Sehr zum Erstaunen meiner Frau hatte ich in dem Gotteslobliederpost davon gesprochen, daß „Segne Du Maria“ einen wesentlichen Anteil daran hatte, meine Vorbehalte gegen Marienfrömmigkeit einzuäschern. Das muß ich, glaube ich, nochmal näher erläutern.

Eine ganze Weile hatte ich ein Problem mit Maria. Oder besser: mit Marienfrömmigkeit. Vielleicht gilt hier: „Sie lästern über Dinge, die sie nicht verstehen“ (2 Petr 2,12), denn Maria gehörte bei uns zu hause zwar schon „dazu“, wie und weil sie auch zur Kirche gehörte. Aber mehr Marienfrömmigkeit als das Ave Maria habe ich nicht kennengelernt, weder zu hause, noch in der Pfarrei noch in der Schule.

Lediglich an zwei Dinge kann ich mich noch erinnern. Als ich acht Jahre alt war, starb meine Oma. Ich erbte ihren Rosenkranz, den wollte ich auch unbedingt haben. Irgendjemand erklärte mir zwar das Prinzip, aber es kam zu keinerlei Praxis. Die zweite Erinnerung hängt auch am Tod meiner Oma. Mit einem Freund und seiner Mutter war ich in deren Pfarrkirche, und sie schlug mit vor, eine Kerze vor der Marienstatue für meine Oma anzuzünden. Auch wenn ich zugestimmt habe, fand ich das komisch. Wahrscheinlich, weil ich es nicht kannte. (Anmerkung: Bei genauerer Betrachtung muß es sowas auch bei uns in der Kirche gegeben haben, da ich eine ganz dunkle Erinnerung an den Kerzenständer habe.)

Als Jugendlicher hatte ich dann genug negativen Input, um Maria (bzw. Marienfrömmigkeit) für eine Gefahr zu halten. Wiederum nicht an und für sich, aber wenn sie Christus verdrängt, dann droht Mariolatrie. (Soll’s ja wirklich geben; daß Marienverehrung, richtig verstanden, das glatte Gegenteil davon ist, hätte ich damals nicht für möglich gehalten.) Entsprechend war ich auch in heller Aufregung, als ich ca. 2000 das erste Mal über die „Frau aller Völker“ gestolpert bin. Das war allerdings auch der Höhepunkt meiner Anti-Mariologie.

Denn mein Ausflug ins Priesterseminar hat in mir ein „Erbe“ hinterlassen, das während meiner Zeit dort noch gar nicht zum Tragen gekommen war: das Salve Regina. Wenn ich mich nicht irre, bin ich dort das erste Mal überhaupt mit halbwegs regelmäßiger Marienfrömmigkeit konfrontiert worden. (Ich weiß auch noch, wo ich das erste Mal das Salve Regina kennengelernt habe: angeleitet vom Spiritual in St. Servatius, Duderstadt; der Grund, warum mir das hängen geblieben ist, ist die Provenienz dieser Kirche…)

Das Salve Regina hatte den unglaublichen Vorteil, daß es in lateinischer Sprache abgefaßt ist und daher von meinem kritischen Geist (obwohl mich Latein neun Jahre lang in guten wie in schlechten Schultagen begleitet hatte) nicht sofort auf die kleinlichsten Anzeichen von Gefahr analysiert werden konnte, eine ernste Melodie hat, auf eine lange kirchliche Tradition zurückblicken kann und überhaupt ein schönes Lied ist (was mir so richtig erst klar wurde, als ich es als Schlußlied für unsere Hochzeit haben wollte…). So hat mir dieses Lied grundsätzlich das Herz für Maria geöffnet.

Intellektuell machte ich mir weiter Sorgen und hatte Vorbehalte – zumal sich die mariologische Dogmatik auch ziemlich zurückhält und auf vier Dogmen beschränkt, von denen mindestens zwei eigentlich christologischer Natur sind. Da einer Marienkirche zugehörig konnte ich aber viele weitere schöne Marienlieder kennenlernen (die ich jetzt, einer Elisabethgemeinde zugehörig, ziemlich vermisse). Nur eines verstörte mich immer noch ziemlich: „Segne Du, Maria“.

„Segne Du, Maria“ ist so ziemlich das Gegenteil vom Salve Regina. Die Melodie beißt sich im Hirn fest wie der schrecklichste Schlager, den man auch dann immer noch summen muß, wenn man ihn zum Überdruß (also so ungefähr zwei Mal) gehört hat. Der Text enthält sämtliche Warnzeichen von Mariolatrie – und überhaupt: KITSCHALARM bis zum Abwinken!!!!111111einself.

