Ich habe mich ja schon immer darüber gewundert, mit welcher Begeisterung manche Leute die Einschränkung der freien Religionsausübung und individueller Freiheitsrechte akzeptieren, wenn es „den bösen Nachbarn“, in letzter Zeit vor allem die Moslems, trifft. Als ob nicht klar wäre, daß die Christen die nächsten Opfer wären. Gegen Kirchtürme kann man (noch) nicht vorgehen, da sie schon seit Jahrhunderten üblich sind, gegen Minarette schon. Dabei sind bereits läutende Glocken vielerorts ein Streitpunkt, insbesondere wenn sie wie in meiner Heimatpfarrei nach einem Unfall wegen des folgenden Rechtsstreits mit der Wartungsfirma jahrlang geschwiegen hatten.
Nun hat Patrick Bahners anläßlich geplanter Burkaverbote meinen diffusen Eindruck in der FAZ in prägnanten Worten zum Ausdruck gebracht. Hinter entsprechenden Forderungen stehe nicht nur das Mißverständnis, daß Religionsfreiheit Freiheit von der Religion bedeute, das auch der Aufklärung selbst nicht gerecht werde; die habe nämlich die Trennung von Kirche und Staat angestrebt, ohne mit Atheismus den Glauben zu bekämpfen (wobei das dann die Französische Revolution tat). Dahinter stünde vielmehr ein Fundamentalismus der Aufklärung. Fundamentalismus bestehe nämlich nicht darin, von fundamentalen Werten überzeugt zu sein, sondern könne sich unter anderem in einem Mißverhältnis von angestrebtem Zweck und angewendeten Mitteln ausdrücken. Mit anderen Worten: Die „Aufklärung“ schießt mittlerweile mit Kanonen auf Spatzen, um sich nicht selbst in Frage stellen zu müssen — was die historischen Aufklärer aber immer getan hätten.
Bleibt nur die Frage, ob Bahners recht hat, wenn er meint, eine jährliche unverschleierte Meldepflicht für alle Frauen würde nicht mehr auf die Zustimmung hoffen können, auf die „Strafzettel gegen Falschgekleidete“ treffen. Ich bin da skeptisch…