Priestertum

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Bischof Feige hält in einem Interview mit der KNA die Frauenordination für möglich und das Argumentieren mit der Tradition für unzureichend.

ad traditionem

Wenn es in der katholischen Kirche 2019 nicht mehr ausreicht, mit der Tradition zu argumentieren, dann ist Polen bereits offen. Es gibt kein legitimes theologisches Argument, das nicht aus der Tradition stammt. Das hat einfach mit den loci theologici zu tun, also den Quellen theologischer Argumente. Ohne allzusehr ins Detail gehen zu wollen, kennt die Kirche nur zwei aufeinander verwiesene Offenbarungsquellen, aus denen theologische Argumente abgeleitet werden können: Schrift und Tradition. Diese sind insofern aufeinander verwiesen als die Heilige Schrift selbst Teil der Tradition ist und die Tradition in ihrem Kern Schriftauslegung. Dabei ist die Tradition als der eine große und ununterbrochene Prozeß der Glaubensweitergabe von Generation zu Generation zu verstehen (Werbeblock: Wer zuviel Geld hat, kann sich ja mal meine Diplomarbeit über den „Kanon“ von Vinzenz von Lerin reinziehen, womit auch geklärt wäre, wo mein Pseudonym seinen Ursprung hat :-).

Aber meint Bischof Feige hier nicht etwas anderes mit Tradition, nämlich Gewohnheit? Nein! Ganz klar nein! Denn die vom kirchlichen Lehramt in Ordinatio Sacerdotalis aufgeführten Gründe gegen die Frauenordination sind nicht aus mehr oder weniger langen Gewohnheiten abgeleitet, sondern aus der Schrift, die mit Hilfe der Glaubensüberlieferung, also dem Prozeß der Tradition, ausgelegt wird.

Hier zeigt sich ein unanimis consensus patrum, ja saeculi – kein katholischer Autor kennt die Weihe von Frauen, die vielmehr als Zeichen heidnischer oder häretischer Gruppen verstanden wird, z.B. bei Gnostikern, Katharern und Waldensern. Dabei wird nicht aus Gewohnheit oder patriachalischer Misogynie argumentiert (wenngleich solche Argumente gelegentlich als Angemessenheitsgründe angeführt werden), sondern lehrmäßig – aus dem in der Schrift vorgefundenen Willen Christi heraus. Die ungebrochene Gewohnheit, dass die Kirche noch nie Frauen zur Priesterweihe zugelassen hat, kommt dann in den Argumenten von Paul VI. und Johannes Paul II. nur als äußere Bestätigung der bereits belegten inneren Überzeugung ins Spiel.

Natürlich setzt Bischof Feige auf die Zweideutigkeit des Begriffs und die – nach 50 katechesefreien Jahren erwartbare – Unkenntnis der Gläubigen über den Begriff der Tradition. Dieser Begriff ist in der landläufigen Wahrnehmung negativ besetzt und zu einem Synonym für Gewohnheit geworden. Er erwartet, daß bei den mehr oder weniger unbedarften Lesern seines Interviews all die negativen Konnotationen des Begriffs aufgerufen werden und man ihm spontan recht gibt, man brauche bessere Argumente als die bloße Gewohnheit. Und wer wollte letzteres bestreiten!

Doch ist das theologische Argument mit der Tradition eben nicht diese bloße, am besten noch unreflektierte Gewohnheit, sondern das glatte Gegenteil: Die Tradition, der Prozeß der Glaubensweitergabe, ist nach über 5.000 Jahren doch recht ausgefeilt, und nach rund 2000 Jahren christlichen Durchdenkens und Theologie in einem Maße reflektiert, daß man als heutiger Theologe, um überhaupt noch irgendwas Neues „entdecken“ zu können, sich schlicht etwas ausdenken muß (oder irgendeine nicht ganz so bekannte Häresie aus dem Reservoir von 2.000 Jahren wieder aufwärmen).

ad sacerotalem ordinationem

Papst Johannes Paul II. hat in Ordinatio Sacertdotalis (der Text ist übrigens nicht lang, kann man mal eben nebenbei lesen, außerdem sollte man den wesenlichen Verweisen, insbesonderen zu Inter Insigniores folgen, es lohnt sich!) als endgültig festgestellt, dass die Priesterweihe von Frauen unmöglich ist, weil die Kirche keine Vollmacht hat, die Sakramente über den Willen Christi hinaus auszudehnen. Man kann es so zusammenfassen:

Weder Schrift noch Tradition in ihrer Gesamtheit lassen auch nur den leisesten Anhalt erkennen, daß Christus bei der Einrichtung des Sakraments des Ordo eine Weihe von Frauen eingeschlossen hätte. Wenn Christus aber keine Frauen weihen wollte, hat die Kirche schlicht keine Möglichkeit, daran etwas zu ändern.

