsopfer brechen ja auch mit ihrem Glauben und fragen: Wie kann Gott das zulassen? Aber ich habe instinktiv verstanden: Jeder hat den freien Willen von Gott erhalten, denn sonst wäre es keine Liebe. Sonst wären wir alle Marionetten.

Mich wundern weniger die Angriffe von außen, die vielen Nicht-Katholiken, die so genau wissen, was die Kirche ändern muß. Die lassen mich weitgehend kalt. Mich wundern auch nur bedingt Angriffe der üblichen innerkirchlichen Verdächtigen von IKVU, BDKJ und bestimmten Theologen. Da macht mich höchsten aggressiv, daß keiner was dagegen sagt. Mich wundert angesichts dessen auch nicht, wenn 08/15-Gemeindemitglieder der Meinung sind, die Kirche sei Scheiße. Das läßt mich zu Provokationen neigen, wobei das bei mir hier eher selten vorkommt. (Der einmaligen Aussage „Taufe hat doch heute mit Erbsünde nichts mehr zu tun“ steht die Beobachtung gegenüber, daß vermeintlich unzeitgemäße Frömmigkeitsformen wie Rosenkranz etc. völlig selbstverständlich sind, Mundkommunion kaum ein Kontroversthema ist und überhaupt etwas mehr Hermeneutik der Kontinuität verbreitet zu sein scheint. Jedenfalls scheinen mir einige ältere Gemeindemitglieder ab 60 aufwärts ihre „vorkonziliare“ Frömmigkeitsbildung nie völlig abgelegt zu haben.)

Was mich aber verwundert und traurig macht, sind plötzliche, quasi zusammenhangslose Spitzen gegen die Kirche und ihre Lehre von Leuten, die sonst eigentlich durchaus was für die Verbreitung des Glaubens tun (wollen) und (in einem Fall) sogar mal deutlich gesagt haben, gegen diese „Was aus Rom kommt, ist eh Scheiße“-Einstellung hätten sie schon immer was gehabt.

Kann es eventuell sein, daß es in kirchlichen Kreisen teilweise sowas von zum guten Ton gehört, über die Kirche herzuziehen, daß selbst solche, die eigentlich die Kirche lieben, meinen, sie müßten gelegentlich auch mal was gegen die Kirche sagen, weil sie sonst Außenseiter seien?

Nachtrag zur Lebenswende:

Kernargument dafür, daß in der Lebenswendefeier recht wenig von christlichen Kernwahrheiten die Rede ist, war ja, daß der Zielgruppe überhaupt erstmal die Grundlagen für diese Wahrheiten, nämlich die Denkmöglichkeit von Transzendenz, nähergebracht werden muß. Jetzt bin ich über ein Interview mit Weihbischof Dr. Hauke in der Herder-Korrespondenz 12/2009 (610-615) gestolpert, das das indirekt aus seinem Munde bestätigt:

Wie soll man draußen erzählen, was einem selbst wichtig ist? Man weiß das zwar alles schon, rein theoretisch. Dies aber zu formulieren ist äußerst schwierig, erst recht gegenüber Menschen, die keinerlei oder kaum Kenntnis vom christlichen Glauben besitzen. In der öffentlichen Verkündigung müssen wir so immer wieder verinnerlichen, dass wir es mit Menschen zu tun haben können, die keinen religiösen Hintergrund haben. Wir können deshalb nicht ohne weiteres beispielsweise von Gnade, Sühne, Barmherzigkeit reden; das wird im außerkirchlichen Bereich kaum verstanden.

[…]

Vor allem im Umgang mit erwachsenen Taufbewerbern spüre ich immer wieder, wie ich um Worte ringe. In der gemeinsamen Bibellektüre mit den Taufbewerbern versuche ich dann zuerst den Horizont zu weiten auf ein geschichtliches Denken, auf dieses sinn-deutende Denken der Bibel hin.Wir dürfen dabei aber nicht nur die Schwierigkeiten sehen. Durch dieses Herausgefordertsein in einem nichtreligiösen Umfeld klärt sich auch vieles für uns Christen selbst, was den eigenen Glauben angeht.

