26 comments on “Daß über allem ein HErr, ein Glaube sei!

  1. Ganz hervorragend!
    Fest auf dem Grunde der katholischen Lehre stehend in aller Klarheit und Kürze die Defizite erkannt und benannt.
    Ich rege mich immer zu sehr auf und brauche dann lange, bis ich wieder sine ira et studio an die Analyse gehen kann.
    Chapeau!

  2. 1. Hat ja auch keiner was dagegen, wenn die Protestanten in den Schoß der Kirche zurückkehren.

    2. Die Taufe gliedert immer in die katholische Kirche ein, auch wenn sie von Ketzern oder sogar Ungläubigen gespendet wird. Auch ein von Ketzern Getaufter ist dadurch in die eine Kirche aufgenommen. Allerdings verlässt er sie dann in der Regel auch wieder, weil er ja – zumal als Kind – keine Chance hat, den Glauben kennenzulernen.

    (Der letzte Satz ist in der Tat verkrüppelt.)

    • Den zweiten Punkt sieht das zweite Vatikanum differenzierter, gerade weil es daran festhält, daß es nur eine Kirche gibt und diese irdisch verfaßt ist. Wenn ich es mal aus dem Ärmel geschüttelt versuchen darf: Die Taufe hat die Kraft in die katholische Kirche einzugliedern und tut es dem Grunde nach auch dann, wenn sie von Ketzern oder Schismatikern gespendet wird. Diese Kraft kommt aber nicht zur vollen Entfaltung, wenn die Taufe nicht in der kirchlichen Einheit mit dem Nachfolger Petri gespendet wird.

      • „Diese Kraft kommt aber nicht zur vollen Entfaltung, wenn die Taufe nicht in der kirchlichen Einheit mit dem Nachfolger Petri gespendet wird.“ — Eine theologische Quelle dafür bitte! Der von „Puntualizzzzz“ 🙂 bei Elsa zitierte Autor aus den 20er Jahren sah das anders.

        • Nachtrag: […] sag das anders, nämlich genau so wie „Ultramontan“. Aber zugegeben: Das sind Kleinigkeiten. 🙂

        • Naja, daß ein Autor aus den 20er Jahren Lumen Gentium nicht rezipiert hat, halte ich für wenig überraschend. Außerdem halte ich die Frage für nach wie vor diskutierbar. Es gibt keine definitive Entscheidung. Die vom Zweiten Vatikanum vorgelegte Ekklesiologie (Stichwort „konzentrische Kreise“) nimmt die institutionelle Selbständigkeit der anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften aber ernster als es in der Theologie zuvor der Fall war (die Orthodoxen sind Schismatiker, die Protestanten Ketzer, aber alle weiterhin Mitglieder der katholischen Kirche).

          So, Du wolltest eine Literaturangabe, die ich hier mit Ott: Grundriß der Dogmatik, 8. Auflage 1970, 426 liefere:

          „Aus der Einheit des mystischen Leibes Chrsti folgt, daß jeder gültig Getaufte, auch der außerhal der katholischen Kirche Getaufte, Mitglied der von Christus gegründeten einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche wird, falls er sich nicht gleichzeitig freiwillig einer häretischen oder schismatischen Gemeinschaft anschließt.“

          Letztere Bedingung ist bei einer Taufe außerhalb der katholischen Kirche in der Regel eo ipso erfüllt. Ausnahmen könnte man konstruieren, etwa eine nicht-katholische Taufe eines Kindes von Katholiken in einer Region, in der kein katholischer Spender erreichbar ist, oder allgemein die Nottaufe, in der es auf den Einzelfall ankäme.

          Ott schreibt allerdings auch weiter, der nicht-katholisch Getaufte unterliege aufgrund seiner Taufe der päpstlichen Jurisdiktion. Zum Publikationszeitpunkt entsprach das auch dem Kirchenrecht (auch Protestanten unterlagen etwa der Formpflicht, vor einem katholischen Geistlichen zu heiraten, woraus resultierte, daß alle protestantischen Ehen nach katholischem Verständnis nichtig waren), das Kirchenrecht von 1983 verzichtet allerdings auf diesen Anspruch (wenngleich ohne ihn dem Grunde nach aufzugeben), woraus resultiert, daß protestantische Ehen seit Inkrafttreten des CIC von 1983 gültig vor dem Standesamt heiraten.

