Bei Pro spe salutis bin ich auf einen Fragebogen aufmerksam geworden, der durchs Netz geistert: Wie 1.0 bist du? Um jetzt nicht wieder rumzunölen, daß die Frage falsch gestellt ist, und da es ja um den Spaß an der Freud geht, werde ich ihn erst mal beantworten.

CDs oder mp3-Player?
CDs! Eindeutig. Mit ordentlichem Booklet, Liner Notes und Artwork. MP3s sind zwar leicht zu transportieren (und dementsprechend viele sind auf meinem Laptop USB-Stick), haben aber keine Seele (bestehen ja nur aus Einsen und Nullen, von DRM ganz zu schweigen). Leider bin ich für Vinyl zu jung 😉

Festnetz oder Mobiltelefonie?
Festnetz. Na gut, ’n Handy habe ich auch. Für genau einen Zweck: Um im Falle einer Verspätung meiner Mitfahrgelegenheit(en) oder meiner selbst nicht völlig aufgeschmissen zu sein. Gelegentlich auch ganz praktisch, um Treffen auf unbekanntem Terrain zu ermöglichen. Wenn man denn des anderen Nummer hat.

Handy oder Smartphone?
Handy. Zum Telefonieren wird’s das auch immer bleiben. Smartphone (d.h.: kleiner, handlicher Mobilcomputer) reizt mich, aber dafür bin ich eigentlich nicht oft genug unterwegs.

Notebook oder Tablet-PC?
Notebook. Tablets sind mir bei vergleichbarer Leistung zu teuer. Außerdem bräuchte ich als Vielschreiber noch ’ne Tastatur.

Buch oder E-Book-Reader?
Buch! Das haptische Erlebnis läßt sich durch nichts ersetzen (siehe CD vs. MP3). Außerdem kann man mit vielen Buchrücken im Regal besser angeben als mit dem Buchverzeichnis auf dem Kindle (oder whatever).

Buch oder Hörbuch?
Hör-Was? Vielleicht, wenn irgendwann die Augen nachlassen.

Brettspiel oder Spiel-Konsole?
Da mit mir ja keiner Axis and Allies (oder meinetwegen auch nur Risiko) spielen will, wird notgedrungen digital gespielt. Allerdings nicht auf Konsole, sondern online mit dem Laptop. (NEIN! Nicht Farmville oder so’n App-Quatsch!)

Tagebuch oder Weblog?
Ist der Papst katholisch, oder was?!

Bargeld oder EC-Karte?
Nach Möglichkeit mit Bargeld, erleichtert die Kontrolle der Kontoauszüge. Außerdem lassen sich Einkäufe mit Bargeld nicht so leicht tracken. (Na gut, ich bekenne mich schuldig: Auch ich habe mindestens drei Kundenkarten inkl. Payback. Alles eine Frage von Kosten und Nutzen. Ich bilde mir ja immer noch ein, daß die Sortimentanpassung zweier Filialen eines Payback-Partners [die eine hatte Produkt x nicht, die andere Produkt y, so daß man immer zu beiden mußte] auch eine Folge von Payback waren. In früheren Jahrhunderten hätte man wohl öfter mal die Mitarbeiter angehauen, aber damals gab’s ja auch noch verantwortliche Inhaber vor Ort.)

Poesiealbum oder Social Network?
Ist das ein Widerspruch? Dient beides demselben Zweck? Würde erklären, warum ich in Social Networks nur einen bedingten Sinn erkennen kann. Das Poesiealbum aus der Grundschule ist ja ab und zu mal ganz nett („ach weißt Du, damals…“), aber braucht man Social Networks als geronnene Erinnerung?!

Kabel-/Satelliten-TV oder IpTV?
Isch ‚abe gar keine Fernseher!

Videothek oder Online-Videothek?
Bitte? Wozu braucht man Videotheken, wenn’s die DVD’s fürn Appel und ’n Ei zu kaufen gibt? Und wenn ich’s mir nicht kaufen will, lohnt es sich nicht, die Zeit damit zu verschwenden (siehe vorige Frage). Wo ist eigentlich die Frage nach dem Kino? Oder ist das zu modern?

