Kirche

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Bruder Paulus hat in einem Beitrag für die GKP einen Beitrag über die Frage, ob es zweierlei Katholischsein gibt, geschrieben. Den Grundimpuls dieses Beitrags halte ich für richtig und wichtig: Es muß darüber gesprochen werden, was „Katholischsein“ eigentlich bedeutet. Auch Bruder Paulus‘ Anliegen einer echt katholischen Weite — die dann aber eben auch die Differenzen in Brüderlichkeit aushalten sollte — teile ich. Sicher ist jedenfalls nur: Eine Kirche, die von einem großen Graben durchzogen wird, ist nicht katholisch, und daran müßte eigentlich jeder Katholik leiden. Man muß sich ja nicht gleich lieben, aber ein wenig Neugierde in beide Richtungen wäre hilfreich. Sie setzt aber voraus, daß sie nicht durch persönliche Attacken zerstört wird. Wer sich seines Glaubens wirklich sicher ist, braucht sich durch die Existenz abweichender Meinungen janicht bedroht zu fühlen.

Soweit stimme ich mit Bruder Paulus überein. Ich muß allerdings zugeben: So sicher bin ich mir meines Glaubens auch wieder nicht. Wenn die Position des Lehramtes in Sachen „Weihepriestertum nur für den Mann, Zölibat, Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen“ infragegestellt werden, dann fühle ich mich, meinen Glauben und die Kirche in Frage gestellt (gut, bei „Zölibat“ fühle ich mich nicht in Frage gestellt, sondern wundere mich nur noch über diese Phantomdiskussion). Wieviel Katholizität kann denn in einem Glauben stecken, der sich nicht in Gemeinschaft mit dem päpstlichen Lehramt verorten kann? Daß es selbst in dieser Gemeinschaft noch genug Spielraum für unterschiedliche Meinungen gibt, sei dabei vorausgesetzt, aber es geht in den Debatten doch nur selten um wirklich pastorale Lösungen, sondern darum, alle irgendwie lieb zu haben und keinem wirklich weh zu tun.

Genau an diesem Punkt setzt meine Kritik an Bruder Paulus‘ Artikel an, nämlich daß er selbst indirekt persönliche Attacken fährt und sich einseitig positioniert. Im „Tradi-Absatz“ finden sich ständige Einschränkungen und Problematisierungen, im „Moderni-Absatz“ braucht man schon ein wenig Phantasie, um in der Aufzählung Sinus-Milieu-Studie, religiöser Trendmonitor und „ungetrübter Blick auf die Kirchenaustritts-Statistik“ eine gewisse (Selbst-)Ironie zu sehen. Doch diese bleibt deutlich hinter den pejorativen Formulierungen wie „aus dieser Ecke“, „beim näheren Hinsehen auffällig viele Formulierungen aus vorkonziliarer Zeit“ und „Formen des Glaubens von vorgestern“ im Absatz davor zurück, die im verurteilenden: „Wer echt katholisch ist, sieht hoffentlich weiter“, gipfeln. Da wird man zum Dialog aufgefordert und gleich in die Ecke gestellt! *kopfschüttel*

Der Fehler liegt aber nicht einmal in der Ausführung, sondern schon im Grundkonzept des Artikels. Bruder Paulus hat den Ansatz gewählt, beide Positionen in ihren Schwächen darzustellen. Ich fürchte, so kommen wir nicht weiter. Wer ständig nur auf die Schwächen des anderen starrt, wird kaum dessen Schönheit erkennen können. Meine Ehe funktioniert jedenfalls (nur) anders. Wie wäre es also, lieber die Stärken zu sammeln? Dafür müßte man nicht einmal so wesentlich die Details zu ändern. Denn die Stärke der „Modernis“ ist sicher, gesellschaftliche Entwicklungen aus ihrer Eigenlogik heraus zu verstehen; die der „Tradis“ aber, das ganze Glaubensgut den weltlichen Eigenlogiken entegenzustellen.

