testis gaudii meint, das sei eine coole Sache:
Auf den ersten Blick, hätte ich dem zugestimmt. Ein WJT-Flash Mob an sich ist schon eine coole Idee, aber, leider, leider, muß eine coole Idee auch gut ausgeführt werden, und daran scheint es mir zu hapern.
Daß da der Begriff Flah Mob langsam aber sicher etwas überstrapaziert wird, kann man noch übergehen, zumals es die Videobeschreibung bei Youtube auch treffender „surprise performance“ nennt. Aber mich irritieren Song und Performance selbst ziemlich, so daß ich mich frage, ob da nur keine drüber nachgedacht hat, oder ob sie wirklich nicht wissen, was sie da tun.
Der Song „God is a DJ“ ist jedenfalls alles andere als christlich zu nennen (und stammt passenderweise ja auch von „Faithless“). Hat es gereicht, daß da die Worte „God“, „church“, „love“ und „compassion“ drin vorkommen? Ich habe extra nochmal genau hingehört, ob sie nicht eventuell was am Text geändert haben; haben sie aber nicht. Sind wir schon so tief gesunken, daß wir den Kakao, durch den wir gezogen werden, auch noch trinken? Oder bin ich der einzige, der die Aussage des Songs bei genauerer Betrachtung darin sieht, daß die Erlösung im Tanz und in der Musik gesucht wird?
Dazu wirkt die Performance auf mich wie ein Tanz um das Goldene Kalb. In der Mitte ein Podest, auf dem — passend zum Song! — Lautsprecherboxen stehen, und auf dem sich am Ende auch noch ein DJ findet, dazu winkende Arme, die sich diesem Podest entgegenstrecken. Insbesondere ohne Ton wirkt das wie eine pervertierte Form von Anbetung. Und dann noch dieser Herr in weiß, der da irgendwie spirituell ergriffen durch die Tanzenden schreitet und das Podest anhimmelt — auf dem kurz darauf tatsächlich ein DJ auftaucht. Natürlich passend ins Bild gesetzt zur Textzeile „God is a DJ“.
Vielleicht fehlt mir ja einfach nur die kindliche Unbewschwertheit des Jungen bei 3:39, mit der ich das ganze unhinterfragt als spaßiges und werbewirksames Event stehen lassen kann. Leider kann ich gerade bei Musik mein Hirn nicht ausschalten, im Gegenteil, Musik regt mein Denken an, gerade auch auf einer nicht-rationalen, emotionalen Ebene. Und ich habe gelernt, daß Ästhetik immer eine (ggf. unbewußte) Botschaft überträgt, die auch entsprechend rationalisiert werden kann. Vielleicht interpretiere ich das anders, als es auch seiner Eigenlogik interpretiert werden müßte. Dieses Phänomen ist mir schon öfter über den Weg gelaufen. Aber irgendwie habe ich bei Aktionen, bei der die Kirche sich krampfhaft modern darstellen will, ein schlechtes Gefühl, was die Eigenlogik angeht… Sollte ich mich irren, klärt mich bitte auf.
P.S.: Der kreiförmige Haarausfall bei 3:04 paßt da irgendwie auch wieder ins Bild. 🙂
Sehe ich ähnlich. Peinliche Aktion, bei der sich planlose Jugendliche angestrengt selber feiern. Vermutlich von hauptamtlichen Religions- und Sozialpädagogen im Jugendpastoralenzentrum "Effata" vorbreitet und spirituell begleitet.
Irgendwie nostalgisch… wie auf den Katholikentagen und Kirchentagen zwischen 1973 und 1989 oder auf kommunistischen Massenveranstaltungen in China, der Suffjetunion oder in der SBZ oder bei den Sonnenwendfeiern in einer anderen Phase der Geschichte unseres Landes…
Es ist schon traurig, daß sich Leute immer wieder zu solchen Peinlichkeiten verführen lassen!
Youtube läßt mich das Video nicht mehr ansehen, weil es "Content von SME" enthält. Da bin ich aber froh, daß mich youtube vor diesem Inhalt bewahrt. Klingt irgendwie ansteckend SME Content, BSE…
Was hat denn bitte die Società Meridionale di Elettricità damit zu tun?!
Aber mal im Ernst: Wieso kann Sony das ganze Video blockieren, wenn eigentlich nur die Tonspur betroffen sein kann? Klar, Ton deaktiviert und das Video ist noch schlimmer als sowieso schon, da hätte ich es auch lieber ganz deaktiviert. Aber ich halte es schon für fragwürdig, ob sie nach deutschem Urheberrecht überhaupt die Tonspur angreifen dürften. Immerhin ist das Performancekunst (*hüstel*), und dürfen nicht Künstler die Werke andere Künstler in ihren Werken verwenden?
Aber was soll's. Die Musikfirmen werden so lange alles blockieren, bis sie merken, dass kein Mensch mehr Radio hört.