Ladengeschäft oder Online-Shop?
Je nach Ware. CDs, DVDs, Bücher usw. in der Regel online (offline nur bei Sonderangeboten), Kleidung (insbesondere Schuhe) in der Regel offline (manche Händler machen trotz eindeutiger rechtlicher Regelungen einen Streß mit dem Umtauschen, ganz davon abgesehen, daß man in der Regel auf seinen Versandkosten sitzen bleibt — und Schuhe grundsätzlich nie passen); Waren des täglichen Bedarfs ausschließlich offline.

Brief oder E-Mail?
E-Mail. Wenn Brief, dann bitte ordentlich mit Briefpapier und handgeschrieben. Es sei denn, es geht an Behörden oder ähnliches, dann scrlltr2 🙂

Urlaubspostkarte oder MMS?
Postkarte. Wenn überhaupt. (Die richtige Web 1.0-Web 2.0-Frage lautete übrigens: MMS oder Foursquare?)

Straßenkarte oder Navigationsgerät?
Zu welchem Zweck? Um mich abends angenehm zu beschäftigen: Straßenkarte. Um tagsüber Langeweile totzuschlagen: Google Maps. Um ans Ziel zu kommen: Guter Orientierungssinn.

Duden oder Online-Duden?
Duden, 18., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Sonderausgabe, 1985. Falls gerade nicht zur Hand auch mal das Wiktionary oder Google.

Pizza-Zettel mit Anruf oder Online-Pizza-Bestellung?
Online aussuchen, dann anrufen.

Briefmarke oder Online-Frankierung?
Briefmarken frei Haus per Philatelie-Abo. Noch Fragen?

Papierrechnung oder Online-Rechnung?
Papier. Wenn man mich denn läßt.

Und zuletzt: mehr offline oder mehr online?
Offline. Ich für meinen Teil brauche Schlaf, Körperpflege und rede auch ganz gerne mal mit echt physisch anwesenden Personen.

So, nachdem jetzt die Fragen alle durch sind, muß ich doch nochmal rumnölen: Die meisten Fragen haben nichts mit „Web 1.0/2.0“ zu tun, sondern mit „Offliner/Onliner“ bzw. teilweise sogar „analog/digital“, wenn überhaupt (und nach dem Ergebnis wäre ich ja sowas von Internetausdrucker-und-Wiedereinscanner…). Im Übrigen halte ich es nicht für einen Wert an sich, möglichst „Web 2.0“ zu sein. Vielmehr ist doch die Frage, ob die Möglichkeiten des Web 2.0 einen bestimmten Zweck besser erfüllen als andere. Entsprechend auch (um nur ein Beispiel herauszugreifen) die Musik: Benutze ich sie zur Untermalung anderer Tätigkeiten, reicht MP3 locker flockig aus, will ich sie genießen, brauche zumindest ich was in der Hand, mit dem ich mich besser auf die Musik konzentrieren kann.

Da sucht man wochen-, fast monatelang die Antwort auf eine Frage, und dann bekommt man sie mal so eben nebenbei — während einer halben Stunde Anbetung und in Form eines knapp fünf Jahre alten Gebets meines Bistums, mit dem ich damals nicht viel anfangen konnte (kam mir zu platt, zu eng, zu betulich vor). Gepaart mit einem sehr guten Gespräch kurz danach, das in einer guten Stunde mehr Sinn erbracht hat als die letzten anderthalb Jahre davor, hat diese halbe Stunde Anbetung viele Folgen des Kampfes/Krampfes überwunden und mich darüber hinaus noch auf ein wunderbares Lied im Erfurter Anhang gestoßen. Wow!

Vor einem Monat beglückte mich Christ in der Gegemwart mit einem als Umfrage getarnten Werbeschreiben, nun hat die Herder-Korrespondenz nachgezogen. Obwohl es bei CiG um „Kirche wohin?“ ging, bei der Herder-Korrespondenz aber um „Deutschland vor dem Papstbesuch“, unterscheiden sich die Themenfelder der Umfragen nicht sonderlich: beide drehen sich eigentlich um den Dialogprozeß und den Rest des gegenwärtigen kirchenpolitischen Tagesgespräches.