Und dann stand das Lied auch noch im neuen (inzwischen ja auch schon wieder überholten) Erfurter Diözesananhang! Wie konnte das denn angehen?! Welche Kontrollinstanz hatte denn da versagt – und warum?!

Tja, und dann, eines Tages, als „Segne Du, Maria“ mal wieder das Schlußlied war, kam mir in den Sinn, die Frage mal in Frage zu stellen: Wie kann ich eigentlich das Lied ablehnen, wenn es die Kirche offenbar für wertvoll hält?

Das war der entscheidende Perspektivwechsel. Auch, wenn ich nicht alles verstehe(n muß), kann ich doch der Kirche und ihrem Urteil vertrauen, die die Verheißung hat, daß die Pforten der Unterwelt sie nicht überwinden werden. Im Vertrauen auf die Kirche habe ich also mal alle meine Vorbehalte beiseite geschoben und mich auf dieses Lied eingelassen, das quasi alles repräsentierte, was mir an Marienfrömmigkeit quer lag – and boy, ‚t was nice! Mal einfach nicht ständig den „Häresiefinder“ im Kopf laufen zu lassen…

Heute kann ich das Lied mit Inbrunst singen, auch wenn ich die Melodie immer noch ziemlich kitschig finde. Alles weitere mit der Marienfrömmigkeit ergab sich dann übrigens fast von selbst. Aber das ist eine andere Geschichte.

(Außerdem brauche ich doch einen neuen Cliffhanger, um meine Leser bei der Stange zu halten! – Demnächst in diesem Theater: „Wie Cannibal Corpse mir den Rosenkranz erschlossen“.)

Soeben verkündet: Weihbischof Dr. Ulrich Neymeyr wird neuer Bischof von Erfurt. Amtseinführung ist geplant für den 22. November, den Samstag nach dem Fest der Bistumspatronin Elisabeth.

Neymeyr wurde in Patrologie promoviert, ist 57 Jahre alt und Mitglied in den DBK-Kommissionen „Publizistik“ und „Jugend“. Im Bistum Erfurt ist er wohl praktisch unbekannt. Selbst die, die ihn gewählt haben, sollen zumindest zum Teil nicht mehr als einen Lebenslauf gehabt haben.

Um dem ein bißchen abzuhelfen, habe ich schonmal ein bißchen gegoogelt und zum Beispiel seine Katechesen vom letzten Weltjugendtag gefunden – gut versteckt unter „Vorträge“:

Jesus ist nicht nur ein mitmenschlicher Freund. Er kommt aus der Welt Gottes, ja er ist selbst Gott. Er ist nicht nur gekommen, um Gemeinschaft mit uns Menschen auf der Erde zu haben, sondern um uns aus dem Dilemma der Schuld und des Todes zu befreien. Er ist nicht nur unser Freund, er ist auch unser Erlöser und Heiland. Er ist weit größer als wir. Dies prägt auch die freundschaftliche Beziehung zwischen Jesus Christus und den Christen. (von hier)

Und dann fand ich da noch ein Video. Ok, das ganze Geklatsche und die Musik, naja, aber die Worte ab 1:57:

Soviel auf die Schnelle, den Rest muß die Zeit zeigen.

„Zwischen Ausverkauf und Rigorismus“ heißt ein Buch von Dieter Emeis zur Sakramentenpastoral, an das ich heute angesichts der beiden Tagesheiligen denken mußte. Soweit ich mich an das Buch erinnere (ist 12–13 Jahre her, daß ich es gelesen habe), bringt es das Problem ganz gut auf den Punkt, bietet aber (meiner Meinung nach) keine brauchbar anwendbare Lösung. Und das liegt wohl schon am Lösungsansatz, wie ich mir heute dachte.

Der Grund, warum ich an das Buch denken mußte, ist der Streit, den die beiden Tagesheiligen miteinander hatten, nämlich um den Umgang mit den Lapsi, den Christen, die aufgrund der Verfolgung gefallen und den heidnischen Göttern geopfert hatten. Während Papst Kornelius für eine milde Bußpraxis eintrat, war Cyprian ein Vertreter der „einmal raus, immer raus“-Fraktion, zumindest in dieser, doch sehr grundlegenden Frage. Heute wäre also Cyprian der Extremist, der Fundamentalist, der Unbarmherzige – der Rigorist. Kornelius hingegen der Barmherzige, der mit dem Blick für die Lebensrealität, der Mann der Zukunft – der Ausverkäufer.

