Liturgie

Mein Zugang zum Metal war damals[tm] durch diverse Vorurteile blockiert. Alles Satanisten, musikalisch Minderbemittelte und überhaupt saufende und kiffende Chaoten. Das schöne an Vorurteilen ist ja, daß sie Faktenkenntnis ersetzen. Und so kannte ich keinen einzigen echten Metalsong. Erst eine Schulveranstaltung hat mir die Augen geöffnet, indem Metallicas „Enter Sandman“ mir zeigte, daß das die Musik ist, die ich eigentlich schon immer gesucht hatte. Allerdings, das muß ich aus heutiger Perspektive sagen, ist Metallica nicht unbedingt Metal, jedenfalls nichts, was nach dem Schwarzen Album kam. Alles vor „…And Justice for All“ hingegen war mir zu hart, um in „Kill ‚em All“ reinzukommen habe ich Jahre gebraucht.

Nundenn, diese Erkenntnis brach sich erst Bahn, als ich irgendwann dachte, ich brauche noch ein bißchen mehr Musik in diese Richtung, Metallica allein tut’s nicht mehr. Da erinnerte ich mich an T-Shirts eine Mitschülers, auf denen Fantasymotive abgedruckt waren, und als alter Fantasyfan dachte ich mir, kann doch eine Band, die für Fantasy offen ist, kann doch keine schlechte Musik machen. Wie war doch gleich der Name…? Ja, dank des Internets konnte ich ihn rekonstruieren: Blind Guardian. Amazon steuerte noch einen Dreißigsekundenschnipsel bei, und es war um mich geschehen. Nach 15 Sekunden wußte ich, es gibt einen neuen Blind Guardian-Fan. Das Lied war dieses (hier in einer Live-Version von 1991 und damit ein gutes halbes Jahrzehnt, bevor ich die Band entdeckte):

Obwohl mir durchaus klar war, worum es sich beim Intro handelte, kam ich nie auf die Idee, mir den Songtext genauer anzugucken, denn das Booklet enthielt keine Texte. Wiederum ein paar Jahre später befragte ich dann das Google-Orakel — und wieder einmal war ich baff, als ich feststellte was oder vielmehr wer hier mit „Sanctuary“ gemeint ist (ich hätte eher mit einer heidnisch-fantastischen Referenz gerechnet).

In der heutigen Predigt ging es darum, sich immer wieder neue Perspektiven auf Christus und das Heilsgeschehen erschließen zu lassen. Gedacht war dabei natürlich vor allem an die Messe. Aber wenn ich — nicht zuletzt angesichts des heutigen Evangeliums — daran denke, was mir grundlegend und überraschend (thaumazein — für die Eingeweihten 🙂 neue Perspektiven auf den Glauben erschloß, dann spielte dieses Lied eine sehr grundlegende Rolle:

…hat sich in die Blogoezese verliebt, wie mir scheint (via katholon).

Ich finde allerdings nicht nur, daß das langsam langweilig würde. Als jemand, der stark wissenschaftlich geprägt ist, reagiere ich ehrlichgesagt ziemlich allergisch auf sinnentstellende Zitate. Jedenfalls erkenne ich Stanislaus‘ Kommentar in Haverkamps Artikel nicht wieder. Denn Haverkamp erweckt den Eindruck, Stanislaus habe „überwiegend“ die Kritik Kisslers zitiert, was aber schon insofern nicht stimmt, als die beiden Zitate in dem Artikel, das positive und das ansatzweise negative, in etwa gleich lang sind, tatsächlich ist sogar das positive, dem Stanislaus ja auch zustimmt, das längere.

Ganz übel finde ich jedoch, daß Haverkamp beim Zitieren des Zitats den letzten Satz wegläßt: „Wir wissen es nicht, wir ahnen aber: Die Zukunft wird es weisen“, und nicht mit einem Satz darauf hinweist, daß Stanislaus dieses Zitat mit „ohne ihm (gemeint ist Bischof Bode) dabei etwas unterstellen zu wollen“ einführt. Im Grunde handelt es sich doch bei dieser Kritik nur um die berechtigte Feststellung: Dieses Mea Culpa hat nur dann einen Sinn und kann positive Wirkung entfalten, wenn es mehr ist als ein Mediencoup.

Bevor ich als nächstes in der NOZ als verlinkt werde (hm, verlinkt wurde Stanislaus überhaupt nicht — was soll das denn?!): Nein, ich glaube nicht, daß das ein Mediencoup, eine Aktion, die nur der Imagepflege dient, sein sollte. Wer es noch nicht gemerkt hat in den letzten Jahren: Die Fähigkeiten unserer Kirche zu medienwirksamer Imagepflege sind nicht unbedingt das Pfund, mit dem ich wuchern würde. Und das ist, zumindest in dieser Frage, auch gut so. Schuld eignet sich nicht zur Imagepflege. Sie kann und muß aber sehr wohl liturgisch vor Gott zum Ausdruck gebracht werden. Und das ist der grundlegende Punkt, in dem Bischof Bode und der Rest der Blogoezese wohl voll und ganz auf einer Linie liegen dürften.

Schade nur, daß wir uns jetzt mal wieder nur gegenseitig fertig machen.

Ich habe absolut nichts gegen Kommunionhelfer, auch nicht gegen Kommunionhelferinnen. Wenn in jeder Messe die Massen nach vorne rammeln, ist die Grenze des durch die Geistlichkeit Machbaren schnell erreicht, und vielfach habe ich auch die Erfahrung gemacht, daß Laien ehrfürchtiger bei der Kommunionspendung sind als der Priester (der macht das täglich, vielleicht stumpft das ab, vor allem im Akkordbetrieb).

