Theologie

Im großen und ganzen hatte ich heute einen angenehmen Tag. Das Pontifikalamt im Dom war gut besucht, kam ohne allzu große liturgische Verrenkungen aus, und selbst das lateinische Credo führte nicht zu offensichtlichen Protesten. Im Gegenteil, es sangen in meiner Umgebund sogar einige /auswedig/ mit. Vielleicht ist 8:30 für den homo affirmationis concilii einfach zu früh, oder er protestierte bereits durch sein demonstratives Fernbleiben. Das wäre dann allerdings nicht aufgefallen, denn es gab in der ganzen Kirche auch kaum noch Stehplätze. Soviel zu der Behauptung, die Domkirchen seien schon immer viel zu groß und nie wirklich gefüllt gewesen. Merkwürdig war aber, daß die Kommunion (auf die ich schließlich verzichtete, weil ich als Nicht-Händchen-Hinhalter einfach nicht wahrgenommen wurde) immer noch gespendet wurde, als der Zelebrant schon lange ausgezogen, die letzten Töne des Schlußliedes verklungen waren und die Massen bereits nach draußen strömten…

(BTW: Ist es in Bayern eigentlich üblich, nach einer Messe in der Kirche Brotzeit zu halten?! Ich war einigermaßen irritiert, als da gleich mehrere Brote, Kaffe und Kuche auspackten…)

Der weitere Tag war zwar nicht perfekt, aber doch ganz ordentlich. Keine Irrlehren, keine unnützen Konfessionskleinkriege, halbwegs sachliche Diskussionen mit Substanz (um kontroverse Themen habe ich vorsorglich einen großen Bogen gemacht), und von Käßmann habe ich erst aus den Nachrichten erfahren (und hey, der Papst hatte gut fünfmal soviele Zuhörer wie es überhaupt Kirchentagsbesucher gibt!).

Apropos Nachrichten: Junge, Junge, Junge! Käßmann und Mißbrauch, auf BRalpha auch noch WsK’lerinnnen, die den Gemeinden zeigen wollen, wie man Brot ohne Priester teilen kann (*kopfschüttel*). Da bin ich doch froh, selbst hier zu sein und zu sehen, daß das auf dem ÖKT völlig untergeht, wenn man nicht zufälligerweise dabei ist. Zum Glück kann das mein Bild der Massenmedien gar nicht mehr erschüttern, denn eigentlich habe ich nichts anderes erwartet.

(Ich frage mich allerdings, woran das liegt. An Böswilligkeit glaube ich ehrlichgesagt nicht, denn man sollte nie Böswilligkeit annehmen, wo „Dummheit“ als Erklärung völlig ausreicht. Können die das überhaupt besser wissen? Woher denn? Wenn schon innerkirchlich kaum was anderes Chance auf Gehör hat?)

Ich hatte das Glück, den Eröffnungsgottesdienst mit einem kleinen Lästermaul verbringen zu dürfen. Das hat einiges erträglicher gemacht, vor allem die Musik. Seit der evangelische Landesbischof Friedrich dann auf das Kirchentagsmotto anspielend davon sprach, daß er vermute, nicht alle Anwesenden teilten seine Hoffnung, nämlich die auf die Auferstehung und das ewige Leben, bin ich sogar bereit, der Ökumene wieder den Kredit zu geben, den sie für mich auf dem ÖKT 2003 in Berlin (endgültig) verspielt hatte. Da war ich mit der Hoffnung auf harte, aber faire Auseinandersetzung hingefahren, wie ich sie aus dem Internet kannte. Mehrere Veranstaltungen zu kontroversen Themen zeigten mir aber: Es ging „den anderen“ um Durchsetzung ihrer Interessen bei völligem Übergehen des katholischen (und orthodoxen!) Selbstverständnisses (die Orthodoxen gingen damit aber sehr viel entspannter um und gönnten sich die Arroganz des „wir sind wir, wer seid ihr denn schon?“, während die meisten Katholiken jeden Angriff mit Demutsgesten und Unterwürfigkeitsadressen beantworteten). Der Höhepunkt war damals beim Warten auf den Zug zurück auf dem Bahnhof Lichtenberg. Da steigerten sich zwei Protestanten dermaßen in ihre restrictio mentalis „Amtskirche ist doof und unterdrückt, was alle Katholiken doch eigentlich wollten“, daß mir der Kragen geplatzt ist. Daß ein Katholik tatsächlich gegen das gemeinsame „Abendmahl“, Frauenordination und Zölibatsaufhebung sein konnte, war für eine völlig neue Information für die beiden. Ja, zugegeben, jetzt wo ich das nochmal Revue passieren lasse, liegt das Problem wohl tatsächlich eher bei uns…