Bleibt nur noch anzumerken, daß ich mich in der Dichotomie von „Tradis“ und „Modernis“ überhaupt nicht wiederfinde. Die katholische Kirche ist längst viel pluraler als die üblichen Grabenkämpfe vermuten lassen. Nur wird offenbar jeder in eins der beiden Lager gesteckt. Schubladen sind ja so praktisch…

Unter diesem Titel sollte eigentlich ein Beitrag zu Wikileaks erscheinen, aus gegebenem Anlaß kann ich zu diesem Thema nur verlinken.

Nun also zu einem Thema, zu dem sich m.E. schon andere in die Nesseln gesetzt haben. Es ist auch nicht so ganz einfach, in der emotionalen Erschütterung differenzierte Äußerungen zu Byte zu bringen. Drum beschränke ich mich im Folgenden auf „Ich-Botschaften“.

Ich habe es geahnt, als der erste Link in Elsas Kommentarbereich auftauchte. So viele junge Pfarrer im nördlichen Emsland konnte es ja nicht geben. Ich ahnte, daß nicht das Bloggen der Grund für die Blogschließung gewesen sein konnte. Nach wie vor ist sein Zweitblog zugänglich, dessen Thema angesichts der Vorwürfe tasächlich irritierend ist. Ich hoffte trotzdem.

Aber was hätte das geändert? Nur, daß ich ihn nicht (virtuell) gekannt hätte. Warum wäre das relevant gewesen? Ich hätte mich besser distanzieren können, wäre weniger emotional betroffen gewesen. Aber wäre das besser? Augen zu und durch? Der Wahrheit ins Auge zu blicken, auch wenn sie schmerzt; dorthin zu gehen, wo das Dickicht der Sünde, ja der Tod der Seele wartet; dem Bösen nicht ausweichen, sondern ihm standhalten. Notwendig ist das, wie ich immer wieder erfahren habe. Nur wenn ich weiß, wovon ich erlöst bin, wovor ich bewahrt wurde, kann ich das auch schätzen (und wenn ich „ich“ schreibe, dann meine ich auch „ich“: mich, als ein als Baby Getaufter, der manchmal mit Staunen hört, wie Neophyten oder Revertiten vor ihrer Umkehr das Leben erfahren haben [dieser Song spukt mir schon das ganze Wochenende im Kopf herum]). Und ich weiß: Auch wenn ich nicht in Gefahr stehe (zu stehen glaube), Besuch von der Polizei zu bekommen, stehe ich nur unwesentlich besser vor Gott dar als „Katholik“.

Im Grunde mußte ich damit rechnen. Wenn nicht „Katholik“, dann jemand anders. Wenn nicht Kinderpornographie, dann $BELIEBIGE_TODSÜNDE. Natürlich kommt hier noch dazu, daß er Priester ist, eine besondere Vertrauensperson, ein Geistlicher, mit besonderer Gnade beschenkt. Aber eben auch mit besonderen Versuchungen belastet. Und ein besonders lohnendes Ziel für alle Versucher dieser Welt. Ich glaube, ihm und mir konnte nichts besseres passieren, als daß das ganze öffentlich wird (vorausgesetzt, er hat sich tatsächlich etwas zu schulden kommen lassen, aber nach allem, was man lesen kann, ist diese Frage wohl nur noch juristisch offen). Die Öffentlichkeit bietet Schutz vor der Sünde (wenn die Öffentlichkeit ihn jetzt nicht in die Enge treibt), die Möglichkeit zur Umkehr, zur Reue, zur Besserung — zur Buße. Nichts ist an der Sünde schlimmer als ihre Heimlichkeit. Ist sie erst einmal ausgesprochen, hat sie ihre Macht bereits zu großen Teilen verloren. Die Wahrheit will ans Licht, und die Wahrheit macht frei.