Soweit, so gut, nur zertrümmern mir die Umfragen mein Weltbild. Während ich das Probeabo von CiG wegen regelmäßiger Herzattacken fast nicht überlebt hätte, war die Herder-Korrespondenz zwar nicht immer in voller Länge interessant, aber sie hatte immerhin ein differenzierteres Niveau als CiG und war durchaus wissenschaftlich zitierbar (was zum Teil der Grund für die Langeweile gewesen sein dürfte :-). Wenn ich nun aber die Umfragen vergleiche, dann ist die der CiG aber um Längen differenzierter. Schon alleine die Antwortvorgaben: Während bei CiG Mehrfachauswahl möglich war und verschiedene Aspekte eines Themenfeldes berücksichtigt wurden, gibt es bei der Herder-Korrespondenz immer nur die gleichen Antworten, von denen man sich für eine entscheiden muß: „Ja“ und „Nein“.

Leider kann man bei keiner Frage mit dem Ankreuzen einer dieser Vorgaben die Frage angemessen beantworten, was nicht zuletzt daran liegt, daß die Fragen schonmal gleich gar nicht angemessen gestellt sind. Etwa Frage 3: „Die Bischöfe haben den Ernst der Lage noch nicht erkannt.“ Könnte man ja ankreuzen, könnte man aber auch nein ankreuzen, je nachdem, welche Bischöfe man vor Augen hat und worin man den „‚Ernst der Lage“ sieht (ich vermute, ich sehe den „Ernst der Lage“ in einer anderen Richtung als die Umfrageersteller). Oder Frage 6: „Das kirchliche Leben wird mehrheitlich von Frauen getragen, die katholische Kirche aber von Männern geleitet: Daran muß sich etwas ändern.“ — Ja: die Männer sollten sich mehr ins kirchliche Leben einbringen. Nein: an der Leitung durch Priester kann sich nichts ändern. Ganz zu schweigen von Frage 10: „Der Papstbesuch wird die Stimmungslage im deutschen Katholizismus deutlich verbessern.“ Mal davon abgesehen, daß ich beim Begriff „Katholizismus“ jedesmal zusammenzucke (rein begrifflich: katholisch läßt sich nicht „ismisieren“, denn dann ist es nicht mehr allumfassend; historisch: ganz bestimmte Ausprägung katholischen Lebens, die schon seit dem einen oder anderen Jahrzehnt vorbei ist, auch wenn das ZdK immer noch die Ordnung des frühen 20. Jahrhunderts repräsentiert), ist natürlich die Frage, was man unter „deutschem Katholizismus“ versteht. Die Doppelnamen-Gutmenschenfraktion wird sich jedenfalls nicht vom Papst die schlechte Stimmung verderben lassen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Die Herder-Korrespondenz hat es mit einem einzigen Werbeschreiben geschafft, mein bisher positives Gesamtbild der Zeitschrift von Grund auf zu zerstören. Herzlichen Glückwunsch, das ist doch mal eine Leistung.

Um den Gedanken von gestern weiterzuführen: Im Grunde habe ich durchaus Verständnis für die Suche nach (weitschaftlicher) Sicherheit, denn von hause aus bin ich genau so veranlagt (und es war ein langer Weg vom Wunsch der Verbeamtung wegzukommen :-). Eine solche Suche hat auch nicht zwangsläufig was mit Materialismus oder egoistischen Habenwollen zu tun. Wenn ich nicht weiß, wie ich den heutigen Tag überleben soll, ist es nicht so ganz einfach, sich ganz dem Gottesreich zu widmen. Solche Schwierigkeiten sind in unseren Breiten aber nicht unbedingt der Normalfall (anderswo schon, siehe Ostafrika).