          Ich halte das aber für eine recht spitzfindige Diskussion, denn der Effekt ist in beiden Sichten im Ergebnis derselbe: Jemand, der in einer nicht-katholischen Kirche getauft wird, wird nicht Glied der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche.

          • Ott widerspricht Guibert nicht, im Gegenteil: „falls er sich nicht gleichzeitig freiwillig einer häretischen oder schismatischen Gemeinschaft anschließt“ – das ist bei Säuglingen nicht der Fall, und nur um den Fall geht es Guibert und mir.

            (Dein letzter Satz hier ist also auch im Sinne von Ott so zu ergänzen:
            Ein Jugendlicher oder Erwachsener, der in einer nicht-katholischen Kirche getauft wird, wird nicht Glied der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche.)

            Wo in Lumen Gentium wird dieser klassischen Auffassung (Guibert habe ich bei Elsa als einen Autor für Hunderte zitiert) widersprochen? Ich sehe da auch nicht den geringsten Ansatzpunkt, lasse mich aber gerne eines besseren belehren (gehe von derselben Bereitschaft bei allen aus). Schönen Sonntagsgruß! 🙂

            PS. Vielleicht liegt das Problem auch an der Sprache, deshalb eine Übersetzung: »… dass alle gültig getauften Kinder Glieder der Katholischen Kirche sind, solange bis sie als Erwachsene einige Handlungen setzen, wodurch diese Vereinigung mit dem Leib der Kirche zerbrochen wird« (»… omnes pueros valide baptizatos esse membra Ecclesiae Catholicae, usquedum adulti facti actus ponant aliquos unde rumpatur haec unio cum corpore Ecclesiae«).

            PPS: Die Frage der Jurisdiktion der Kirche über alle Getauften ist von der Frage der Kirchengliedschaft zu unterscheiden, da membrum Ecclesiae und (in der »vorklonziliaren« Sprache:) subditus nicht koextensiv sind. 😉

          • Jene werden der Gemeinschaft der Kirche voll eingegliedert, die, im Besitze des Geistes Christi, ihre ganze Ordnung und alle in ihr eingerichteten Heilsmittel annehmen und in ihrem sichtbaren Verband mit Christus, der sie durch den Papst und die Bischöfe leitet, verbunden sind, und dies durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung und Gemeinschaft. Nicht gerettet wird aber, wer, obwohl der Kirche eingegliedert, in der Liebe nicht verharrt und im Schoße der Kirche zwar „dem Leibe“, aber nicht „dem Herzen“ nach verbleibt. (LG 14)

          • Daraus folgend can. 205 CIC:

            Voll in der Gemeinschaft der katholischen Kirche in dieser Welt stehen jene Getauften, die in ihrem sichtbaren Verband mit Christus verbunden sind, und zwar durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung.

            Hier findet sich genau das, was ich mit der Formulierung: „Die Taufe hat die Kraft in die katholische Kirche einzugliedern […] Diese Kraft kommt aber nicht zur vollen Entfaltung, wenn die Taufe nicht in der kirchlichen Einheit mit dem Nachfolger Petri gespendet wird“, gemeint habe. Die Taufe ist auch dann ein kirchliches Sakrament, wenn sie von Häretikern oder Schismatikern gespendet wird. Aber eine nicht in der äußeren Einheit mit dem Papst gespendete Taufe gliedert nicht voll in die Katholische Kirche ein, und nach meiner unmaßgeblichen theologischen Meinung resultiert daraus, weil der Leib Christi unteilbar und irdisch konkret verfaßt ist, daß diejenigen, die nicht voll in die Gemeinschaft der einen Kirche eingegliedert sind, eigentlich keine Glieder der Kirche sind.

            Aber vielleicht ist die Frage, über die wir hier diskutieren, besser getroffen, wenn wir sie nicht als „entweder Kirchenglieder oder nicht“ formulieren, sondern in der Hinordnung auf Christus und die volle Gemeinschaft der Kirche, also in qualitativen Abstufungen.

          • Ein letztes PS an diesem (zumindest hier) herrlichen, sonnigen Tag des Herrn: vgl. Ott 1970, S. 373. 😉
            Natürlich alles belanglose Kleinigkeiten gegenüber dem Hauptpunkt, den du quoad »Ökumene jetzt!« so gut herausgestellt hast, wie man es besser nicht tun kann.