Ich breche das jetzt ab. Mir schwirrt noch viel zu viel im Kopf herum, ungeordnet. Ich bin in Trauer, aber nicht schockiert. Ich bin enttäuscht, aber weiß nicht wovon. Ich bin wütend, aber weiß nicht auf wen. Es wäre so einfachzu einfach. Das Wort der Heuchelei ist bereits gefallen — es ist ein starkes Wort, das mitunter auch auf den zurückfällt, der es verwendet (mich eingeschlossen)… Doch in gewisser Weise ist damit getroffen, was ich empfinde — sowohl musikalisch als auch inhaltlich.

Ich werde die Verlinkung nicht rausnehmen. Damnatio memoriae? Dann könnte ich auch aufhören zu beten.

Kurzer Hinweis: In der FAZ findet sich heute auf Seite 8 ein längerer Beitrag über „Licht der Welt“ von Jörg Bremer. Ein paar Auszüge:

„In einem Industriekonzern gäbe es Entlassungen, aber beim Heiligen Stuhl geht offenbar niemand. […] Dass sich […] der Eindruck festsetzte, in dem Buch gehe es dem Papst vor allem um eine Lockerung des Kondomverbots, war ein schiefes Licht auf das Buch. Der Papst hat seine Haltung zur Verwendung von Kondomen nicht geändert.“

Danach fängt der Artikel erst richtig an, bevor er schließlich zusammenfaßt:

„Doch was hilft das, wenn die Kurie diesen Büchern [des Papstes] nicht ihren gebührenden Platz einräumt. Dann muss der Papst dies wieder ausbügeln.“

In Kirchengeschichte habe ich gelernt, daß alle Päpste, die sich an einer Kurienreform versuchten, daran gescheitert sind. Daß es die Kirche trotzdem immer noch gibt, ist für mich fast schon ein Gottesbeweis.

P.S.: Wenn jemand den Beitrag kostenfrei online findet, bitte Bescheid geben!

Heute früh habe ich mir aus im Nachhinein nicht mehr rekonstruierbaren Gründen Gedanken darüber gemacht, warum bei uns eigentlich jede kirchliche Regelung anhand von Einzelfällen, auf die sie nicht zutrifft, so lange kritisiert werden muß, bis der Einzelfall, also die Ausnahme, zum Maßstab einer neuen kirchlichen Regelung geworden ist (die dann zwangsläufig nur noch auf den Ausnahmefall, aber nicht mehr auf die Regel zutrifft), und warum das auch noch als Anpassung an die Realität verstanden wird. Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß wir Deutschen deutlich obrigkeitsfixierter sind als der durchschnittlich normale Mensch: Wir sind das Land, in dem „man“ nachts um drei auf menschenleerer Straße an einer roten Fußgängerampel wartet, wie es ein indischer Pater mal ausdrückte. Die Obrigkeitsfixiertheit geht sogar so weit, daß selbst dort, wo eine Mißachtung von Regeln (scheinbar) konsequenzenlos möglich sind, die Regel nach wie vor kritisiert wird, sei es die katholische Sexualmoral oder die deutsche Abtreibungsgesetzgebung. Wären wir nicht obrigkeitsfixiert, könnte es uns doch völlig egal sein, was „die da oben“ an Regeln beschließen und verkünden, solange wir durch nichts in der Welt gezwungen werden können, sie gegen unseren Willen und unsere Überzeugung zu befolgen.