Auch habe ich Verständnis dafür, daß jemand Panikattacken bekommt, wenn er seine Stelle zu verlieren droht, auf deren Existenz er seine Existenz aufgebaut hat. Wo ich aber verständnislos davor stehe, ist die Angst, in einigen Jahren die Stelle möglicherweise verlieren zu können. Ich frage mich, wie man überhaupt erstmal ruhigen Gewissens sich dermaßen von einer bestimmten Einkommenshöhe abhängig machen kann. Ok, wenn die Stelle eine wäre, bei der man sowieso noch aufstocken muß und trotzdem immer am Rande des Untergangs steht, wäre das noch nachvollziehbar. Aber wenn es sich um eine sehr gut bezahlte Akademikerstelle handelt, die Kinder schon lange aus dem Gröbsten raus sind und in der Familie noch ein zweites Einkommen existiert, verstehe ich nicht, woher eine solche Existenzangst kommen kann, daß man für die Erhaltung der noch gar nicht bedrohten Stelle auch über Leichen zu gehen bereit ist. Daß man dabei noch nicht einmal merkt, wie man indirekt an dem Ast sägt, auf dem man sitzt, macht die Sache nur noch unverständlicher. Und sich gleichzeitig zu fragen, was eigentlich mit „Erlösung“ heute gemeint sein könnte, schlägt dann dem Faß den Boden aus…

Da werde ich mal wieder aufgefordet, etwas nachzuweisen, was nicht existiert, nämlich eine bestimmte Form von Einkommen. Nun ist es naturgemäß etwas schwierig, Belege für nicht-existente Einkünfte vorzuweisen, aber daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Ist halt so, wenn man nicht ins 08/15-Schema der Behörden paßt.

Der kleine Unterschied ist diesmal aber: Nicht nur die Behörden erwarten, daß beide Elternteile Einkünfte (wohlgemerkt fast immer: aus nichselbständiger Erwerbsarbeit; egal wie hoch die Einkünfte aus anderen Einkunftsarten sind) haben, auch eine ganze Menge Bekannte gehen wie selbstverständlich davon aus, wenn der Vater längerfristig Elternzeit nimmt, geht natürlich die Mutter arbeiten. Unabhängig davon, ob das wirtschaftlich nötig ist oder nicht, ob ein Säugling zu stillen ist oder nicht.

Mich irritieren solche Selbstverständlichkeiten. Auch wenn wir während meiner Elternzeit zu zweit zu hause sind, ist es ja nicht so, daß wir faul auf der Haut lägen. Eine Handvoll Kinder versorgt sich ja nicht gerade von selbst oder mal eben nebenbei. Sicherlich könnte auch einer alleine den Haushalt und die Kinder managen, aber ob das den Kingern gerecht wird, wenn es an der Flexibilität fehlt, auf ihre Bedürfnisse ad hoc einzugehen.

Keiner, der weiß, wovon er redet, wird wohl bestreiten, daß Kinder und Haushalt auch ohne Bezahlung als Arbeit durchgehen. Oder doch? In der FAZ war vor einiger Zeit ein Beitrag über einen Selbstversorgerbauern, der zwar nichts über seinen Eigenbedarf hinaus produzierte, aber auch keinem anderen auf der Tasche lag. Ihm wurde (explizit in einem Leserbrief) vorgeworfen, nicht zu arbeiten, mit der Begründung, er produziere ja nichts. Arbeit scheint heute gleichbedeutend mit Erwerbsarbeit zu sein, was sogar noch hinter Marx zurückbleibt.

Arbeit kann, wenn sie sinnvoll ist, erfüllend sein — wer wollte das leugnen. Kriterium der Erfülltheit ist doch aber kaum die Gehaltszahlung. Oder doch? In der Sonntagspredigt — eine Betrachtung über das Thema „Urlaub“ — hieß es zum Einstieg, wir wären jedes Jahr aufs Neue urlaubsreif, bräuchten eine Auszeit aus dem Streß, seien überarbeitet durch die ständige Forderung, vielleicht sogar Überforderung. Und da sei es gut, eine Unterbrechung des Alltags zu haben, im Urlaub uns Gott zuzuwenden und von ihm stärken zu lassen.

Warum lassen wir sowas mit uns machen? Ich denke, das sind alles Beispiele dafür, daß das ganze Koordinatensystem nicht stimmt. Wenn ich vom Alltag gestreßt bin, ist dann keine Zeit für Gott die Folge oder vielleicht eher sogar die Ursache? Daß ich unbedingt etwas machen oder erreichen will, wozu ich nicht befähigt und berufen bin, sondern was ich mir um meines Egos willen in den Kopf gesetzt habe? Daß Produktion von Geldwert wichtiger ist als Gott?

Update: Noch ein Indiz.