          • Ich sehe da bei Ott einen Widerspruch oder zumindest eine Spannung zwischen der Formulierung des eigentlichen Lehrsatzes und seiner Auslegung. Ott führt eine Unterscheidung zwischen Erwachsenen und Kindern ein, die ich zwar in Sachen „Einheit des Glaubensbekenntnisses“ noch nachvollziehen könnte (wobei ich auch da anmerken würde: in der Taufe bekennen die Eltern stellvertretend für die Kinder den Glauben, und wenn diese nicht den katholischen Glauben bekennen…), in Sachen „Einheit der Rechtsgemeinschaft“ hingegen nicht. Das funktioniert nur so lange, wie ich davon ausgehe, daß die nicht-katholischen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften nur getrennte Glieder der Katholischen Kirche sind. Lumen Gentium 14-16 hingegen räumt ihnen eine eigenständige, wenn auch defizitäre Bedeutung und Hinordnung auf Christus und die Kirche ein, definiert sie also nicht über die Trennung vom Papst, sondern über das Getauftsein, danach geht es aber fast übergangslos auch zu den Ungetauften über (LG 16), die auch auf Christus hingeordnet sind, aber nur auf die allgemeine Weise (als erlösungsbedürftiges Geschöpf), nicht auf die spezielle, die aus der Taufe resultiert.

  3. Wow!!! Was du alles in einen Satz hinein interpretierst!!! Das entspricht nicht theologischer Korrektheit! Denn das Verständnis der Kirche als Communio ist uralt (Stichwort Communio-Ekklesiologie). Gisbert Greshake schreibt dazu in seinem Buch: „Der dreieine Gott“, S. 386: „Die trinitarisch-communiale Kirchenidee wird abgelöst [der Autor schreibt vorher: „tritt in der Westkirche zurück“]: theologisch durch ein am Leib-Christi-Begriff orientiertes Verständnis, soziologisch durch den kulturell-politischen Begriff des popolus christianus (christianitas). Beide Dimensionen greifen insofern ineinander, als die theologische Leib-Christi-Idee, selbst da, wo man vom corpus-Christi-mysticum spricht, spätestens ab dem 13. Jh. institutionell, hierarchisch und juridisch ausgelegt wird, nicht zuletzt im Blick auf die steigende Bedeutung der Monarchie des Papstes und der Überzeugung, daß dieser „Gewalt“ über den Leib Christi besitze.“

    An diese Communio-Ekklesiologie knüpft nun das Zweite Vatikanum an. Je nachdem ob man einen Bruch im Vat. II sieht oder ein Continuum der apostolisch-katholischen Lehre stellt man die obige Aussage als herätisch (was sie aber de facto nicht ist) oder als katholisch dar (was sich erwiesen hat).

    Herätische Schuldzuweisungen haben letztenendes zu den Folgen des Schismatismus der Ostkirchen und den Folgen der Reformation geführt und sind in unserer heutigen Zeit nicht nur kontraproduktiv sondern unsinnig. Das Dokument erhebt keinen dogmatischen Anspruch. Ich kann in den Aussagen ein echtes Bemühen um die Einheit der Kirche erkennen und den Aufruf – nein, nicht zu einem überhasteten Schulterschluss – zu einem Forcieren der scheinbar festgefahrenen Bemühungen um eine Einheit in Vielfalt. Es ist auch wesentlich fundierter als das sog. Memorandum, welches ja auch äußerst schwach ist.