Aber halt, so ganz stimmt das auch wieder nicht, denn in der Grundfrage waren sich beide ja durchaus einig: den heidnischen Göttern zu opfern ist eine schwere Sünde, die von Gott und der Kirche trennt, selbst wenn das Opfer „nur“ ein rein äußerlicher Akt bleibt. Und genau diese Einstellung führt beide ins Martyrium und verbindet sie. (Man lese nur mal den Brief von Cyprian an Kornelius, den die Lesehore heute anbietet: Wir sind eine verfolgte Kirche.) Sie unterschieden sich darin, wie sie mit den (wohlgemerkt:) reuigen Lapsi umgehen wollten.

Auf diesem Hintergrund zeigen die beiden Heiligen, derer wir heute gedenken, zweierlei:

  1. Bei allem Streit, den es um Fragen des konkreten Umgangs mit pastoralen Realiäten gibt, muß die grundsätzliche Lehre klar bleiben: Apostasie bleibt Apostasie, Sünde bleibt Sünde.
  2. Die Kirche braucht beide Stimmen, und zwar gerade als Extrempositionen.

Genau in 2. liegt meine Unzufriedenheit mit dem Buch von Emeis begründet: Es geht nicht darum, einen gangbaren Weg zwischen Ausverkauf und Rigorismus zu finden, sondern wir brauchen beide Stimmen, die sowohl den (vermeintlichen) Ausverkauf als auch den (vermeintlichen) Rigorismus in der Kirche zum Ausdruck bringen. Das gut-katholische „et…et“ (sowohl als auch) meint eben keinen Ausgleich zur Mitte hin, nicht irgendwas „Dazwischen“, sondern ein gleichzeitiges Verharren in den Extremen:

Nicht „ein bißchen Mensch, ein bißchen Gott“, sondern „wahrer Mensch und wahrer Gott“ zugleich, nicht „ein bißchen Leib Christi, ein bißchen Brot“, sondern „wahrer Leib Christi“ der Substanz nach und echtes Brot den Akzidenzien nach, nicht „ein bißchen Schrift, ein bißchen Tradition“, sondern „die ganze Schrift und die ganze kirchliche Tradition“ und auch nicht „ein bißchen Geist, ein bißchen Amt“, sondern das volle Geistwirken und die ganze Hierarchie – als Extreme, aber eben nicht als kontradiktorische Gegensätze (siehe auch Offb 3,15–16).

Entgegen allen Vorurteilen lehrt die Kirche kein bis in die letzten Winkel festgemauertes System, sondern einige sehr wesentliche Leitplanken, die verhindern sollen, gänzlich vom Weg abzukommen. So kann etwa die Frage, wie man sich das Zusammenwirken von menschlicher Freiheit und Gnade Gottes vorstellen kann, völlig unterschiedlich beantwortet werden (siehe Gnadenstreit), entscheidend ist, daß nicht „ein bißchen menschliche Freiheit und ein bißchen Gnade Gottes“ zusammenkommen und sich vermischen, sondern daß die „volle menschliche Freiheit“ mit der „Unfehlbarkeit der Gnade Gottes“ zusammenwirkt, quasi unvermischt und ungetrennt.

Entsprechend gibt es in der Kirche nicht nur Platz für einen Papst Benedikt und einen Papst Franziskus, einen Heiligen Franziskus und einen Heiligen Dominikus, für eine Hildegard von Bingen und einen Robert Bellarmin (um mal auf die Tagesheiligen von morgen vorzugreifen), sondern die Kirche braucht diese unterschiedlichen Stimmen, um die ganze ihr anvertraute Botschaft zu verkünden. Und das eben nicht, um zu einem Ausgleich, zu einem Kompromiß zu finden, sondern gerade in der Radikalität. Jeder verwirklicht einen anderen Aspekt des Glaubens (aber den bitteschön radikal!), denn niemand kann den ganzen Glauben in sich verwirklichen (dafür schwanken wir zu oft zwischen den Extremen Heiligkeit und Sünde) außer Gott selbst, in dem alle Gegensätze zusammenfallen.

Ist das ein Text! Kurz und knackig (21 Verse), genau der Struktur alttestamentlicher Heilsprophetie enstprechend: Die Trennung zwischen ursprünglichen Text und Nachsatz, wie sie die Einführung der Einheitsübersetzung macht, ergibt inhaltlich überhaupt keinen Sinn. Vorausgesetzt natürlich, man betrachtet den Text tatsächlich als prophetisch und nicht nur als rein historisch. Eines ist jedenfalls sicher: Wenn der Text nicht zufälligerweise den heutigen Staat Israel voraussagt (und das ergäbe nicht mal in rein alttestamentlicher Prespektive Sinn, d.h. unter Ausblendung der Menschwerdung), dann enthält er einen massiven Verheißungsüberschuß.