[…]

Der Religionsunterricht ist eine große Chance, Menschen mit dem Glauben bekannt zu machen, freilich zunächst auf der Informationsebene. Wir müssen erklären, was Christen glauben, was ihr Leben sinnvoll macht. Wir sagen den Schülern zuallererst, dass es sinnvoll ist, sich mit dem Glauben zu beschäftigen, um in einer christlich geprägten Kultur zurechtzukommen. […] Natürlich aber müssen wir auch damit rechnen, dass viele das lediglich zur Kenntnis nehmen, es sie dann aber nicht weiter berührt. Bei manchen aber entsteht daraus die Frage nach dem Sinn des Ganzen.

[…]

Wenn ich diese [missionarischen] Projekte vorstelle, betone ich zunächst immer, dass sich, was in Erfurt beispielsweise möglich ist, nicht überall eins zu eins übersetzen lässt. Entscheidend ist, dass wir lernen, quasi von außen zu schauen, was Kirche tut. Das ist sehr heilsam.Wir müssen uns doch beispielsweise immer wieder fragen, mit welchen Worten wir formulieren, was uns wichtig ist. Oder gucken wir uns doch beispielsweise einmal die Schaukästen unserer Gemeinden an. Was findet dort jemand, der bislang keinen Kontakt zur Kirche hat und wissen möchte, was katholische Kirche eigentlich ist? Wir müssen uns viel öfter noch von außen anschauen und fragen, ob wir wirklich verständlich sind. Schreiben wir doch in Schaukästen und auf die Gemeinde-Homepage, was Fronleichnam oder Pfingsten für uns bedeutet!

Das Interview ist übrigens auch darüber hinaus durchaus lesenswert, da geht’s auch um andere missionarische Projekte (übrigens sogar das Kolumbarium! – deshalb geht es allerdings gerade nicht um die Frage der Feuerbestattung) und deren Hintergründe. Nett war etwa:

In dem „Buch der Anliegen“ im Dom stand jüngst: „Gott ich glaube nicht an Dich, aber pass’ auf meine Oma auf, die jetzt im Himmel bei Dir ist.“ Natürlich lässt sich sagen, dass das widersprüchlich ist: Ich habe die Sehnsucht nach Geborgenheit, aber ich habe auch Angst vor der Konsequenz, dass, wenn ich mich öffne und sage, es gibt einen Gott, ich mich ja auch ein bisschen um diesen Gott kümmern muss. Wir als Kirche sollten uns aber immer fragen, wie hoch unsere Schwellen sind, und ob es uns gelingt, den Menschen zu zeigen, dass sie etwas gewinnen können und nicht nur, dass sie etwas verloren haben.

Und dann gibt’s noch zwei volle Breitseiten:

Ich erlebe derzeit viel zu viel Verlustangst in der Kirche und die Angst, sich auf Neues einzustellen. Es herrscht ein Geist der Besitzstandswahrung. Dabei merkt man, dass es nicht weiter geht wie bisher, Gesellschaft und Kirche verändern sich so schnell. Die Kirche in Deutschland erlebt einen echten Umbruch und vielleicht sind wir in den neuen Ländern in diesem Prozess schon etwas weiter. Wir Christen sind herausgefordert, neu zu denken und das Wertvolle unseres Glaubens neu zu sehen. Es ist keine Katastrophe, man kann auch in der Diaspora als Christ leben. Kirche kann auch in dieser Situation existieren, uns droht nicht der Super-GAU. Das zu akzeptieren und zu verstehen ist entscheidend, damit wir uns nicht lähmen lassen. Die Anfrage eines Menschen von außen, der mich ganz unvorbelastet nach der Kernaussage des Christentums fragt, darf mich nicht in Empörung verstummen lassen. Ich brauche keine Angst zu haben vor den Fragen der Menschen.