Daniel Suarez: Daemon. Die Welt ist nur ein Spiel; Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2010. 622 Seiten.

Mathew Sobol, schwerreiches Computergenie und Chef einer erfolgreichen Online-Spiele-Firma, stirbt an einem Gehirntumor. Die Nachricht seines Todes löst über das Internet andere Ereignisse aus. Ein Daemon — in UNIX-Betriebssystemen ein im dauerhaft im Hintergrund laufendes Programm, das auf bestimmte Auslöser hin bestimmte Prozeduren auslöst — ist redundant im Internet verteilt und ganz offensichtlich von Sobol selbst dort plaziert worden. Die ersten Aktionen, die der Daemon nach Erfassen der Todesnachricht Sobols auslöst, sind Morde an Chefentwicklern von Sobols Unternehmen, die vermutlich zuviel von der Programmierung des Daemons wußten. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, denn während die MMORPG-unerfahrenen Cops und Feds nicht den leisesten Schimmer haben, womit sie es hier zu tun haben, wirbt der Daemon über Sobols Computerspiele Hacker, die trotz hoher Computerkenntnisse auf der Verliererseite der Gesellschaft stehen, und andere Menschen, die nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen haben, an, verschafft sich Geldquellen, aus denen er seine teuren „Augen“, „Ohren“ und „Hände“ in der realen Welt finanzieren kann, und beginnt, ein riesiges Unternehmen zur Umstrukturierung der Gesellschaft aufzubauen — kurz: er wird mit jeder Sekunde mächtiger.

Ich bin an das Buch mit der Erwartung herangegangen, es sei ein Cyberpunk-Roman. Am Anfang wurde diese Erwartung auch im wesentlichen bestätigt, zumindest ist der erste Teil ein Hacker-Roman, in dem mit Wissen und Können die Technik auszutricksen ist. Dieser erste, knapp das halbe Buch umfassende Teil ist spannend, in sich geschlossen und endet mit einem würdigen Abschlußsatz, der die ganze vorherige Geschichte nochmal in einem anderen Licht erscheinen läßt.

In diesem ersten Teil wird auch die Grundidee des Buches entfaltet, für die es zurecht landauf, landab gelobt wird. Denn was dort beschrieben und entwickelt wird, ist eigentlich keine Science Fiction. Zwar bezieht das Buch viele Grundmotive aus dem Cyberpunk-Genre, Teile der Grundkonstellation ähnelen sogar so stark der Neuromancer-Trilogie (genauer: Count Zero; wesentlicher Unterschied: Joseph Virek vegetiert noch vor sich hin, Mathew Sobol ist schon tot), daß ich nach 200 Seiten schon fast keine Lust mehr hatte weiterzulesen. Der wesentliche Unterschied liegt aber darin: Als William Gibson von Cyberspace und Matrix schrieb, war das Internet noch eine technisch aufwendige Idee, und was in seinen Büchern dort geschieht, war tatsächlich Science Fiction (und ist es größtenteils bis heute). Was Suarez beschreibt, ist technisch keine große Schwierigkeit, es bräuchte tatsächlich nur jemanden, der es sich leisten kann, und auch dort bleibt Suarez durchaus im Rahmen des Möglichen. Und das ist das eigentlich Erschreckende des Buches: Daß es bewußt macht, was technisch bereits Realität sein könnte, ohne daß wir es merken.

Leider konnte Suarez nicht der Versuchung widerstehen, die Geschichte weiterzuschreiben — mit je etwa halbjährigen Sprüngen schließen sich zwei weitere Teile an, in denen es immer weniger um die Technik und ums Austricksen derselben durch Hacken geht, sondern um die klassische Action-Thriller-Konstellation: Die gute Seite versucht die böse Seite aufzuhalten. Dabei fehlt es nicht nur am Hacking, das (nur) noch am Rande vorkommt, weil es sich in der Anti-Daemon-Task-Force wohl nicht ganz vermeiden läßt, sondern Daemon gipfelt in einer gigantischen Materialschlacht, in der nur noch ein einziger Clou steckt, nämlich daß sich eine der beiden Parteien als in sich gespalten entpuppt und damit eine dritte Partei zwischen Daemon und Regierung auftaucht. Daran ist aber nichts mehr „tricky“, nur noch Action.