Genauso erweist sich die Textumstellung (V1) in der EÜ als irreführend:

Einheitübersetzung:
„Als ein Bote zu den Völkern gesandt wurde mit dem Ruf: Auf zum Kampf gegen Edom!, da haben wir vom Herrn eine Kunde gehört.
So spricht Gott der Herr zu Edom: […]“

Luther:
„So spricht Gott, der HERR, über Edom: – Wir haben vom HERRN eine Botschaft gehört, ein Bote ist unter die Heiden gesandt: Wohlauf, laßt uns wider Edom streiten! – „

Elberfelder
„So spricht der Herr, HERR, über Edom: – Eine Kunde haben wir vom HERRN gehört, und ein Bote ist unter die Nationen gesandt worden: ‚Macht euch auf, laßt uns gegen Edom aufstehen zum Krieg! – „

Der Unterschied ist: Handelt erst Gott – oder handeln erst die Menschen, die einen Boten zu möglichen Verbündeten schicken, woraufhin dann der Prophet ein Gerichtswort über Edom spricht – das historisch offensichtlich nicht eingetreten ist, was Obadja als Falschpropheten entlavte?

Bei Luther klingt zudem „Wir haben vom HERRN eine Botschaft gehört, ein Bote ist unter die Heiden gesandt“ nach einem Parallelismus membrorum, nicht nach einer Abfolge zweier unabhängiger Ereignisse. Mit anderen Worten: Die EÜ geht quasi apriori von einer historischen Situation aus und schreibt diese – gegen den Wortlaut – in den Bibeltext!

Der Text ist im ganzen apokalyptisch: Er zeigt auf, daß „Edom“ bereits dem Untergang geweiht ist, sein Lebensstil kann nicht von Dauer sein. Wobei hier „Edom“ bereits als „Typus der Feinde Israels“ zu verstehen ist, und in einer christlichen Interpretation steht Israel für die Kirche. In dieser Persprektive ergibt auch der Bote an die Heiden (die Völker) Sinn, gerade als Parallelismus membrorum: Wir (=Israel) haben vom Herrn gehört, die Heiden hören es von einem Boten. (Wobei in der Septuaginta nicht mal was von einem Boten steht, sondern: „Er hat zu den Heiden einen Inhalt ausgesandt“ – was m.E. noch näher an der Menschwerdung als an einer historischen Zeitangabe ist -, der Handelnde ist also Gott selbst!)

Die ganze Prophetie dieses kurzen Buches ist eine Stärkung, in der Zwischenzeit die Drangsale der Not, die Unterdrückung , die Verfolgung und den Spott zu ertragen. Denn wisse: Das alles ist nichtig, bedeutungslos, im Kreuz schon längst gerichtet. Selbst wenn „Edom“ meint, auf dem hohen Berg (Roß?) sicher zu sein (3), es wird herabgestürzt werden (4), all seine Macht ist letztlich nutzlos, gegen die es ausplündernden Diebe und Räuber hat es kein Mittel – ja selbst die Bundesgenossen (7) betrügen und verraten es (ein Reich, das in sich gespalten ist…?); seine ganze Daseinsweise zerstört sich selbst, kann einfach keinen Bestand haben, weil sie auf Ungerechtigkeit und Schandtat gründet. Gerade weil es Jakob, „deinem Bruder“, Gewalt antat – also Christen verfolgte -, „wirst Du ausgerottet für immer“ (10).

Freu dich nicht über das Unglück der Kirche, der Christen (12f.), mach die Fliehenden nicht nieder (14) – denn was du tust, fällt auf dich zurück (15). Egal aus welchem Volk du stammst, wenn du Israel (die Kirche) nicht unterstützt und verteidigst, indem du (siehe V1!) mit ihm gegen „Edom“ ausziehst, wird dich Edoms Schicksal treffen. Am Ende gibt es nur noch Zion und Israel – Gott und die Kirche (egal aus welchem Volk du stammst), Christus und Seinen Leib (22). Der Herr, ihr Gott, wird über ihnen leuchten uns sie werden herrschen in alle Ewigkeit (Offb. 22,5).

(Apropos Offenbarung des Johannes: Die 12 „kleinen“ Propheten klingen zu weiten Teilen so, als seien seien sie geradezu die Vorlage für die Offenbarung gewesen, bzw. umgekehrt: als wäre es Ziel der Offenbarung alle noch nicht erfüllten Prophetien zu sammeln und als noch zu verwirklichende uns vor Augen zu stellen. Siehe oben: Verheißungsüberschuß!)