Nunja, zurück zu heute, zurück zur Musik. Das Motto lautet ja „Damit ihr Hoffnung habt“. Den Ansatz, die Hoffnung in Kontrast zur erfahrenen Realität zu stellen, finde ich durchaus gut, die Umsetzung aber war katastrophal. Ganz davon abgesehen, daß mich das gesprochene „Krieg“, „Hunger“, „Durst“ an den Diener von König Pumponell in der Augsburger Puppenkistenversion von Urmel aus dem Eis erinnerte, und für mich die musikalische Umsetzung viel zu harmlos war, stand die „Hoffnung“ vor allem musikalisch in einem völlig unvermittelten Kontrast zum Bösen. Als ob das Böse durch den Glauben einfach verschwinden würde! Als ob die ganze Realität einfach bloß hell und licht würde, nur weil ich glaube! Nein, der Auferstandene trägt die Wundmale, das Böse wird nicht einach vernichtet, sondern es hinterläßt auch im Glauben, auch nach der Auferstehung seine Spuren — aber es wird nicht mehr als hoffnungslos, als nur Böses erfahren. Das ließe sich aber auch musikalisch umsetzen! Warum aber spielt man lieber nach einer klassisch gesungenen Strophe eine verswingte Big Band-Version von „Wer nur den lieben Gott läßt walten“ als die herausfordernde Spannung zwischen melancholischer (aber nicht hoffnungsloser!) Melodie und hoffnungsvollem Inhalt auszuhalten?! Vielleicht liegt hier ja eines der Grundprobleme: Der Wunsch nach Heil ohne Anstrengung, nach billiger Gnade, danach, aufopfernde Mutterliebe zu erfahren, ohne sie selbst leben zu müssen.

Der Pfarrer trug weiß. Das war aber auch schon fast alles, was gerstern noch an Ostern erinnerte (gut, die Lesung aus der Offenbarung des Johannes indirekt ja auch). Ansonsten war schon Pfingsten angesagt, während in der Nachbarkirche Erstkommunion gefeiert wurde — und das nur, weil im Evangelium was vom anderen Beistand gesagt wird? Irgendwie ist mir das zu historisierend. Wenn wir in der Osterzeit, also nach Ostern, einen Text hören, der natürlich auf Pfingsten verweist, aber aus den Abschiedsreden stammt, dann will der Text doch wohl etwas komplexer interpretiert werden als nur auf Pfingsten, zumal ja auch die erste Lesung aus der Apostelgeschichte (wurde uns vorenthalten) über das Apostelkonzil nochmal einen ganz bestimmten Aspekt des Heiligen Geistes in den Vordergrund stellt.

GL Nr. 642 paßte natürlich auch irgendwie ganz gut zu der Lesung (die Apg wurde uns vorenthalten, ging ja „nur“ ums Apostelkonzil…), und ich singe dieses Lied auch unheimlich gerne. Wobei das Lied ja unter „Kirche“ einsortiert ist. Wenn die Kirche mit dem himmlischen Jerusalem identisch sein sollte, würde ich in der gegewnärtigen Situation wohl auch stehenden Fußes vom Glauben abfallen. Wer weiß, in wievielen Köpfen diese Identifikation noch besteht…

Aber Nr. 642 und Nr. 225 waren die einzigen beiden Lieder mit wenigstens indirektem Osterbezug (soviele singt man selbst im durchschnittlichen Requiem). Der Pfarrer ließ zudem das doppelte Halleluja bei der Entlassung weg, und das marianische Schlußlied war auch nicht gerade Regina Caeli. Dagegen war ja der Dienstag nach dem Weißen Sonntag geradezu von überschwänglicher Osterfreude geprägt. Wir sind offenbar schon wieder im Alltag angekommen. Hält Ostern nur so kurz vor?

Kann es sein, daß es in der Ökumene immer nur darum geht, was nicht geht? Klar, daß die Punkte, in denen es keinen Streit gibt, nicht allzu kontrovers sein können. Aber es gibt doch auch genug Themen, in denen es eine Kontroverse zwischen Christen verschiedenster Konfessionen und der säkularen Gesellschaft gibt. Ich sehe dort in keinem relevanten Feld ernsthafte ökumenische Versuche kirchlicher oder auch nur theologischer Zusammenarbeit. Was nicht kontrovers ist, wird überhaupt nicht diskutiert. Was aber ist dann überhaupt das Ziel, der Sinn von Ökumene? Wir ham uns alle lieb?