Nur hat die Sache einen Haken: Mit diesem Denken an die hierarchische Ordnung der Kirche ranzugehen, verfehlt den eigentlichen Inhalt des christlichen Glaubens. Es geht gerade nicht darum, auf einen allmächtigen Vater im Himmel fixiert zu sein und zu tun, was er befiehlt, ob ich es verstehe, einsehe und will oder sich alles in mir dagegen streubt, ich es sogar für völlig falsch und unmoralisch halte, sondern darum, aufgrund der Erlösung durch den Sohn befähigt zu werden, durch die Gnade im Heiligen Geist den Willen des Vaters tun zu wollen. Entsprechend gibt es seit je her in der katholischen Morallehre und selbst im Kirchenrecht die Epikie: Wenn ich nach gründlicher Überlegung und aufrichtigem Suchen zu der Überzeugung gelange, daß Gottes Wille an mich ist, etwas zu tun, was ich nach kirchlicher Lehre und kirchlichem Recht nicht tun dürfte, und wenn ich zudem guten Gewissens zu der Überzeugung komme, das Lehramt bzw. der kirchliche Gesetzgeber hätte seine Lehre bzw. sein Gesetz anders gestaltet, wenn er meinen konkreten Einzelfall und seine Umstände berücksichtigt hätte, daf ich aufgrund dieser Überzeugungen der Handlungsaufforderung folgen, die mir als unabweisbarer Wille Gottes in meiner konkreten Situation gegenübertritt. Ich darf dennoch nicht erwarten, daß das kirchliches Lehramt oder der kirchliche Gesetzgeber meine Überzeugung teilt — es soll ja auch die Möglichkeit geben, daß ich aufgrund meiner immer verbleibenden menschlichen Schwäche gar mächtig geirrt habe (gleichermaßen wäre es natürlich auch denkbar, daß ein Heiliger hier tatsächlich einen ganz bestimmten Ausnahmefall erkannt hat, die Regel ist das nach allgemeiner menschlicher Erfahrung aber nicht). Mein Kirchengeschichtler sagte mal über die Ordensregeln im Mittelalter, sie wären immer so hoch gehängt worden, daß man noch drunter durchgehen konnte. Mit anderen Worten: Die Regeln sind für den Menschen und sein Heil da, nicht um ihn zu knechten und eine Art gesetzliche Herrschaft über ihn auszuüben.

So oder so bedeutet das, daß die kirchlichen Regeln nicht im entferntesten davon berührt werden, wenn sich selbst eine große Zahl von Christen in der Praxis über eine Regel hinwegsetzt. Sie stellen damit nicht in Frage, daß die Regel an sich richtig und sinnvoll ist, wenngleich sie im jeweilig konkreten Einzelfall nicht zutreffend ist, die Kirche anerkennt hingegen nicht, daß diese Christen im Recht wären und folglich die Regel falsch, sondern überläßt diese Frage der barmherzigen Beurteilung des Beichtvaters. (Eine Anmwerkung am Rande: Genau das ist der Grund, warum sich die Moraltheologie so lange in kasuistischen Einzelfällen erging: Die grundlegenden Prinzipien und Regeln sind klar und gehörten noch lange bis in die Neuzeit zum Bereich der Dogmatik, in der moraltheologischen Lehre ging es hingegen um die Anwendung dieser Prinzipien in konkretern Situationen — weil die Auszubildenden genau damit in der Praxis, nämlich im Beichtstuhl, konfrontiert wurden und einen dem Einzelfall entsprechenden Umgang mit den Prinzipien erlernen mußten.) Denn es geht um das Heil des einzelnen Menschen und nicht um die Aufrechterhaltung überkommener gesellschaftlicher Sitten. So kann das Aufbegehren gegen das Befolgen einer guten Regel aus den falschen Gründen ein notwendiger Schritt auf dem Weg zur Heiligkeit sein — auf einen konkreten Menschen in einer ganz konkreten Situation bezogen. Weil es aber um das Heil des Einzelnen geht und weil dieses Heil eben nicht von den innerweltlichen Regeln abhängt, sondern vom Glauben und dem Tun-Wollen des Willen Gottes, hat die Kirche letztlich auch überhaupt nicht die Vollmacht, einfach einen 180°-Schwenk zu machen — kann denn heute falsch sein, was gestern richtig war? Nur wenn es entweder schon gestern falsch war (haben dann aber ganze Generationen nicht gewußt, was zum Heile nötig ist?) oder wenn sich die Umstände so geändert haben, daß sich die Bewertung einer Handlung mit ihnen ändert. Diese Änderung der Umstände kann aber nicht bloß im rein zeitgeistigen Wandel der Verhaltensweisen bestehen, sondern muß die Handlung auf metaphysischer (oh böses Wort!) Ebene verändern — was aber im Grunde bedeutet, dasselbe Wort für eine ganz andere Tat zu verwenden. Mir fällt dazu auch ehrlichgesagt nur ein einziges Beispiel ein: Die Religionsfreiheit. Was im vorpluralistischen und vordemokratischen, christlich geprägten und fundierten Staat ein Unding war (Wahrheit und Unwahrheit gleichberechtigt?!), wurde durch das Entstehen säkularer Staaten und pluralistischer Gesellschaften zur notwendigen Forderung (sollte die Wahrheit weniger Recht als die Unwahrheit haben?).