      • Normalerweise bin ich kein Mensch, der sich in akademische Disputationen einmischt. Wie heißt es im Ps 131,1: „Ich gehe nicht um mit Dingen, die mir zu wunderbar und zu hoch sind.“ Aber in puncto Ökumene sagen die einen: Die einzige Möglichkeit der Einheit ist die reumütige Rückkehr in den Schoß der Mutter Kirche. Das mag juridisch-hierarchisch gesehen der einzige Weg sein. Aber nicht nur Greshake, auch Rahner und die heutige Innsbrucker Theologie usw. weisen einen anderen Weg: Nicht von oben (Was sagt das Lehramt? – und das wird auf das „duale“ Verhältnis Vater – Christus verengt) Sondern: Was sind die Sorgen und Nöte der Menschen heute? Daraus entwickelt sich ein ganz anderes Kirchenverständnis, wie es auch die Konzilsväter vor 50 Jahren gemacht haben. Sie haben die ureigentlichen Vorlagen in die Tonne gekloppt und haben neue entwickelt, auf deren Grundlage die 16 Dokumente des Konzils entstanden sind. Auch z.B. die Definierung des Verhältnisses zu den Religionen und zur Ökumene standen ursprünglich gar nicht zur Debatte. „Aggiornamento“ und „Approfondissiment“. Dazu gehört die Dialogbereitschaft, die ja heute von gewissen Kreisen so verpönt wird. Von einer Dialogfähigkeit geht auch Greshake aus, wenn er seine Vision von einer trinitarischen Kirche entwickelt, weg von einer geistvergessenen westlichen Kirche: siehe „Der dreieine Gott“ S.411-430 unter der Überschrift „Amt und Verfassung der Kirche im Licht der Trinität“.
        Um es noch einmal zu sagen: Du argumentiert christologisch. Stellt sich nicht nur mir die Frage: Was ist mit dem Heiligen Geist? Wie wirkt er in der Kirche? Das wurde seit dem 2. Vat. zu wenig weiterentwickelt. Die Ansätze sind da, aber das konnte das Konzil nicht leisten, es so weit zu entwickeln, dass plausibel wird, in welcher Weise Kirche nicht nur als „Leib Christi“ sondern auch als „Tempel des Heiligen Geistes“ zu verstehen ist und wie das im Leben der Kirche sichtbar wird. Eins ist sicher: die Wesenheit Gottes in drei Personen beinhaltet den Dialog und die Einheit in Vielfalt. Und da bin ich noch einmal bei der Ökumene.
        Was heißt „subsistieren“? Liegt hier nicht der gleiche mittelalterliche Substanzbegriff zugrunde wie in „Transsubstantiation“? Ich meine, dass beides heute nur noch schwer vermittelbar ist, denn der alte philosphische Substanzbegriff stimmt nicht mehr mit dem gebräuchlichen Begriff der Substanz überein. Wir sollten lieber einer Kirche Gestalt geben, die ihrem Sendungsauftrag, auf das Reich Gottes hinzuweisen und die Menschen zu ihrem Heil in das Reich Gottes zu führen gerecht wird. Die Kirche ist nicht das Reich Gottes in der Vollendung – das ist kein Witz!!! Nochmal Greshake: „Kirche, die sich als Communio und darin als Bild des dreieinen Gottes versteht, ist ein Vermittlungsgeschehen, in dem sich die Vielfalt des Verschiedenen zur Einheit zusammenfügt und Einheit sich gerade in der Vielfalt der Unterschiedenen vollzieht.“ (s.o., S.393) Aus diesem Blickwinkel sehe ich auch das Dokument „Ökumene jetzt“ wie auch den Ruf nach Dialog und dem Anpacken der „heißen Eisen“, die schon viel zu lange – für das Zeitalter von Internet und Globalisierung eine Ewigkeit – im Feuer sind, als unabdingbar. Es ist geradezu fahrlässig wie dem entgegen gesteuert wird, aus Angst, die Kirche würde etwas verlieren, was ihr so wie so nicht eigen ist: Katholisch sein heißt offen sein. Wir glauben die Weltkirche, die sich nicht nur aus der deutschen Kirche und ihren Befindlichkeiten zusammensetzt. Und „wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt“.

        • Dann wiederhole ich nochmal, was ich im Ursprungspost geschrieben habe:

          Das II. Vaticanum läßt keinen Zweifel daran, daß die Hierarchie zum unaufgebbaren Kern der im Credo bekannten Kirche gehört.

          Das Papier „Ökumene Jetzt“ macht als Grundvoraussetzung, daß allein die Getauften für die Kirche, die wir im Glaubensbekenntnis bekennen, notwendig sind.

          Das beinahe wörtliche Zitat aus LG 8 in „Ökumene Jetzt“ macht auch deutlich, daß sie hier nicht aus Versehen und unwissentlich abweichen, sondern bewußt eine Voraussetzung einführen, die Konfliktpunkte unter den Tisch kehrt. Damit haben sie natürlich die wesentliche ökumenische Frage, die Du ansprichst, bereits eliminiert. Nur dann ergibt es auch Sinn, theologische Fragen de facto als irrelevant für die Frage der Kirchenspaltung zu bezeichnen.