Zu der Fußnote hier noch ein etwas jüngeres Erlebnis:

Ich saß mit 11 anderen an einem Tisch (na gut, es waren mehrere zusammengeschobene Tische). Im Laufe der Zeit stellte sich raus, daß sich immerhin vier Ordensangehörige, davon drei Priester, sowie ein Weltpriester darunter befanden. Kein einziger Priester war als solcher erkennbar. Der Laienbruder aber, der sich traute, Habit zu tragen, wurde bald darauf in der Öffentlichkeit interessiert angesprochen…

Zu diesem Post fiel mir noch eine Story aus der Pastoral-Vorlesung (muß wohl schon anno 2001 gewesen sein):

Ein Pfarrer habe ihm[1] erzählt, wie er von einer aufgebrachten Mutter angerufen wurde. Im von der Gemeindereferentin verantworteten Erstkommunionunterricht habe ihr Sohn aufbekommen, ein ewiglanges Gedicht auswendig zu lernen, und das ginge doch nicht, denn zum Lernen gehe der doch in die Schule. Nachdem der Pfarrer die Mutter halbwegs beruhigt hatte, fragte er dann doch mal nach, wie das Gedicht den heißen würde. „Vater unser.“

[1] Huch, daß der Herr Priester ist, wußte ich bisher gar nicht…

Es gibt Tage, an denen kann man gar nicht so viel beten, wie man kotzen möchte… Warum kommen die Rückschläge eigentlich immer dann, wenn man meint, man hätte ein gewisses Level erreicht?

Heute früh in der Messe dachte ich angesichts des deutlich höheren Gesangstempos noch, die müssen alle meinen Blogeintrag von gestern gelesen haben. Doch der Tag sollte noch mehrere unmittelbar aufeinander folgende Breitseiten bereithalten (4 innerhalb von schätzungsweise zehn Minuten). Während ich mich noch von dem einen Tiefschlag zu erholen versuchte, traf mich bereits der nächste. Alles scheiße, alles doof, vor allem wenn es aus Rom oder zumindest von Bischöfen kommt, mit kirchlicher Lehre ist doch eh kein Blumentopf zu gewinnen, und natürlich sind die repräsentativen katholischen Jugendlichen dick und häßlich, und wenn nicht, wenn sie gar offensiv kirchliche Positionen vertreten, dann sind sie eben nicht repräsentativ oder haben zumindest eine defizitäre Gottesbeziehung. Warum kann sich eigentlich keiner vorstellen, daß jemand dabei steht, der sich von solchen Despektierlichkeiten in seinem Glauben und damit so persönlich wie nur möglich angegriffen fühlt?

Aber wie sag‘ ich’s meinem Kinde?! Mal davon abgesehen, daß die Klugheit eh gebietet, nicht alles zu sagen, was man denkt, macht mich sowas eher depressiv als aggressiv, so daß mir mittlerweile nicht nur der Mut, sondern schon die Worte fehlen. Was soll ich denn auch noch sagen, wenn ich mit jedem Wort den Eindruck vermittelt bekomme: Wer das anders sieht, lebt entweder hinterm Mond oder ist Fundamentalist (oder wahrscheinlich beides). Im Netz kann man sich von den Tiefschlägen erholen und dann angemessen (sachlich!) antworten (und hat den Vorteil, den anderen auf seine Formulierungen festnageln zu können). Man kann sich sogar die Zeit lassen, die Antwort mehrfach zu überarbeiten oder einen Blogeintrag mehrfach zu verschieben, solange bis er ausgereift ist. Im direkten Gespräch, insbesondere wenn man nur daneben sitzt und zuhört, hat man (oder nur ich?) den Zeitpunkt bereits verpaßt, zu dem man sich dazu noch hätte äußern können. Aber wie soll man Contra geben, wenn die ganze Gesprächsrichtung überhaupt keine Anknüpfungsmöglichkeit bietet?

Dabei geht es mir ja nicht einmal um die konkreten Punkte. Vielleicht ist die Kritik ja sogar sachlich berechtigt (so genau kenne ich die Details ja nun nicht immer). Aber der Grundduktus geht mir tierisch auf den Senkel: Mist, Fehlgriff, veraltet, dumm. Wie soll man mit so einem negativen Grundimpetus irgendwas auferbauen?! Und wie kommt es, daß solche negativen Urteile immer kaskadenartig kommen, Positives aber nur vereinzelt aufblitzt? Wieso sind eigentlich immer die Bischöfe die angeblich „Zurückgebliebenen“? Ist es ausgeschlossen, daß man sich selbst irrt?

