Was ich zu der ganzen Helene Hegemann-Geschichte noch loswerden muß: Am 12. Februar war in der FAZ ein Interview mit Airen erschienen, aus dessen Blog bzw. daraus hervorgegangenen Roman „Strobo“ Helene Hegemann sich (u.a.) bedient hatte. Das ganze Interview vertrat eine Auffassung von Party und Feiern, die mir zwar aus der Literatur der Kritiker der Rock- und Popmusik (insbesondere auch den Äußerungen unseres jetzigen Papstes) bekannt war, die ich mir aber (insbesondere aus eigener Erfahrung) nur schwer als möglicherweise zutreffend vorstellen konnte.
Denn wer kann sich schon vorstellen, Musik einfach nur zu benutzen? Nungut, daß Techno nicht gerade anspruchsvolle Hörer anzieht, war mir schon immer klar. Aber ich dachte immer, vielleicht finden die, die das hören, dadrin etwas, das ich nicht erkennen kann (denn meine Musik finden ja auch alle[tm] unerträglich). Airen schildert seine Besuche im Club Berghain tatsächlich als allein der Flucht aus der Realität dienend, und ja, dazu benutzte er (wie es in der ganzen Kritikliteratur beklagt wird) tatsächlich Musik, Tanz und Drogen. Ich hätte mir nicht träumen lassen, daß das mal jemand für sich selbst als zutreffend bestätigt, und unvorstellbar ist es mir immer noch (aber es muß ja wohl doch stimmen).
Vermutlich war mein Leben einfach nie scheiße genug. Gott sei Dank!
Ist es denn verwerflich, Musik auch einfach mal zum "abschalten" zu benutzen? Ich weiß nicht, aber diese ständige Bedeutungsschwere, gerade bei Musik, ist doch auch nicht das Wahre…
Zwischen "abschalten" und "einfach nur benutzen" liegt m.E. noch eine ganze Menge. Was Du schreibst, habe ich beim ersten Kontakt mit dieser Kritik auch gedacht, bis ich irgendwann begriffen habe, worum es den Kritikern eigentlich geht: Musik quasi wie eine Droge zu benutzen, um sich selbst, das Leben und den ganzen Scheiß zu vergessen, Und das schließt eine gewisse Abhängigkeit mit ein, wie bei Airen: Erst am Dienstag war er wieder halbwegs fit, und nach der blogteschnischen Verarbeitung seines Wochenendes wartete er den Rest der Woche auf das Wochenende, um wieder 72 Stunden im Rausch zu verbringen; da dient die Musik nur noch (als ein Aspekt) der Realitätsflucht. Und das konnte ich mir ehrlichgesagt nicht vorstellen, bis ich in besagtem Interview las, daß Airen das haargenau so von sich selbst sagt. Er sagt übrigens auch, daß er froh ist, daß sein Leben heute nicht mehr so abgespaced ist, daß er die Flucht noch bräuchte.
Abschalten ist für mich was anderes. Vor allem: das Gegenteil von Rausch. Eher das Entfliehen vor einer rauschhaften Realität und eine notwendige Voraussetzung von Reflexion.