          Mit meinem Hinweis darauf, daß nach LG die Hierarchie unaufgebbar zur Kirche gehört, ist die Frage, wie eine ökumenische Einigung in dieser Frage aussehen kann, noch nicht mal angesprochen (Johannes Paul II. hat ja etwa zur Frage des Papstamtes sehr weitreichende Ansätze in die Diskussion eingebracht). Nur hilft es zu einer Einigung überhaupt nicht, eine Antwort zu geben (vorauszusetzen), bevor die Frage formuliert ist.

          Und sag jetzt nicht, die Ekklesiologie sei praktisch irrelevant. Die hierarchische Ordnung der katholischen Kirche ist der Punkt, der mir am häufigsten von Protestanten als Grund dafür genannt wird, warum sie sich nicht vorstellen könnten, katholisch zu werden – selbst wenn sie von der fehlenden Klarheit der EKD in anderen Fragen enttäuscht sind. Also: Die Frage, die „Ökumene jetzt“ einfach unter den Teppich kehrt, ist gegenwärtig tatsächlich (noch?) kirchentrennend, auch für Nicht-Theologen.

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  5. Zuerst einmal: ich bin evangelisch, bewusst-evangelisch – und ich leide mit den nachdenklichen Katholiken an der fehlenden Offenheit der katholischen Kirche – und dabei weiß ich mich verbunden mit einer Vielzahl von Katholiken, denen das „Dogmatische“ auch immer fremder wird… Und aus diesem Grund ist „Ökumene jetzt“ aus meiner Sicht so wichtig. Die DDR ist am Volkswillen gescheitert, sollte der Volkswille nicht auch die Kirchenoberen beider Seiten zum Nachdenken bringen können? Aber das ist eh‘ nur noch eine Frage der Zeit: in 50 Jahren kennen die heutigen Katholiken ihre Kirche nicht mehr, weil durch den Pfarrermangel das Kirchenvolk immer weniger kirchlich geprägt sein wird, man muss nur warten können..

    Aus meiner Sicht ist der einfachste Einwand zu den ganzen oben stehenden Texten:
    Was würde Christus heute dazu sagen?

    Gott trauert um seine christlichen Kirchen, die sich in fehlender Liebe und Brüderlichkeit, fehlender Einsicht (und ich meine römisch-katholische und evangelische Kirchen) misstrauisch beäugen, statt GEMEINSAM das Evangelium zu bezeugen. Und diese Problematik geht mehr von den Hierarchien aus, leider, denn die müsste eigentlich ihre biblischen Grundlagen kennen. „Unten“ läuft schon soviel…

    Ein Zurückkehren in den Schoß der römischen Kirche ist allerdings für Evangelische sehr schwer vorstellbar, zuviel nicht-biblische Strukturen und Lehren irritieren uns. Aber gemeinsam der immer gott-ferneren Welt die frohe Botschaft zu bringen, das soltte doch wohl noch drin sein, dazu müssen wir Evangelischen ja nicht gerade in den Schoß der katholischen Kirche heimkehren. Aber nein, wir müssen uns in Klein-Klein voneinander distanzieren. Das erhöht unsere Glaubwürdigkeit ungemein. Da will jeder sofort unsere Botschaft hören. Aber versöhnte Verschiedenheit kann ja auch ganz interessant sein. Wer möchte schon eine Bundesliga, die nur aus Bayern München besteht?

    Ich kann nur bitter sagen: Weiter so! Hierarchie ist alles, Auftrag der Verkündigung des Evangeliums an die Welt kommt später, wir bleiben in unserem inneren Kreis, da werden wir nicht verunsichert. – Wer glaubt denn wirklich, dass die Bibel heute noch genau so geschrieben würde wie vor 5000 Jahren? Der Heilige Geist würde heute ganz andere Einsichten eingeben.

    Schade, ein progressiver junger Theologe war beim zweiten vatikanischen Konzils dabei, man hat mir gesagt, er hätte damals sehr moderne Ansichten geäußert, aber jetzt in Rom flüstern ihm die Wände des Vatikans wohl die alten Lehren ins Ohr. Schade! Vor zweitausend Jahren war das Christentum recht modern, das hat sich teilweise geändert..

    Aber einen Trost habe ich: seit 2000 Jahren versucht dieses uneinsichtige Menschengeschlecht die Kirche Christi zu „entschärfen“, „weich zu spülen“ – und da ist immer wieder der „große Daumen“, der diese Versuche scheitern lässt. Gott-sei-Dank!