[…]

In zehn oder zwölf Jahren werden wir keine Pfarrer mehr an jedem Ort haben, auch dort nicht mehr, wo heute noch welche sind. Wir müssen also die Gemeinden langsam wieder damit konfrontieren, dass der Hirt der Gemeinde Christus selbst ist. Christus leitet die Gemeinde. Ich wage zu sagen: Dass Christus das Zentrum der Gemeinde ist und nicht der Pfarrer, das haben die Gemeinden und auch viele Pfarrer selbst viel zu sehr verdrängt.

Exercitio oecumenismi veri pertinet ad unam sanctam catholicam et apostolicam ecclesiam; unam in communione episcopi Romae episcoporumque ac papae, pontificis summi et maximi, successoris Petri, servi servorum Dei, vicarii Christi, Benedikti XVI. et collegii episcoporum, successoris collegii apostolorum et universi cleri et cunctorum christifidelium saeculorum locorumque omnium; confessam unam vere catholicam apostolicamque fidem, tenentem quod ad salutem credendum semper et ubique et ab omnibus; celebrantem et adorantem sanctissimam eucharistiam; conatam caritatem Christi in Dei pietate perficere. Aut non erit.

Ja, ich bin böse, aber es ist doch wahr, oder? Dieses wachsweiche „wir sind bunt und für alles offen“ klingt doch eher nach CSD. Und außerdem kann, wer für alles offen ist, doch nicht ganz dicht sein, oder?

1. Alles, was bei deiner Geburt bereits existierte, ist normal und gewöhnlich und bestenfalls langweilig.

2. Alles, was entstand, als du zwischen 15 und 35 warst, ist neu und aufregend und revolutionär, und wahrscheinlich konntest du damit Karriere machen.

3. Alles, was nach deinem 35. Geburtstag aufkam, ist vom Bösen.

Bin gerade über einen, wie ich finde, spannenden Blog gestolpert:

Netzinkulturation

Der Autor ist ein Theologe, der schon vor fünf Jahren seine Diplomarbeit über Kirche im Netz geschrieben hat. Ich find’s unheimlich spannend (auch wenn die Beiträge recht sporadisch zu kommen scheinen), da der Autor sowohl vom Netz als auch von der Postmoderne (mein Thema, wie der geneigte Leser vielleicht schon bemerkt hat 🙂 Ahnung zu haben scheint.

Aber da mir meine erste Begeisterung vielleicht die Sicht einschränkt: Kommt und seht selbst!

„Toleranz hilft da nur wenig. […] Die konfessionellen und religiösen Grenzen haben sich eher vertieft als vermindert, obwohl die religiöse Vielfalt in den Gesellschaften hoch ist“,

sagt der evangelische Theologe Hans-Peter Großhans, Direktor des evangelischen Instituts für Ökumenische Theologie an der WWU Münster. Das klang im ersten Moment zukunftsweisend. Im weiteren Text aber fanden sich so merkwürdige Formulierungen wie:

„Im neuzeitlichen Bewusstsein kann man über alles offen reden. Nur im Bereich der Religionen geht gar nichts. Man tauscht sich nicht aus. Das ist unbefriedigend.“

und:

„Der Experte betonte, die wachsende Distanz zwischen den Religionen lasse sich generell nur auf Basis echter gegenseitiger „Anerkennung“ überwinden. „Du kannst nicht mit anderen Religionen reden, wenn Du ihre Wahrheit nicht ernst nimmst“, so der Theologe. Es gehe eben nicht nur um Toleranz, sondern darum, abweichende Einstellungen und Lebensweisen anzuerkennen.“

Fordert Großhans nun also die endültige Vergleichgültigung aller Religion? Weit gefehlt! Die Kreise in denen sich Großhans theologisch verorten läßt und auch seine Veröffentlichungen weisen darauf hin, daß es sich hier um einen Denker handelt, der sich der Postmoderne sehr genau bewußt ist. Darauf bin ich allerdings erst gestoßen, nachdem sich meine anfängliche Aufregung wieder gelegt hatte, denn die obigen Formulierungen lesen sich wie eine völlige Auflösung des Wahrheitsanspruchs in seinem grundlegenden Inhalt – nämlich den Wahrheitsanspruch sich logisch ausschließender Positionen zu bestreiten.