In den letzten Wochen habe ich mehrfach gelesen, daß es „da draußen“ noch mehr gibt, die wie ich gelegentlich davon träumen, die „Welt“ hinter sich lassen zu können. Mich faszinieren ja die Kartäuser, aber meine Frau läßt mich verständlicherweise nicht, und das ist wohl auch gut so. Sie meint, vielleicht stünde ich ja dort, wo ich stehe, damit mal jemand was dagegen sagt. Wenn dem so ist, dann fehlt mir aber noch ganz viel Gnade und Heiliger Geist, der mir eingibt, was ich sagen kann. Wenn mich der eine oder andere in sein Gebet aufnehmen könnte, wäre ich ihm sehr dankbar.

Allmächtiger Gott, gewähre mir die Gnade, glühend zu ersehnen, was wohlgefällig ist vor Dir, es mit Weisheit zu erforschen, in Wahrheit zu erkennen und vollkommen zu erfüllen. Ordne meinen Lebensweg zu Lob und Ehre Deines Namens. Laß mich Deinen Willen erkennen, so wie es sich gebührt und meiner Seele segen bringt.

Laß mich in Glück und Unglück treu zu Dir stehen, im Glück demütig, im Unglück stark und ungebeugt. Nur was zu Dir mich führt, soll meine Freude sein; nur was von Dir mich trennt, soll mich betrüben. Gib, daß ich niemand zu gefallen suche und keinem zu mißfallen fürchte als Dir allein.

Was vergänglich ist, o Herr, das sei gering in meinen Augen, doch kostbar sei mir alles, was Dein ist, um Deinetwillen; und über alles andere sollst Du selbst mir kostbar sein, o Herr, mein Gott. Jede Freude ohne Dich sei mir zuwider; laß mich nichts suchen als Dich allein. Für Dich zu arbeiten sei meine Freude, und eine Ruhe ohne Dich sei eine Last.

Gib, daß ich oft mein Herz zu Dir erhebe und mit Reue und erneutem Vorsatz Sühne leiste, wenn ich gefehlt. Laß mich gehorsam sein ohne Widerspruch, arm im Geiste ohne Niedrigkeit der Gesinnung, rein ohne Flecken, geduldig ohne Klage, demütig ohne Verstellung, froh ohne Maßlosigkeit, traurig ohne Kleinmut, ernst ohne Anmaßung, rührig ohne Oberflächlichkeit, wahrhaft ohne Trug. Laß mich Gutes tun ohne Überheblichkeit. Laß mich den Nächsten ermahnen ohne Hochmut und ihn erbauen in Wort und Beispiel ohne Falschheit.

Gib mir, o Herr, ein wachsames Herz, das kein leichtfertiger Gedanke von Dir ablenkt, ein edles Herz, das keine unwürdige Leidenschaft erniedrigt, ein gerades und aufrechtes Herz, das kein gemeines Streben auf Abwege führen kann, ein starkes Herz, das keine Trübsal beugt, ein freies Herz, das sich von keiner bösen Macht beherrschen läßt.

Schenk mir, o Gott, Verstand, der Dich erkennt, Eifer, der Dich sucht, Weisheit, die Dich findet, einen Wandel, der Dir gefällt, Beharrlichkeit, die gläubig Dich erwartet, Vertrauen, das am Ende Dich umfängt.

Laß mich, o Herr, Deine Strafen hienieden tragen im Geist der Buße und Deine Wohltaten recht gebrauchen durch Deine Gnade. Laß mich Deine Freude einst im Vaterland genießen durch Deine Herrlichkeit, o Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Amen.

(Thomas von Aquin — siehe Gotteslob 7,6)

Daß es nach der Osteroktav etwas weniger festlich zugeht, ist ja nun keine Überraschung. Aber selbst ohne Gloria kann man doch noch genug Osterfreude in der Messe zum Ausdruck bringen, oder? Was ich heute früh erleben durfte, hat mich fast in die Verzweiflung getrieben, weil ich mich schon bremsen mußte und trotzdem immer noch einen halben Takt voraus war. Mit jeder Strophe wurde es langsamer, wurden neue Stellen gefunden, Pausen zu machen! Schließlich sogar an einfachen Taktstrichen…