Vielmehr ist es die beständige Lehre aller Päpste einschließlich Franziskus (Evangelium Gaudium Nr. 104), dass dieses Tor geschlossen ist. Zuletzt hatte sich der Präfekt der Glaubenskongregation erst im Mai 2018 genötigt gesehen, dies in Erinnerung zu rufen.

Alle Gegenargumente basieren auf rein konjunktivistischer Mutmaßerei: Wenn Christus heute gelebt hätte, würde er Frauen geweiht haben. Mal davon abgesehen, daß dies eine völlig uninteressante Hypothese ist – denn Christus hat nun einmal nicht heute gelebt, sondern sich entschieden, vor 2000 Jahren zu leben! –, gibt es durchaus einige Gründe, anzunehmen, daß, wenn Er Frauen als Priester gewollt hätte, Er dies ohne weiteres getan hätte.

Die Frauen im Gefolge Christi spielten eine damals geradezu skandalöse Rolle. Sie finanzierten seine Wanderpredigerschaft und waren – völlig unerhört für die damalige Zeit – mit Ihm und Seinen Jüngern unterwegs auf eben dieser Wanderschaft. Seine Beziehung zu ihnen war zum Teil so nah, daß Ihm bis heute nicht nur von Dan Brown Verhältnisse oder gar mehr mit Maria Magdalena angedichtet werden. Es wäre ein leichtes gewesen, sie auch zum Letzten Abendmahl mitzunehmen und zusammen mit dem Zwölferkreis zu Priestern zu weihen. Aber nicht einmal in den Zwölferkreis hat Er eine Frau aufgenommen, und niemanden außer dem Zwölferkreis hat Er zum Letzten Abendmahl zugelassen.

Im Gegensatz zu den Begriffen Apostel und Diakon, die an einigen Stellen der Heiligen Schrift durchaus in femininer Form auftauchen, ist dies für Presbyter (aus diesem Wort hat sich unser „Priester“ entwickelt) und Episkopoi (Bischöfe) nirgends der Fall.

Für die Diakonin hat die Liturgiewissenschaft inzwischen festgestellt, dass es sie durchaus gab, aber nicht im Sinne einer sakramentalen Weihe, sondern im reinen Wortsinn, also Helferinnen des Bischofs insbesondere bei Taufen von Frauen, die damals Ganzkörpertaufen waren.

Ähnlich wie bei Feiges o.g. Äquivokation zwischen der Tradition und den Traditionen setzt auch das „Apostolin“-Argument auf ein landläufiges Mißverständnis, die Gleichsetzung der Funktions“~ und der Amtsbezeichnung „Apostel“. Als Amtsbezeichnung bezieht sich „Apostel“ ausschließlich auf die Zwölf und Paulus, und ihr Amt wird nur von denen weitergetragen, die sie einsetzten. Die Wortbedeutung ist jedoch ähnlich wie die des Engels die Beschreibung der Tätigkeit des Bote-Seins. So werden etwa auch der heilige Bonifatius „Apostel der Deutschen“ und die heiligen Cyrill und Methodius „Slawen-Apostel“ genannt. In diesem Sinne bezeichnet auch die kirchliche Liturgie seit alters her Maria Magdalena als die Apostelin der Apostel – wohl wissend, daß dies ein Wortspiel und keine Identifikation ist.

Was mich an alledem am meisten erschreckt, ist das völlige Fehlen von belastbaren Argumenten. Bei Bischof Feige ist da nicht mehr als ein Blabla, daß man die Lehre nicht davon abhalten dürfe, sich zu ändern, wie Papst Franziskus sage (obwohl der die Unmöglichkeit der Frauenweihe ausdrücklich bestätigt hat, s.o.) und daß er sich selbst vor ein paar Jahren noch nicht hätte vorstellen können, die Möglichkeit der Frauenweihe zu denken.