Unter der Voraussetzung eines postmodernen Autors legt sich plötzlich eine alternative Lesart nahe: Es geht nicht darum, die Wahrheit des anderen auch als die eigene Wahrheit anzuerkennen, sondern als Wahrheit(sanspruch) des anderen ernst zunehmen, ihn gerade in seiner Andersheit wahrzunehmen und so mit ihm ins Gespräch zu kommen – ohne dabei den Wahrheitsanspruch der eigenen Perspektive aufzugeben. Perspektive ist das postmoderne Schlüsselwort hier – das eben in der Meldung nicht fällt! Denn die Anerkenntnis der Perspektivität jeglicher Position ermöglicht es, selbst einen Wahrheitsanspruch zu formulieren, ohne den Andersgläubigen vernichten zu müssen – getreu dem Motto: Natürlich bin ich von der alleinigen Wahrheit des Christentums überzeugt, aber ich weiß auch, daß meine Erkenntnis und Verwirklichung des ganzen ist notwendigerweise defizitär ist (sonst bräuchten wir ja keine Beichte).

Gerade so aber kommt die postmoderne Form des Wahrheitsanspruchs der (ur-)christlichen relativ nahe. Der Wahrheitsanspruch des anderen wird zwar bestritten, aber das, was aus christlicher Perspektive anschlußfähig ist, auch aus dieser also als wahr anerkannt werden kann oder sogar muß, kann auf die natürliche Gotteserkenntnis zurückgeführt werden, die prinzipiell (wenn auch ohne Offenbarung nur sehr unvollkommen) jedem Menschen als Geschöpf Gottes möglich ist. Die frühchristlichen Apologeten sprachen hier von den logoi spermatikoi, den Samen des Wortes (Logos). Freilich kann es auch sein, daß der Austausch mit Nicht-Christen über ihre Perspektive mich aus ihrer spezifischen Sensibilität heraus tatsächliche Defizite des „real-existierenden“ Christentums erkennen läßt, die ich im Alltagstrott gefangen nie selbst hätte erkennen können. Gerade das dürfte Großhans mit „in ihrer Wahrheit anerkennen“ meinen.

Nur warum sagt er das nicht? Vielleicht hat da ein unverständiger Presseheini Mist draus gemacht, was allerdings unwahrscheinlich ist, da es sich um die Mitteilung eines Exzellenzclusters handelt, also dürfte eher ein (ausgebeuteter) Student oder Mittelbauer die Meldung verfaßt haben, der den Professor besser hätte verstehen können müssen. Vielleicht kommt das bei den politischen Geldgebern des Exzellenzclusters einfach besser an, wenn man nicht allzu deutlich sagt, woher der Wind weht – aber nein, das geht auch nicht, denn die Wissenschaft ist ja grundgesetzlich geschützt frei. Bleibt also nur die Möglichkeit: Hier soll einer als weniger postmodern eingeschätzten Öffentlichkeit ganz langsam die Postmoderne erklärt und schmackhaft gemacht werden – und mir fällt da nur eine Öffentlichkeit als Zielgruppe ein, nämlich die kirchliche. Bedauerlich nur, daß potentielle Verbündete so bereits persönlich bekannt sein müssen…

Mach dich bereit, es wird noch schlimmer werden
Vertrau auf den Herrn, wenn das Unglück naht
Sein Gericht ist nahe, ja, es kommt schnell
Nicht jeder von uns wird in ihm bestehen

Mach dich bereit, um deine Seele zu kämpfen
es geht um dein Leben, du oder sie
Jetzt ist die Zeit, dich zu entscheiden:

Kampf steht bevor.

Verletzt, verbrannt, geschlagen, gebrochen
Der Schmerz ist wahr, er ist nicht zu betäuben
Deine Seite verwundet, Blut schießt hervor:

Nimm das Leid an.

Nimm das Leid an, es wird dich stärken
Nimm das Leid an, und du wirst überleben
Stell dich dem Leid, laß es Teil von dir werden:

Kampf steht bevor.