Natürlich könnte man sich über alle möglichen Mißbräuche aufregen, etwa wenn da mehrere Priester konzelebrieren und trotzdem nur Laien die Kommunion „austeilen“, während sich die holde Geistlichkeit sitzend von der Anstrengung des Hochgebets erholt. Aber selbst über die weit verbreitete Unsitte, daß Kommunionhelfer mit einziehen, sich die ganze Messe über im Altarraum aufhalten, aber als einzige dort keine liturgische Kleidung tragen, will ich mich hier nicht beschweren.

Denn das, was ich darüber hinaus noch erleben durfte, reicht schon voll und ganz. Meines Erachtens haben Laien überhaupt nichts am Tabernakel verloren, schon gar nicht, wenn der Priester in derselben Zeit nur dumm rumsteht. Kommunionhelfer tragen ihren Namen immerhin vom Helfen her, nicht vom Selbermachen (und ich rede hier nicht einmal von echten Akolythen). Die Frau, die ich ertragen mußte (ja, sie war so um die 50 und in zivil; darüber, wie sie ihren Schal trug, sage ich jetzt nichts ;-), stoffelte zum Tabernakel, fuhrwerkte an ihm rum als wäre es ’ne Waschmaschine bis sie ihn endlich aufkriegte, zog mit der Linken das Ciborium heraus, trug es lässig und beschwingt zum Altar und knallte es schwungvoll auf das Corporale. „So Pfarrer, Du darfst auch nochmal eben was sagen, bevor ich weitermache.“

Vielleicht war es ja auch einfach bloß ihr erstes Mal, dann kann das ja alles noch werden. Aber meine Messe war gelaufen…

Im Gemeindehaus wurde ein Chormantel augebuddelt, der offenbar zuletzt vorkonziliar in Gebrauch war (oder so). Jedenfalls ist er ein Stück weit verstaubt und verdreckt. Kennt sich jemand damit aus, wie man sowas pflegt/reinigt? Waschen, legen, föhnen, bügeln — oder besser nur ausklopfen?

Mit der alten Messe kenne ich mich ja nicht sonderlich aus: mehr oder weniger willkürlich ausgewählte Literatur und (immerhin) ein einziger Besuch einer Messe in der forma extraordinaria. Ich habe nichts gegen sie, würde mich aber auch nicht sonderlich für sie einsetzen. (Wichtiger als ordentlich oder außerordentlich ist mir „nicht unordentlich“.)

Was ich allerdings kenne, ist das Motu Proprio Summorum Pontificum. Und eigentlich finde ich das ausgesprochen leicht verständlich. Irgendetwas muß ich aber wohl doch falsch verstanden haben. Nirgendwo finde ich eine Zuständigkeit des Bischofs für die Genehmigung einer Messe im außerordentlichen Ritus, außer wenn der zuständige Pfarrer sie verweigert. Was fehlt in dieser Schilderung an wichtigen Informationen, die begründen, warum der Dekan, wenn er doch offenbar wohlwollend ist, nicht einfach sagt: Macht mal? Das Motu proprio sagt doch sogar, daß alle dem Wortlaut desselben entgegenstehenden Regelungen aus sich selbst heraus nichtig sind, so daß doch in diesem Fall sich keiner um den Bischof scheren müßte (und nein, der vom MP erwähnte can. 392 scheint mir hier überhaupt nicht relevant zu sein).

Also: Klärt mich Unwissenden bitte über den real existierenden Katholizismus auf!

Wenn ich auswärts in die Messe gehe, wundere ich mich immer wieder, wie leer Kirchen sein können und wie es Priester schaffen, bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit irgendwelche tollen Einfälle einzuflechten und trotzdem die Sonntagsmesse unter einer Stunde fertig zu kriegen. Ein Pfarrer rechtfertigte die Kürze selbst seiner Hochämter mal, wenn er länger machte, kämen die Leute nicht mehr. Komisch, dessen Kirche wurde trotzdem immer leerer, während bei uns die Kirche meist gut gefüllt ist, obwohl man nicht damit rechnen kann, unter 60–70 min. wieder draußen zu sein.

Ein Priester hat mal sehr deutlich zu gewissen Marotten in den Fürbittenformulierungen (vor allem Einleitung und Abschluß) gesagt, man müsse doch den lieben Gott nicht belehren. Daher dachte ich, als kürzlich ein anderer Priester ein Gebet formulierte, das mehr an die anwesenden Gläubigen gerichtet zu sein schien als an Gott, frei nach Clausewitz: „Gebet als Fortsetzung der Katechese mit anderen Mitteln.“

Nun habe ich das mal bei Google eingegeben und bin auf dieses Ergebnis gestoßen. Ehrlichgesagt bin ich bei den Hymnen nie auf die Idee gekommen, die könnten „belehren“. Klar, im Glauben stärken und auch das Staunen über die Heilsgeheimnisse lebendig halten. Aber belehren hieße doch, ich lerne (im rein rationalen Sinne) da was. Mein „Lerneffekt“ ist eher ein emotionaler. Oder habe ich da ein falsches Sprachempfinden?

Vielleicht drückt sich in dem verlinkten Text auch nur ein Unverständnis dafür aus, daß Wissen und Glauben, Lehren und Frömmigkeit doch mehr miteinander zu tun haben könnten, als sich das viele heute vorstellen können…