Da geht es mir genau andersherum. Ich konnte mir die Möglichkeit der Frauenweihe immer vorstellen, so als rein praktische Möglichkeit, aber nie ein einziges, im letzten überzeugendes Argument dafür finden. Wie gesagt, alle Argumente dafür sind entweder untheologisch oder beziehen sich ausschließlich auf Diakoninen.

Die Argumente für die Frauenpriesterweihe sind in den letzten Jahren weder besser noch mehr geworden. Es ist vielmehr ein trotziges „jetzt erst recht“: Ich habe zwar nicht ein einziges Argument, ich will aber!!!!111111einself Kommt mir als Vater durchaus bekannt vor.

So ist das Beleidigendste an dem Text, der kürzlich auf Facebook die Runde machte, nicht etwa die Forderung nach dem Frauenpriestertum.

Am meisten stößt mir die strunzdoofe, nicht einmal die Ebene des rein Assoziativen erreichenden Logik hinter dem Text auf, die man schon geradezu böswillig nennen muß. Nur ein besonders deutliches Beispiel:

wenn eine frau
jesu sinneswandlung durch ein brotwort wirkte [Mt 15,27, Mk 7,28]
warum sollten frauen dann
bei der wandlung nicht das brotwort sprechen

Ich weiß nicht, ob dafür Triple-Facepalm oder 23 Bier überhaupt ausreichen. Ich bin ja eigentlich ganz gerne für fast jeden Schwachsinn zu haben. Aber dieser Schwachsinn da ist kein richtiger[tm] Schwachsinn. Er ist böswillig: Wohl wissend, daß es Schwachsinn ist, hat man sich hinter scheinbaren Bibelreferenzen versteckt, die man auch noch terminologisch vergewaltigen mußte, um überhaupt eine Strophe draus zu basteln.

Doch selbst, wenn ich die Terminologie noch für einen Moment beiseite lasse, besteht schlicht kein Zusammenhang zwischen den ersten und den letzten beiden Zeilen. Keiner. Überhaupt. Keiner. Nix Logik. Nicht mal falsche Logik:

aus „a“ folgt „b“
dann müsse aus „c“ auch „d“ folgen

Einziger Zusammenhang: der Terminus „Brotwort“. Als terminus technicus auf das erste der Wandlungsworte bezogen und so in der letzten Zeile verwendet.

Das vermeintliche „Brotwort“ aus der zweiten Zeile lautet hingegen (in der matthäischen Fassung):

Ja, Herr! Aber selbst die kleinen Hunde essen von den Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren fallen.

„Brotiger“ wird es nicht.

Während in den Wandlungsworten von tatsächlichem Brot die Rede ist, das Sein Leib wird, bleibt das Brot hier reine Metapher, die für den Glauben, die Gnade und das Wirken Christi steht. Was also Jesu „Sinneswandel“ verursacht, ist nicht das wirksame Wort, das aus dem bloßen Zeichen das macht, was es bezeichnet, sondern der Glaube der Frau, der sich im Bekenntnis zum Vorrang der Juden und im Vertrauen auf die überfließende Gnade und Güte ihres Gottes manifestiert:

Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst.

Aber vielleicht ist alles noch viel schlimmer. Nicht nur in nämlichen Text fehlt jeglicher Bezug auf das Wesen des Priestertums, nämlich sich als Werkzeug Christus zur Verfügung zu stellen, so daß Er durch den Geweihten wirken kann. Oder aus der anderen Perspektive formuliert: daß der Priester geweiht wird, um in persona Christi zu leiten, zu lehren und zu heiligen. Wir haben nur einen Hirten, Jesus Christus selbst. Alle anderen, die wir als Hirten bezeichnen, sind nur insofern Hirten, als sie in persona Christi handeln, also Christus durch ihr Handeln wirken lassen.

Wer als Geweihter nicht Christus wirken läßt, sondern sich in Widerspruch zur katholischen Lehre setzt, der sammelt nicht, der zerstreut!

ad titulum

Thus ends the Fifth Battle
By the treachery of men the field is lost
The night falls
And great is the triumph of evil

Im letzten Post schrieb ich, dass Er mir zeigte, „wie falsch die bisher von mir fast unhinterfragt übernommenen Kategorien waren“, ohne dass ich erklärt hätte, was ich damit meinte. Ich wollte den Post nicht überfrachten. Es ist aber die eigentliche Erkenntnis aus der geschilderten Erfahrung, und sie verändert nicht nur die Wahrnehmung, sondern auch die Entschiedenheit.