Als ich mich dann in der FAZ bis zum Feuilleton vorgearbeitet hatte und mich das Bild eines müde wirkenden Papstes begrüßte, kamen mir diese Gedanken wie göttliche Eingebung vor, nachdem mich der Titel „Wirklich keine Revolution?“ gleich auf den Autor des Artikels blicken ließ und ich dort den Namen „Christian Geyer“ las. Ich wußte gleich, daß ich mich bloß wieder ärgern würde, wenn ich den Artikel lese. Ich habe es dann doch getan. Die gute Nachricht zuerst: Er ist nicht ganz so unter der Gürtellinie wie der letzte. Die schlechte: Alles, was ich mir heute früh an Gedanken über die „deutsch(-katholisch)e Seele“ gemacht hatte, wurde hier bis ins Detail bestätigt. Gleich der Anfang:

„Ein Gummi zur Ausübung des Geschlechtsverkehres [daß er genau dazu diene, bestreitet die Kirche ja…] gerät zum Testgummi für die Modernetauglichkeit einer Institution mit 1,2 Milliarden Mitgliedern.“

Ist er das wirklich? Eigentlich hätte diese Einleitung Geyer schon den Wink geben können, wie absurd lächerlich diese Diskussion eigentlich ist.

Danach verwendet er einen langen Absatz, der etwa ein Fünftel seines Artikels ausmacht, um die Erklärung Lombardis, das sei ja gar nicht neu, durch Behauptung zu widerlegen: Es gehöre ja zur Ideologie der Kirche, Revolutionen nicht als die Revolutionen zu bezeichnen, die sie sind, sondern als vertieftes Verständnis der Überlieferung (daß er da gleich mit der Kanone „Religionsfreiheit“ kommt, zeigt, daß er weder vertiefte Kenntnis der Religionsfreiheitsfrage hat, noch zwischen einer Interviewäußerung und einem Konzilsdokument unterscheiden kann). Den nächsten Absatz, ein weiteres Fünftel, braucht er, um genau diese Unterscheidung zwischen Lehramt und Interviewäußerung als Schutzbehauptung hinzustellen (muß ihm also ganz schön schwer gefallen sein).

Anschließend hakt es dann völlig bei ihm aus. Aus der kasuistischen Überlegung, daß es Fälle geben kann, in denen der Gebrauch eines Kondoms das geringere Übel sein könnte, und der Tatsache, daß der Papst nicht der erste Katholik und Theologe ist, der diese Fälle berücksichtigt, macht Geyer ein allgemeines „safer sex„-Traditionsargument („man habe ja schon immer Kondome benutzen können“ — was ja einfach nicht stimmt, aber was macht das schon, wenn die aktuelle Aussage mit „Katholiken dürfen jetzt Kondome benutzen“ auch nicht stimmt), das über kurz oder lang die Sexualmoral der Kirche revolutionieren, zu einer Anpassung der Kirche an die Moderne führen würde. Daß er anschließend dem Papst das Argument, mittlerweile würden selbst säkulare Hilfsorganisation die kirchliche Position teilen, Kondome seinen nicht die Lösung, sondern vor allem Enthaltsamkeit und Treue, im Munde umdreht und behauptet, der Papst würde

„nur erklären, was jeder Aktivist der Aids-Prävention bestätigen würde“,

schlägt dem Faß eigentlich schon den Boden aus.