    Der Heilige Geist möge uns erhellen, dass wir den Auftrag erfüllen und nicht um „Strukturen“ streiten.

    Wolfgang Klug

    • Vielen Dank für diesen Kommentar. Ich habe mir jetzt schon eine ganze Weile durch den Kopf gehen lassen, an welcher Stelle ich mit meiner Antwort ansetze. An Sprachtricks wie „nachdenkliche Katholiken“, die alle Andersdenkenden von vornherein für den Diskurs disqualifiziert, am wankelmütigen „Volkswillen“, der mal „Hosianna“ und mal „Kreuzige Ihn“ ruft, und daß das verbliebene „Kirchenvolk“ extrem soziologisch verengt ist (Symptom oder Ursache? – Henne, Ei), am Selbstwiderspruch, der gleich beide Straßengräben im Verhältnis von Schrift und Tradition mintnimmt, nämlich einerseits angeblich „unbiblische Strukturen“ kritisiert (als ob es keine Entwicklung geben dürfte), andererseits dem Heiligen Geist unterstellt, er würde heute „ganz andere Einsichten eingeben“ (als ob es völlig irrelevant wäre, was der Heilige Geist vor 2000-5000 Jahren tatsächlich eingegeben hat), oder daran, daß wir einerseits gemeinsam das Evangelium bezeugen sollen, andererseits wie Fußballmannschaften in Konkurrzenz um den größten Erfolg (wie definiert? wer wird Meister?) stehen sollen, oder daß die versöhnte Verschiedenheit offenbar die unversöhnte, weil sich gegenseitig ausschließende Verschiedenheit unter den Teppich kehren soll, oder daß ausgerechnet den „Hardlinern“ vorgeworfen wird, die Kirche zu „entschärfen“ und „weichzuspülen“, oder daß das Christentum jemals „modern“ gewesen sein soll? Alles wunderbare Vorlagen für großartige Polemik. Lustig wäre wohl auch gewesen, darüber zu reflektieren, wie ausgerechnet mir, der ich mit Recht damit kokettieren kann, ein Außenseiter zu sein, vorgeworfen wird, ich würde im „inneren Kreis bleiben wollen, um nicht verunsichert zu werden“ (ein kleiner Blick auf den Domainnamen und die damit verbundenen Inhalte sollte helfen).

      Aber ich will trotz der großartigen Vorlagen zu Abwechslung mal um der Sache willen die eigentlichen Argumente nehmen und zu meinem ursprünglichen Anliegen zurückführen.

      Du wirfst mir vor, Strukturfragen über die Verkündigung des Evangeliums zu stellen. Dabei seien Strukturfragen allenfalls sekundär, eher tertiär („klein-klein“). Wichtig sei allein, das Evangelium zu verkünden und gemeinsam zu bezeugen.

      Dieser Vorwurf impliziert genau dasselbe wie der Aufruf „Ökumene jetzt“, daß die Strukturfragen nichts mit „dem Evangelium“ zu tun hätten. Wenn das Deine Meinung sein sollte, dann geht es tatsächlich nicht, das Evangelium gemeinsam zu bezeugen, weil wir schlicht unterschiedliche Dinge/Inhalte meinen, wenn wir Evangelium sagen.

      Genau deshalb können wir das unterschiedliche Amts- und Eucharistieverständnis (vom Meßopfer ganz zu schweigen) nicht einfach nebeneinander stehen lassen.

      Hat sich der HErr tatsächlich ganz auf unsere menschliche Armseligkeit eingelassen und ihr ausgeliefert, indem er sich und seine Kirche an schwache Menschen gebunden hat, durch die Er Seine Kirche lenken und leiten will; indem er sich an materielle Zeichen gebunden hat, die durch die von Ihm in Anspruch genommenen Geweihten die Kraft gibt, zu bewirken, was sie bezeichnen; indem er diesen Geweihten die Kraft, den Auftrag und die Verpflichtung gegeben hat, Sein Opfer auf unseren Altären gegenwärtig werden zu lassen und insofern in seiner Wirkung zu erneuern?