Bisher bewegte sich mein Denken über die gegenwärtige kirchliche Situation – wie gesagt, unhinterfragt – in den üblichen, in der Regel digitalen Kategorien: „konservativ“ vs. „progressiv“, „vor-“ und „nachkonziliar“, „Traditionalisten“ und „Modernisten“. So richtig hilfreich waren diese Kategorien nicht, um die Gegenwart zu verstehen. Es blieb immer ein viel zu großer Überschuß nicht damit erklärbarer Umstände, was wesentlich daran liegen dürfte, daß es sich um (kirchen-)politische Kategorien handelt, die als solche von der Wahrheitsfrage absehen. Hilfreicher war da das Verständnis als Deutungsmusterkonflikt mit einer dritten Kategorie (noch dazu weniger aggressiv benamst): „traditional“, „modern“, „post-modern“ (M. Widl), wobei das moderne Deutungsmuster das älteste war und das traditionale erst Anfang der 1980er und das postmoderne in den 1990ern wahrnehmbar wurde. Trotzdem konnte ich mich dort nicht recht verorten; ästhetisch war/bin ich nix davon. Auch fühlte ich mich mit dem einfachen Ausweg des „dritten“ Weges „postmodern“ nicht wohl; das wäre zu einfach (und klingt zu dialektisch – These, Antithese, Synthese).

Was mir die Ereignisse der letzten zwei Jahre gezeigt haben, ist, dass diese Kategorien völlig an der Sache vorbei gehen. Es ist kein Deutungsmusterkonflikt, er ist kein Konflikt zwischen Vor- und Rückwärtsgewandten. Es gibt nur zwei ernst zu nehmende Kategorien: Christussucher und Nicht-Christussucher – und die gibt es in jedweder Ausprägung, modern, traditional, postmodern. Die Skala ist hier sicherlich breit und man kann die Kategorien weiter aufsplitten, etwa in Gläubige (Sich-Vergöttlichung-Schenken-Lassende), Suchende, Indifferente und Satanisten (Selbst-Vergöttlicher) (vgl. S. 89f. meiner Diss). Aber es bleibt bei der grundlegenden Entscheidung: Suchst Du Christus – oder nur Dein eigenes Wohlergehen?

Was landauf, landab abgeht, hat nichts mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil oder gar seiner Liturgiereform zu tun, nicht einmal mit dem Konzil der Medien und schon gar nicht mit irgendeinem obskuren Geist des Konzils. Es ist Folge eines steifen, unveränderlichen, christusfernen Traditionalismus, der sich in agnostischer Unentschiedenheit schließlich von der letzten Ehrfurcht vor Gott und der Gottesverehrung frei gemacht hat.

Spannenderweise ist der von der Kirche im 19. Jahrhundert verurteilte Traditionalismus ein direkter Vorläufer des Modernismus, und seine Vertreter, insbesondere die erste Tübinger Schule aus den 1830er und 1840er Jahren, feierten Mitte des 20. Jahrhunderts fröhlich Urständ, und die bis heute gemeinsame Wurzel ist – Agnostizismus: Glaubst Du das wirklich? Kann man das überhaupt glauben? Wie kannst Du Dir so sicher sein? Das ist mir zu dogmatisch! Zweifel gehören zum erwachsenen Glauben. – Alles falsch: „Zehntausend Schwierigkeiten machen noch nicht einen Zweifel“ (Seliger John Henry Newman).

