Eigentlich hatte ich ein schönes Weihnachtsfest (und eigentlich feiern wir ja noch immer, nur daß Karwoche, Oster- und Weihnachtsoktav schon fast meinen halben Jahresurlaub kosten würden :-(). Spätestens seit der ersten Lesung der Christmette kann mir das schon seit Jahren kaum mehr anders gehen:
Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf.
Als dann beim Credo zumindest im Altarraum kräftig die Knie gebeugt wurden und ich am Weihnachtstag selbst auch noch das leider eher seltene Glück hatte, den Johannesprolog in seiner ganzen Schönheit zu hören, war ich endgültig versöhnt. Versöhnt? Ja, versöhnt; denn der Anfang des diesjährigen Weihnachten war alles andere als optimal: die Krippenandacht.
Freiwillig kriegen mich da sowieso keine zehn Pferde rein, dafür habe ich schon viel zu viel Merkwürdigkeiten erlebt. Auf der anderen Seite weiß ich, wie wichtig für mich als Kind die Krippenandacht war. Es gehörte einfach dazu, in die Krippenandacht zu gehen, und wenn wir wieder nach hause kamen, war das Christkind dagewesen. Deswegen sind wir mit unseren Kindern auch dieses Jahr in die Krippenandacht gegangen.
Aber, oh Graus, so was Schreckliches habe ich noch nicht erlebt! Die Krippenandacht soll doch eigentlich gerade für Kinder sein! Wie kann man dann ein durch und durch politisiertes und moralisierendes Krippenspiel aufführen?! Ständig drehte es sich um die schweren Zeiten, die arroganten Reichen, die immer reicher werden, und die armen Armen, die immer ärmer werden und mit denen keiner mehr spielen will, und ständig war ganz offensichtlich: Das sollte „Verheutigung“ sein.
Als mir allmählich das Messer in der Tasche aufklappte und ich ganz und gar unweihnachtliche Gefühle entwickelte, faselte die „Maria“ da vorne was von: „Mein Kind soll später bei dieser ganzen Verflucherei nicht mitmachen!“ – Weh dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida…! – „Die Bösen sind doch gar nicht so böse, denen muß man doch nur mal was Gutes tun!“ – Das kommt bei Charles Dickens wenigstens ästhetisch ansprechender rüber, wird dadurch aber nicht richtiger… – „Mein Kind soll mal gut zu allen sein!“ – Als ob Maria mehr als „Sie haben keinen Wein mehr“ dazu zu sagen hatte! Uarghs!
Nach vierzig Minuten Krippenandacht sind wir dann endlich gegangen – Maria und Josef waren übrigens immer noch auf Herbergssuche! Ich frage mich, was so schwer daran ist, die Weihnachtsgeschichte in evangeliumsgemäßer Fassung und kindgerechter Länge zu spielen?! Warum muß da immer so viel reininterpretiert werden, was vielleicht auch irgendwo drinsteckt, aber eben doch reichlich nebensächlich ist? Ist nicht die Inkarnation, die Menschwerdung Gottes bereits in sich und auch für Erwachsene so unverständlich, daß man eigentlich nicht mehr machen kann, als sie in Bildern zum Ausdruck zu bringen? Warum muß es jedes Jahr ein neues Krippenspiel sein? Kinder brauchen gerade die Wiederholung! Meine Kinder haben nicht einmal verstanden, daß das was mit Weihnachten zu tun haben sollte! Ehrlichgesagt: Ich hätte heulen können!
Aber wahrscheinlich ist bereits den Erwachsenen selbst ein so großes Geheimnis unzumutbar. Wenn etwas nicht auf den Punkt gebracht werden kann, dann muß halt um den heißen Brei herumgeredet werden, dann muß halt die Herbergssuche endlos ausgedehnt und ausgebaut werden, die bei Lukas nur einen Halbsatz (Lk 2,7d) ausmacht. So begann also mein Weihnachten ohne Hirten, ohne Krippe – ohne Menschwerdung. Kein Wunder, daß ich in der Christmette noch nach Versöhnung suchte…
Mich würde mal interessieren, wieviel Prozent der Herren Geistlichen immer noch die Christmette als Vorabendmesse betrachten und am Weihnachtstag selbst noch einmal das Lukasevangelium aufwärmen.
OmG – Mein wahres Mitgefühl, zum Glück gibt es bei uns soetwas noch nicht. Im Moment hält unser Pfarrer, der leider im Januar gehen muss – noch die Hand darüber und das Krippenspiel war für mich zwar nicht wirklich nötig, aber sehr Nahe an der Handlung, außerdem wurde vorher das Evangelium von unserem Pfarrer vorgelesen und wir gehen aus genau den gleichen Gründen wie ihr dorthin und unsere Tochter kennt natürlich alle Darsteller. Wir sind dann am 1. Weihnachtstag gemeinsam ins Hochamt gegangen, leider nur mit Apostolischem Glaubensbekenntnis und wir hatten gerade beim Frühstück unserer Tochter noch erklärt, an welcher Stelle und warum man im Glaubensbekenntnis eine Kniebeuge macht. Wir saßen jetzt in der 2. Reihe und ich habe nicht darauf geachtet, was im Altarraum geschah, aber ich war glücklich, dass wir die Kniebeuge machten und dass wir darüber gesprochen hatten….
So wenig Verständnis ich für solche Spielchen auch habe, man kann eines als Verständnishilfe erwähnen: Das lernen wir im Studium und in der praktischen Ausbildung als non-plus-ultra in der Pastoral kennen… Und es sind leider nicht alle Kommillitonen reflektiert oder katholisch genug, um Schwachsinn als solchen zu enttarnen!
Ich hoffe ja immer, dass mich irgendwer tritt, wenn ich mal auf solche Ideen kommen sollte. Bin da aber auch – deo gratias – nicht so recht der Typ für 😉