„Haaaaleeeeeeeluuuuuuujaaaa *lufthol* Jeeeesus leeeeeebt *lufthol* Jeeeeesus leeeeeeeeeeeeebt *lufthol* Jeeeeeeeeeeeeeeesusssss leeeeeeeeeeeeeeeeeeeeebt *lufthol* Haaaaaaaleeeeeeeluuuuuuhuuuujaaaaahaaaa *lufthol* Jeeeeeeeeeeeeeeeeesusssssssssss leeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeebt.“ Hätte sich ein Heide zu uns verirrt, der hätte wohl gedacht: „Aha, so sieht also ein Requiem aus.“ Wenn ich bedenke, daß der Pfarrer gerade noch davon sprach, daß die Werktagsmeßgänger der fromme Kern der Gemeinde seien…

Für mich ist das Sacrum Triduum, insbesondere seine liturgische Feier, der Höhepunkt des ganzen Jahres. Und die letzten zwei Wochen zeigten mir auch, daß ich damit nicht alleine in der Blogoezese stehe. Die Intensität dieser drei Tage kann natürlich nicht in einer halbstündigen Werktagsmesse untergebracht werden, obwohl sie ja genau das gleiche feiert; es ist gerade die Verlangsamung des Geschehens, seine Betrachtung aus verschiedenen Perspektiven, die die Intensität des Sacrum Triduum hervorbringt. Aber wenigstens eine Ahnung dessen sollte es doch sein!

Vielleicht liegt es ja auch an den ganzen Mißbrauchsgeschichten, daß vielen dieses Jahr nicht nach Osterfreude zu Mute ist. Aber wann, wenn nicht jetzt, bräuchten wir die Osterfreude dringender? Wann, wenn nicht jetzt, müssen wir Zeugnis ablegen, von der Hoffnung, die uns erfüllt? Kann denn das weltliche und das geistliche Geschehen so getrennt bleiben?

Die Apostel haben sich damals aus Furcht vor der Welt(?) auch zunächst zurückgezogen und eingeschlossen. Vielleicht brauchen wir auch die Zeit, um zu verarbeiten, was wir erfahren. Aber dann müssen wir raus, und zwar nicht nur, indem wir dem Geschehen hinterherrennen, sondern indem wir wieder unsere Themen setzen. Was wir jetzt also noch viel dringender brauchen als Ostern, ist — Pfingsten.

Am Wochenende durfte ich einem protestantischen Gottesdienst beiwohnen. Die Kirche selbst war erstaunlich hübsch. Sie besaß einen barocken Hochaltar (den man nur am Fehlen des Tabernakels als evangelisch erkannte) und eine Art Lettner mit großer Kreuzigungsgruppe (freilich ohne Kreuzaltar). Wie ich später erfahren habe, wurde die Kirche keine hundert Jahre nach der Reformation und unter ästhetischem Einfluß der Gegenreformation gebaut. Etwas böser Kommentar meiner Frau: „Hey, das wär doch ’ne gute Kirche für die außerordentliche Form.“

Was dann aber folgte, war aus katholischer Perspektive nicht einmal Liturgie, Gottesdienst gerade noch so in Ansätzen. Die Pfarrerin (da wird der Dominus zur Domina, wie ein Pfarrer mal nach einem Meßvorbereitungstreffen, bei dem eine Frau aus der Gemeinde partout das Evangelium lesen wollte, sagte) zog eine dreiviertelstündige One-Woman-Show ab! Ganz nette, aber total ausufernde Gebete, die ganz offensichtlich mehr an die Gemeinde als an Gott gerichtet waren, wurden lediglich von kurzen Gemeindeliedern unterbrochen (die dafür aber ziemlich klassisch und somit an Gott gerichtet waren), daß es Fürbitten gegeben haben sollte, erfuhr ich auch erst hinterher, als ich einen Ablaufzettel in die Hand bekam, und von Aufstehen zum Gebet hatten die da offensichtlich noch nie was gehört. Lediglich zum Einzug stand man auf (setzte sich aber wieder, nachdem die Pfarrerin im Altarraum angekommen war) und zum Vater unser.

Bei allem Mißbrauch und -verständnis in unserer Kirche: Da habe ich die participatio actuosa richtig schätzen gelernt. Wenigstens „Amen“ möchte ich doch noch selbst sagen dürfen. Das hatte eher was von schulischem Frontalunterricht (wozu ja auch die Länge paßte). Über die Möglichkeit der inneren Teilnahme bei völlig unberechenbaren Gebetstexten schweige ich mich mal lieber aus…

Das Beste waren dann aber die Reaktionen der anderen (ganz gewöhnlichen Durchschnitts-) Katholiken, die mit waren: „Wir Katholiken können einfach besser feiern. Da fehlte doch alles, was so einen Gottesdienst ein bißchen feierlich macht.“ Recht hamse: Da fehlte einfach Liturgie.