Weitläufig erleben wir noch heute, im Jahr 2019, die vorkonziliare Bet-Sing-Messe: mit nur einer Lesung, den Kurzfassungsliedern anstelle der Ordinariumsgebete (was vorkonziliar liturgisch sogar noch einigermaßen Sinn ergab, aber in den Messen in der außerordentlichen Form, die ich jemals besucht habe – was zugegebenermaßen so viele nicht sind –, war viel mehr von Sacrosantum Concilium zu spüren als in einem durchschnittlichen deutschen Gemeindegottesdienst), dem „Zwischengesang“ anstelle des Antwortpsalms und derselben Lieblosigkeit und Schluderigkeit, mit der viele altehrwürdige Meßfeiern verunstaltet wurden („ich schaffe eine gültige Messe in 9 Minuten!“) – es hat sich nur das Meßbuch geändert, das mißachtet wird. Dafür ist der Mensch in den Mittelpunkt des „Gottes“dienstes getreten, und die Gemeinschaft unter den „Gläubigen“ geht über alles. Oder anders gesagt: Die Liturgiereform ist in Deutschland noch überhaupt nicht angekommen! (Disclaimer: Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel, aber deren Zelebranten sind dann entweder 75+ oder <45 Jahre alt und/oder sind schon lange in der Schublade "konservativ" gelandet.)

Oder genauer: in der meistens zu erlebenden deutschsprachigen Liturgie. Egal ob bei den Kroaten, den Portugiesen oder den Amerikanern – in jeder, wirklich in jeder Liturgie für Fremdsprachler, die ich in den letzten beiden Jahren besucht habe, konnte offenbar jeder ganz selbstverständlich das Ordinarium auswendig sprechen, also inklusive Gloria und Großem (!) Glaubensbekenntnis. Psalm und Halleluja sind hier völlig normal, bevor man sie durch ein Lied ersetzt, spricht man sie, und es scheinen keine ach so pastoralen Gründe für das Weglassen einer Lesung zu existieren (wenn man den ganzen unliturgischen Killefitt zwischendrin weglässt, dauert es mit zwei Lesungen auch nicht länger…). Absolut entlarvender Höhepunkt war die Formulierung des englischen Zelebranten, mit der er die Erklärung einleitete, warum man sich heute ausnahmsweise mit Stuhl-Ellipse um Altar und Ambo inmitten des Kirchenschiffs anstatt im (riesigen!) Altarraum mit Hochaltar befinde, weil das Licht dort oben heute nicht funktioniere: „We are in the german section of the church today…“

Ich habe es so satt, irgendwelche „politischen“ oder „pastoralen“ Rücksichten zu nehmen, die letztlich zu nichts anderem als einer Schere im Kopf führen, die aus „Rücksicht“ nicht sagt, was wahr ist, sondern selbst dort schweigt, wo Reden notwendig ist, ja sogar die Wahrheit zum Schweigen zu bringen versucht, wo sie gesagt wird. Dann braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn überhaupt keiner versteht, was an so einer Vergewaltigung schlimm sein soll: „Das ist doch ganz normal, das machen wir doch immer so.“ – Natürlich macht der Ton die Musik und man soll die Wahrheit nicht wie ein nasses Handtuch den Leuten um die Ohren schlagen, aber dieser Einwand zeigt doch nur exakt die Schere im Kopf: Die Wahrheit zu sagen könne doch nur in der Form des nassen Handtuchs geschehen, also lieber sie verschweigen als irgendjemand irgendetwas zumuten. Das ist schlimmer als jede Häresie – das ist laaaangweilig!

Erst jetzt, wo allmählich rauskommt, dass auch andere Mißbrauchsfälle keine versehentlichen Unfälle waren, sondern dass dahinter mitunter äußerst böswillige und zerstörerische Absicht, ja manchmal sogar System steckte, und dass dieses System von Verantwortlichen gedeckt wurde, wird mir klar, dass das alles nichts mit mir zu tun hatte, dass ich niemals irgendetwas dagegen hätte tun können und dass es an vielen Orten und in großer Zahl ständig und immer wieder passiert(e). Dass hinter vielen dieser Berichte nicht nur Versehen, Unwissen oder „gut gemeint“ steckte – sondern Böswilligkeit, Glaubensabfall und Zerstörungswut: Wenn ihr Mich liebtet, hieltet ihr Meine Gebote!