In zwei Karmetten und einer Ostersonntagvesper hatte ich Gelegenheit, das neue Gotteslob einem Praxistest zu unterziehen (in den Messen waren die Lieder alle aus dem alten bereits bekannt). Um das Ergebnis vorwegzunehmen: das Urteil fällt gemischt aus.

Auf den ersten Blick war ich begeistert, denn als erstes fiel mir auf, daß die Karmetten drinstehen und einige Abweichungen des alten Gotteslobs von den Texten des Stundenbuchs korrigiert wurden (so z.B. das Sonntagscanticum aus der Offb mit den vielen Hallelujas, und vor allem die Sache mit dem „Ehre sei dem Vater…“). Auf den zweiten Blick bemerkte ich auch höchst erfreut, daß offenbar viele „krasse“ Hymnen aus dem Stundenbuch nun vertont im Gotteslob zu finden sind (z.B. Nr. 338 und 642). Und überhaupt ließ sich mit dem neuen Gotteslob sehr viel besser arbeiten, weil das Verzeichnes der enthaltenen Psalmen sehr viel übersichtlicher geworden ist.

So lala finde ich allerdings die Verwendbarkeit in der Tagzeitenliturgie selbst. Da muß man nämlich wie bekloppt durch das ganze Gotteslob blättern, weil die Psalmen an drei verschiedenen Stellen zu finden sind: zunächst im „Psalmenteil“ selbst (Nr. 30-80), dann im Teil der Tagzeitenliturgie (Nr. 613-667) und schließlich noch ein Psalm in der Karsamstagsmette (Nr. 310). Das führte unter den Mitfeiernden zu einigermaßen Hektik, und zwar umso mehr, je weniger sie mit dem Stundengebet vertraut waren (es gibt bei uns eine kleine Gruppe von ungefähr 10 Leuten, die regelmäßig zu den Laudes an Montagen und Mittwochen kommen, zu den erstmalig hier angebotenen Karmetten waren 25 bis 30 Leute da). Die zweite Kritik, die von einigen Mitfeiernden geäußert wurde, war gegen die neuen Psalmtöne gerichtet. Die sollen zwar einfacher sein (einer nannte sie treffend: langweiliger), das hilft aber nicht, wenn die halbe Gemeinde immer wieder in den alten Psalmton rutschen will, weil sie den rauf und runter kennt (YMMV). Was mich aber noch mehr gewundert hat: derselbe Psalmton ist mal in geänderter, mal in altbekannter Fassung drin, vgl. z.B. der IV. in Nr. 639,2 und Nr. 651,4. Wenn mir das mal jemand erklären könnte…

Der Teufel jedoch steckt (wieder mal) im Detail. Und dieses Detail lautet: Man kann nicht einfach das nehmen, was im Gotteslob steht, wenn einem das Stundengebet wichtig ist. Nur die Karmette am Karsamstag könnte man fast so nehmen, wenn man mal davon absieht, daß ausgerechnet dieses Jahr bei den Lesungen eigentlich die II. Jahresreihe dran war.

Bei der Karfreitagsmette frage ich mich allerdings, warum man bei fünf Psalmen, die in Lesehore und Laudes vorgesehen sind (2; 22; 38; 51; 147) und von denen vier im Gotteslob stehen (2; 22; 51; 147), bei der Reduktion auf drei Psalemen einen völlig anderen Psalm reinpacken muß (142) und dabei auch noch die Reihenfolge umstellt. Monastisches Stundenbuch? Keine Ahnung.

Bei der Ostervesper hätte man ja auch mal für fünf Pfennig nachdenken können. Oder bin ich der einzige, der es für am wahrscheinlichsten hält, daß die Vesper am Ostersonntag gebetet wird? Und mit dieser hätte man die komplette Osteroktav erschlagen gehabt! Und wenn man schon das unliturgische „one size fits all“-Prinzip nimmt, hätte man doch wenigstens einen Verweis auf GL 335 (durch diese Antiphon wird in der Osteroktav das Responsorium ersetzt) aufnehmen können! Also haben wir die Antiphonen abgetippt und gesprochen. Kannte die Gemeinde schon von den Karmetten. Da paßten die im Gotteslob vorgesehenen am Karfreitag auch überhaupt nicht. Aber warum? Da nimmt man eine Liturgie ins Gotteslob auf, die nur einmal im Jahr gebetet wird, und dann kriegt man es nicht gebacken, die vorgesehenen Antiphonen vertonen zu lassen?