Hinzu kommen zu viele parallele Storylines, die mitunter zu lange nicht weitergeführt werden, so daß Figuren, wie Anji Anderson und Brian Gragg, die im ersten Teil eine zentrale Rolle spielten, in den weiteren Teilen nur noch am Rande vorkommen, aber keine eigenständige Entwicklung mehr durchschreiten, und ihre Funktion für die Geschichte übernehmen andere, neu eingeführte Figuren. Man könnte dies als die Austauschbarkeit der Personen für den Daemon interpretieren, aber wenn Brian Gragg, eine der zentralen Figuren für einen Handlungsstrang des ersten Teils, am Ende plötzlich als einer der mächtigsten Agenten des Daemons auftritt, ohne daß sein Weg dorthin eine Rolle gespielt hätte, dann funktioniert diese Interpretation nicht mehr.

Auch fehlt mir die Ambivalenz sowohl der Technik als auch der Charaktere. Während bei Gibson & Co die Helden nur ein kleines bißchen weniger verrückt sind als die ihrerseits auch nicht eindeutig bösen „Schurken“ (die vielleicht einfach bloß eine kleine Dosis mehr des um sich greifenden Wahnsinns abbekommen haben), wird bei Suarez, je näher man dem Ende kommt, immer deutlicher, daß auch der Daemon selbst in ein Schwarz-Weiß-Schema gepreßt wird, das durch die Spaltung der einen Gruppe nur noch deutlicher statt ambivalent wird. Der Leser ist am Ende geradzu versucht, den verbliebenen Teil der einen Gruppe plötzlich ihrem ursprünglichen Gegner zuzuschlagen, was nicht nur an dem unumgänglichen Seitenwechsel einer Hauptfigur liegt.

Während der erste Teil also ein absoluter Brecher ist, wurde mir im zweiten und dritten Teil stellenweise sogar langweilig. Vielleicht ist meine Erwartungshaltung „Cyberpunk“ fehlerhaft gewesen (die zum Teil als Verneigungen vor dem Genre zu verstehenden Referenzen sind aber überdeutlich, etwa vor „Snow Crash“, wenn im letzten Kapitel des Buches völlig irrelevant für die Handlung Mythologie und Poetik als informatischer Code interpretiert werden). Das Augenöffnende des ersten Teils aber läßt auch den Rest des Buches flüssig lesen. Und wer nicht so sehr auf Hacking und Cyberpunk steht, wird vielleicht zum genau entgegengesetzen Urteil kommen.

Ich bin eigentlich ein großer Freund des Verkehrsmittels Bahn. In der Regel habe ich auch keine Probleme mit Verspätungen, dem Finden des günstigsten Fahrpreises und der besten Verbindung. Jetzt habe ich es aber doch noch geschafft, eine „Lücke im System“ zu finden. Was bei direkten Verbindungen kein Problem ist, scheint mit einem kurzen Zwischenstop in einer Stadt am Rande des Weges nicht mehr ohne weiteres zu funktionieren: Alle Verindungen zu finden.

Fahre ich von x nach z, finde ich Verbindungen im Stundentakt. Will ich aber von dort nach y weiterfahren und das ganze mit einer einzigen Fahrkarte machen (wir erinnern uns: normalerweise habe ich keine Probleme den günstigsten Fahrpreis zu finden, was natürlich Rund- und Rückfahrten bei mehreren Fahrtzielen innerhalb von zwei Tagen mit einschließt :-), fehlt plötzlich jede zweite Verbindung zwischen x und z — und das unabhängig davon, ob es sich um eine Direktverbindung oder eine mit Umsteigen handelt. Auch wenn „schnelle Verbindungen bevorzugen“ ausdrücklich weggeklickt und als Abfahrtszeit die des gewünschten Zuges angegeben ist, findet er diesen nicht. Erst manuelle Anpassung der Umsteigezeit („früher in z ankommen“) ließ den gewünschten Zug auftauchen — mit dem Problem, daß der gewünschte Anschluß nicht mehr auswählbar war.