Alles weitere Gefasel, die Kirche müsse modern werden, und der Papst halte das den Traditionalisten vor (zu denen rechnet Geyer mich wahrscheinlich auch…), die Kirche dürfe nicht neben der Moderne leben, ist nur noch mäßig aufregend. Bekanntlich hat die Moderne auch den Holocaust hervorgebracht, also kann der Papst wohl kaum gemeint haben, die Kirche müsse alles einfach mitmachen, sondern vielmehr sie müsse sich in der Moderne um so mehr zu Wort melden, anstatt sich in den Kokon eines wohligen Gemeinschaftsgefühls zurückzuziehen. Das scheint mir aber eher an den lauen Durchschnitt der Sonntagschristen gerichtet zu sein…

Erst mit dem Schlußsatz läuft er wieder zu Hochform auf:

„Was, wenn mit der revolutionären Wende in der Kondomfrage auch das Reinreden in die Sexualität ein Ende hätte? Ein Gedanke nur, gleich dem einer Droge.“

Tja. Ich habe den Papst noch nicht in meinem Schlafzimmer gesehen — leider. Mit dem Verweis auf eine „Droge“ trifft Geyer aber den Nagel auf den Kopf, denn genau den Gebrauch der Sexualität als Droge, als etwas, das ich mir zur (Selbst-)Befriedigung verschaffe, anstatt es als Ausdruck einer tiefen, innigen Liebe zu sehen, ist es, gegen den sich die katholische Sexualmoral seit eh und je wendet und was der Papst im selben Buch auch nocheinmal ausdrücklich und eindringlich gesagt hat. Komisch, daß das an Geyer vorbeigegangen sein muß…

Alles in allem wird der Kommentar über die Identitätskrise Geyers zu meinem letzten Posting überdeutlich bestätigt. Warum belästigt er uns nur damit, wenn er einfach nicht versteht, was den christlichen Glauben ausmacht? Ich hätte nicht gedacht, daß ich das einmal schreiben würde, aber: Bitte, liebe FAZ, kann Daniel Deckers nicht den gleichen Platz eingeräumt bekommen?

Aus der Beschreibung einer WiSiKi-Gruppe im StudiVZ (33 Mitglieder):

„Du bist nicht allein! Tritt dieser Gruppe bei, diskutiere mit, erhalte aktuelle Infos oder steh einfach nur auf der Liste. Die Gruppe im VZ ist klein, aber wir haben die gesamte Organisation hinter uns. Wenn du dich hier regelmäßig über Aktionen informierst, dann kannst du echt was bewegen. Du bist Kirche!“

Die im vorvorigen Post erwähnte Diskussion hat zwischendurch eine interessante Entwicklung genommen. Nach anfänglicher „Atheistenpropaganda“ hat man zu einer sich der Sachlichkeit nähernden Kontroverse gefunden (die dann allerdings auch bald beendet war). Für mich ein Beleg dafür, dass es sich lohnt, als Katholik offensiv katholische Positionen zu vertreten und gegen die üblichen schwarzen Legenden anzugehen (vgl. etwa hier). Dabei ist natürlich hilfreich, nicht erst bei einem entsprechenden Thema aus seinem Loch zu kriechen. Typischer Fall von „Zeugnis geben an dem Platz, an dem man sowieso ist“.

…sad but true:

Mein Pfarrer war damals erst ca. 30 Jahre alt, stand auf Deep Purple und Led Zepplin. Nicht nur das werde ich ihm nie vergessen, er hat uns auch „das Leben des Brian“ gezeigt.

So gesehen war die kurze Zeit in der Kirche ein Gewinn.

Nur sein unendliches Verständnis für alle meine kritischen Fragen und Ketzereien ging mir auf den Sack. Der Kerl hat sich durch keinerlei Fakten oder wissenschaftliche Erkenntnisse irritieren lassen. 🙂

Antwort:

Die sind so. Darauf werden die geeicht. Verständnis, Mitleid, zuhören können, nie dagegen sein… sicher alles Prüfungsfächer.

Nachtrag:
Dieses Posting ist auch lesenswert, und eigentlich sollte man den ganzen Thread zur Theologen- und Kirchenbonzen Pflichtlektüre machen. Damit die mal erfahren, was „da draußen“ wirklich los ist.