Bis hierhin dachte ich ja noch, vielleicht liegt’s an mir. Aber ich zerbreche mir jetzt seit drei Wochen den Kopf, unter welchen Umständen es überhaupt Sinn ergeben könnte, wie in den Karmetten vorgesehen das Invitatorium mit „Oh Gott komm mir zu Hilfe“ zu beginnen („Herr, öffne meine Lippen“ ist Nr. 614,1, da hätte man sich dann auch den Hinweis „ohne Ehre sei dem Vater sparen können“). Das würde doch bedeuten, daß ich schon eine Hore vor Laudes und Lesehore gebetet habe, aber ohne das Invitatorium?!

Ok, ja, ich gebe es zu, das ist Jammern auf hohem Niveau. Aber was wäre z.B. so schwer daran gewesen, die Psalmen am Stück aufzunehmen und in der Tagzeitenliturgie den Ablauf mit Verweisen unterzubringen (wie in den Karmetten), selbige in die Nähe des Psalmteils zu packen und zudem noch einen Teil mit Antiphonen zur Auswahl oder wenigstens die wichtigsten Antiphonen (insbesondere die vom Sacrum Triduum) zu den entsprechenden Psalmen zu packen?

Und über die Steilvorlage für die völlig Abgefahrenen unter unseren freikirchlichen Freunden, die marianischen Antiphonen allesamt mit der Nummer 666 zu versehen, lasse ich mich jetzt lieber nicht aus…

In letzter Zeit ist mir mehrfach aufgefallen, wie zerrupft manche Schriftlesungen der Messe wirken. Darüber kann ich erstmal nur staunen (gr.: thaumazein), und habe mir deshalb jetzt vorgenommen, solcher Art Auffälligkeiten in loser Reihe hier abzulegen. — Hell der in der Messe gelesene Text, dunkel der weggelassene Kontext.

Nachdem der erste Teil dieses Postings betrachtete, wie es die Perikopenauswahl schaffte, den Zweiten Thessalonicherbrief seines apokalyptischen Charakters zu berauben, zeigt sich in diesem Teil, wie merkwürdig treffsicher alle Stellen, die zum Teil mit göttlicher Autorität ein bestimmtes Verhalten gegenüber Apostaten empfehlen, gestrichen wurden:

Zweite Lesung vom 32. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
2 Thess 2,16-3,5

Jesus Christus aber, unser Herr,
und Gott, unser Vater,
der uns seine Liebe zugewandt
und uns in seiner Gnade ewigen Trost und sichere Hoffnung geschenkt hat,
tröste euch und gebe euch Kraft zu jedem guten Werk und Wort.
Im Übrigen, Brüder, betet für uns,
damit das Wort des Herrn sich ausbreitet und verherrlicht wird, ebenso wie bei euch.
Betet auch darum,
dass wir vor den bösen und schlechten Menschen gerettet werden;
denn nicht alle nehmen den Glauben an.
Aber der Herr ist treu;
er wird euch Kraft geben und euch vor dem Bösen bewahren.
Wir vertrauen im Herrn auf euch,
dass ihr jetzt und auch in Zukunft tut, was wir anordnen.
Der Herr richte euer Herz darauf,
dass ihr Gott liebt und unbeirrt auf Christus wartet.

Im Namen Jesu Christi, des Herrn, gebieten wir euch, Brüder:
Haltet euch von jedem Bruder fern,
der ein unordentliches Leben führt
und sich nicht an die Überlieferung hält,
die ihr von uns empfangen habt.

Zweite Lesung vom 33. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
2 Thess 3,7-12

Ihr selbst wisst, wie man uns nachahmen soll.
Wir haben bei euch kein unordentliches Leben geführt
und bei niemand unser Brot umsonst gegessen;
wir haben uns gemüht und geplagt, Tag und Nacht haben wir gearbeitet,
um keinem von euch zur Last zu fallen.
Nicht als hätten wir keinen Anspruch auf Unterhalt;
wir wollten euch aber ein Beispiel geben, damit ihr uns nachahmen könnt.
Denn als wir bei euch waren,
haben wir euch die Regel eingeprägt:
Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.
Wir hören aber,
dass einige von euch ein unordentliches Leben führen und alles Mögliche treiben,
nur nicht arbeiten.
Wir ermahnen sie und gebieten ihnen im Namen Jesu Christi, des Herrn,
in Ruhe ihrer Arbeit nachzugehen und ihr selbst verdientes Brot zu essen.