Und dass meine Hilflosigkeit kein Unvermögen meinerseits, sondern Methode ist: Wenn diejenigen, die für die Menschen zum Dienst am Herrn geweiht sind, die ersten sind, die Ihn vergewaltigen, dann müssen die Menschen, die auf ihren Dienst angewiesen sind, notwendig hilflos sein. Was sollen sie denn tun? Sich die Situation „schöntrinken“ und mit vergewaltigen? Sich in ihr Schicksal ergeben und in jeder Heiligen Messe erneut erleben, wir ihr Herr und ihr geistliches Verlangen mit Füßen getreten werden? Μὴ γένοιτο! Im einen wie im anderen Falle läuft es auf Dauer darauf hinaus, sich an das Undenkbare zu gewöhnen und geistlich abzustumpfen, letztlich also zu verweltlichen. Was wohl genau das ist, was angestrebt ist.

Hier stehe ich, ich kann nicht anders. ¡Viva Cristo Rey!

Der Post-Titel ist der Schlachtruf der Edain des Nordens im Kampf gegen Morgoth. Tolkien selbst übersetzt: „Flame, light! Flee, night!“ Folgt man den Nerds und Geeks, die sich ernsthaft mit dem Sindarin auseinandergesetzt haben, müsste es soviel heißen wie: Möge Licht aufstrahlen! Möge Dunkelheit fliehen! – Wer weiß, wer Morgoth ist und was die Licht-Dunkelheit/Nacht-Dichotomie in diesem Kontext meint, kann vielleicht nachvollziehen, warum dieser Titel der einzig passende für diesen Post war!

Und überhaupt: The scale might be wide but there’s no need to be blind – between black and white there is no room for two.

Kaum etwas wird heute so falsch verstanden wie das gemeinsame Priestertum der Gläubigen. Denn dieses hat fast nichts mit dem besonderen Priestertum zu tun, insbesondere stellt es keinen graduellen Anteil am Weihepriestertum dar, sondern es ist etwas ganz anderes. Das Zweite Vatikanum stellt demzufolge fest, das „gemeinsame Priestertum der Gläubigen […] und das Priestertum des Dienstes, das heißt das hierarchische Priestertum, unterscheiden sich zwar dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach“, sie seien aber aufeinander hingeordnet, weil sie beide dem Priestertum Christi entspringen (LG 10):

Der Amtspriester nämlich bildet kraft seiner heiligen Gewalt, die er innehat, das priesterliche Volk heran und leitet es; er vollzieht in der Person Christi das eucharistische Opfer und bringt es im Namen des ganzen Volkes Gott dar; die Gläubigen hingegen wirken kraft ihres königlichen Priestertums an der eucharistischen Darbringung mit und üben ihr Priestertum aus im Empfang der Sakramente, im Gebet, in der Danksagung, im Zeugnis eines heiligen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe. (ebd.)

Das Amtspriestertum wird hier wesentlich deutlicher beschrieben als das gemeinsame Priestertum. Auch im folgenden finden sich nur Andeutungen, wie das gemeinsame Priestertum sich ausdrücke, denn es wird quasi immer vom Empfang der Sakramente und damit von liturgischen Feiern her entwickelt. Das führt aber zu dem Mißverständnis, das gemeinsame Priestertum wäre auf den Gottesdienst in der Kirche bezogen. Das ist es zwar auch, insofern die Gemeinde nicht unwichtig für den Gottesdienst ist (aber als Gemeinde) und der Gottesdienst zur Selbstheiligung beiträgt. Sein eigentlicher Kern aber liegt vor den Kirchentüren.

Das Konzil deutet den Schritt vor die Kirchentür bereits durch „im Zeugnis eines heiligen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe“ an, die eben primär außerhalb der Kirche geübt werden. Ein bißchen deutlicher wird es in der Beschreibung der Wirkung der Sakramente, die nicht nur zur Selbstheiligung da sind, sondern zur Weitergabe des Glaubens durch Wort und Tat befähigen (sollen).

Vergleicht man dies nun mit dem Weihepriestertum, kann man den Unterschied knapp (und etwas ungenau) so benennen: Die Priester sind dazu da, die Gläubigen zu leiten, anzuleiten, zu belehren und in den Sakramenten zu heiligen; die Gläubigen hingegen sollen so gestärkt das Wort Gottes in die Welt tragen. Das besondere Priestertum ereignet sich im geschützten Raum der Kirche, das gemeinsame draußen in der „rauen Welt“.

Die Geimeinsamkeit freilich, die auch die Bezeichnung als Priestertum rechtfertigt, besteht in der Heiligung: der geweihte Priester heiligt die Gläubigen, die Gläubigen heiligen die Welt.