      Oder ist die Kirche eigentlich nur eine leider notwendige Verwaltungseinheit, die nicht als Einsetzung Christi selbst Gnadenmittel und Sakrament ist, sondern in der nur durch ihre Mitglieder der Heilige Geist wirkt? Ist der Leib Christi nur Leib Christi im würdigen Empfang – oder handelt es sich vielleicht sogar nur um ein reines Symbol? Ist die „Abendmahlsfeier“ nur ein reines Gedächtnismahl ohne vergegenwärtigende und erneuernde Wirkung des Kreuzesopfers?

      Oder einfach, wie es mal ein amerikanischer Jesuit bei einer Ökumene-Konferenz zum Entsetzen aller Nichtkatholiken formulierte: „The Catholic Church is a material church.“

      Wir reden in all den verbliebenen Streitpunkten um nicht mehr und nicht weniger als über das Verständnis eines der größten Geheimnisse unseres Glaubens – die Inkarnation, die Einfleischung des Ewigen Logos! Ein Geheimnis, das so groß und so wesentlich ist für unseren Glauben, daß wir an den dieses Geheimnis in besonderer Weise betrachtenden Festtagen beim Glaubensbekenntnis an den entsprechenden Stellen eingedenk des Philipperhymnus gar niederknien.

      Das unterschiedliche Verständnis in dieser Frage zeigt auch der Einwand „Was würde JEsus heute dazu sagen?“ – der nämlich die konkreten, überlieferten Aussagen Jesu und ihre Interpretation durch die konkrete Überlieferungsgeschichte durch eine wolkige, subjektivitätsgefährdete Spekulation über den mutmaßlichen (woran eigentlich gemutmaßt? an einem vorgefertigten Bild, wie Jesus war, das sich auch nicht durch biblische Zeugnisse erschüttern läßt?) Willen Jesu ersetzt.

      Sicherlich kann und soll man über die angerissenen Fragen diskutieren. Genau so ist auch bisher der ökumenische Fortschritt vonstatten gegangen. Alle Beteiligten haben sich auf den jeweils anderen eingelassen und versucht, dessen Position aus sich selbst heraus zu verstehen und ihre jeweiligen Stärken (und infolgedessen auch die Schwächen der eigenen Position) zu erkennen. Am Ende stand dann häufig die Erkenntnis, daß die Differenzen nicht kirchentrennend sind bzw. sein müssen.

      Aber wohlgemerkt: am Ende! Nicht am Anfang! Und genau das ist mein Kritikpunkt an „Ökumene jetzt“: Dort soll von Anfang an ein für uns Katholiken wesentlicher Punkt unter den Teppich gekehrt und für eigentlich nicht so wichtig erklärt werden.

      Das geht so nicht! Daß immer weniger Katholiken wie Protestanten sich fürs „Dogmatische“ interessieren, ist insofern der eigentliche Hemmschuh für die ökumenische Entwicklung. Versöhnte Verschiedenheit meint ja eben nicht Gleichmacherei und Verschweigen alles Trennenden, sondern Überwindung des Trennenden bei Fortbestehen der unterschiedlichen Akzentsetzung.

      Das Dumme ist nur, daß es in der Ämterfrage nicht um irgendwelche abstrakten Glaubenslehren geht, in denen man schon immer eine gewisse Breite der Interpretation hatte, sondern um Fragen der äußeren Gestalt der Kirche. Das heißt: Eine Einigung müßte praktische Konsequenzen haben. Genau darauf zielt ja auch „Ökumene jetzt“ ab – da steht doch schwarz auf weiß die Forderung nach einer äußeren Kircheneinheit (eine Forderung, die ich im übrigen teile; nur wie „Ökumene jetzt“ das angeht, ist ein Schuß von hinten durch die Brust ins Knie).

      Ich halte es auch nicht für undenkbar, daß es eine Einigung mitsamt praktischer Konsequenzen tatsächlich geben könnte. Daß das Amt wesenhaft zur Kirche gehört sagt ja noch nicht alles über seine Ausgestaltung. Johannes Paul II. hat sogar hinsichtlich des Papstamtes einen geradezu ungeheuerlichen Spielraum eröffnet, dessen Ausnutzung mit ziemlicher Sicherheit zu einer erneuten Abspaltung am rechten Rand der römisch-katholischen Kirche führen würde.

      Aber: Darüber muß man reden! Denn das gemeinsame Zeugnis für das Evangelium ist nur so viel wert, wie wir tatsächlich das gleiche Evangelium verkünden. Wenn wir das nicht tun… dann Gnade uns Gott!

  6. Pingback: Die Einheit der Kirche | Metal und Christentum

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