Ihr aber, Brüder, werdet nicht müde, Gutes zu tun.
Wenn jemand auf unsere Mahnung in diesem Brief nicht hört,
dann merkt ihn euch und meidet den Umgang mit ihm, damit er sich schämt;
doch seht ihn nicht als Feind an,
sondern weist ihn als euren Bruder zurecht!
Der Herr des Friedens aber schenke euch den Frieden zu jeder Zeit und auf jede Weise.
Der Herr sei mit euch allen.
Den Gruß schreibe ich, Paulus, eigenhändig.
Das ist mein Zeichen in jedem Brief; so schreibe ich.
Die Gnade Jesu Christi, unseres Herrn, sei mit euch allen!

In letzter Zeit ist mir mehrfach aufgefallen, wie zerrupft manche Schriftlesungen der Messe wirken. Darüber kann ich erstmal nur staunen (gr.: thaumazein), und habe mir deshalb jetzt vorgenommen, solcher Art Auffälligkeiten in loser Reihe hier abzulegen. — Hell der in der Messe gelesene Text, dunkel der weggelassene Kontext.

Als ich auf der Suche nach der Stelle für das zweite Posting war, stieß ich auf die „Bahnlesung“ des 2. Thessalonicherbrief über drei Sonntage am Ende des Lesejahres C hinweg. Da der Brief drei Kapitel hat, würde es sich ja anbieten, jeden Sonntag etwa ein Kapitel zu lesen. Wird auch fast so gehandhabt. (Hm, ist das eigentlich reiner Zufall, daß es bisher immer die zweite Lesung war, die merkwürdigs gekürzt war?)

Aufgrund der Länge splitte ich das Posting in zwei Teilstücke auf. Man beachte, wie die Auswahl es geschickt schafft, den einzigen Teil in der ganzen Umgebung herauszugreifen, der nicht mehr oder weniger konkrete endzeitliche Ereignisse schildert, sondern (wenn, wie hier, aus dem Zusammenhang gerissen) eher vor der Apokalyptik als solcher zu warnen scheint:

Zweite Lesung am 31. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
2 Thess 1,11-2,2

Wir müssen Gott euretwegen immer danken, Brüder, wie es recht ist,
denn euer Glaube wächst und die gegenseitige Liebe nimmt bei euch allen zu.
Wir können in den Gemeinden Gottes mit Stolz auf euch hinweisen,
weil ihr im Glauben standhaft bleibt bei aller Verfolgung und Bedrängnis,
die ihr zu ertragen habt.
Dies ist ein Anzeichen des gerechten Gerichtes Gottes;
ihr sollt ja des Reiches Gottes teilhaftig werden, für das ihr leidet.
Denn es entspricht der Gerechtigkeit Gottes,
denen mit Bedrängnis zu vergelten, die euch bedrängen,
euch aber, den Bedrängten, zusammen mit uns Ruhe zu schenken,
wenn Jesus, der Herr,
sich vom Himmel her offenbart mit seinen mächtigen Engeln in loderndem Feuer.
Dann übt er Vergeltung an denen,
die Gott nicht kennen
und dem Evangelium Jesu, unseres Herrn, nicht gehorchen.
Fern vom Angesicht des Herrn und von seiner Macht und Herrlichkeit müssen sie sein,
mit ewigem Verderben werden sie bestraft,
wenn er an jenem Tag kommt,
um inmitten seiner Heiligen gefeiert
und im Kreis aller derer bewundert zu werden,
die den Glauben angenommen haben;
auch bei euch hat ja unser Zeugnis Glauben gefunden.

Darum beten wir auch immer für euch,
dass unser Gott euch eurer Berufung würdig mache
und in seiner Macht allen Willen zum Guten und jedes Werk des Glaubens vollende.
So soll der Name Jesu, unseres Herrn, in euch verherrlicht werden und ihr in ihm,
durch die Gnade unseres Gottes und Herrn Jesus Christus.
Brüder, wir schreiben euch über die Ankunft Jesu Christi, unseres Herrn,
und unsere Vereinigung mit ihm und bitten euch:
Lasst euch nicht so schnell aus der Fassung bringen und in Schrecken jagen,
wenn in einem prophetischen Wort oder einer Rede oder in einem Brief,
der angeblich von uns stammt,
behauptet wird,
der Tag des Herrn sei schon da.