Also Neustart mit der nun ermittelten Aufenthaltszeit und erneute manuelle Anpassung — und voila: Da ist die gewünschte Verbindung. Gebe ich die nun ermittelte Umsteigezeit aber von Anfang an ein, findet er diese Verbindung wieder nicht. Erst langsames Reduzieren der Umsteigezeit ergibt dann wieder die gewünschte Verbindung — nach Abzug von 10 Minuten. Aber Vorsicht: bei zuviel Abzug gibt es gleich wieder den nächsten Zug von x…

Meine Güte, wer hat das denn bloß programmiert?!

Update: Was im Internet ein Schmerz im verlängerten Rücken war, ging am Automaten völlig problemlos. Watt’n Quatsch.

Stanislaus hat auf die Antwort von Kardinal Meisner zur Frage nach einem Pontifikalamt in der forma extraodinaria hingewiesen. Stanislaus nennt das beiläufig eine „negative Antwort“. Bei genauerer Betrachtung ist es aber keine negative Antwort, weil sie überhaupt keine Antwort auf die gestellte Frage beinhaltet.

Die Frage lautete kurz und knapp:

können Sie sich vorstellen, ein Pontifikalamt in der außerordentlichen Form des römischen Ritus zu feiern?

Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?

Es gab bei „direktzu Kardinal Meisner“ mehrere Fragen zur außerordentlichen Form, und ich vermute, daß ich nicht der einzige war, der gerade diese Frage gerade wegen ihrer Formulierung unterstützt hat. Sie bot die Möglichkeit, mal ernsthafte Argumente zu bringen (sei es für oder wider). Und dann sagt er nicht einmal, ob er sich das vorstellen könnte, wenn es denn mal einen Anlaß gäbe, sondern nur, daß er zur Zeit keinen Anlaß sieht:

Zu Ihrer eigentlichen Frage:
Bisher habe ich kein Pontifikalamt in der außerordentlichen Form gefeiert. Obwohl ich 1962 zum Priester geweiht worden bin und die Messzelebration anfangs noch in der außerordentlichen Form praktiziert habe, müsste ich mich heute intensiv darauf vorbereiten. Augenblicklich sehe ich keinen Anlass, selbst ein Pontifikalamt in der außerordentlichen Form zu feiern.

Ok, sich darauf intensiv vorbereiten zu müssen, ist ein valides Argument gegen ein Pontifikalamt in der außerordentlichen Form am, sagen wir mal: kommenden Sonntag. Vermutlich ist die Planung eines Erzbischofs von Köln aber sowieso längerfristiger als bis kommenden Sonntag. Daß er im Augenblick keinen Anlaß sieht, ein solches zu feiern, sagt ja noch nichts darüber aus, was wäre, wenn ein solcher Anlaß gegeben wäre (spinnen wir mal rum: etwa anläßlich der Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft mit der Piusbruderschaft?). So kann man natürlich eine negative Antwort da reinlesen — aber sie steht da nicht. Das ist eine Interpretation, die der Rezipient vornimmt, und der wird immer seine eigenen Erwartungen in so einen Text reinbringen, sei es, daß ein deutscher Bischof eh nie außerordentliche zelebrieren wird (sei es aus Feigheit, sei es aus Überzeugung), sei es, daß Kardinal Meisner ja gerne würde, sich aber bisher eben kein Anlaß ergab, was man ja durch eine Anfrage ändern könnte, oder der Widerstand aus $FEINDBILD-Kreisen zu groß ist.

Toll, die Antwort ist mal wieder herrlich diplomatisch und stößt streng wörtlich genommen weder die einen noch die anderen vor den Kopf (sagt er ja auch: er muß der Einheit dienen), und bei Bedarf kann er die eine oder andere Interpretation vorschieben. Nur daß er auf Dauer damit beide Seiten (die sich überhaupt für die Frage interessieren) vergrätzt, die nämlich beide eine klare Positionierung wünschen. Wie wollen wir eigentlich wieder missionarisch werden, wenn wir auf klare Fragen keine klaren Antworten geben können?!

DISCLAIMER: Dieses Posting ist Ausdruck meiner persönlichen Enttäuschung darüber, daß Kardinal Meisner sich aus einer klar und präzise formulierten Frage einfach „rausgewieselt“ hat. Nicht mehr und nicht weniger.