Jeder Mensch sei schnell im Hören, langsam aber im Reden und langsam im Zorn. (Jak 1,19)
Natürlich heißt das nicht, man solle besser nur Zuhören und selbst dann nichts sagen, wenn das Gegenüber völligen Unfug verzapft. Aber wie im ganzen Brief geht es Jakobus auch hier um eine Einstellung: Die Position des Anderen als die Position des Anderen ernstnehmen und verstehen zu wollen, bevor man ihn kritisiert.
Andererseits kann der „Leidensdruck“ auch so stark werden, daß man gar nicht mehr anders kann, als ihn herauszuschreien. Und eine wenig „lashing-out“ ist mitunter auch psychohygienisch sehr hilfreich und wichtig. Doch wo kommt solcher Leidensdruck denn her? Nach meiner Erfahrung: Daß ich selbst nicht ernst genommen werde, daß mir keine Chance gelassen wird, mich zu rechtfertigen, daß Vorurteile und Stereotype ein Gespräch im Keim ersticken: „Meine Meinung steht fest, bitte verschonen Sie mich mit Tatsachen.“
Wo das nicht der Fall ist, kommt häufig ein recht fruchtbares Gespräch zustande, bei dem sich zwar keine grundlegenden Auffassungen verändern, aber Verständnis für den Anderen entsteht. In einer postmodern-pluralistischen Gesellschaft kann es eigentlich auch gar nicht anders auf Dauer gutgehen: Bei aller Ablehnung seiner Auffassung, muß ich den Anderen doch als Menschen und Geschöpf Gottes respektieren. Warum funktioniert das aber im Gespräch mit nicht-katholischen Christen, ja sogar mit Atheisten oder Neuheiden meist besser als mit ach so „modernen“ Katholiken? Oder nochmals mit Jakobus:
Wieso gibt es Kriege und wieso Streitereien bei euch? (Jak 4,1)