Lasst euch durch niemand und auf keine Weise täuschen!
Denn zuerst muss der Abfall von Gott kommen
und der Mensch der Gesetzwidrigkeit erscheinen, der Sohn des Verderbens,
der Widersacher, der sich über alles,
was Gott oder Heiligtum heißt,
so sehr erhebt,
dass er sich sogar in den Tempel Gottes setzt und sich als Gott ausgibt.
Erinnert ihr euch nicht,
dass ich euch dies schon gesagt habe,
als ich bei euch war?
Ihr wisst auch, was ihn jetzt noch zurückhält,
damit er erst zur festgesetzten Zeit offenbar wird.
Denn die geheime Macht der Gesetzwidrigkeit ist schon am Werk;
nur muss erst der beseitigt werden,
der sie bis jetzt noch zurückhält.
Dann wird der gesetzwidrige Mensch allen sichtbar werden.
Jesus, der Herr, wird ihn durch den Hauch seines Mundes töten
und durch seine Ankunft und Erscheinung vernichten.
Der Gesetzwidrige aber wird, wenn er kommt, die Kraft des Satans haben.
Er wird mit großer Macht auftreten und trügerische Zeichen und Wunder tun.
Er wird alle, die verloren gehen, betrügen und zur Ungerechtigkeit verführen;
sie gehen verloren, weil sie sich der Liebe zur Wahrheit verschlossen haben,
durch die sie gerettet werden sollten.
Darum lässt Gott sie der Macht des Irrtums verfallen,
sodass sie der Lüge glauben;
denn alle müssen gerichtet werden,
die nicht der Wahrheit geglaubt, sondern die Ungerechtigkeit geliebt haben.
Wir müssen Gott zu jeder Zeit euretwegen danken, vom Herrn geliebte Brüder,
weil Gott euch als Erstlingsgabe dazu auserwählt hat,
aufgrund der Heiligung durch den Geist
und aufgrund eures Glaubens an die Wahrheit gerettet zu werden.
Dazu hat er euch durch unser Evangelium berufen;
ihr sollt nämlich die Herrlichkeit Jesu Christi, unseres Herrn, erlangen.
Seid also standhaft, Brüder, und haltet an den Überlieferungen fest,
in denen wir euch unterwiesen haben, sei es mündlich, sei es durch einen Brief.

In letzter Zeit ist mir mehrfach aufgefallen, wie zerrupft manche Schriftlesungen der Messe wirken. Darüber kann ich erstmal nur staunen (gr.: thaumazein), und habe mir deshalb jetzt vorgenommen, solcher Art Auffälligkeiten in loser Reihe hier abzulegen. — Hell der in der Messe gelesene Text, dunkel der weggelassene Kontext.

Ich hatte in Erinnerung, daß ich vor noch nicht allzu langer Zeit einen Abbruch mitten im Satz wie im ersten Posting schonmal erlebt hatte, und siehe da, wer sucht, der wird finden:

Zweite Lesung vom 22. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C:
Hebr 12,18-19.22-24a

Denn ihr seid nicht zu einem sichtbaren, lodernden Feuer hingetreten,
zu dunklen Wolken, zu Finsternis und Sturmwind,
zum Klang der Posaunen und zum Schall der Worte,
bei denen die Hörer flehten,
diese Stimme solle nicht weiter zu ihnen reden
;
denn sie ertrugen nicht den Befehl:
Sogar ein Tier, das den Berg berührt, soll gesteinigt werden.
Ja, so furchtbar war die Erscheinung, dass Mose rief:
Ich bin voll Angst und Schrecken.
Ihr seid vielmehr zum Berg Zion hingetreten,
zur Stadt des lebendigen Gottes,
dem himmlischen Jerusalem,
zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung
und zur Gemeinschaft der Erstgeborenen,
die im Himmel verzeichnet sind;
zu Gott, dem Richter aller,
zu den Geistern der schon vollendeten Gerechten,
zum Mittler eines neuen Bundes, Jesus
,
und zum Blut der Besprengung, das mächtiger ruft als das Blut Abels.

Gebt Acht, dass ihr den nicht ablehnt, der redet.
Jene haben ihn abgelehnt, als er auf Erden seine Gebote verkündete,
und sind (dem Gericht) nicht entronnen;
wie viel weniger dann wir,
wenn wir uns von dem abwenden, der jetzt vom Himmel her spricht.
Seine Stimme hat damals die Erde erschüttert,
jetzt aber hat er verheißen:
Noch einmal lasse ich es beben,
aber nicht nur die Erde erschüttere ich, sondern auch den Himmel.
Dieses Noch einmal weist auf die Umwandlung dessen hin,
das, weil es erschaffen ist, erschüttert wird,
damit das Unerschütterliche bleibt.
Darum wollen wir dankbar sein,
weil wir ein unerschütterliches Reich empfangen,
und wollen Gott so dienen, wie es ihm gefällt, in ehrfürchtiger Scheu;
denn unser Gott ist verzehrendes Feuer.